Posting Freak Beiträge: 675 Registriert: 25.10.2010 Status: Offline
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erstellt am: 18.11.2011 um 09:25 |
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Mal zwei Fragen zur Hopfenausnutzung:
1. Inwieweit beeinflusst eine Vorderwürzegabe die Hopfenausnutzung? Kann
man da einen Pauschalwert ansetzen, z.B. minus X %, gegenüber einer
normalen Nach-Würzebruchhopfung? Ich glaube ich habe irgendwo mal so einen
Faustwert gelesen, kann aber nix mehr dazu finden.
2. Ich berechne die Hopfenausnutzung bisher immer mit der Tinseth-Formel.
Was die Formel (wie glaube ich auch alle anderen) vernachlässigt, ist die
Tatsache, das schon isomerisierte und gelöste alpha-Säuren, das weitere
Lösen von alpha-Säuren erschweren, weshalb - unabhängig von der Kochzeit -
die 2. oder 3. Hopfengabe eine geringere Ausnutzung haben werden als von
der Formel berechnet. Gibt es dazu irgendeine Korrektur? In die gleiche
Kerbe schlägt ja, dass ich mit der Formel theoretisch ein Bier mit 1000 IBU
brauen könnte - ich müsste einfach entsprechend viel Hopfen kochen. Ich
hatte irgendwann in einem Thread hier im Forum gelesen, das einer von euch
(hiasl???) Berufs/Studien-bedingt sich mit der alpha-Säurebestimmung gut
auskennt, bzw. apparativ die Möglichkeit dazu hat. Könnte man da nicht mal
ein einfaches Experiment durchführen? Z.B. 6 oder 7 Mini-Würzen mit
unterschiedlichen Hopfenmengen (z.B. berechnet 10, 15, 25, 40, 60, 80 IBU)
kochen und dann die tatsächliche alpha-Säure bestimmen? Ich vermute die
Ausnutzung flacht nach oben hin ziemlich stark ab und damit könnte man die
Formel ja einfach und elegant korrigieren?
Viele Grüße
Sandro
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Moderator Beiträge: 4024 Registriert: 7.4.2006 Status: Offline
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erstellt am: 18.11.2011 um 10:14 |
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Sandro,
zu 1) bei meinem Rechner gehe ich davon aus, dass bei VWH 10% weniger
isomerisiert wird, als bei Hopfung nach dem Würzebruch. Während des
Würzebruchs wird wohl ein Teil der Alphasäure im Trub gebunden und steht
dann nicht mehr zur Isomerisierung zur Verfügung. Die Quelle kann ich im
Moment nicht genau sagen, meine aber, es stünde so im Hanghofer.
zu 2) Ich bin mittlerweile der Meinung, dass die ganze Rechnerei nur einen
groben Anhaltswert für die Bittere der Bieres geben kann. Da spielen
einfach zu viele Faktoren eine Rolle, die Du weder komplett erfassen noch
in einer Formel abbilden kannst. Mir fehlen zudem noch die Mittel, die
Plausibilität durch Messung zu bestätigen oder zu verwerfen.
Die Tinseth-Formeln sind ja auch nur empirisch ermittelt und gelten nur
sehr eingeschränkt, d.h. im Bereich der untersuchten Stammwürzen und
Bitterwerte. Ansonsten gleicht seine Methode ziemlich genau deiner, wobei
sein Schwerpunkt eher auf dem Einfluss der Stammwürze und Kochzeit liegt;
er hat sich dafür die Hilfe eines Labor der USDA geholt. Kennst Du seine
Seite? Eigene, allgemeingültige Messreihen aufzusetzen, dürfte extrem
aufwändig werden. Die Faktoren Stammwürze, Kochzeit und evtl.
Gesamt-Alphasäuregehalt beeinflussen sich womöglich gegenseitig, weswegen
man eine Messreihe mit Varianz aller Faktoren aufsetzen müsste. Auch wenn
Du für jeden Faktor nur 10 Stufen untersuchst, wären dass schon 1000
Einzelmessungen.
