Moderator Beiträge: 4024 Registriert: 7.4.2006 Status: Offline
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erstellt am: 2.4.2011 um 15:25 |
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Heute habe ich das Pflanzgut für meine Topinambur-"Plantage" geerntet und
dabei viel mehr Knollen ausgegraben, als ich zum Pflanzen brauche. Da die
Knollen kaum haltbar sind, müssen sie also schnell verarbeitet werden. Was
liegt näher, als Bier daraus zu brauen?
Topinambur ist eigentlich eine Sonnenblumen-Art, die aber Knollen bildet,
die ganz ähnliche Eigenschaften wie die Kartoffel haben. Sie enthalten
neben Stärke auch Inulin (eine Zuckerart) und schmecken daher leicht
süßlich. Interessant wird, ob Bierhefe dieses Inulin verarbeiten kann. Wenn
nicht, bleibt's halt als Restsüße im Bier.
Um den Topi-Geschmack im Bier gut beurteilen zu können, habe ich das Rezept
sehr einfach gehalten: ein simples Blond Ale, das sich als einziges Extra
etwas Amarillo als Aromahopfen gönnt. Das Rezept findet ihe hier.
Wenn alles gut geht, kann man das Bier in Friedrichroda verkosten.
[Editiert am 26.5.2011 um 07:05 von Berliner]
____________________ Gruß vom Berliner
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Moderator Beiträge: 4922 Registriert: 5.4.2005 Status: Offline
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erstellt am: 2.4.2011 um 16:34 |
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Hmm, finde nicht viel zur Verkleisterung bei Topinambur, zum Inulinabbau
verwenden die Schnapsbrenner entsprechende Enzyme.
Bei Geist-im-Glas wird für Topinambur eine
Verkleisterungstemperatur von 95-100°C genannt,
evt. wäre eine Verarbeitung im "Earl-Verfahren" also eine Teilmaische mit
Vorkochung interessant.
Viel Erfolg, lese da was von zäh werdender Maische, ist aber vielleicht als
Beimischung nicht so schlimm.
Uwe ____________________
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Antwort 1 |
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Moderator Beiträge: 4024 Registriert: 7.4.2006 Status: Offline
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erstellt am: 2.4.2011 um 17:45 |
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Ja, die Topis werde ich vorkochen, allerdings ohne Malz, nur zur
Verkleisterung. Hier werden Verfahren zum Aufschluss des Inulin mit Hitze
erwähnt. Im Schnellkochtopf sollte man doch 135°C erreichen?
[Editiert am 2.4.2011 um 17:46 von Berliner]
____________________ Gruß vom Berliner
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Antwort 2 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 2.4.2011 um 20:15 |
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Hi Jörg,
ich hab gelesen, dass Topinambur nur 4% Kohlenhydrate hat? Das heißt, in
den 5 kg sind gerade mal 200 g Kohlenhydrate und die bestehen noch zu 16%
aus Inulin. Der Rest ist Fruchzucker. Verbessere mich bitte wenn ich falsch
liege. Enthalten die Knollen überhaupt Stärke?
Wäre es vielleicht besser, aus den Knollen einen Saft/Sirup zu kochen und
den dann zuzugeben.
Jedenfalls wieder eine interessante Sache nach Deinem letzten
Hammelmöhren/Pastinakenbier!Ich freue mich schon aufs Verkosten
m.f.g
René ____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 3 |
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Moderator Beiträge: 4024 Registriert: 7.4.2006 Status: Offline
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erstellt am: 3.4.2011 um 06:26 |
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Ja, viel Stärke wird wohl nicht enthalten sein. Ich hatte etwas von 1/3 des
Anteils in Kartoffeln gelesen, das wären so um die 5%.
Ich habe gestern Abens einen Brei daraus gekocht und gebe heute das Malz
dazu. Mal sehen, ob es das dicke Zeug etwas verflüssigen kann. Das Läutern
wird wohl sonst zum echten Problem.
[Editiert am 3.4.2011 um 06:26 von Berliner]
____________________ Gruß vom Berliner
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Antwort 4 |
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Moderator Beiträge: 4024 Registriert: 7.4.2006 Status: Offline
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erstellt am: 3.4.2011 um 15:02 |
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Es war die befürchtete Läuterkatastrophe.
3 Stunden lang musste ich der zähen Brühe jeden Liter Würze einzeln
abringen.
Der Panzerschlauch war komplett überfordert, ich bin dann auf meinen
Keg-Läuterbottich mit Lochblech umgestiegen, da konnte man wenigstens immer
mal aufrühren.
Dann flog beim Kochen noch dauernd mein FI-Schalter raus (Schuld war der
elektrische Grillanzünder), so dass ich die Kochzeit nur schätzen
konnte.
