Das Wort Berserker kommt aus dem
nordgermanischen Bersekr und bedeutet Bärenhäuter. Die Berserker konnten
in Ekstase ihre menschliche Seele, die fylgja, in Gestalt wilder Bären
oder Wölfe aussenden und nach Belieben handeln lassen. „Festgewurzelt ist der
Glaube der heidnischen Germanen an die Zwiegestaltigkeit des Menschen. In ihm
wohnte ein zweites Ich. Das ist die fylgja, das Folgevesen ... Sie
ist körperlich, kann handeln, sprechen, ja auch getötet werden, kann auch den
Körper verlassen und zeigt sich bald in Menschen-, bald in Tiergestalt. Trotz
der Entfernung von dem eigentlichen Körper ist die Fylgjengestalt immer an
diesen gebunden, und was dieser geschieht, geschieht auch ihm. So besteht
zwischen dem Körper und der Fylgje der innigste Zusammenhang. Durch den Mund
schlüpft sie im Hauch aus diesem, nimmt sogleich körperliche Gestalt an und
kehrt in dieser auch zum Körper zurück.
In der Yng lingssaga heißt es, die
Berserker "gingen ohne Panzer in den Kampf; toll wie Hunde oder Wölfe; sie
bissen in ihre Schilde und waren stark wie Bären oder Stiere; sie mähten ohne
Unterschied nieder, und weder Feuer noch Eisen taten ihnen etwas". Sie
waren die erwählten Krieger aus dem magischen Heer des Gottes der Raserei
Odin/Wotan, der auch den Beinamen Herjan, "Herr der Krieger",
trägt. Ihm hatten sie ihr Selbst geopfert, um angstfrei und bärenstark zu
werden. Für sie war der Tod kein schreckenerregender Feind, er war das ersehnte
Tor nach Walhall, wo bis ans Ende der Welt, bis zur Götterdämmerung, das
Lieblingsgetränk der Berserker, das Bier, in Strömen floss.
Die Berserker der Wikingerzeit waren oft
Einzelgänger und blieben in cognito, denn sie verloren ihre magischen
Kräfte, wenn sie bei ihrem Namen gerufen wurden. Sie tauchten wie aus dem
Nichts auf und fielen als ungebetene Gäste und Wegelagerer in Häuser und Höfe
ein. Häufig kamen sie in der Julnacht. Den Berserkern, die in feindlicher
Absicht gekommen waren, die aber nach den Regeln der germanischen
Gastfreundschaft wie alle anderen Besucher bewirtet werden mussten, gab man
besonders kräftig berauschendes Starkbier zu trinken. Leider verfielen sie im
angetrunkenen Zustand nicht immer in den Schlaf, sondern in ihre
sprichwörtliche Rauflust.
Die Berserker kannten einen Zaubertrank,
der sie in Zustände besonderer Kraft, Kompromisslosigkeit und Gleichgültigkeit
versetzte. Manche Forscher stellten die Theorie auf, dass es der Fliegenpilz
war, der den Berserkern sowohl die enorme Körperkraft verlieh, als auch die
Verwandlung in ein 1ier, den Bären oder Wolf, ermöglichte. Die pharmakologische
und ethnologische Erforschung des Fliegenpilzes hat allerdings ergeben, dass
dieser denkbar ungeeignet ist, die für die Berserkerwut typischen Wirkungen zu
erzeugen.
Von alkoholischen Getränken, namentlich
vom Bier, weiß man, dass es "die fast berufsmäßige Tollheit mancher
leidenschaftlicher Raufer in gewissen Gegenden, besonders in Bayern und Tirol,
die gleich den wikingischen Berserkern um jeden Preis anbandeln wollen",
stimuliert. "Auch tirolische Frauenzimmer können in solche unbändige, wahnsinnige
Raserei verfallen und, alles scheltend, mit zerrauften Haaren und zerrissenen
Kleidern herumlaufen." Wohl jeder hat schon Besoffene gesehen, die
übermäßig kräftig gewütet haben und sehr zerstörerisch auf ihre Umwelt
einwirkten.
Die Droge der Berserker war während der
Wikingerzeit ein starkes Bier, das mit dem Zusatz einer oder mehrerer Pflanzen
gebraut wurde. In Schweden wurde zur Wikingerzeit das Bier aus gemälztem oder
ungemälztem Getreide, meist aus Weizen, und einem Zusatz von Sumpfporst hergestellt.
Da dieses Bier nur kurze Zeit haltbar war, wurde es meist zu festlichen
Anlässen wie Opferfeiern und für Trinkgelage gebraut und bis zur Neige
ausgetrunken. Dieses Bier ist unter dem Namen Grutbier bekannt. Grut ist der
mittelgermanische Name des Sumpfporst oder wilden Rosmarin (Ledum palustre).