Allein die Streuung der wahren Bitterwerte des Hopfens gegenüber den
Packungsangaben machen meiner Meinung nach eine genaue Berechnung der
Bitterwerte ohne jeweilige Analyse der Rohstoffe unmöglich, von den
Ungenauigkeiten der Formeln mal ganz abgesehen. ____________________ Gruß vom Berliner
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Antwort 1 |
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Administrator Beiträge: 10493 Registriert: 23.10.2005 Status: OnlineGeschlecht:
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erstellt am: 18.11.2011 um 10:20 |
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Moin,
zu 1) stimmt, Jörg, das war der Hubert (Hanghofer), der das so geschrieben
hat, das hat er durch wiederholte Messungen bestätigt. Hat er mir nochmal
ausführlicher irgdendwann mal gemailt.
Gruß
Michael
____________________ „Lass die anderen mit Fichten- und Tannensprossen würzen, der Hopfen ist
das Beste, was die Natur uns bietet.“
Aus "Das Erbe des Bierzauberers" von Günther Thömmes, Gmeiner Verlag
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Moderator Beiträge: 4024 Registriert: 7.4.2006 Status: Offline
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erstellt am: 18.11.2011 um 10:29 |
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Danke, Michael, da ist mein Gedächtnis ja doch nicht ganz so schlecht...
Noch ein Gedanke zum Einfluss der Alphasäurekonzentration auf die
Ausnutzung:
IBU wird gemessen in mg Iso-Alphasäure pro Liter Würze. 1 IBU sind also
0,001 g Iso-Alphasäure pro Liter oder eine Alphasäure-Konzentration von
etwa 0,0001%. Auch 100IBU wären bloß eine Konzentration von 1/10 Promille.
Ob das schon einen Einfluss auf die Reaktion der Isomerisierung hat? ____________________ Gruß vom Berliner
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Antwort 3 |
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Posting Freak Beiträge: 675 Registriert: 25.10.2010 Status: Offline
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erstellt am: 18.11.2011 um 10:39 |
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...Berliner: alter Pessimist! .
Deine Seite und Deinen Rechner finde ich übrigens echt klasse!!! Aber
ehrlich mal, ich denke, dass so ein Experiment dennoch sinnvoll wäre und es
ist glaube ich durchaus statthaft, die Isomerisisierung verschiedener
Hopfenmengen getrennt von allen anderen Parametern, wie Zuckergehalt und
Kochzeit zu betrachten. Die korrigierte Formel könnte man dann immer noch
mit "realen Würzen" überprüfen und schauen ob das Ergebnis genauer wird.
Also nicht 1000 Messwerte, sondern, z.B zwei Hopfensorten mit 6
verschiedenen Mengen = 12 Ansätze.
Viele Grüße
Sandro ____________________
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Antwort 4 |
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Posting Freak Beiträge: 675 Registriert: 25.10.2010 Status: Offline
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erstellt am: 18.11.2011 um 10:59 |
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...1/10 Promille klingt wenig, sagt glaub ich aber erst mal nicht sooooo
viel aus. Hängt vom Löslichkeitsgleichgewicht von iso-alpha-Säure ab, wozu
ich leider nix finden konnte. Je näher man dem Gleichgewicht kommt, desto
schlechter wird die Ausnutzung sein.
____________________
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Antwort 5 |
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Moderator Beiträge: 4024 Registriert: 7.4.2006 Status: Offline
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erstellt am: 18.11.2011 um 11:17 |
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Wenn ich's richtig verstanden habe, ist das ja keine Frage des
Löslichkeitsgleichgewichts.
Alphasäure ist wasserunlöslich. Durch das Kochen wird sie chemisch umgewandelt in Iso-Alphasäure, die dann
wasserlöslich ist ( hiernach bis zu 800mg/l, also nicht weit vom
1000IBU-Bier). Fraglicher Punkt ist also, ob und wenn ja welchen Einfluss
die Alphasäure-Konzentration auf diese Reaktion hat.
