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Autor: Betreff: Die Sache mit den Rastzeiten und den Jodfarbtönen
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BerndH
Beiträge: 1762
Registriert: 6.1.2013
Status: Offline
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 18.8.2013 um 10:24  
Hallo Freunde,

bei meinen letzten beiden Suden habe ich mich etwas näher mit dem Brauerjod befasst.
Ziel war es heraus zu finden ob mir das Jod oder besser dessen Verfärbung beim Herausfinden des
aktuellen Standes der Stärkeumwandlung behilflich sein könne und tatsächlich, das scheint gut zu klappen.

Angeregt wurde ich durch einen Satz im Buch von Hagen Rudolph und danach durch einige Beiträge hier im Forum.

Es scheint mir derzeit nicht abwägig mit Hilfe der Jodprobe auf den aktuellen Umwandlungsgrad schliessen zu können.
Jod kennt nämlich fast ein ganzes Farbspektrum um die Menge an (noch) vorhandener Stärke darstellen zu können.
Die Farben reichen dabei von tiefschwarz über violett und dunkelbraun sowie grau über rot bis hin zu einem kräftigen gelb.

Was mir bisher auffiel ist das ein Bockbier Sud mit viel Pilsener Malz 40min brauchte um auf die Jodprobe mit einem bräunlichen grauen
Farbton zu reagieren und ein Weizenbocksud erreichte die gleiche Jodfärbung schon nach gut 20 Minuten !!
Kann es sein das Weizenmalz mehr Enzyme enthält als normales Pilsener Malz?

Wäre ich bei dem Weizenbock strikt nach meinem selbsterdachten Rezept mit 45min Maltoserast gegangen,
dann wäre das Bier wohl extrem trocken geworden.

Diese für mich neue Möglichkeit mit Hilfe der Jodfärbung auf den aktuellen Verzuckerungsgrad schliessen zu können finde ich spannend und hilfreich.
Ein bisschen Training um mit Hilfe der Verfärbungen auf den Stand der Dinge in der Maische schliessen zu können ist bei mir sicher noch notwendig.



Grüsse

Bernd


[Editiert am 18.8.2013 um 10:28 von BerndH]
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Uwe12
Beiträge: 4922
Registriert: 5.4.2005
Status: Offline
red_folder.gif erstellt am: 18.8.2013 um 10:45  
...ich kann noch "grünlich" anbieten, wenn zum gelblichen der Maische etwas bläulich vorliegt. ;)

Helles Weizenmalz ist recht enzymstark. Sonst hängt die Beobachtung von vielen Faktoren ab, daß man wohl nicht wirklich nur auf das Malz schließen kann.
Man müßte dabei noch den pH-Wert, auch Ca2+-Gehalt und eigentlich sogar die Stärkezusammensetzung (Amylose:Amylopektin) betrachten und vielleicht auch die Rasttemperatur, ob also schon α-Amylase mehr mitwirkt (Kombirast) oder weniger (eher gespreizte Rasttemperaturen 62:72°C).

Die verschiedenen Färbungen kommen ja von den unterschiedlich langen Stärkeketten, aber so richtig kannst Du daraus auch nicht auf den zu erwartenden Vergärgrad schließen.
Beispiel: eine Maismaische mit techn. α-Amylase zeigte nach Einwirken des Enzyms über die ganze Nacht keine Jodreaktion mehr. Die Maische war dabei aber kein Stück "süß"!
Die Dextrine waren zu klein für eine Jodfärbung, aber (vermutlich) noch nicht vergärbar.

...die Maismaische war natürlich kein Selbstzweck, sondern da kam später noch Malz dazu und die so neu zugeführte β-Amylase macht sich begierig auch über die Dextrine her.

Uwe



Edit: Calcium zugefügt, wird bei den Amylasen und auch anderen Enzymen häufig im Substrat benötigt.


