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Wie Kirchberg zu den Stadtfarben Rot und Weiß kam
Geschrieben am Freitag, 10. September 2004 von hobbybrauer

Interessantes zum Bier und Bierbrauen tinoquell schreibt:
"Beim Stöbern durch die Chroniken meines Heimatortes bin ich auf die folgende Geschichte gestoßen. Sie belegt, dass für uns Kirchberger das Bier - Brauen quasi eine historische Aufgabe ist ;-)) .
Nein, nichts für ungut, aber schön finde ich sie trotzdem.


Wie Kirchberg zu den Stadtfarben Rot und Weiß kam

Als im westlichen Kursachsen das Braunbier aus Kirchberg bekannter war als die Tuche der kleinen Stadt, freute man sich alljährlich zum Leipziger Markt auf das gute Malzgebräu aus dem Zentrum der Herrschaft Wiesenburg. Das war zu jener Zeit, da es in der Stadt zwischen Borberg und Hohen Forst weder einen Bürgermeister noch ein Rathaus gab.
Der Herr auf Wiesenburg, Rudolph von der Planitz, bestätigte jährlich einen Richter samt vier Geschworene, die seine Anordnungen im Städtchen am Fuße des Geiersberges durchsetzten, für Ordnung und die pünktliche Abgabe der Bede und Akzise verantwortlich waren.
Unter den fünf Personen der Führungsschicht Kirchbergs war jeder mal Richter und mal Schöffe, so daß dem großen Herren auf der Burg an der Mulde seine regierenden Untertanen, und nicht nur die, im Häuserring an der St. Margarethen Kirche bestens bekannt waren. Sein unmittelbarer Verbindungsmann zur einzigen Stadt seines Herrschaftsgebietes war der Vogt von Wiesenburg.
Dieser bestellte die Stadtoberen zu sich, wenn es um die Belange der Stadt ging, begab sich selbst aber auch gerne nach Kirchberg, wenn Probleme anstanden, die zuließen, das Amtliche mit dem Angenehmen zu verbinden.
So etwas angenehmes war stets das Kirchberger Bier, besonders wenn Richter Niclas Peler vom Los des Reiheschankes betroffen war. Sein Bier galt als das Beste im Ort. Zwei der dreißig brauberechtigten Bürger im Ring der Innenstadt innerhalb der Mauer mit ihren drei Stadttortürmen hatten jeweils das Recht, nicht nur Bier zu brauen, sondern dieses in ihrer Wohnstatt auch auszuschenken.
Welches Wohnhaus für die Zeit des Ausschankes eines Gebräues, das war die zulässige Biermenge je Braulos, zur Schänke wurde, war im Fenster desselben ersichtlich. Dort stand ein Bierkegel voll rotbrauner Gerstenkörner, abgedeckt mit hellen Sägespänen, so lange, bis das Gebräu verkauft und vertrunken war. Nicht weniger, aber auch nicht mehr als zwei Wohnstuben der brauenden Bürgerschaft bekamen der Reihe nach das Los, zeitweilig als Schankstube zu dienen, So wollte es das Gesetz des Reiheschankes.
Das Bier war eine gute Einnahmequelle für den Herren in Wiesenburg, aber auch für die privilegierten Stadtbürger, denn neben dem Mälz-, Brau- und Schankrecht aus der Zeit als Kirchberg noch die kleine Siedlung im Bergrevier auf dem Hohen Forst war, durfte die Stadt nach dem neuen Wiesenburgischen Erbregister alleinig auch die Dörfer Cunersdorf, Niedercrinitz, Leutersbach und Giegengrün sowie Saupersdorf und Burkersdorf mit Bier versorgen, so lange dieses vorrätig war.
Zum Brauen gehörten Malz und Gerste. Beides war nie billig. Um genügend Vorräte im Malzhaus zu lagern, welches damals noch am Pastorenbach unterhalb der Kirche zu finden war, dort, wo einst Bader Hieronymus Meyer seine Wasserkessel unter Feuer hielt, mußte der Herr in Wiesenburg zunächst einmal die Kosten für Malz und Gerste vorschießen, damit überhaupt das Gebräu zustande kam.
Danach teilte er dem Stadtrichter, den Geschworenen und den brauenden Bürgern die jeweilige Kostensumme mit, der abgenommenen Menge entsprechend je Braubürger aufgeteilt. Gleichzeitig legte er den Termin der Rückzahlung fest, für dessen Einhaltung der Richter mit seinem hab und Gut bürgen mußte. Dieser machte es genau so und nahm die übrigen Malz- und Gerstennutzer mit ihren Grundbesitz in die Zahlungspflicht.

