Dadurch, daß wir im nördlichsten Hochtaunus leben, sind wir nicht weit vom
Westerwald weg. Und da es zwei Typen von REWE-Filialen gibt, nämlich einmal
die von REWE selber Betriebenen und dann noch die freien Lizensnehmer,
welche in der Gestaltung ihres Sortimentes recht freie Hand haben UND unser
REWE in Rod an der Weil zum zweiten Typus gehört - so wie ich das
verstanden habe - finden sich in seinem Sortiment immer wieder lokale
Produkte.
Und heute Mittag habe ich nicht schlecht gestaunt... und mich gefreut, als
ich die Hachenburger Schwarze der Westerwald Brauer in Hachenburg, vom
Hersteller als "das schwarze Pils" bezeichnet, dort in handlichen
0,33-L-Fummmmp-Buddeln fand.
Seinerzeit, als wir noch die Kneipe im Westerwald hatten, war die
Hachenburger unsere Vetragsbrauerei und das Urtrüb und die Schwarze floßen
bei uns in Strömen.
Beides waren damals neue Produktlinien, welche der schwächelnden Brauerei
nachhaltig auf die Beine halfen -
meine persönliche Einschätzung.
Laut unserem damaligen Betreuer der Hachenburger, bestand nämlich ein
unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem qualitativen Abstieg der Königin
unter den Bieren und dem Wiedererstarken der Hachenburger weil der
Braumeister, welcher seit damals in Hachenburg das Braupaddel in die Hand
nahm, von der Königin unter den Bieren kam.
(Wie gesagt, Alles nur Hören-Sagen, muß nicht stimmen, wurde uns so aber
vom Beauftragten der Hachenburger Brauerei erzählt.)
Tjo, und einige wenige Überbleibsel unserer Zeit im Hardrock-Pub in
Dreisbach sind halt die original Hachenburger Gläser und deshalb kann ich
die Schwarze auch im adäquaten Glas genießen
Die Schwarze kommt in einem tiefdunklen, brilliant klarem Rotbraun daher.
Schwarz ist sie nur in der Flasche. Aber das steht ihr ja auch zu, denn sie
deklariert sich ja nicht als Schwarzbier, sondern als "schwarzes Pils".
Ich vermute hier einen gehörigen Einsatz von Carared, in dieser Farblage
ist es wirklich das brillianteste, kräftigste Rotbraun welches ich
kenne.
Der Schaum ist mittelporig, cremefarben und nach nur wenigen Minuten wieder
verschwunden. Es bleibt kaum ein Schaumrand in der Tulpe stehen, der
Eiweisanteil erscheint recht niedrig zu sein.
Ein leicht metallischer Geruch schwebt über dem Glas und setzt sich dann
auch im Antrunk fort, bleibt auf der Zunge und hallt auch nach im
Abgang.
Diesen Geruch habe ich vor noch nicht all zu langer Zeit bei einem
ausschließlich mit der Mittelfrüh gehopften Pils wahrgenommen und es wirkt
auf mich, als sei auch die Schwarze mit dem Mittelfrüh gebittert. Da Hopfen
und Bitterung sich in Grenzen halten, gehe ich von geringer Dosierung und
einmaliger Hopfengabe zu Kochbeginn aus. Ich kann mir nicht vorstellen, daß
bei der Schwarzen eine gesonderte späte Aromagabe erfolgt.
Entweder hat sich das Bier weil ich es seinerzeit selber in meiner Kneipe
angeboten und gepriesen habe, besser in der Erinnerung gehalten, als es
damals wirklich war, oder aber die Rezeptur wurde verändert.
Aus den alten Zeiten erinnere ich mich, daß ich die Schwarze gerne als
potentiellen Angreifer auf die Krone des Köstritzers betrachtet habe.
Davon ist aber heute nicht mehr viel zu schmecken.
Heuet präsentiert sich die Schwarze als ein bodenständiges, durchaus sehr
gutes Pils im Mittelfeld hinsichtlich Hopfung und Bitterung.
Malzkörper ist keiner vorhanden, keine Spur mastig oder schwer. Ein schnell
laufendes, mildes Pils, welches besser aussieht, als es schmeckt.
Schade daß ich es probiert habe, denn in meinem Kopf existierte der von
seither existierende Mythos eines außerordentlichen Bieres. Diesem Bild
wird es aber nicht gerecht.
Es ist ein hervorragendes, ausgewogenes Pils, jedoch weit davon entfernt,
eine Spezialität genannt werden zu können.
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Botschafter der WBBBB in Hessen
Brauen ist die wahre Alchemie
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