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AMERIKAS GROSSE BIER-KRISE
Geschrieben am Freitag, 13. Mai 2005 von hobbybrauer

Interessantes zum Bier und Bierbrauen Rosebud schreibt:
"gefunden heute bei spiegel.de

Joe Sixpack trinkt jetzt Wein

Von Marc Pitzke, New York

Die süffigen Jahre sind vorbei: Jahrelang haben Amerikas Brauereikonzerne mit großen Marken wie Budweiser und Miller kräftig verdient. Doch jetzt laufen ihnen die Kunden scharenweise davon. Vor allem die Jugend wandert ab - das hat auch, aber nicht nur, mit "Sex and the City" zu tun.

AP
New York - Mitten in Las Vegas, an der Kreuzung von Tropicana Avenue und Paradise Road, gibt es das ganze Jahr über Oktoberfest. Denn da, gegenüber vom neongrellen Hard Rock Café and Casino, steht das Hofbräuhaus. Beziehungsweise dessen US-Kopie: ein Nachbau des Münchner Biertempels, mehr oder weniger originalgetreu, samt Biertischen, Biergarten (drinnen, mit Klimaanlage) und Schweinebraten (auch als Take-Out). Und natürlich bayerischem Bier: Hofbräu (Original und Dunkel), Weißbier und jetzt auch Maibock.

Kein Wunder, dass die neueste, größte Bierhalle der USA von vier Deutschen betrieben wird, Lizenznehmern der Münchner Höfbräu-Brauerei. Denn mit amerikanischem Bier selbst ist es nicht mehr weit her: Nach halbwegs süffigen Jahren zappeln die US-Großbrauereien plötzlich auf dem Trockenen. So sehr gärt es im heimischen Hopfenwesen, dass das Online-Magazin "Slate", den Geschmäckern stets um einen Schluck voraus, schon ominös von der "großen amerikanischen Bierkrise" spricht.

Katerstimmung in der US-Bierbranche: Ihr Anteil am nationalen Alkoholmarkt schmilzt immer schneller dahin, von 59,5 (1995) auf 53,2 Prozent im vorigen Jahr. Im ersten Quartal dieses Jahres lieferten die amerikanischen Brauereien noch 41,7 Millionen Barrel Bier aus - das niedrigste derartige Quartalsergebnis seit Anfang 1997.

Die Königin der Biere stürzt

Grund: Der Bierdurst der Amerikaner, im Vergleich zu den trinkfreudigen Deutschen ohnehin mäßig, trocknet langsam aus - 2000 trank der Durschnittsamerikaner noch 83 Liter im Jahr, 2003 waren es nur noch 81. "Das US-Biergeschäft ist ernsthaft im Abstieg", warnte das Marketingblatt "Advertising Age" dieser Tage. Bonnie Herzog, Marktanalystin bei Smith Barney Citicorp, kann nur zustimmen: "Das Bier steckt in der Krise."

Übel stößt das vor allem den drei Großen auf: Anheuser-Bush, Miller und Molson Coors. Marktführer Anheuser-Bush ("Bud") klagte erst kürzlich über Nachfrageschwund und, so CEO Patrick Stokes, "ein schweres erstes Quartal im einheimischen Biergeschäft": Das Biervolumen der Brauerei aus St. Louis fiel im Vergleich zu 2004 um 2,7 Prozent, der US-Marktanteil von 51,7 auf 51,2 Prozent. Anheuser-Bush, die "Königin der Biere": "Ist ihre Regentschaft in Gefahr?", fragt da das "Wall Street Journal".

Der Biermulti Molson Coors irritierte seine Aktionäre mit einem Quartalsverlust von 46,5 Millionen Dollar, dank eines "niedrigeren Handelsvolumens in Schlüsselmärkten". Und auch Miller, eine Tochter des südafrikanischen Konzerns SAB Miller, vermeldete für 2004 einen Absatzschwund von 1,5 Prozent auf dem US-Markt, trotz anderswo erfreulicher Bilanz.

Low-Carb-Produkt von Michelob: Bloß kein Bier, das macht dick
"Die schwachen Bedingungen scheinen sich zu Jahresbeginn nur noch zu verschlechtern", warnt Christopher Growe, ein Analyst bei A.G. Edwards, in einer Notiz an seine Bier-Investoren. So ist die Anheuser-Aktie an der New York Stock Exchange in einem Jahr um 14 Prozent auf 47 Dollar gefallen, der Wert von Molton Coors sogar um 23 Prozent auf 61 Dollar. (Miller ist in New York nicht gelistet.)

Dabei sind die USA doch so lange ein so verlässliches Bierland gewesen. Schon Gründervater George Washington fand selbst in den Wirren des Unabhängigkeitskrieges noch Zeit zum Anstoß in seiner New Yorker Stammkneipe, der "Bull's Head Tavern", und schrieb an den Marquis de Lafayette, seinen französischen Freund, er ziehe Hopfensaft "made in America", da "von exzellenter Qualität", allem anderen Gebräu vor.