[Editiert am 18.8.2013 um 10:47 von Uwe12]
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BerndH
Beiträge: 1762
Registriert: 6.1.2013
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Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 19.8.2013 um 11:07  
Hallo Uwe
Zitat:
so richtig kannst Du daraus auch nicht auf den zu erwartenden Vergärgrad schließen


Das ist sicher richtig, aber es ist doch bestimmt besser als gar keine Kontrolle über den Ablauf zu haben ?

Mit Hilfe der Jobprobe und Farbgebung kann ich nach meinen jetzigen Wissen (das liest man hier komischerweise sehr selten) noch während der Maltoserast(!) bestimmen
ob überhaupt noch Stärke für die nachfolgende 72 Grad Verzuckerungsrast in der Maische vorhanden ist.
Beispiel:
Bei dem eingangs genannten Rezept für ein helles Weizen war die Farbgebung nach 20 min Maltoserast schon braun/rötlich grau = nur noch relativ wenig Stärke vorhanden.
Hätte ist noch 10 min länger die Maltoserast gehalten wäre die Jobprobe wohl neutral ausgefallen, also alle Stärke wäre verwandelt gewesen... nach nur 30 min !!
Ich leitete sofort das Aufheizen auf 72 Grad ein und kaum waren die 72 Grad erreicht war die Jodprobe neutral.

Eine Verzuckerungsrast nach vollen 40 min Maltoserast wäre also sinnlos gewesen und das Bier ohne Restsüsse vermutlich recht trocken.

Das ist es was ich meine, das man mit der Jodprobe den Ablauf der Stärkeumwandlung zumindest im grundsätzlichen Bereich kontrollieren und steuern kann.
Hätte ich stur die 40min Maltoserast laut Rezept durchgezogen wäre das Ergebnis sicher nicht wirklich in meinem Sinne gewesen.

Das gleiche gilt in umgekehrten Maße für mein UG Bockbier fast nur aus Pilsener Malz.
Hier erzielte ich die gleiche Jodverfärbung erst nach ca. 40min Maltoserast.
Hätte ich hier z.B. nur 30 min Maltoserast (z.B. laut Rezept) durchgezogen hätte ich vermutlich zuviel Restsüsse geerntet.
Natürlich kann das auch gewünscht sein, aber das sich da so krasse Unterschiede zwischen verschiedenen Suden einstellen hätte ich nicht gedacht.
Jetzt habe ich ein neues und praktisch kostenloses "Hilfsmittel" zur Verfügung um in dem Bereich etwas Klarheit zu schaffen.

Was ich sagen will ist das die Jodfarbe anscheinend ein wenig den Blindflug bei den Rastzeiten aufhellen kann.
Ich werde dieses für mich neue Steuerinstrument weiter analysieren und natürlich auch einsetzen.


Grüsse


Bernd


[Editiert am 24.8.2013 um 20:29 von BerndH]
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flying
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red_folder.gif erstellt am: 19.8.2013 um 11:25  
Die Beta-Amylase (Maltoserast) ist gar nicht in der Lage eine vollständige Verzuckerung durchzuführen. An den a-1,6 Bindungen des Amylopektins ist Schluss für sie. Es bleiben beta-Grenzdextrine übrig, die eine rötliche Jodprobe ergeben.
Wenn es bei 62° schon vollständig verzuckert ist, dann haben die alpha-Amylasen ihre Arbeit bereits aufgenommen. Die können die a-1,6 Bindungen umgehen...


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(John Ciardi)
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gulp
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red_folder.gif erstellt am: 19.8.2013 um 11:43  

Zitat:
Hallo Uwe

Zitat:

so richtig kannst Du daraus auch nicht auf den zu erwartenden Vergärgrad schließen



Das ist sicher richtig, aber es ist bestimmt besser als gar keine Kontrolle über den Ablauf zu haben.


Was willst du denn kontrollieren? Nach einer Stunde Kobirast bzw. 63er und 15 min 72er Rast ist das Jodneutral, wenn man nicht vogelwilde Schüttungen hat. Ich habe bestimmt schon 15 Sude lang keine Jodprobe mehr gemacht, weil ich das einfach vergesse.