[Editiert am 18.11.2011 um 11:20 von Berliner]
____________________ Gruß vom Berliner
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Antwort 6 |
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Posting Freak Beiträge: 675 Registriert: 25.10.2010 Status: Offline
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erstellt am: 18.11.2011 um 11:36 |
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Ok, wenn die Löslichkeit so hoch ist, hast Du sicher recht! Die Umwandlung
von alpha-säure in iso-alpha-Säure ist aber auch eine
Gleichgewichtsreaktion und evtl. könnte hier der limitierende Faktor
liegen?
____________________
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Antwort 7 |
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Moderator Beiträge: 9432 Registriert: 12.11.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 18.11.2011 um 11:48 |
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An eine Gleichgewichtsreaktion hab ich auch schon gedacht, da man ja 1000 IBU Biere brauen kann und die Löslichkeit damit
auscheidet.
Aber warum ist dann die Ausnutzung bei höherer Stammwürze geringer?
Die Btterstoffausbeute ist doch ein zentrales Thema in jeder Brauerei, da
muss es doch irgend welche Literatur drüber geben.
Stefan
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Antwort 8 |
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Administrator Beiträge: 10493 Registriert: 23.10.2005 Status: OnlineGeschlecht:
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erstellt am: 18.11.2011 um 12:04 |
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Vielleicht hilft das weiter?
Gruß
Michael ____________________ „Lass die anderen mit Fichten- und Tannensprossen würzen, der Hopfen ist
das Beste, was die Natur uns bietet.“
Aus "Das Erbe des Bierzauberers" von Günther Thömmes, Gmeiner Verlag
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Moderator Beiträge: 9432 Registriert: 12.11.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 18.11.2011 um 13:29 |
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Klasse link!
Zitat: | Je höher der zu
vergärende Extrakt in der Würze, desto höher ist der Wascheffekt des
entweichenden Kohlendioxids. Wertvolle Bitterstoffe werden von den
aufsteigenden Kohlendioxidblasen adsorbiert und in der Kräusendecke
eingelagert. Somit findet ein Bitterstoffverlust abhängig von der
Stammwürze statt. |
Es ist wohl wirklich so, dass eine höhere Stammwürze dadurch die Aubeute
mindert, weil das während der Gärung entstehende CO2 die Bitterstoffe
bindet.
Danke Michael!
Stefan
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Antwort 10 |
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Posting Freak Beiträge: 824 Registriert: 14.6.2005 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 18.11.2011 um 13:31 |
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Hey Sandro,
welche Geräte benötigt man denn für diese Analytik? Könnte uns da ein
Gaschromatograph mit Massenspektrograph (GCMS) evt. helfen?
Gruß
Earl ____________________ PS: HIER gehts zur Tauschbörse für Hobbybrauer
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Posting Freak Beiträge: 824 Registriert: 14.6.2005 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 18.11.2011 um 13:44 |
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Ah, hab gerade gelesen HPLC. Schade, da kann ich dann leider nicht helfen. ____________________ PS: HIER gehts zur Tauschbörse für Hobbybrauer
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Administrator Beiträge: 10493 Registriert: 23.10.2005 Status: OnlineGeschlecht:
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erstellt am: 18.11.2011 um 13:47 |
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Hi, Earl,
Ah, habe es gefunden:
Die Würze (bzw. das Bier) wird mit angesäuertem Isooctan ausgeschüttelt.
Aus der unpolaren Phase wird spektralphotometrisch die Absorption bei 275
nm ermittelt, die eine Funktion des Gehaltes an Bitterkomponenten ist. Das
Ergebnis wird durch eine Formel in Bittereinheiten konvertiert. Absorption
bei 275 nm = 0,5 IBU = 0,5 x 50 = 25 IBU
die IBUs werden mit der Isooctan Methode per Photometer bestimmt. Ich habe
die Methode irgendwo noch und werde sie heute Abend mal hier reingeben.
