Wasser hatte im Dortmunder Wirtschaftsleben schon immer eine ganz besondere
Bedeutung. Nicht nur bei Kohle, Stahl und für den Verkehr, sondern ganz besonders
auch für die Dortmunder Brauereien.
Viel ist nicht mehr übrig vom einstigen Glanz der Bierstadt Dortmund.
Doch ein Relikt der Brauereigeschichte zählt ohne Zweifel zu den Wahrzeichen
der Stadt: Das Dortmunder U.
Der Buchstabe thront vierfach 55 Meter hoch über der Stadt und über einem Industriedenkmal,
dessen Zukunft zurzeit in aller Munde ist. Denn das Kellerei-Hochhaus der ehemaligen
Unionbrauerei soll Ausgangspunkt für die Neuentwicklung des Brachgeländes
und möglicherweise Domizil einer neuen Ausstellungshalle oder eines Kunstmuseums
der Stadt werden.
Das "Kellergebäude" war seinem Namen zum Trotz das erste Hochhaus der Stadt.
1926/27 ließ die 1873 gegründete Dortmunder Unionbrauerei, die aus der
Brauerei Struck & Co. von 1844 hervorging, das Hochgebäude an der
Rheinischen Straße bauen. Es war damit Aushängeschild eines ganzen Brauerei-Viertels,
das sich an der Rheinischen Straße aufreihte "mit Nachbarn wie der Ritter-,
der Actien-, der Linden-, der Germania- oder der Phoenixbrauerei.
Repräsentativer Bau
Die Union gehörte dabei zu den ersten Großbrauereien, die sich gegen Mitte des
19. Jahrhunderts mit der zunehmenden Industrialisierung des Brauwesens gebildet
hatten. Das Wachstum war rasant und so war die Unionbrauerei Mitte der 1920-er
Jahre die größte der Stadt. Ein repräsentativer Bau musste also her. Und so
baute 1927 das Bauunternehmen Wiemer & Trachte nach einem Entwurf der Frankfurter
Architekten Walter und Emil Moog das 59,50 Meter hohe Kellereigebäude.
Das leuchtende "U" kam allerdings erst viel später auf dessen Spitze: 1968
wurde das mit echten Blattgold belegte Symbol der Unionbrauerei installiert
und schnell zum Wahrzeichen der Stadt.
Doch das Hochhaus war nicht nur ein idealer Werbeträger, sondern bot auch beste
Produktionsbedingungen. Der Stahlbeton-Skelettbau mit Klinkerfassade hatte auf
einer Grundfläche von nur 2800 Quadratmetern eine nutzbare Fläche von 16000
Quadratmetern. Außerdem konnte durch die Höhe des Gebäudes die traditionelle
Arbeitsfolge des Brauens von oben nach unten weitgehend beibehalten werden.
Vom Sudhaus in einem Nachbargebäude führte eine Pumpenanlage für die Bierwürze
in das Hochhaus. Dort lag in rund 50 Metern Höhe unter der Stahlbetonkuppel
der Verdampfungsraum. Von dort ging es abwärts über Anstell- und Gärraum bis
zum Lagerkeller.
Fast unbeschadet überstand das Gemäuer mit seinen dicken Wänden und für hohe
Traglasten ausgelegten Decken auch den Zweiten Weltkrieg, diente in dieser Zeit
sogar als Schutzbunker. Schon bald nach Kriegsende konnte so auch die Produktion
wieder aufgenommen werden. 1994 wurde hier das letzte Bier gebraut.
Die Union-Produktion wanderte zur Ritterbrauerei nach Lütgendortmund.
Seitdem liegt das Gemäuer im Dornröschenschlaf " nur ab und an unterbrochen
von Kunstausstellungen wie den "Reservaten der Sehnsucht", die 1998 viele tausend
Zuschauer in das "Dortmunder U" lockte.
Pläne für das Brauerei-Areal und damit auch für das Bier-Hochhaus wurden schon
reichlich geschmiedet. Star-Architekt Richard Rogers hatte Mitte der 90-er Jahre
einen Entwurf für das Gelände mit Einbeziehung des "U" geliefert, der Grundlage
für die Planung eines großen Einkaufscenters war. Doch dieses Vorhaben wurde
1997 zugunsten des Bahnhofsprojekts aufgegeben.
Nachdem Pläne für ein Sport- und Freizeitzentrum ebenfalls geplatzt sind, macht
sich jetzt der Brau und Brunnen-Konzern als Grundstücksbesitzer erneut
daran, das Gelände zu entwickeln. Unmittelbar vor dem U-Turm soll die neue Konzernzentrale
entstehen. Davon ausgehend sind Büros, Wohnungen, Hotels und Handel geplant.
Gastronomie
Aber natürlich spielt auch der U-Turm eine ganz besondere Rolle. In seine Kuppel,
von Experten aus "Kathedrale" genannt, soll ebenso wie in den historischen Auerbachs
Keller Gastronomie einziehen. Das Innere des Turms will brau und Brunnen der
Stadt überlassen. Während Oberbürgermeister Dr. Gerhard Langemeyer von einem
neuen Kunstmuseum als Ersatz für das Museum am Ostwall in den alten Gemäuern
träumt, hat die Politik zunächst nur grünes Licht für die Übernahme von zwei
Etagen für eine Ausstellungshalle und Magazin-Flächen gegeben. Es ist wieder
einmal das liebe Geld (für Sanierung und Umbau), das allzu hochfliegende Pläne,
zu vereiteln scheint.
(Quelle: Dieser Text basiert auf einem Artikel der Ruhr-Nachrichten vom 25.08.2003)