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Herstellung von Hirsebier in Westafrika
Geschrieben am Dienstag, 08. Juli 2003 von hobbybrauer

Infos und Rezepte zum Maischebrauen In der westafrikanischen Savanne leben Bauernvölker, deren Landwirtschaft auf dem Hirseanbau beruht. Sie verbrauchen eine gute Hälfte der Getreideproduktion in Form eines leicht alkoholhaltigen Bieres (2 bis 4 %), das nur von den Frauen hergestellt und verkauft werden darf. Die Herstellung dauert etwa zehn Tage und wird auf handwerkliche Weise durchgeführt. Es wird im Gehöft der Brauerin verkauft, das dadurch ein wichtiger Ort des sozialen Austausches wird. Eine Frau, die selbstgebrautes Bier verkauft. hat ein überdurchschnittliches Einkommen. Der größte Teil der Produktion wird jedoch im Laufe von zahlreichen und langen Festen, die die jahreszeitlichen Gemeinschaftstätigkeiten gliedern, getrunken, wobei der Hirsebierkonsum das soziale Leben animiert und gleichzeitig reguliert. Die vorliegende Arbeit beruht auf Untersuchungen in Obervolta. die der Verfasser 1980 bei den Gurunsi von Sili, bei den Bwaba von Hunde und bei den Mosi von Ouagadougou durchgeführt hat.

In der afrikanischen Savanne leben Bauernvölker, deren Landwirtschaft auf dem Hirseanbau beruht. Sie verbrauchen die Hirse entweder in der festen Form des to (Hirsekloß, der aus im Wasser gekochten Mehl besteht) oder in der flüssigen Form eines schwach alkoholhaltigen Bieres (2 bis 4 % ) das je nach der Gegend dolo oder tiapaio genannt wird.

Nach der tiefgreifenden Verankerung des Hirsebiers im gegenwärtigen sozialen und religiösen Leben zu urteilen, ist der Gebrauch. dieses Getränkes gewiss sehr alt, wahrscheinlich ist er so alt wie der Hirseanbau bei den Altnigritiern, (2000 v. Chr. ?). Mündliche Gurunsi- und Bwaba-Überlieferungen erzählen, dass die Herstellung des dolo und des to der Frauen vom Schöpfergott selbst (Bwaba Do Gurunsi Ibiu) gelehrt worden sei. Seit dieser Zeit aßen die Menschen gekochte Nahrung. Erst da wurden sie wahrhaftige Menschen, d. h. sie verloren den Schwanz und das Fell, die sie bis dahin trugen.

Im allgemeiner wird die rote Hirse (Sorghum) verwendet, denn sie ist ertragreicher als die „weiße“ oder „kleine“ Hirse (Penisetum); die rote Hirse wird jedoch für die Herstellung des Hirsekloßes (to), der die Nahrungsgrundlage der sudanischen Bauern bildet, weniger geschätzt, als die beiden anderen Sorten.

Um die Qualität des Bieres zu verbessern, insbesondere um dessen Alkoholgehalt zu erhöhen kann man „weiße“ mit roter Hirse mischen bzw. ausschließlich „weiße“ Hirse benutzen, deren Zuckergehalt höher und deren Aroma ausgeprägter ist, die Benutzung der kleinen Hirse, die den besten to ergibt ist unüblich. Nur wenn die Hirseernte außerordentlich gut ausgefallen ist, d. h.wenn die Familie einer Bierherstellerin mindestens 1000 tine Hirse geerntet hat verwendet sie gelegentlich auch die „kleine“ Hirse (tine = 6 kg).

Die Zubereitung des dolo dauert ungefähr zehn Tage. Die Bierherstellung ist ein ausschließlich weibliches Privileg. Die handwerkliche Produktion erfolgt ebenso wie die industrielle in vier Phasen, nur dass dort anstelle von Hirse Gerste verwendet wird: die vier Arbeitsgänge sind Mälzen, Darren, Brauen und Gären.

Das Malz wird durch die Keimung der Hirse gewonnen. Dazu füllt man anderthalb tine (= 24 kg) Hirse in einen 150 bis 200 Liter fassenden Tonkrug. Dann wird soviel Wasser hinzugefügt, dass der Wasserspiegel ein wenig über der Hirse steht. Nach etwa zwei Tagen wird die Hirse aus dem Wasser genommen. Das Wasser wird weggeschüttet und die feuchte Hirse kommt zum Keimen zurück in den Tonkrug.