Das Brauen von Grutbier ist bereits für das 5. Jahrhundert belegt. Der
Höhepunkt der Grutbierproduktion fällt ins 13. Jahrhundert, also auf das Ende
der Wikingerzeit. Das Grutbier war selbst in den südgermanischen Gegenden, im
Rheinland, in Norddeutschland und England, bekannt und beliebt. In
Norddeutschland gab es sogenannte Gruthäuser, Gaststätten, die auf den
Ausschank von Grutbier spezialisiert waren. Die Herstellung von Grutbier war in
Mecklenburg, wo sich sehr lange heidnische Traditionen erhalten haben, noch im
17. Jahrhundert verbreitet. Die Verwendung von Sumpfporst als Bierwürze wurde
dort wiederholt verboten, zuletzt 1623 und 1661. In Norwegen und Schweden lässt
sich der Sumpfporst als Bierzutat bis ins 20. Jahrhundert nachweisen.
Im Mittelalter verstand man unter Grut
oder auch gruit nicht nur den Sumpfporst und das daraus bereitete Bier,
sondern auch ganz allgemein die Würze eines kräftig berauschenden Bieres. Oft
bestand die Würze nicht nur aus einer Ingredienz, sondern war eine Kombination
verschiedener Kräuter. So wurde der Gagel, eine damals viel verwendete
Bierwürze, oft mit dem Sumpfporst gleichgesetzt oder vermischt. Weitere
Kräuter, die in die Grutwürze gelangten, waren Wacholderbeeren, Schafgarbenkraut,
Anis und Ingwer.
Wir wissen nur sehr wenig über die
tatsächlichen Grutbierrezepte, da zu Beginn der Buchdruckerei die Gruiter, die
Grutbierbrauer, schwören mussten, "alle geheimnises des Rades und
gruithauses" zu bewahren. In einer Quelle von 1575 heißt es allerdings:
"Von Rosmarin Kraut [Sumpfporst] richtet man ein edel Bier zu, dasz die
andern alle an Farbe, Geschmack und Krafft übertrifft ... Disz Bier staerket
wunderbarlich und gewaltig.
In den ältesten skandinavischen Quellen
zum Bier und Bierbrauen wird immer wieder das Grutbier als Ursache für die
Berserkerwut angeführt.
"Aufkommender Streit artete oft in
Bluttaten aus. In gewissen Gegenden von Smaland banden sich die Zweikämpfer
nach alter Sitte mit dem Gürtel zusammen, aus dem sie nicht früher freigemacht
wurden, bis einer der Zweikämpfer durch das Messer erledigt war. Die Frauen
pflegten deshalb das Totenlinnen mitzunehmen, wenn sie ihre Männer zu
Trinkgelagen begleiteten.
Der Sumpfporst hat dem Grutbier nicht nur
einen aromatischen Geschmack gegeben, sondern auch dessen Wirkung verstärkt und
verändert. Der Sumpfporst enthält ein ätherisches Öl, das stark berauschend
wirkt und in höheren Dosierungen zu Krämpfen, Wut und Raserei führt.
Johannes Praetorius (1630 - 1680) hat
dargelegt, dass sich Menschen mit Hilfe von Bier in Wölfe, genauer gesagt in
Werwölfe, verwandeln können.
"Wenn einen der Vorwitz sticht, dass
er begehrt ... in die Versammlung solcher vermaledeiten Menschen (die sich zu
Wölfen machen, wann sie wollen) aufgenommen werden will ... so mag er mittels
eines in solcher Zauberei Erfahrenen die Gewalt, sich zu verwandeln wider die
Natur, erlangen, indem ihm ein Becher Bier gereicht wird, welchen er austrinken
und etliche teuflische Worte dazu sprechen muss. Danach, wenn es ihm gut dünkt,
geht er in den Keller oder in den Wald und verkehrt die menschliche Gestalt in
einen Wolf, welche Wolfsgestalt er hernach, wenn es ihm gefällt, wiederum
verlässt und in die alte Menschenhaut schlüpft.
"Es versammelt sich allewege eine
große Schar der Menschen, die zu Wölfen werden in der heiligen Christnacht,
welche dieselbe Nacht grausam wüten, nicht allein wider das Vieh, sondern auch
wider das menschliche Geschlecht selbst, so dass die Einwohner desselben Landes
viel verderblicheren Schaden empfangen von den verwandelten Menschen als von
den Wölfen selbst. Denn die Erfahrung gibt Zeugnis, dass sie stürmen der
Menschen Häuser und Wohnungen in den Wäldern in grausamer Gestalt; unterstehen
sich Tür und Tor einzustoßen, um Vieh und Leute zu erwürgen; laufen in die
Bierkeller, saufen alle Fässer mit Bier und Met aus, wonach sie die leeren
Fässer mitten im Keller aufeinanderlegen, um sich von den echten Wölfen
unterscheiden zu lassen.
(Autor unbekannt, vermutlich entstammt der Beitrag dem Buch „Bier jenseits von Hopfen und Malz“ von Christian Rätsch. Bei Info über Autor und ggfs. Copyright bitte eMail an thomas [Admin hobbybrauer.de] senden.)