Senior Member Beiträge: 234 Registriert: 19.3.2010 Status: Offline
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erstellt am: 19.7.2013 um 21:28 |
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Liebe Roggenfreunde,
was passiert eigentlich, wenn ich Roggenmalz im Backofen in Brown- bis
Chocolate-Malt verwandele? Gehen die Pentosane dann kaputt und dieser Teil
der Roggenschüttung erzeugt keinen zusätzlichen Kleber?
Gruß
Philipp
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 19.7.2013 um 21:56 |
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Hi Philipp,
ja, die Pentosane sind Hemizellulosen die durch Hitze abgebaut werden.
Schon ab einer Darrtemperatur von 95° ist ein deutlicher Abbau der
Viskosität zu beobachten.
Außerdem sollte man bei Maischen mit Roggenmalz unbedingt den Eintrag von
Sauerstoff vermeiden, weil das die Viskosität bis zur "Unläuterbarkeit"
erhöhen kann. Das ist wohl noch nicht vollständig erforscht aber man meint
es liegt an der Vernetzung von Proteinmolekülen durch Disulfitbrücken.
Roggenröstmalz (500-800 EBC) kann laut der Literatur ähnlich wie
Gerstenröstmalz eingesetzt werden.
m.f.g
René
____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 1 |
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Senior Member Beiträge: 234 Registriert: 19.3.2010 Status: Offline
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erstellt am: 19.7.2013 um 22:11 |
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Hi René,
danke für die Auskunft. Ich wollte weniger Röstmalz, sondern eher was
Mittelbraunes (Biscuit/Light Chocolate) machen. Das müsste dann ja schon
reichen, um den Klebegeistern den Garaus zu machen. Das Problem mit der
"unläuterbarkeit" kenne ich nur zu gut. Jetzt probiere ich mal eine neue
Strategie dagegen aus.
Danke und herzliche Grüße
Philipp
[Editiert am 19.7.2013 um 22:12 von Braumeise]
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Antwort 2 |
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Senior Member Beiträge: 410 Registriert: 31.10.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 19.7.2013 um 22:15 |
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Die Vernetzung geschieht durch Oxidation von Ferulasäure, welches durch
eine Esterbindung über Arabinose an die Xylose-Ketten (Gesamtbezeichnung
ist Arabinoxylan) gebunden ist. Die Oxidation wird durch Polyphenoloxidasen
katalysiert. Die Vernetzung erfolgt sowohl zwischen Arabinoxylanketten als
auch zwischen Arabinoxylan und Proteinen. Eine Vernetzung innerhalb der
Proteine ist noch mal eine andere Geschichte und findet zusätzlich statt.
Gruß, Ludwig
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Antwort 3 |
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Senior Member Beiträge: 234 Registriert: 19.3.2010 Status: Offline
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erstellt am: 19.7.2013 um 22:28 |
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Hallo, Ludwig,
deinen Beitrag verstehe ich so gut wie nicht, weil mir die ganzen Wörter
nichts sagen. Verstehe ich das richtig, dass auch du sagst: Sauerstoff
macht Klebeprobleme? Meine eigentliche Frage war ja: Kann ich Klebeprobleme
umgehen, indem ich das Roggenmalz (zumindest teilweise) vor dem Maischen
anröste?
Danke und Gruß
Philipp
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Antwort 4 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 19.7.2013 um 22:34 |
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Warum das Rösten die Schleimstoffe verringert meine ich mal irgendwo
gelesen zu haben..? Erklären kann ich es aber nicht. Vielleicht weiß es
Ludwig?
Das höher abgedarrte Roggenmalze (über 95°) eine Verringerung der
Viskosität in der Maische bewirken steht im Narziss. Das heißt aber nicht,
dass es mit nachträglich angerösteten hellen Roggenmalz auch funktioniert?
____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 5 |
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Senior Member Beiträge: 234 Registriert: 19.3.2010 Status: Offline
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erstellt am: 19.7.2013 um 22:41 |
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Tja, das probiere ich dann einfach mal aus. Ich habe gerade in meiner Küche
Roggen-Biscuit, Rogen-Chocolate und Roggen-Kohle hergestellt. Morgen mache
ich Roggen-Cara (weicht gerade ein) und dann wird gebraut. Vielleicht sind
wir dann schlauer. Auf jeden Fall riecht es schon mal klasse!