Joe Sixpack trinkt jetzt Wein (2)

Experten nennen einem mancherlei Gründe für die Bierkrise zwischen Hudson River und Golden Gate Bay: müde Werbung, schlechtes Image, neue Geschmäcker, demografisch-kulturelle Umbrüche, der Low-Carb-Wahn, die üblichen Marktwidrigkeiten - und eine clevere Aufholjagd der Spirituosen-Konkurrenz.

Fest steht: Die US-Großbrauereien haben die Zeichen der Zeit ignoriert. Beschwippst vom Umsatzhoch der siebziger und achtziger Jahre, wähnten sie sich im siebten Bierhimmel. "Wir dachten, die Spirituosen würden nie aufholen", gab ein Bierkonzern-Manager jetzt im "Wall Street Journal" zu. "Die haben sich selbst die Grube gegraben", sagt Benj Steinman, Herausgeber des Newsletters "Beer Marketer's Insights".

Die Rivalen dagegen behielten einen klaren Kopf. Mit einer beispiellosen PR-Kampagne haben die Spirituosen- und Weinkonzerne seit Ende der neunziger Jahre ausgenutzt (und mit dazu beigetragen), dass sich der Geschmack des amerikanischen Trinkers langsam verändert - weg vom Bier, hin zu "Anspruchsvollerem", Hochprozentigem. Allein im vergangenen Jahr gaben die Spirituosenbrenner 440 Millionen Dollar für Werbung aus, fast zwölf Prozent mehr als in 2003. Die Brauer investierten zwar 1,2 Milliarden Dollar in die Werbung, doch das waren nur sieben Prozent mehr - nicht genug.

Die hochprozentige Konkurrenz, räumt Bob Lachky ein, Vizepräsident für Marken-Management bei Anheuser-Bush, "hat unsere Industrie beeinträchtigt". Doch er beharrt: "Bier bleibt Amerikas Lieblingsgetränk."

Der Trinkspruch der Baby-Boom-Kids

Doch wie lange noch? Man muss ja nur ins Fernsehen schauen, dem besten Barometer der US-Gesellschaft. In den achtziger und neunziger Jahren stellte die Kneipen-Sitcom "Cheers" da den sozialen Nexus der Nation dar: Bier als zwischenmenschliches Gleitmittel. Heute sind es gelackte TV-Hits wie "Sex and the City" oder "CSI", mit ihren Cocktails und Edel-Bars, die stattdessen dem "Hard Liquor" auch in der Provinz ein neues, umsatzfreundlicheres Image verliehen haben: das des coolen Accessoires. Der Film "Sideways" wiederum hat eine neue Generation Pinot-Noir-Liebhaber herangezogen.

"Der 'Cosmopolitan' und der 'Manhattan' sind Symbole der Kultiviertheit, des Geschmacks und der Erfahrung geworden", weiß Michael Silverstein, Autor des Buches "Trading Up - The New American Luxury". "Vor allem Frauen werden vom Cocktail als Alternative zum Bier angezogen." Auch aus einem anderen Grund: "Das ist der anhaltende Effekt des Low-Carb-Phänomens", weiß Analyst Growe. Mit anderen Worten: Bloß kein Bier mehr, das macht dick.

Eine Umfrage des Investmenthauses Morgan Stanley bestätigt diesen Trend: Spirituosen sind demnach inzwischen die erste Wahl für 21- bis 27-jährige Amerikaner. Von denen geben 40 Prozent längst an, "harte" Getränke dem Bier vorzuziehen. 2003 waren es noch weniger als 30 Prozent gewesen. Dabei ist diese Altersgruppe "das Brot und Butter der Brauer", sagt Branchenkenner Steinman, dessen Newsletter als Bibel des Biermarketings gilt. "Jede Veränderung ist ein Alarmzeichen."

Die Morgan-Stanley-Studie hatte aber noch schlimmere Nachrichten parat: In den kommenden fünf Jahren, so prognostizieren die Finanzjongleure von der Wall Street, würden die US-Weinumsätze um 3,5 Prozent wachsen, die Spirituosen-Umsätze um zwei Prozent - und die Bierumsätze um 0,5 Prozent.

Kannibalen auf dem Biermarkt

Mit verschärften Werbeausgaben und neuen "Edelbieren" versucht Anheuser-Bush, sich der "kritischen Zukunft" zu stellen. "Bud Select", eine "neue Art von Bier" mit "auserlesenen Zutaten" und nur 3,1 Gramm Kohlehydraten sowie 99 Kalorien per 0,3 Liter, konnte seit seiner Einführung im Februar 1,9 Prozent Marktanteil ergattern - dummerweise zu Lasten anderer Anheuser-Biere wie "Michelob". So was nennen sie dann "Kannibalisierung".

Andere kämpfen stattdessen mit Billigbieren um jeden Trinker. Über ein Drittel des Miller-Biervolumens, sagt Experte Benj Steinman, seien inzwischen "Subpremium"-Biere. Doch selbst alte Branchen-Insider zweifeln, dass all das den Brauereien auf Dauer helfen wird. "Sie können nicht viel ausrichten", seufzt Greening. "Alles, was sie bei einem solchen Trend noch machen können, ist ihre Segel zu justieren."

Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,355675,00.html und
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,355675-2,00.html"

 

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