Senior Member Beiträge: 116 Registriert: 19.12.2005 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 3.1.2006 um 21:52 |
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Hallo zusammen!
Ich brauche Erfahrungen bzw. Tipps zum Maischen mit Rohfrucht!
Gemeinsam mit einem Biobauern möchte ich Bier aus Waldstaudekorn
(Johannesroggen, "Urroggen") brauen.
Also das Zeug gibts garantiert nicht vermälzt und selber mälzen ist
nicht...
Deshalb muß ich Rohfrucht verwenden. Aber wieviel?
Da ich beabsichtige so viel Waldstaudekorn als möglich zu verwenden (es
soll eben ein Waldstaudekornbier und nicht ein "normales" Gerstenbier mit
Waldstaudekornzusatz werden), hab ich mir überlegt einen gewissen Anteil
Grünmalz zu verwenden (da das den höchsten Enzymgehalt hat). Ein gewisser
Prozentsatz Gerstenmalz wird ohnehin nötig sein (wegen der Farbe, wegen der
Spelzen etc.)
Was meint Ihr, aus wieviel % Rohfrucht kann die Schüttung bestehen?
Worauf sollte man ev. noch achten?
Grüße
Norbert
____________________ Reinheitsgebot für die Industrie! - Ich mach auch ohne gutes Bier!
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Gast
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erstellt am: 3.1.2006 um 23:28 |
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Hallo Norbert,
wenn du Grünmalz mitverwenden willst, kannst du es mit 50-60% riskieren.
Desweiteren empfehle ich, die Rohfrucht vorher mit Gerstenmalz
vorzumaischen und zu kochen. Mit 20-30% Gerstenmalz bei 48°C (Abbau der
Gummistoffen) mit der 4-5fachen Menge Wasser einmaischen, Rast 20 Minuten,
auf 62°C aufheizen, hier 30 Minuten Rast, auf 73°C, Rast 20 Minuten, 30
Minuten kochen. Soviel Wasser zugeben, dass 62°C erreicht werden und das
restliche Malz (Gerstenmalz und Grünmalz) zugeben. Wie bisher
weiterverfahren.
Ist nur eine Empfehlung. Das Verfahren läßt sich sicher noch
modifizieren.
Sind Wildroggen und Urroggen das gleiche?
Grüße
Wolfgang
[Editiert am 3/1/2006 von Wolf]
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Senior Member Beiträge: 116 Registriert: 19.12.2005 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 4.1.2006 um 21:06 |
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Hallo Wolf!
Ich glaube "Urroggen" also Waldstaudekorn und Wildroggen sind nicht das
Gleiche.
Zum Rohfruchtanteil: Ich hab nachgegrübelt und mich auch mit versch. Leuten
unterhalten und es ist dabei die Meinung entstanden, daß durch zu hohe
Rohfruchtgabe das Bier stark an Vollmundigkeit einbüßt.
Außerdem sei Grünmalz so gut wie nicht zu bekommen ( wenn, dann direkt bei
der Mälzerei - und die sind in Ö selten)
Ich werde also einen Kompromiß eingehen müssen.
Ich versuche den Mangel an Vollmundigkeit mit "kräftigen", dunklen Malzen
(Caramelmalz, Chocolatemalz, ev. ein wenig Rauchmalz o.ä) auszugleichen und
mit der Rohfrucht bei max. 30% zu bleiben.
Die Rohfrucht werde ich so behandlen wie du es vorgeschlagen hast - klingt
sinnvoll
Gruß
Norbert
____________________ Reinheitsgebot für die Industrie! - Ich mach auch ohne gutes Bier!
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Antwort 2 |
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Gast
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erstellt am: 4.1.2006 um 21:32 |
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Hi Norbert,
Zitat: | Außerdem sei Grünmalz
so gut wie nicht zu bekommen |
Grünmalz
herzustellen ist jetzt kein allzu großer Aufwand, da das Darren wegfällt.
Du musst die Körner nach dem Einweichen nur zum Keimen bringen. Kommt
natürlich darauf an, wie groß eure Schüttungen sind.
Grüße
Wolfgang
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Senior Member Beiträge: 116 Registriert: 19.12.2005 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 11.2.2006 um 14:11 |
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So, es gärt!
Gestern wurde das "Experiment" in Angriff genommen.
Also, was wollten wir eigentlich?
Ein befreundeter Biobauer wollte wissen, ob man aus Waldstaudekorn auch
Bier brauen kann.
Als Rohfrucht zugesetzt geht das sicher.
Ich hab dann zu ihm gemeint, daß durch die Rohfrucht da Bier geschmacklich
dünner wird und wir deshalb irgendetwas intesives zusätzlich brauchen...
