WAS bitte lieber Hans, hast Du Dir DABEI gedacht ?
Ich hoffe nicht, Du dachtest Etwas in der Art von "Nun braue ich ein lecker
Bier, welches dem Fernsehbierschlucker Lob und Freude entlockt..."
Weil DAS wird es sicher nicht.
Es ist nicht flach, es ist nicht Aromabefreit, es ist nicht 08/15, es ist
nicht platt und vor Allem ist es nicht Mainstream-Fernsehglotz-Plörre
Kurz bevor Hans uns in Wachenheim wieder verließ, wandte er sich an mich
"Komm Trashi, wir tauschen jetzt...."
Ich hatte noch eine Flasche vom Ohio Jan im Angebot und also wechselte die
den Besitzer. Im Tausch dafür bekam ich von Hans die letzte verfügbare
Flasche seines Amarillo Single Hop Lager und die durfte gestern Abend den
Weg des Bieres gehen.
Rotgold mit einem Stich in's Amber, kristallklar (Gegedruckabgefüllt ?)
perlte es sanft in's Glas.
Mit einer sehr feinporigen, festen Schaumkrone, welche sich noch lange
hielt und dabei einen schönen Klebe- (Malzkörper) Teppich am Glas
hinterließ.
Dem Glas entfloh ein Geruch, welcher vor meinem geistigen Auge das Bild
eines Mandarinen-Haines irgendwo in Andalusien zur Zeit der Reife der
Früchte entstehen ließ.
In diesem wohligen Geruch schwang zusätzlich der Odem eines Waldes in
spätherbstlicher Abendsonne mit.
Im Antrunk perlte die fein dosierte, perfekt passende Kohlensäure auf der
Zunge und trug fruchtige Aromen von Mango, Zitrone und über Allem der
Madarine mit sich. Die Mandarie scheint das Kernaroma des Amarillo zu sein.
Wobei das sicher auch eine Frage des persönlichen Geschmacksempfindens
ist.
Passend dazu eine sanfte, unaufdringliche Süße, welche angesichts des
aufgrund des Schaumteppichs erwarteten Malzkörpers dann doch überraschend
zurückhaltend ist. Gerade genug um Süße in's Bier zu bringen, ohne aber
dominant zu werden.
Beim Rollen auf der Zunge tanzen die fruchtigen Aromen einen fröhlichen
Reigen um eine flüchtig auftretende Säuerung, welche für einen Moment wie
eine Primaballerina den Ton angibt, sich dann aber zugunsten der
Hopfenaromen wieder verabschiedet.
Im Abgang geben sich dann die gefühlten 25 IBU kurz die Ehre, ihr Nachhall
ist nicht wirklich stark, so daß im Speichel die fruchtigen Aromen noch
eine Weile verbleiben.
Von den 5,3% vol.Alc. schmeckt man erst beim Einatmen nach dem Abgang
Etwas, der Alkohol versteckt sich sehr gut und somit bietet sich ein rundum
homogenes Bild.
Der Fernsehglotzende Sessel-Bier-Schlucker käme mit diesem Lager wohl
nicht zurecht. Dafür ist es zu distinguiert, hat eine zu individuelle
persönliche Note und Charakter.
Der wahre Bierliebhaber und Bier-Gourmet (nicht Bier-Gourmant) hingegen
kann es nur bewundern und mögen.
Ein Lager stellt für mich -
persönliche Einordnung - immer die
Gradwanderung zwischen Trockenheit und Alkoholaroma eines Export und der
strengen Klarheit eines mild gehopften Pilseners dar. Dieser Balance-Akt
ist Dir sehr wohl gelungen und in Verbindung mit dem Wagemut, von der
Vorderwürze bis zum letzten Gramm ein Single-Hoping zu betreiben, hast Du
ein exquisites, sehr ausgewogenes und sehr leckeres Lager geschaffen.
Letztlich mag ein Aspekt meine sämtlichen Worte noch unterstreichen und
deutlich markieren, wie gelungen Dein Amarillo Single Hop Lager ist....
....mein Sohn Kevin, welcher bei 19 von 20 Nicht-Stout-Bieren den Kopf
schüttelt und sagt "nicht mein Ding", probierte es und sagte dazu "Das
schmeckt richtig gut". Und dieses Urteil wiegt, was helle Biere betrifft,
ein Vielfaches des Meinen.
Auch Du hast Dir drei
mit diesem sehr ausgewogenem, harmonischen Bier
verdient. Klasse Hans. Und danke
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Botschafter der WBBBB in Hessen
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