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Autor: Betreff: Sterilisierung im Hobbybraubereich
Administrator
Posting Freak

tauroplu
Beiträge: 10493
Registriert: 23.10.2005
Status: Online
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 8.11.2007 um 13:05  
Hallo, zusammen,

aufgrund eines Gesprächs mit einem Forumsmitglied, der Tatsache, daß das Thema Sterilisation im Hobbybraubereich hier im Forum immer wieder diskutiert wird und aus eigenem Interesse, möchte ich hier mal ein paar Fakten versuchen wiederzugeben:

Es werden ja öfter mal die Sterilisierungsmöglichkeit durch Hitzebehandlung im Backofen beschrieben. Erst kürzlich wurde z.B. vorgeschlagen: 30 Min. bei 150°C. Wie ich gleich noch versuchen werde zu beschreiben bzw. zu belegen ist eine derartige Behandlung mehr als ausreichend.
Was wir doch durch wie auch immer geartete Behandlungen doch erreichen wollen, ist das Abtöten der bierschädlichen Keime. Das sind vor allem Milchsäure- und Essigsäurebakterien bzw. wilde Hefen. Alle diese genannten Keime kann man durch thermische Behandlung abtöten (Stichwort: Pasteurisierung).
In der kürzlichen Diskussion fiel das Stichwort Sporen. Sporen sind spezielle Überlebensformen von Mikroorganismen, die auch z.T. rigide Einschränkungen ihrer Lebensbedingungen wie hohe Temperatur, hoher Salzgehalt, Nährstoff- und Wasserarmut etc. überleben können.
(Bier-) Hefen bilden Sporen, das ist richtig. Aber Sporen sind nicht gleich Sporen. Die hartnäckigsten Vertreter von Sporen sind bakterielle Endosporen.

Wie aus dem obengezeigten Bildchen hervorgeht, werden 90% der Hefesporen bei weniger als 1 Min. abgetötet. Der sog. D-Wert (dezimale Reduktionszeit) ist die Einwirkzeit (unter definierten Bedingungen wie Zeit und Temperatur), innerhalb derer 90% der Population eines Mikroorganismus abgetötet werden.
Will man steril arbeiten (Stichwort: sicherer mikrobieller Weg aus einem kürzlichen thread), muß der 12-fache D-Wert angewendet werden, in diesem Fall für die Hefesporen also knapp 11 Minuten bei 55°C.
Für mich heißt das, das 30 Min. bei 150°C (ich find den thread einfach nicht wieder :redhead: ) in der Tat absolut ausreichend sind. Ich bin von ursprünglich 15 Min. bei 130°C (Vorschlag seinerzeit von Jean Pütz) auf 15 Min. bei knapp 80°C heruntergegangen und habe bisher nie Probleme gehabt. Dabei möchte ich die Erklärung von Alex unterstützen, daß man die Flaschen am besten auf einen Rost stapelt, der auf dem Backofenboden liegt. Wichtig ist, daß man die Flaschen in den kalten Backofen legt und dann mit Umluft aufheizt. Nach der angegebenen Zeit abschalten und den Ofen abkühlen lassen. Ich stecke sogar einen Holzlöffel in die Backofentür, damit es ein wenig schneller abkühlt. Damit hatte ich bisher noch nie Probleme mit Flaschenbruch.
Im Forum mehrfach erwähnt ist die Tatsache, daß einige Weißbiere pasteurisiert werden, um zugegebene Hefezellen abzutöten. Dort kommen meist Temperaturen von 60-70°C über einen Zeitraum von ca.20 Minuten zum Einsatz, um sicher zu sein, daß da in der Flasche nachher nichts mehr weitergärt.