Bei der Keimung muss darauf geachtet werden, dass die Körner nicht austrocknen. Nach zwei bis drei Tagen haben sich ein Zentimeter lange Keime gebildet. Nun breitet die Bäuerin die gekeimten Hirse auf dem Boden auf einer Strohmatte oder auf einer Terrasse in der Sonne aus. Das Trocknen dauert je nach Jahreszeit drei bis fünf Tage.

Die gekeimte und getrocknete Hirse ist haltbar und kann auf Vorrat hergestellt werden. Wenn sie gebraucht wird, wird sie in einem Holzmörser zerstampft und anschließend mit einem Reibstein ganz fein gemahlen. Dann wird das Mehl in große Tonkrüge geschüttet (je anderthalb tine pro Behälter), die zu drei Viertel mit Wasser aufgefüllt werden. Das Gemisch wird kräftig mit einem großen Holzlöffel umgerührt; es wird etwa einen Tag lang gekocht. Man lässt die Mischung kalt werden und ausruhen und schöpft mit einer Kalebasse die Keime ab, die sich durch das Mahlen vom Korn getrennt haben und an der Oberfläche schwimmen.

VekostungDanach wird die Mischung erneut einen halben Tag lang gekocht. Das geschieht auf einem speziellen Herd aus getrocknetem Lehm, in dem drei bis sechs 80 bis 100 Liter fassende Tontöpfe eingebaut sind. Es wird mit Holz geheizt. Während des Garens muss ständig kräftig gerührt werden, damit sich keine Klumpen bilden. Am Ende des Kochvorganges wird gestoßene Rinde von Grewia flavescens und Hibiscus esculentus hinzugefügt, was die Klärung der Brühe beschleunigt. Nach dem Klären wird die Flüssigkeit in ein anders Gefäß geschöpft. Der trübe und dicke Bodensatz wird durch ein Strohsieb gefiltert. Der Trester wird als Futter für die Haustiere (Schweine, Schafe) benutzt.

Der letzte Kochvorgang dauert schließlich zwei bis drei Tage ohne Unterbrechung. Nach dem Erkalten wird die klare Flüssigkeit mit einer Kalebasse umgeschöpft. Der Bodensatz, der sich erneut gebildet hat, wird weggeworfen. Ein Teil dieser noch süßen Flüssigkeit wird manchmal direkt verbraucht, vor allem von Kindern, Mädchen und Muselmanen.

Erst durch das Gären wird dieses Getränk zu Bier. Dazu wird Hefe zugesetzt, die im vorangegangenen Herstellungsprozess gewonnen und aufbewahrt wurde. Am Boden des Biergefäßes bildet sich ein pastoser milchiger Rückstand, der in der Sonne getrocknet und in kleinen Brocken an einem gut belüfteten Ort der Weiterverwendung harrt.

Bevor die Hefe der zu vergärenden Flüssigkeit hinzugefügt wird, muss sie in einer kleine Kalebasse mit Wasser verdünnt werden. Wenn die Bierherstellerin keine Hefe zurückgewonnen hat, oder wenn die Hefe, die sie aufbewahrt hatte, verdorben ist, kann sie entweder welche von einer anderen Bäuerin kaufen oder aus der natürlichen Gärung von Bohnenmehl (nebie) gewinnen.

Der gärenden Flüssigkeit fügt die Bäuerin verschiedene, oft geheim gehaltene Zutaten hinzu, die den Geschmack verbessern sollen, so dass jede Frau ein sehr persönliches Bier herstellt. Bei den Zutaten handelt es sich im allgemeinen um Rinde (Acacia campylacantha), Früchte (Balanites aegyptica) oder Samenkörner (Datura stramonium). Bestimmte Volksstämme (Bwaba, Bobo) fügen bei Begräbnisfeiern Honig hinzu und erreichen dadurch einen höheren Alkoholgehalt (8 bis 10 % bei Zusatz von Honig gegenüber 2 bis 4 % für normales dolo).

Die Gärung dauert eine Nacht. Am folgenden Morgen kann das Bier verbraucht werden; es bleibt ungefähr 24 Stunden zum Verzehr geeignet. Nach diesem Zeitraum wird es zu sauer. Wenn etwas übriggeblieben ist, was selten genug vorkommt, muss es weggeschüttet werden. Es ist keine traditionelle Technik bekannt, die die Stabilisierung des Hirsebieres und dadurch längere Haltbarkeit ermöglicht.

(Dieser Text basiert auf dem Artikel "Hirsebier in Westafrika" von Michel Voltz. Die Quelle des Artikels ist unbekannt)

 

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