Nun folgende Vorgaben haben wir uns letztendlich gesetzt:
Es sollte ein "altertümlich", rustikal anmutendes Bier werde
Wir wollten "alte" Bierwürzmittel verwenden
Walstaudekorn musste rein.
Zusammengefasst: Ein sehr dunkles, kräftiges, obergäriges Bier mit Alant
und Fenchel
Daraus ergab sich folgendes Rezept:
ca. 1/3 dunkles Caramelmalz
ca. 1/3 Münchnermalz
ca. 1/3 zur Hälfte Wienermalz und zur hälfte Waldstaudekorn
(Johannisroggen)
zum Waldstaudekorn:
dieses wurde zu Flocken gequetscht (Schwager hat eine Mühle - man kanns
sicher auch geschrotet verwenden) und geröstet.
Dann mit einer Hand voll Wienermalz vorgemaischt.
Diese Rohfruchtmaische wurde beim einmaischen mit dem retl. Malz
zugegeben.
Hopfen: 25g Target (9,4% alpha)
Hefe: Wyeast German Ale
Gewürze: 11g Alantwurzel gemörsert, 10g Fenchelsamen
Rasten:
kurze Eiweißrast bei 55°C
Maltoserast 45' bei 62-64°C
Verzuckerungsrast 45' bei 72°C
Abmaischen bei 76°C
Es wurden gesamt ca. 5,5 kg Schüttung verwendet und dick gemaischt (kann
max. 27l kochen!)
Nach dem Hopfenkochen wurde mit kochendem Wasser runterverdünnt - ergab 25l
mit 13°P.
Bin schon mörderisch gepannt wie´s wird.
Nachdem es kaum vergleichbares gibt, kann ich eigentlich kaum enttäuscht
werden (außer es schmeckt wirklich zum kotzen...)
____________________ Reinheitsgebot für die Industrie! - Ich mach auch ohne gutes Bier!
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Antwort 4 |
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Senior Member Beiträge: 116 Registriert: 19.12.2005 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 12.2.2006 um 14:30 |
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Noch was:
Was denkt ihr, kann man anhand der Schaumbildung beim Würzekochen schon
wage Aussagen über den Schaum im fertigen Bier machen?
Bis jetzt (habe eigentlich immer nur Untergärig gebraut - die letzten
beiden Sude waren nun Weißbier) hat der Schaum beim Kochen immer gleich
ausgesehen.
Auch in den fertigen Bieren sah er dann ähnlich aus (immer i.O).
Jetzt (ich vermute durch die ger. Rohfruchtflocken) hatte ich beim Kochen
extrem feinen, cremigen Schaum, wie man ihn z.B. von Guinness kennt.
Glaubt ihr, daß das so bleibt?
____________________ Reinheitsgebot für die Industrie! - Ich mach auch ohne gutes Bier!
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Antwort 5 |
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Senior Member Beiträge: 116 Registriert: 19.12.2005 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 24.2.2006 um 16:28 |
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Fast fertig.
Die Nachgärung ist vorbei. Die erste Kostprobe ist befridigend:
Farbe wie gewünscht - sehr dunkel
Der Geschamck ist allgemein gut, wenn auch gewöhnungsbedürftig -
extratocken, keine Spur von Restsüße, Fenchel erahnbar, Alantwurzel fast
etwas intensiv (man müsste weniger Hopfen nehmen - ist doch sehr bitter)
Schaum hält sich schön (obwohl die Fenchelöle nicht unbedingt
schaumfördernd wirken)
Der Kohlensäuregehalt von 5,5-6g/l ist meiner Meinung nach etwas zu
spritzig für dieses Bier.
Mal sehen, ob sich durch die Reifung noch was tut (puh! ist das stark -
vertipp mich schon dauernd).
Zusammengefasst: stark, urig, sehr herb - mit ein paar Modifikationen wird
das gleich wieder gebraut (weniger Hopfen!!!!! - Alantwurzel ist bitter
genug...)
Hier noch ein Bildchen:
Grüße aus Wien
Norbert ____________________ Reinheitsgebot für die Industrie! - Ich mach auch ohne gutes Bier!
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Antwort 6 |
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Senior Member Beiträge: 116 Registriert: 19.12.2005 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 5.6.2006 um 09:58 |
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Nach etwas mehr als drei Monaten hab ich nun die letzten Flaschen
herausgekramt. Die lange Reife hat´s echt gebracht - die anfäglich sehr
intensiven Einzelaromen haben sich zu einem sehr harmonischen, nicht
aufdringlichen Ganzen verbunden.
Leider waren nur noch fünf Flaschen da.
Muss sagen: Experiment erfolgreich!
____________________ Reinheitsgebot für die Industrie! - Ich mach auch ohne gutes Bier!
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Antwort 7 |
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