Gruß
Peter


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BerndH
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red_folder.gif erstellt am: 19.8.2013 um 12:48  
Ich bezog mich auf eine Maische mit den "normalen" gestuften Rasten.
Dort könnte man, wie oben beschrieben, noch während des Maischeprozesses auf das Ergebnis Einfluss nehmen.
Allerdings kann man auch bei einer Kombirast mit einer Jodprobe raus finden ob es sich lohnt noch weiter zu warten.


Grüsse


Bernd


[Editiert am 24.8.2013 um 20:31 von BerndH]
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gulp
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red_folder.gif erstellt am: 19.8.2013 um 12:56  
Gut zitiere ich mich mal selber:
Zitat:
bzw. 63er und 15 min 72er Rast ist das Jodneutral, wenn man nicht vogelwilde Schüttungen hat.


Einfluss nehmen kannste nur durch warten oder?

Peter


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BerndH
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red_folder.gif erstellt am: 19.8.2013 um 13:09  
Richtig, oder eben durch "nicht warten", also gezieltes Verkürzen. :)
Der Punkt ist nicht das alles irgendwann jodneutral wird, sondern es geht um die Möglichkeit der (sehr einfachen) Einflussnahme auf das Verhältnis
zwischen vergärbaren und unvergärbaren Anteilen noch während des Maischens, insbesondere innerhalb der Maltoserast, wie oben bereits erläutert.
Man könnte auch sagen, "Überwachung des Fortschritts der Maltoserast".
Weitere Vorteile liegen auf der Hand, z.B. "Entlarvung" zu langer oder zu kurzer Rastzeiten, Überprüfung von Rezeptzeiten etc.


Grüsse

Bernd


[Editiert am 19.8.2013 um 14:37 von BerndH]
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DerDennis
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red_folder.gif erstellt am: 19.8.2013 um 17:33  
Ich glaube, dem Ganzen liegt ein Denkfehler zugrunde - nämlich dass 100% des verfügbaren Extraktes gelöst werden, bevor die Enzyme ihre Arbeit beginnen.

Tatsächlich dauert das Lösen von Stärke aber länger und ist (so jedenfalls meine Beobachtung) auch nach 30 Minuten nicht abgeschlossen, d.h. wenn ich nach 30 Minuten Jodneutralität erreiche, kann es TROTZDEM Sinn machen, noch eine Verzuckerungsrast hinterherzuschieben - wenn nämlich noch nennenswerte Extraktanteile kurz davor stehen aus dem Malz herausgelöst zu werden...

Grüße


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*Dunkles Lager, Magnum/Select/Tettnanger, S189 (Hauptgärung)
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*Helles Lager, Tettnanger/Select/Saazer, S-189 (Nachgärung)
*Westy12 Clone, 21.6°P, W3787 (Lagerkeller)
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BerndH
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red_folder.gif erstellt am: 24.8.2013 um 20:37  
Danke Dennis, das ist ein sehr interessanter Einwand.
Irgendwo hatte ich auch schon mal gelesen das sich selbst nach dem eigentlichen Maischevorgang noch Stärke aus dem
geschroteten Malz lösen kann. Ich könnte mir vorstellen das dieses Phänomen umso stärker auftritt je gröber geschrotet wurde.

Um ein Weglassen der Verzuckerungsrast geht es mir allerdings gar nicht.
Ich sehe durch meine Vorgehensweise eher eine Möglichkeit genug Stärke für die Verzuckerungsrast überlassen zu können, in dem ich den Fortschritt der
Maltoserast mit Jodproben überwache und die Maltoserast ggf. verkürze oder auch verlängere.
Bestimmt ist das keine neue Erfindung, für mich aber eine tolle Entdeckung. :)


Grüsse


Bernd


[Editiert am 24.8.2013 um 21:06 von BerndH]
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