In ausführlicher Form hier nachzulesen: http://www.sgsv.ch/pdf/Das%20A0-Konzept%20-%20Vortrag%20f%F Cr%20SGSV.pdf

Sorry, daß der post etwas lang geworden ist… :puzz:

Ciao
Michael


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„Lass die anderen mit Fichten- und Tannensprossen würzen, der Hopfen ist das Beste, was die Natur uns bietet.“
Aus "Das Erbe des Bierzauberers" von Günther Thömmes, Gmeiner Verlag
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Hoepfchen
Beiträge: 70
Registriert: 19.3.2006
Status: Offline
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 8.11.2007 um 13:28  
Hallo Michael,

schön, mal so eine Aufstellung im Forum zu haben. Ich verstehe die ganze Panik um das absolute Sterilisieren sowieso nicht. Bei unseren ersten Brauversuchen haben wir auch immer alle Flaschen für 30 Minuten in Chemipro eingelegt, um möglichst viele Keime zu vernichten. In letzter Zeit haben wir Versuche gefahren, in denen wir die Flaschen nur noch mit klarem kalten Wasser ausgespült haben (sie waren natürlich von vorn herein schon sauber und ohne Bodensatz). Auch dieses Bier ist nach einem halben Jahr immer noch nicht sauer. Meines Erachtens ist die saubere Arbeitsweise während des Brauvorgangs genauso wichtig. Und ich glaube niemand wird in einem Sterilraum brauen mit komplett sterilisiertem Equipment -- alle Schläuche, Rührlöffel, Durchflusskühler, Sterilluftzufuhr etc. inbegriffen.

Gut Sud
Steffen
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Administrator
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tauroplu
Beiträge: 10493
Registriert: 23.10.2005
Status: Online
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 8.11.2007 um 13:30  
Ganz meine Meinung, Steffen! Das war u.a. auch der Grund für diesen post.

Es verfahren ja viele so wie Ihr und haben gute Erfahrungen gemacht. Ich werde auch dazu übergehen.
Ich finde auch, daß man die Kirche im Dorf lassen sollte :)

Ciao
Michael


[Editiert am 8.11.2007 um 13:31 von tauroplu]



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bluegames
Beiträge: 135
Registriert: 15.10.2007
Status: Offline
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 8.11.2007 um 22:02  
Vielen Dank für diesen wirklich informativen Beitrag!

Da sieht man mal wieder, dass übertriebene Vorsicht manchmal doch fehl am Platze ist.
Ein gesundes Mittelmaß reicht vollkommen aus.

Grüße an alle!
Klaus
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Posting Freak
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alexbrand
Beiträge: 2947
Registriert: 15.11.2006
Status: Offline
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 8.11.2007 um 22:58  
Michael hat schon recht, wenn er schreibt, daß er die für uns Brauer gefährlichen Mikroorganismen abtöten will. Dann mag das u.U. reichen. Vergeßt aber bitte nicht, daß die idealisiert.

Ich spüle meine Flaschen meistens auch bloß heiß aus. Wenn ich aber weiß, daß ein Bier sehr lange in einer Flasche lagern wird, dann kommt diese allerdings in den richtig heißen Ofen... ;)

Nur die Apparate für meine Hefezucht behandle ich immer ganz penibel. Wie schon zuvor erwähnt, ich bin möglicherweise beruflich vorgeschädigt. Aber ich weiß auch, wovon ich spreche.


Alex


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azmo
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red_folder.gif erstellt am: 9.11.2007 um 00:04  
Also ich stimme natürlich zu, dass man übertreiben kann.
Eine Pasteurisierung der Flaschen etc. halte ich aber noicht für übertrieben.
Ebensowenig das Ausspülen der Kaltbereichkontaktstellen mit einer Desinfektionslösung (Braunol).

Natürlich "muss" man das nicht machen und vor 100 Jahren haben die es auch hinbekommen, dass das Bier nicht (naja meistens nicht) sauer war.

ABER: Als Hobbybrauer investiert man sehr viel Zeit und Arbeit in einen relativ kleinen Sud (selten grösser als 40l).
Selbst wenn in den meisten Fällen ein einfaches Ausspülen der Flaschen und Kontaktstellen ausreicht (die Erfahrung haben wir auch gemacht), ist es keine Sicherheit.
Man kann erst (relativ) sicher sein, dass das Bier nicht sauer wird wenn man vernünftig desinfiziert hat.
Ist natürlich jedem selbst überlassen, mir ist aber ehrlich gesagt die Arbeit zu schade um nachher im schlimmsten Fall 40l in den Abfluss zu giessen.

Also, wie gesagt:
Übertreiben sollte man die Sache nicht, aber ab dem Kaltbereich IST eine Infektionsgefahr da.
Diese (mit einfachen Mitteln) zu minimieren, ist nicht übertrieben.