Gruß
Michael
[Editiert am 18.11.2011 um 13:50 von tauroplu]
____________________ „Lass die anderen mit Fichten- und Tannensprossen würzen, der Hopfen ist
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Posting Freak Beiträge: 675 Registriert: 25.10.2010 Status: Offline
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erstellt am: 20.11.2011 um 15:52 |
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Klingt als bräuchte man nur ein Photometer, Isooctan, schütteln, messen,
fertig. HPLC ist wohl nicht so einfach zu realisieren - es sei denn jemand
an einer der Bierunis hat da Zugang und das Verfahren ist schon vor Ort
etabliert. Was nimmt man als Standard? Gibt es reine iso-alpha-Säure zu
kaufen? Die Genauigkeit könnte man ja mit einigen Industriebieren mit
bekannter Bittere überprüfen? Ich könnte mir allerdings vorstellen das die
Brauereien die Bittere ihrer Biere in regelmässigen Abständen etwas
anpassen/veränderun und da stellt sich mir natürlich die Frage wie
verlässlich "mit bekannter Bittere" dann wäre?
In dem Artikel von Micha (danke!!!) ist ja auch von der Bitterwirkung
oxidierter beta-Säuren die Rede, werden die mit der photometrischen
Bestimmung mit erfassst?
Viele Grüße
Sandro
____________________
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Antwort 14 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 20.11.2011 um 18:20 |
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Hi Ihr Fortgeschrittenen,
hatte Earl damals nicht die Messung per Photometer ausgeschlossen, weil die
richtige "Peak" Höhe nicht ermittelbar war? Also die Frequenz oder
Wellenbereich...Ich müsste da auch erst mal wieder nachschauen.
Ich hatte damals, neben der konduktometrischen Bestimmung noch eine Messung
der Säurezahl per Titrieren mit 1 molarer KOH im Sinn...aber da waren ja
noch die Beta-Säuren im Weg....
____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 15 |
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Moderator Beiträge: 9432 Registriert: 12.11.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 20.11.2011 um 18:47 |
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Earl wollte aber den unisomerisierten Alphasäuregehalt im Rohhopfen messen
und nicht den Gehalt an isomerisierter Alphasäure in Bier.
Das ist sicher ein Unterschied.
Ich hab bei Schneider in Kelheim damals gefragt, ob und wie sie die IBU
messen und da wurde mir von dem Labormitarbeiter auch die von Michael
genannte Extraktion mit Isooctan und die folgende photometrische Bestimmung
genannt. Genaueres weiß ich aber nicht mehr.
Die Methode sollte irgend wo aufzutreiben sein.
Stefan
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Antwort 16 |
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Administrator Beiträge: 10493 Registriert: 23.10.2005 Status: OnlineGeschlecht:
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erstellt am: 20.11.2011 um 18:52 |
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Ähm, ich habe die, aber es ist wohl nicht erlaubt, die hier so einfach zu
posten oder? Die ist aus dem Netz (weiß aber nicht mehr woher genau) und
lehnt sich an die MEBAK Methode an.
Gruß
Michael
[Editiert am 20.11.2011 um 18:53 von tauroplu]
____________________ „Lass die anderen mit Fichten- und Tannensprossen würzen, der Hopfen ist
das Beste, was die Natur uns bietet.“
Aus "Das Erbe des Bierzauberers" von Günther Thömmes, Gmeiner Verlag
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 20.11.2011 um 19:01 |
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Ja genau, dass war damals der Knackpunkt. Wenn man den Roh-Hopfen per
Mazeration in Waschbenzin oder Ähnlichem löst, kann man eventuell per
Säurezahlbestimmung die Gesamtsäuren bestimmen. Aber leider
Alpha-und-Betasäuren..
____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 18 |
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Moderator Beiträge: 4024 Registriert: 7.4.2006 Status: Offline
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erstellt am: 20.11.2011 um 19:10 |
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Nutzt euch die Beschreibung im MEBAK Band 2, Seite 175ff was?
("Bitterstoffbestimmung (EBC-Methode)" und "Iso-Alpha und Alpha-Säuren
(spektralphotometrisch)")
____________________ Gruß vom Berliner
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Antwort 19 |
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