Naja, wenn schon Chaos, dann richtig! ____________________ Gruß vom Berliner
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Antwort 5 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 3.4.2011 um 18:36 |
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Hi Jörg,
alles Wissenswerte über Topinambur gibt es in diesem Dokument. Da scheint
es zum "Geist im Glas" Aufsatz Diffrenzen zu geben?
http://www.landwirtschaft-mlr.baden-wuerttemberg.de/servlet/P
B//show/1115049_l1/lap_ifpp%20SH%2001-2002%20Anbau%20und%20Verwendung%20von
%20Topinambur.pdf
ist ellenlang und natürlich habe ich es noch nicht vollständig
durchgelesen. Das wichtigste ist aber das hier:
Wie ich es schon vermutet habe, enthält Topinambur keine Stärke. Das
Maischen und Läutern hättest Du Dir sparen können Wie ich es verstanden habe, kann man einfach den Saft
der Knolle gewinnen (pressen, schleudern, einkochen, u.s.w) und zur Gärung
dazugeben (oder zum Hopfenkochen).
Um auf einen entsprechende Stammwürze zu kommen bietet sich Eindicken an.
Das Inulin enzymatisch zu knacken wird schwer werden. Ob die von den
Brennern empfohlene Pektinase wirklich wirkt? Eigentlich braucht es die
Fructosyltransferase oder Inulinase. Erzeugt wird dieses Enzym durch den
schwarzen Hausschimmel (Aspergillus Niger) oder durch Candida Kefir. Der
eine ist giftig und der andere...(keine Ahnung was der macht?)
Die Knolle selbst enthält auch das Enzym aber nicht in ausreichender Menge
um das Inulin in vergärbare Zucker zu verwandeln. Durch "Frost" und
Hydrolyse soll sich der Abbau aber beschleunigen...
m.f.g
René
[Editiert am 3.4.2011 um 19:44 von flying]
____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 6 |
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Moderator Beiträge: 4922 Registriert: 5.4.2005 Status: Offline
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erstellt am: 3.4.2011 um 20:23 |
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Hier
(S.39) und hier finde ich Hinweise, daß auch die Hefe wohl in der
Lage ist, Inulin abzubauen. Wird aber vielleicht nicht sehr effizient sein,
zumal die Hefe sich ja zunächst mit Begeisterung auf den Gärzucker der
Malzmaische stürzen wird.
Hab auch mal ein Auge auf die Kräusen Jörg, nicht daß die zähe Konsistenz
ordentlich langlebigen Schaum produziert.
Uwe ____________________
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Antwort 7 |
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Moderator Beiträge: 4024 Registriert: 7.4.2006 Status: Offline
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erstellt am: 4.4.2011 um 06:39 |
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Die Informationen widersprechen sich anscheinend.
Ich finde neben dem von Rene erwähnten Artikel auch Quellen, die
behaupten,, dass nur etwa 3/4 der Kohlehydrate der T. aus Inulin bestehen.
Gesichert scheinen nur die ca. 80% Wasser
Ob das Kochen gereicht hat, um das Inulin in vergärbare Häppchen zu
zerlegen (wie der in Antwort 3 verlinkte Artikel behauptet) werden wir
definitiv an Stammwürze und Restextrakt ablesen können. Aber bis dahin
dauert's noch ein, zwei Wochen. Ich stelle heute erst an (über Nacht
abgekühlt).
Durch die Panscherei beim Läutern ist die Würze ordentlich dunkel geworden,
ich werde das Bier wohl von Blonde in Brown umbenennen müssen ____________________ Gruß vom Berliner
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Antwort 8 |
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Posting Freak Beiträge: 1776 Registriert: 14.7.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 4.4.2011 um 07:37 |
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Hallo,
also ich habe mich mal mit einem Schnapsbrenner unterhalten, der Topinambur
zu einem Brand veredelt.
Er macht das wie folgt
- peinlich sauber waschen und dann häckseln
- 1:2 mit Wasser einmaischen
- mit H2SO4 (!) auf pH 3-4 bringen
- Antigel zugeben
- mit Brennereihefe anstellen
Begründungen
- der saure pH schützt vor Schimmel und Fäulnis beim Angären der Knollen,
da man immer etwas Dreck mit in die Maische bekommt
- das Antigel braucht man weil es sonst wohl unweigerlich beim Gären
überschäumt
Die Hefe kann sofort das Innulin anknabbern, nach seiner Aussage braucht es
keine spezielle Vorbereitung/Hefe. Nur müssen die Knollen unbedingt scho
ein paar Tage Frost bekommen haben, um das Innulin überhaupt zu erzeugen
(wahrscheinlich ähnlich wie bei erfrorenen Kartoffeln - die schmecken ja
auch süß).
