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Was ist Bier - was war Bier?
Geschrieben am Freitag, 01. November 2002 von hobbybrauer

Interessantes zum Bier und Bierbrauen

Bier ist das meistgetrunkene alkoholische Getränk der Menschheit. Es wird durch alkoholische Gärung aus stärkehaltiger Substanz gewonnen. Das erste Bier der Geschichte wurde vor mehr als zehntausend Jahren gebraut. Obwohl es Hunderte von modernen Biersorten gibt, die sich in Farbe, Geschmack, Schaumbildung, Säuregehalt, Lagerbeständigkeit, Alkoholvolumenprozenten, Kunstfertigkeit des Brauens und Preis unterscheiden, basieren sie alle auf demselben Grundrezept. Das Bier von heute ist ein vergorenes Getränk aus gemälztem Getreide, Wasser und Hopfen.' Das Malz ernährt, der Hopfen beruhigt und der Alkohol berauscht. Alles in allem ist das moderne Bier eine Droge, die zwar erfrischt, doch nach einer Weile eher einschläfernd wirkt. Wer Bier trinkt, vergisst den Lärm der Welt, der äußeren und der Inneren

Aber Bier war nicht immer ein derart langweiliges Getränk. In alter Zeit wurde das Bier durch die Kraft bestimmter Kräuter belebt. Bier hatte Magie, in ihm lebte die Seele eines Gottes oder einer Göttin...

Es enthielt die Macht der heiligen Zauberpflanzen und entstand durch die mystische Verwandlung der Natur. Es war Nahrung, Trank und Sakrament zugleich. Das alkoholische Getränk selbst aber diente bei den alten Kulturvölkern und bei den Naturvölkern meist nur als Trägersubstanz oder als Lösungsmittel für weitaus wirksamere und stärkere Rauschdrogen. Es gibt fast keine bekannte psychedelisch, narkotisch oder berauschend wirkende Pflanze, die nicht irgendwann einmal in der Geschichte der Menschheit dem Bier beigegeben wurde. Solcherart gestärktes Bier war kein allabendliches Betäubungsmittel, sondern ein Ritualtrunk, der die Menschen mit den Göttern, Ahnen und anderen Wirklichkeiten in Verbindung bringen sollte. Der Alkoholgehalt dieses Bieres war sehr gering und diente in erster Linie als Lösungsmittel für die Wirkstoffe aus den zugesetzten Pflanzendrogen. So war das Bier in alten Zeiten nicht nur geschmacklich vollkommen vom heutigen Bier verschieden, auch seine Wirkungen und Anwendungen waren gänzlich anderer Art. Solches Bier wirkte bewusstseinserweiternd, stimulierend und sexuell anregend. Es schenkte den Menschen himmlische Visionen, köstliche Ekstasen und unerschütterliche Stärke, wenn es bei religiösen, öffentlichen und privaten Festen genossen wurde. Man trank auf die Ahnen und Götter und opferte den Riesen, Kobolden und Nixen. Das Getränk war das Medium zwischen Mensch und Gott, es verband die sichtbare mit der unsichtbaren Welt. Das Bier wurde als Göttergabe verehrt, als wundertätige Medizin geschätzt und bei magischen Praktiken eingesetzt.

Die Geschichte des Bieres ist die Geschichte des Abstiegs von einem heiligen Göttertrank zu einem profanen Massengesöff.

Fast auf jedem Etikett von deutschem Bier steht geschrieben: "Gebraut nach dem Deutschen Reinheitsgebot von 1516." Das Reinheitsgebot, das in der bierseligen Literatur gerne als "erste lebensmittelrechtliche Verordnung" dargestellt und über alle Maßen gelobt wird, besagt, daß Bier nur aus Wasser, Malz und Hopfen und mit Hilfe von Hefe gebraut werden darf. Mit diesem Reinheitsgebot wurde aber in Wirklichkeit der Gebrauch von psychedelischen, erregenden, aphrodisischen, tonisierenden und medizinischen Zusätzen zum Bier verboten. Das Reinheitsgebot ist also nicht nur die erste lebensmittelrechtliche Verordnung, es ist auch das erste Drogengesetz westlicher Machart.

Im 16. Jahrhundert wollten Kirche und Staat den Drogenkonsum des Volkes regeln. Alkohol, besonders der Wein, galt als christliche Droge, und der Hopfengebrauch war Vorrecht der Klöster und Klosterbrauereien. Alle anderen Biergewürze stellten in den Augen der Obrigkeit heidnische Götterpflanzen und somit schädliche Teufelswerke dar. Das Reinheitsgebot, das nicht zufällig aus der Hochzeit der Hexenverfolgung stammt, war ein frühneuzeitlicher Schachzug der Christen gegen die letzten Heiden.

In den meisten Büchern zur Geschichte des Bieres' wird das Bier der Ahnen als geschmacklich unzureichend und primitiv dargestellt. Im Gegensatz dazu werden die Errungenschaften der modernen, fabrikmäßigen Brautechnologie hoch gelobt. Der Gebrauch von verstärkenden Zusatzstoffen gilt als verwerflich oder bestenfalls als kulturgeschichtliche Kuriosität.

In dieser geheimen Geschichte des Bieres sollen die Vorzüge der alten Biere und die Bedeutung der Bierrituale gezeigt und das Bier in ein neues Licht gerückt werden. Für Bier - sei es nun gehopft oder gehanft oder sonst wie gepeppt - gilt alles, was auch für jede andere Droge gilt: Wenn man es zum richtigen Zeitpunkt, am geeigneten Ort, in einer wohlüberlegten Dosis einnimmt, kann man die daraus resultierenden Erfahrungen sinnvoll und gewinnbringend in sein Leben integrieren.

(Autor unbekannt, vermutlich entstammt der Beitrag dem Buch „Bier jenseits von Hopfen und Malz“ von Christian Rätsch. Bei Info über Autor und ggfs. Copyright bitte eMail an thomas [Admin hobbybrauer.de] senden.)

 

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