Hallo Zusammen!
Da ich die vielzahl von Variationen bei der Bierfiltration sehr
faszinierend finde möchte ich mich auch dazu noch zu Wort melden und
(möglichst kurz) die Grundzüge der Bierfiltration in Brauereien
erläutern.
Grundsätzlich wird in der Brauereipraxis nicht mit irgendwelchen
Porengrößen gearbeitet. Wir haben im Pronzip (fast) keine Filter mit einer
deffinierten Porengröße.
Neben den beiden von Heavy angesprochenen Filtertypen (Flächenfilter sind
mir unter der Bezeichnung Membranfilter bekannt, kommt aber aufs gleiche
raus) gibt es noch einen weiteren, sehr wichtigen Typen, den
Anschwemmfilter. Diesen hat nahezu jede Brauerei; und zwar vor dem
Tiefenfilter. Diese Membranfilterkerzen werden, wenn sie denn eingesetzt
werden, eben nach dem Tiefenfilter in einem sog. Trap-Filter
(Sicherheitsfilter) verwendet. Dieser kann noch in der Filtration stehen
(vor dem Puffertank zur Abfüllung) oder auch direkt dem Füller
vorgeschaltet sein. Er hat praktisch KEINE Aufgabe, dient nur der
Sicherheit.
Die eigentliche Bierfiltration startet mit dem Kieselgurfilter. Diesem wird
gelegentlich ein Separator vorgeschaltet. Bei 4500 UpM wird dem Bier durch
die Zentrifugalkraft grobes Material wie Hefen und Trubreste entzogen. Das
soll den folgenden Kieselgurfilter (KG) ersetzen.
Der KG wird in drei Ausführungen eingesetzt, dem Stützschichtenfilter, dem
Zentrifugal-Horizontalfilter (ZHF) und dem Kerzenfilter. Bei allen ist das
FIltrationsprinzip gleich:
Auf einer "dünnmaschigen" Schicht (filtriert selber nicht) wird mit Wasser
ein Filterhilfsmittelgemisch vorangeschwämmt. Das Gemisch besteht aus
vorwiegend aus verschieden feinen Kieselguren. Dazu können noch Perlite,
Cellulose und andere natürliche Stoffe kommen. Dieser Vorgang wird einmal
wiederholt. Sobald nach dem KG das Wasser blank läuft (also keine
Kieselguren mehr durchgerissen werden, das Wasser wird im Kreis gepumpt)
kann Bier aufgemacht werden. Von einem Puffertank aus (damit das Bier
gleichmäßig durch den Filter laufen kann) fließt das Unfiltrat dem Filter
zu. Vor dem Filter wird ständig Kieselgur zudosiert (ca. 70-150g/hl). Das
Bier passiert den Kieselgurkuchen und wird dort, wie durch ein sehr feines
sieb laufend, von alles Trübungsstoffen befreit. Wird darüber hinaus noch
Kieselgel oder PVPP dosiert, dann adsorbieren diese beiden Stoffe
potentielle Trübungsbildner an sich (die sonst durch den Filter flutschen
würden, weil sie sich erst später zu größeren Partikeln vereinen und dann
ausfallen) und entfernen sie aus dem Bier, weil sie selber im Kuchen
hängenbleiben.
Der Stützschichtenfilter ist dabei ein Rahmenfilter, in den
Celluloseschicht en eiongelegt werden. auf diesen Schichten wird die
Kieselgur angeschwämmt. Zum Kieselguraustragen nach der Filtration muss der
Filter geöffnet werden und die Kieselgur wird abgekratzt. Der ZHF ist ein
Kesselfilter, in dem übereinander mehrere runde "Siebbleche" sind. auf
diesem Sieben wird die Kieselgur angeschwämmt. Am Ende der Filtration
drehen sich die Scheiben, die Kieselgur wird runtergeschleudert und unten
automatisch ausgetragen. Der Kerzenfilter verfügt über Metalfilterkerzen,
zum Austragen wird er Wasser/Luft rückgespült. Die Filtration ist beendet,
wenn der Druck im EInlauf einen gewissen Punkt erreicht. Dann ist auch
meist der Unfiltratraum mehr oder weniger voll von angeschwämmter
Kieselgur. Pro m² Filterfläche und Stunde können 3-4 hl Bier filtriert
werden, bei Kesselfiltern das doppelte.
Das Bier nach dem KG ist blank! Der folgende Schichtenfilter hat dann nur
noch die Funktion, eventuelle Bakterien oder doch noch vereinzelt
mitgerissene Hefen und natürlich auch mitgerissene Kieselguren zu
entfernen. Das geschieht in der von heavy erklärten Tiefenfiltration. Dabei
kann man, je nach aktuellem Verlauf der Filtrationen, die Schichten wählen.
Ob gröbere, feinere oder gar Sterilschichten. Die Schichten werden nach
jeder FIltration Rückgespült, sind aber noch ein paar Wochen hinüber. Man
kann diese Schichtenfilter gegen Trap-Filter eintauschen, weil is günstiger
(aber weniger effektiv).
Es gibt darüber hinaus viele Variationen einer Bierfiltration. Ganz neu ist
die Kieselgurfreie Membranfiltration mittels einer art CMF (crossflow micro
filtration). Das ist keine dead end Filtration, wo das Unfiltrat durch
einen Filter durchgedrückt wird. Dabei wird das Unfiltrat im kreuzfluß an
Membranen vorbeigeleitet. Durch den Druck wird ein Teil des Bieres durch
die Membran filtriert und der Volumenstrom sorgt gleichzeitig dafür, dass
die gefilterten Partikel die Membran nicht zusetzen, sondern wieder
mitgerissen werden. Das wäre auch das Problem, wenn man viel Bier ohne KG
durch den Schichtenfilter jagen würde. Der wäre sofort zu. Bei einer
Membran noch schlimmer! Der Kreuzfluß spült den Filter aber immer wieder
frei. Nach der membranfiltration reicht dann meist noch ein Trap-Filter.
Diese Systeme haben die Pott's Brauerei und die Brauerei Kölner Verbund.
Dabei wird IMMER ein Separator vorgeschaltet. Der Kölner Verbund
stabilisiert noch mit Kieselgel zwischen Separator und einem Puffertank vor
der Membrananlage auf.
So, kleiner, hoffentlich verständlicher Überblick über
Brauereifilteranlagen.
Für den Hobbybrauer ist der ganze Kieselgurkrempel natürlich total
unwichtig. Das Zeug ist nur wichtig für eine wirtschaftliche Filtration in
großen Mengen. Ein ausreichend vorgeklärtes Bier kann man, wie Heavy das ja
schon eindrucksvoll bewiesen hat, super durch eine Tiefenfilterschicht
klären. Wenn man die Schicht (oder Kerze oder was auch immer) so oft wie
möglich verwenden möchte hilft sauberes Arbeiten (keine Geläger oder Trub
in den Filter jagen), Rückspülen direkt nach der Filtration und vor der
nächsten Filtration möglichst abkochen, damit keine Infektionen ins Bier
kommen. Vielleicht den Filter in einer desinfektiösen Lösung lagern. Auf
jeden Fall kann sich in den Poren viel sammeln! Wenn das Bier aber eh drei
tage später alle ist mach's auch nix!
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"Zeige mir eine Frau, die wirklich Gefallen am Bier findet, und ich erobere
die Welt."
Kaiser Wilhelm II
(1859-1941)