Gruß
Philipp
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Antwort 6 |
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Senior Member Beiträge: 410 Registriert: 31.10.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 19.7.2013 um 22:44 |
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Richtig, der Sauerstoff bildet ein Gel aus den Pentosanen, deshalb hat
sauerstoffarmes Arbeiten einen größeren Einfluss auf das Klebeproblem, als
die Vorbehandlung des Malzes. Ich glaube aber ehrlich gesagt nicht, dass es
so viel bringt, wenn du es vorher anröstest. Ich denke nicht, dass die
Verbindungen aufgebrochen werden. Der Effekt, den Flying angesprochen hat,
könnte auch von einer Schwächung der vernetzenden Enzyme kommen. Genauer
weiß ich es nicht. Möglicherweise hilft eine Rast bei um 45 °C, bei der die
Pentosane enzymatisch abgebaut werden. Das ist halt ein Problem, weil bei
der gleichen Temperatur auch Proteine abgebaut werden, deshalb sollte man
da auch nicht zu lange rasten.
Gruß, Ludwig
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Antwort 7 |
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Senior Member Beiträge: 234 Registriert: 19.3.2010 Status: Offline
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erstellt am: 19.7.2013 um 22:48 |
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Hi Ludwig,
das Problem mit der Rast löse ich so, dass ich nur mit dem Roggenmalz und
einem kleinen Teil anderen Malzes bei 40-45 °c raste, dann aufheize und den
Rest der Schüttung erst zur Kombirast bei 66 °C einmaische. Ich habe auch
keine guten Erfahrungen mit (zu) niedrigem Einmaischen gemacht.
Gruß
Philipp
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Antwort 8 |
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Senior Member Beiträge: 410 Registriert: 31.10.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 19.7.2013 um 22:58 |
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Die Lösung gefällt mir, dass könnte gut funktionieren. Dann schau, dass der
pH bei um die 5,0 liegt, dann bekommst du nicht so viel Ferulasäure in die
Würze, und die Pentosan-lösenden Enzyme haben ihr Optimum (und die 45 °C).
Dann kannst du eine hinreichend lange Rast durchführen, ohne dass es
Schaumprobleme gibt. Hört sich sinnvoll an. Viel Erfolg!
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Antwort 9 |
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Senior Member Beiträge: 234 Registriert: 19.3.2010 Status: Offline
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erstellt am: 19.7.2013 um 23:15 |
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Danke, guter Hinweis mit dem pH-Wert. Ich lasse mein eingeweichtes
Cara-to-be einfach offen stehen über Nacht und freue mich auf die
Lactobazillen, dann wird das schon halbwegs passen (ich mag es gern etwas
abenteuerlich; ich hätte vielleicht dazu sagen sollen, dass ich auch wieder
geschrotetes Pumpernickel mit einmaische).
Gute Nacht
Philipp
[Editiert am 19.7.2013 um 23:15 von Braumeise]
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Antwort 10 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 20.7.2013 um 02:08 |
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Hi Leute,
ich hab noch mal bei Meister Narziss geschaut..Da steht, dass beim Rösten
die Hemicellulosen in das teilweise flüchtige Furfural übergehen. Furfural
hat ein intensives Bittermandelaroma (Fehlton).
[Editiert am 20.7.2013 um 02:11 von flying]
____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 11 |
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Posting Freak Beiträge: 646 Registriert: 5.4.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 20.7.2013 um 09:16 |
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Hi Philipp,
wenn Du es gerne abenteuerlich magst, gerne experimentierst und ohnehin den
Backofen in Betrieb hast, versuch doch mal den Abbau der Pentosane gleich
im Ofen zu betreiben. Die Idee ist folgende:
- das Roggenmalz 6-8h(oder länger) gründlich einweichen(zwischendrin ein
bis zwei Luftweichen machen->Wasserwechsel)
- den Ofen auf 40-45°C ohne Umluft stellen, eine Schüssel Wasser und das
Roggenmalz hineingeben
- 1h Rast
- aufheizen auf 50-55°C ->Aminosäuren für die Röstfarbe
bilden(Melanoidine), Rast 20 min
- aufheizen auf 60-65°C ->Zucker für die Röstfarbe bilden(Melanoidine),
Rast 20 min
Jetzt kommt es darauf an, ob es ein Cara-Malz werden soll oder nicht
Cara:
- Wasserschüssel bleibt im Ofen, aufheizen auf ~ 98°C ohne Umluft
- Wasserschüssel aus dem Ofen nehmen, Umluft ein, Ofen immer wieder kurz
öffnen bis das Malz offensichtlich trocken ist, dann rösten nach
belieben
kein Cara:
- Wasserschüssel bei 60-65°C aus dem Ofen nehmen, Umluft ein, Ofen immer
wieder kurz öffnen bis das Malz offensichtlich trocken ist, dann aufheizen
und rösten nach belieben.