Diesmal hatte der Wiesenburger Vogt einen Schuldschein in Höhe von 60 Gulden für gelieferte 40 Scheffel Malz und 20 Scheffel Korn in der Packtasche. Sein Pferd kannte die Strecke von der Burg nach Kirchberg,, besonders den steilen Stich vom unteren Stadttor bis zum Brauhaus und blieb dem gegenüber an der östlichen Marktseite vor dem Haus von Richter Peler von alleine stehen.
Die Wohnstube des Stadtrichters war Gewerberaum, Amtsstube und zur Zeit auch eine der beiden Schänken in einem. Ein Zinnleuchter verkörperte die Wohnstube, der Spinnrocken den Gewerberaum, die Stadtlade als sicheres Behältnis für Siegel und Gerichtsbuch die Amtsstube und der Bierkegel voll Gerste unter Sägespänen das einstweilige Gasthaus.
Die amtlichen Geschäfte waren schnell erledigt, man hatte darin Erfahrung. Das frische Braunbier mundete mit jeder Kanne lieblicher und die gute Stimmung hatte ihren Höhepunkt erreicht als Jacob Vogtländer, der Vogt aus Wiesenburg, den Richter samt seine vier Geschworenen hänselte, daß sie in der schweren eichernen Lade zwar ein wunderschönes Siegel mit drei Türmen in der Umschrift, auch gute Bestellung wieder zum Leipziger Markt hätten, aber immer noch keine Farben für das Wappen der Stadt, wie es doch seit langem in den Meißnischem Lande üblich sei.
Steffen Wolrab, seines Zeichens Böttcher und Geschworener, nickte verklärten Blickes dieser umwerfenden Erkenntnis zu. Alle schwiegen und schauten fast gebannt in Richtung des Vogtes, der breit vor dem Fenster saß.
Da fiel ein letzter Strahl der untergehenden Abendsonne über das Dach des Brauhauses direkt in die Stube des Stadtrichters, ließ den Vogt nur noch in seiner massigen Kontur erkennen, dafür aber den auf der Fensterbank stehenden Bierkegel hell aufleuchten. Die Gerste im Glas funkelte rot wie ein Rubin, die hellen Späne vom Birkenholz glitzerten wie frischer Schnee zur Weihnachtszeit.
Schöffe Nicol Kutzer, der Waffenschmied vom Hammerort im Knie des Comunbaches steil unter dem Ottensberg, kam schlagartig zu einer ebenso hellen Erleuchtung und ließ sein stilles Lächeln zu einem offenen Lachen werden, in dem Maße, wie der Sonnenstrahl im Fenster hinter dem steilen Dach von St. Margarethen in den anbrechenden Abend versank.
Rot und weiß, der leuchtende Bierkegel als Ausdruck unseres Wohlergehens, das sind die Farben Kirchbergs. Dem hatte keiner etwas entgegen zu setzen. Auch dem Wiesenburger war es recht. Selbst sein Herr, Rudolph von der Planitz, vollendete auf der Burg noch das Lachen des Waffenschmiedes in stolzer Erkenntnis: Die Kirchberger und ihr Bier sind das Beste in der ganzen Herrschaft Wiesenburg.


(Aus der "Acta Cop. VII, Nr.96" des Sächs. Hauptstaatsarchiv Dresden nacherzählt von Johannes Decker)
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