Unser Wikinger ist von seinem Klosterbier selber nicht wirklich angetan,
also dachte er sich, daß er anderen Heimbrauern Proben zukommen lassen
sollte und so kam es, daß ich gefragt wurde, ob ich sein Klosterbier
verkosten wolle um ihm "die Meinung zu geigen".
Untercarbonisiert, das hatte Wikinger86 schon angekündigt. Für sein Bier
scheint die Aussage, die online verfügbaren Rechner berechnen
üblicherweise zuviel Speisezucker, nicht zu stimmen.
Die Schaumbildung hält sich dementzprechend in Grenzen und das Bißchen
Schaum ist nach nur wenigen Sekunden verschwunden. Die Zeit reicht nicht
einmal um das Blackberry in die Hand zu nehmen.
Obwohl das Bier inzwischen zwei Tage im Kühlschrank stand um sich von den
Strapazen des Versands zu erhohlen, fließt es recht trüb mit der
charakteristischen Farbe eines dunkeln Klosterbieres ins Glas.
Da das Mundgefühl bezüglich der Kohlensäure aber in sich stimmig ist und im
Antrunk durchaus genug CO2 auf der Zunge perlt, vermute ich, daß wir es
hier nicht mit einer Untercarbonisierung, sondern mit "Eiweißmangel" zu tun
haben. Dem Bier fehlt es nicht an Kohlensäure, sondern an Mikrosubstanz
welche, durch das CO2 hoch getrieben, den Schaum bilden könnte.
Der Geruch ist nur schwach ausgeprägt, er erinnert irgendwie an einen naßen
Hund garniert mit Veilchen. Dieser Geruch, oft auch als "Pferdedecke"
bezeichnet ist im Prinzip nicht unangenehm, zahlreiche "schwere" Biere
belgischer Herkunft tragen dieses Aroma im Bucket. Allein, in diesem Fall
erscheint es wie gewollt und nicht richtig hinbekommen, denn es ist nur
sehr schwach und wird nicht auf Anhieb erkannt. Ich muß schon noch eine
tiefe Nase nehmen um es wahrzunehmen. Dieser Geruch ist also keinen Falls
ein Negativ-Kriterium. Negativ ist lediglich, daß er extrem schwach
ausgebildet ist.
Im Antrunk kommt zunächst die - anders als erwartet - ausreichende
Carbonisierung zum Tragen. Das Bier perlt fein auf der Zunge und
umschmeichelt diese sanft. Der Eindruck der Säurung durch CO2 ist
angemessen und wird positiv empfunden.
Das Nächste ist dann ein recht dezenter Malzkörper und im Rollen auf der
Zunge breitet sich eine gewisse Restsüße, untermalt von sehr
zurückhaltenden Veilchenaromen aus.
Insgesamt halten sich alle Aromen dieses Bieres sehr dezent zurück. Da ist
kein Wettbewerb, keine Dominanz, kein "Hoppla, hier bin ich".
Dieser Eindruck setzt sich dann auch im Abgang fort. Bitterung und Nachhall
sind zwar zu schmecken, setzen aber keine deutlichen Akzente.
Das Bier läuft in sich stimig und rund durch die Kehle aber es hinterläßt
mangels Ausdruckskraft keinen verbleibenden Eindruck, hat keinen
Nachhall.
Nach meinem Befinden ist es in sich eine gelungene, fein abgestimmte
Komposition, welcher allerdings der Nachdruck fehlt. Die Aromen sind zwar
vorhanden, aber allesamt zu brav und IBUs verstecken sich hinter der
Kohlensäure.
Mein Fazit, das Bier als Solches ist durchaus ein Gutes und jenseits der
Massenbierhaltung, allein, es fehlt im an Ausdruckskraft. Und mich
beschleicht der Verdacht, daß
a) das Malz zu früh geschrotet und dann zu lange gelagert
b) die Hopfung zu vorsichtig durchgeführt
c) das Hopfenkochen zu kurz gehalten
d) die Nachgärung bei zu niedriger Temperatur verlief.
Ich würde - sofern noch Etwas davon da ist - die Restbestände nochmal eine
Woche bei Zimmertemperatur lagern um die NG nochmals anzustoßen und dem
Klosterbier danach eine ausgedehnte Reiferuhe von mindestens drei Monaten
gewähren um richtig rund zu werden und Charakter zu entwickeln.
Ein gutes Bier, ein rundes Bier. Aber zu von Allem zu wenig. Und daran
lieber Braukollege solltest Du arbeiten. Auf dem richtigen Weg ist es
allemal und deshalb muß ich auch in diesem Fall nicht den befürchteten
Satz
"Ein Bier, ist das überhaupt ein Bier ?"
vom Stapel lassen.
Du bist auf dem richtigen Weg. Das steht fest. Gib dem Ganzen von Allem ein
Wenig mehr und Du wirst sehen, es wird auch Dir selber munden
____________________
Botschafter der WBBBB in Hessen
Brauen ist die wahre Alchemie
Hobbybrauer. TrashHunters Leitfaden für Einsteiger.2014
Tredition Verlag