Gruß
Oli ____________________ http://www.brewrecipedeveloper.de
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Posting Freak Beiträge: 880 Registriert: 8.7.2003 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 20.7.2013 um 22:29 |
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Hallo Phillip und auch ein Hallo an den Rest der Braugemeinde,
Ich habe auch vor mein erstes Roggenbier zu brauen, hatte aber gar nicht
auf dem Schirm, das es da diverse Probleme beim Läutern geben kann. Hab ich
jetzt auf dem Schirm.
Hier waren ja schon einige hilfreiche Infos zu diesem Thema.
Habe aber mal eine grundlegende Frage:
Wo kauft Ihr Euer Roggenmalz?
Habe gesehen, das Weyermann Roggenmalz im Programm hat. mir würde ein
Sack mit 25kg für den anfang reichen. Wo kaufe ich den ...
Gruß Guido.
____________________ You all laugh because I am different. I laugh because you are all the same
...
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Antwort 13 |
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Posting Freak Beiträge: 1000 Registriert: 7.12.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 21.7.2013 um 08:09 |
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Moin Guido,
Castle Malting hat jetzt auch Roggenmalz, bekomme ich am 26.07
Kostet 1,35 / KG
Wird in der kommende Tage in mein Shop eingepflegt.
Selbstverständlich habe ich auch Weyermann kommt auf 1,59 / KG
MfG
Simon Bremer ____________________ Offizieller Partner von Speidel, Brouwland, Wyeast und CASTLE Malting,
Weyermann, Fawcett White Labs mehr als 75 verschiedene Malzsorten. http://www.schnapsbrenner.eu
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Senior Member Beiträge: 234 Registriert: 19.3.2010 Status: Offline
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erstellt am: 21.7.2013 um 10:26 |
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Hi Oli und alle anderen,
vielen Dank für die ausführlichen Tipps. Werde ich beim nächsten Mal
versuchen. Jetzt war es schon zu spät für die Gummirast während der
Caramalzherstellung. Das habe ich einfach bei 65 °C gemacht und danach
gedarrt und leicht geröstet. Insgesamt habe ich ca. 50 % meines
Roggenanteils in Roggenspezialmalze verwandelt in der Hoffnung, dass sie
weniger kleben als normale Roggenmalze. Dazu habe ich eine sehr lange
Gummmirast beim Maischen eingelegt und die Maische insgesamt recht dünn
gefahren. Das Ergebnis war ganz gut. Läutern hat verhältnismäßig gut
geklappt, 2 Stunden für 20 l.
@René: Das ist ja wieder mal ne typische Narziss-Information (nicht gegen
dich gemeint ;-)). Heißt das, dass Roggenröstmalze Bittermandelfehlnoten
erzeugen oder dass Furfural gebildet wird, beim Kochen aber wieder
verfliegt? Oder zum Teil? Wie stark? Ist das relevant? In der Würze konnte
ich jedenfalls keine Bittermandelnoten entdecken. Werde hier berichten,
wenn welche auftauchen. Allerdings fand ich, dass der Duft beim Maischen
stark in Richtung geröstete Erdnüsse ging. Sehr angenehm!
@Guido: Nur der Vollständigkeit halber: HuM hats auch, versteckt unter der
Rubrik "Spezialmalze".
Gruß
Philipp
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Antwort 15 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 21.7.2013 um 10:51 |
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Hi Philipp,
ja, das steht so im Narziss und ist leider recht dürftig erklärt. Warum
Furfural "flüchtig" sein soll weiß ich auch nicht. Das Zeug ist gut
wasserlöslich hat einen Siedepunkt von 162° C. Furfural entsteht aus
Pentosen, während aus den Hexosen (Gerste) Hydroxymethylfurfural beim
Rösten entsteht.
Da Roggen sehr reich an Pentosanen ist und in Abhängigkeit Deines
Röstgrades würde ich mich auf ein leichtes Bittermandelaroma
einstellen...aber Du hattest ja eher mild geröstet. Da dürfte nicht viel
passiert sein.
Besonders billiger, dunkler und ekliger Robustakaffee stinkt manchmal
bittermandelartig aus der Tasse..? Besonders wenn er schon eine Weile in
der Thermoskanne war. Ich denke das ist eine ähnliche Reaktion?
____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 16 |
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Moderator Beiträge: 4922 Registriert: 5.4.2005 Status: Offline
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erstellt am: 21.7.2013 um 21:39 |
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Meinst Du diese Stelle (S.11 unten, Kap. 1.1.5.1)?
Uwe
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Antwort 17 |
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