Nach meinem gestrigen post erhielt ich eine pm, mit der Bitte, doch mal
etwas mehr über den "Behördenroman" zu berichten.
Beim Schreiben der Rückmail dachte ich, dass unsere ganz persönlichen
Erfahrungen für den Ein oder Anderen hier vielleicht auch ganz interessant
sein könnten. Deshalb hier mal eine Kopie der mail:
Hallo Andreas!
Super, dass es immer mehr gibt, die handwerkliche Biere brauen und
vertreiben. Viel Glück und gutes Gelingen!
Also, was kommt so alles auf einen zu (in nicht unbedingt chronologischer
Reihenfolge):
Wir hatten als erstes einen Termin mit einem Herren vom Hauptzollamt
Saarbrücken, um ein Steuerlager einzurichten. Der hat uns besucht und alles
erklärt. Zunächst hat er uns ob unserer Größe (oder besser "Kleine")
belächelt, als er aber gemerkt hat, das es uns ernst ist, war er sehr nett.
Man bekommt ein schickes Steuerbuch mit schwarz-rot-goldener Schnur und
Siegel. Da muss man alle Sude eintragen, mit Grad Plato und entsprechend
jeden Liter versteuern. Wir machen das monatlich und überweisen die
errechnete Steuer an das HZA. Gab bisher null Probleme.
Wir haben unserer Brauerei im Weingut der Eltern meines Braukumpels
eingerichtet. Wein ist zwar auch ein alkoholisches Getränk, aber eben kein
Bier und so mussten wir einen Baunutzungsänderungsantrag (solche Wörter
gibt's nur im Deutschen) stellen, der sich ein dreiviertel Jahr hingezogen
hat, da die Anträge nicht (O-Ton) "nach Eingang bearbeitet werden, sondern
nach Priorität". Unsere ging scheinbar gegen Null und erst nach vielen
Nachfragen wurde er dann genehmigt.
Wir haben zu Beginn mit einem gasgefeuerten Kessel gekocht, der muss von
einem zertifizierten Heizungsmenschen abgenommen werden. Das hat auch
geklappt, allerdings kam dann der zuständige Schornsteinfeger und sagte,
das ginge nur mit Außenkamin, der uns etwa 10.000 Euro gekostet hätte. Also
haben wir in einen elektrischen 100-Liter-Kocher investiert, der deutlich
billiger war und den Gaskocher in Rente geschickt. Dann kam ein
schlechtgelaunter Herr von der Feuerwehr, um die Brandsicherheit
abzunehmen. Dessen erster Satz war: "Wenn ich will, mach ich ihnen das hier
dicht, bevor sie angefangen haben".
War aber scheinbar alles o.k., er hat uns nicht dicht gemacht. Der
Elektrokocher birgt wohl keine Brandgefahr und einen Feuerlöscher hatten
wir auch aufgehängt.
Das Gesundheitsamt war auch da, da gab es aber auch keine Probleme. Unsere
Wände sind komplett mit abwaschbaren Hygienepanelen verkleidet, der
Fußboden ist mit rutschsicheren Industriefliesen belegt, die Arbeitsflächen
sind aus Edelstahl und es gibt fliesend Kalt- und Warmwasser. Wir mussten
lediglich einen Spender mit Papierhandtüchern aufhängen (!) und an einer
niedrigen Tür und einem Absatz schwarz-gelbes Klebeband anbringen, um es zu
kennzeichnen.
Dann die Jungs von der Abwasserwirtschaft. Die haben gekuckt, dass wir
nicht zu viele Trubstoffe oder Chemie in den Kanal einlassen. Da hatten wir
etwas bedenken, da wir einen Abfluss im Boden haben, der direkt in's
normale Abwassernetz geht (also ohne gesonderten Filter oder Auffang). Aber
da wir den kompletten Treber, Hopfenrückstände etc. in gesonderten Eimern
auffangen und kaum etwas in den Abfluss geht, war das auch kein Problem.
Dann muss man natürlich ein Gewerbe anmelden. Das war total easy. Auf die
Stadtverwaltung gewackelt, Rechtsform angeben (in unserem Falle eine GdbR),
pro Nase 8 Euro abdrücken und schon ist man Gewerbetreibender. Da ich
Steuerkram hasse, haben wir uns den Luxus eines Steuerberaters geleistet
und eine Betriebshaftpflicht mit Produkthaftung abgeschlossen.
Das "Corporate Design" sollte zunächst eine Werbefirma aus Mannheim machen,
die wollten aber 8000 Euro, was uns eindeutig zuviel war. Wir haben dann
einen Kumpel aus einer Werbeagentur in Frankfurt gefragt und der hat es uns
für ein Zehntel des Preises gemacht. Solche Leute sind Gold wert
Ein Freund eines Freundes macht uns demnächst die ofizielle homepage.
Dann wollten wir Gläser im belgischen Stil (also Kelche) mit unserem Logo.
Die gibt es wohl nur bei Ritzenhoff, jedenfalls habe ich keine andere
Quelle aufgetan und auch Nachfragen bei befreundeten belgischen Brauern
haben kein anderes Ergebnis erbracht. Mindestabnahme sind 500 Stück, pro
Glas etwa 1,80 plus einmalig 150,-- Euro für die Schablone des Logos. Für
den Druck wird eine vektorisierte Datei des Logos benötigt (was immer das
ist, hat uns unser Werbemann gemacht).
Die beiden letzten Punkte sind ja nicht zwingend notwendig, ich habe sie
aber der Vollständigkeihalber dazugeschrieben.
Ach ja, die Etiketten. Auch so ein Thema für sich. Es gibt eine 108seitige
Ausarbeitung, was auf ein Bieretikett muss/soll/darf. Hier der link:
http://www.blq-weihenstephan.de/fileadmin/user_upload/PDF/Bie
r-Etikettengestaltung.pdf
Dann noch die Pfandregelung. Da ich im Internet keine konkreten oder
lediglich verwirrende Angaben gefunden habe, habe ich beim
Wirtschaftsministerium in Mainz angerufen und einen supernetten Herren mit
viel Fachwissen ans Ohr bekommen.
Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
1. Einweg: Man muss Mitglied beim dpg-Pfandsystem werden und seinen Beitrag
entrichten. Der ist nach der zu erwartenden Menge an Einweg gestaffelt.
Dann bekommt man Aufkleber mit dem Einwegsymbol, die man auf seine Flaschen
anbringt. Das Einwegpfand beträgt einheitlich 25 Cent. Nachteil: Man ist
verpflichtet auch Einwegflaschen anderer Anbieter zurückzunehmen und das
Pfand zu erstatten.
2. Mehrweg: Muss auf der Flasche gekennzeichnet sein, Pfand 14 Cent, man
muss nur seine eigenen Flaschen zurücknehmen. Das wird aber von der
entsprechenden Behörde kontrolliert.
Solltes du noch Fragen haben, kannst du dich jederzeit bei mir melden.
Viele Grüße
Markus
Edit: Bei uns sind es 14 Cent Mehrwegpfand, da wir ausschließlich in 0,75cl
Flaschen abfüllen. Bei kleineren Gebinden ist es weniger.
[Editiert am 3.12.2013 um 11:56 von Der Belgier]