Grüße
Tino
... der das hätte vlt auch schon früher schreiben sollen, sorry
[Editiert am 4.4.2011 um 07:40 von tinoquell]
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Antwort 9 |
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Moderator Beiträge: 4024 Registriert: 7.4.2006 Status: Offline
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erstellt am: 4.4.2011 um 08:34 |
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Also entweder verzichten die Schnapsbrenner auf das bisschen Alkohol, dass
aus der Stärke kommen könnte, oder es ist wirklich keine drin.
Dass die normale Brennereihefe das Inulin knacken können soll, wäre ja gut.
Aber abwarten...
Die Stammwürze stimmt jedenfalls schon mal: 24 Liter mit 12°P sind im
Gärbottich.
Im moment schmeckt man die Topis noch sehr gut heraus, vom Amarillo-Aroma
(15g bei Kochende gegeben) ist dagegen nichts spürbar geblieben.
[Editiert am 4.4.2011 um 08:34 von Berliner]
____________________ Gruß vom Berliner
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Antwort 10 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 4.4.2011 um 11:21 |
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Hi Jörg,
wenn ich es richtig verstanden habe, besteht der Gesamtkohlenhydratgehalt
der Topinambur aus vergärbarer Fructose und der unvergärbaren Polyfructose
Inulin. Der Inulinanteil beträgt ca. 16% vom Gesamtkohlenhydratgehalt. Das
heißt auf die Gesamtknolle bezogen etwa 1%.
Stärke ist nicht vorhanden. Du hättest also nicht maischen müssen. Es ist
nichts da, was die Amylasen hätten umwandeln können. Ein einfaches kochen
der zerhackstückelten Topis wäre in Bezug auf die Auslaugung effektiver
gewesen.
Das wasserlösliche Inulin findet sich in jeden Fall in der Stammwürze
wieder. Da es (vermutlich) unvergärbar ist überdauert es bis ins fertige
Bier. Da es aber nicht besonders viel sein dürfte (grob geschätzt etwa
50-100 g auf 20 L Bier) sollte sich die Flitzekacke in Grenzen halten...
m.f.g
Renè
____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 11 |
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Moderator Beiträge: 4024 Registriert: 7.4.2006 Status: Offline
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erstellt am: 4.4.2011 um 12:14 |
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Das deckt sich mit der Beobachtung, dass die Maische nach der Verzuckerung
nicht merklich flüssiger war als zuvor. Beim nächsten mal kann ich also
einfach kochen, den Brei auspressen und mit dieser Flüssigkeit
einmaischen.
Den Inulinanteil wird man im Restextrakt dann ja kaum nachweisen können,
denn 100g auf 20l wären ja nur 0,5°P - da machen andere Einflüsse (wie das
chaotische Maischen und Läutern) vielleicht mehr aus.
____________________ Gruß vom Berliner
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Antwort 12 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 4.4.2011 um 13:06 |
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Zitat: | Beim nächsten mal kann
ich also einfach kochen, den Brei auspressen und mit dieser Flüssigkeit
einmaischen. |
Das sehe ich genau so. Oder Du verwendest einen elektrischen Entsafter. Zum
Maischen kannst Du den Saft verwenden oder auch nicht (eventuell stimmt
dann der Maische-pH Wert nicht optimal). Es sei denn, Du willst durch die
Malzenzymen eine Eiweißrast mit dem Topinambursaft durchführen.
Ansonsten eben zum Hopfenkochen mit dazu...
[Editiert am 4.4.2011 um 13:11 von flying]
____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 13 |
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Moderator Beiträge: 4024 Registriert: 7.4.2006 Status: Offline
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erstellt am: 5.4.2011 um 15:51 |
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Rekordverdächtig: die Hefe hat 7°P innerhalb 24 Stunden "verspachtelt" (von
12 auf 5°P)
Ich hatte allerdings auch auf den Bodensatz eines gerade abgefüllten Suds
mit einer Nottingham draufgelassen; nach einer halben Stunde kamen schon
die ersten Schauminseln, nach zwei Stunden war die Schaumdecke
geschlossen.
Die Farbe hat sich auch wieder deutlich aufgehellt, dürfte jetzt bei gut 10
EBC liegen. Von den Topis ist allerdings im Moment nicht mehr viel zu
spüren - es ist ein wunderbar leichtes Pale Ale geworden. Mal sehen, wie's
sich noch entwickelt.
____________________ Gruß vom Berliner
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Antwort 14 |
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Moderator Beiträge: 4024 Registriert: 7.4.2006 Status: Offline
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erstellt am: 12.4.2011 um 17:58 |
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Heute habe ich in's Fass umgefüllt mit 3,5°P nach einer Woche Hauptgärung
(wobei die Gärung eigentlich schon am zweiten Tag durch war). Das war in
etwa der gleiche EVG (etwas über 70%) wie bei dem Red Ale zuvor, auf dessen
Hefe (Nottingham) ich draufgelassen hatte. Das Inulin ist also scheinbar
verarbeitet worden.
____________________ Gruß vom Berliner
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Antwort 15 |
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