Flaschen und (machmal) Fässer kommen bei uns auch in den Ofen.
120° ca 20 Min.
Wir experimentieren gerade mit einem Dampfstahler - das wäre doch mal eine praktische Lösung zum Sterilisieren. Das ewige ausspülen der Flaschen/Dosen ist eine Heidenarbeit, speziell wenn man die Reinigungemittel da raus kriegen muss. Um mal von der Wasserverschwendung gar nicht zu reden.
Hitze sollte da die einfachere (Umweltschonendere) Alternative sein, eventuell auch als Dampf. Bei sauberen Flaschen sollten (wenn das Bier nicht allzu lange gelagert wird) auch 2 Min reichen.
Gefährlicher ist da schon eine Infektion beim Abfüllen selbst etc.
Ich desinfiziere da inzwischen auch meine Hände, haben z.T. schlechte Erfahrungen mit einzelnen sauren Flaschen/Dosen gemacht.


[Editiert am 9.11.2007 um 00:06 von azmo]



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Man kann die Erkenntnisse der Medizin auf eine knappe Formel bringen: Wasser, mäßig genossen, ist unschädlich.
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mibi-xxl
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red_folder.gif erstellt am: 9.11.2007 um 00:09  
Hallo zusammen,

Ich habe 30l Fässer und wenn ein Sud besonders gut ist, dann fülle ich ein paar Flaschen davon ab und hebe sie für besondere Anlässe auf. Dabei habe ich die letzte Zeit auch auf das sterilisieren der Flaschen verzichtet. Sie werden nach dem trinken nur mit Wasser ausgespült und mit dem Bügelverschluß geschlossen. Bis jetzt habe ich noch keine Flasche mit einer Infektion gehabt. Bei meinem Gärbottich bin ich viel beniebler, der wird jedesmal sterilisiert.


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Michael

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Gast

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red_folder.gif erstellt am: 9.11.2007 um 00:44  
hey! :D

wollt nur mal lustigerweise berichten, dass ich vor ca einem jahr im keller meines opas 2 flaschen berliner weisse von 1977 gefunden habe! habe natürlich eine aufgemacht und siehe da: sie war sauer! aber spass beiseite: das bier war noch zu trinken, auch wenn die flocken nicht wirklich dazu einluden. die andere flasche habe ich mit wachs am (leicht rostenden) kronenkorken verschlossen, damit der nicht weiter rostet .....für die nächsten 30 jahre... :cool:
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red_folder.gif erstellt am: 9.11.2007 um 06:35  
Verfluchte Tat, ich wußte gar nicht daß dieses Hobby so gefährlich ist. Bei Berufsbrauern habe ich von Sterilisierung durch diese Hobby noch nichts gehört, was mich ein bisschen beruhigt.
Spaß beiseite, die Waschmaschinen in der Brauindustrie kochen ihre Flaschen ja auch nicht aus. Heiße Lauge genügt vollommen. Bei der Desinfektion in der WAMA ist eigenlich nur eine keimfreie Spülung mit Frischwasser gemeint.


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alexbrand
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red_folder.gif erstellt am: 9.11.2007 um 07:46  
Hallo Gemeinde!

Ich sehe schon, daß wird ein Endlos-Thread. ;) Jeder macht es eh wie er will und für richtig hält. Nur eine möchte ich noch abscließend dazu sagen. Hier wurde immer mal wieder Begriffe durcheinander geworfen. Und zwar "desinfizieren" und "sterilisieren". Ersteres ist nur eine Verminderung der Keimzahl, das Zweite bezeichnet die völlige Abtötung/Zerstörung aller Keime. Das ist ein deutlicher Unterschied. Vielleicht nicht für jeden ersichtlich oder wichtig. Für mich aber. ;)

Alex


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tauroplu
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red_folder.gif erstellt am: 9.11.2007 um 08:01  
Moin, zusammen,

das obengesagte galt eigentlich nur für die nach meiner Meinung etwas übertriebenen Temperaturen bei Backofensterilisierung.
Natürlich weiß ich, daß die größte Gefahr im Kaltbereich lauert, deswegen desinfiziere ich ja meine Kegs auch mit Braunol Lösung. Wenn ich die SVP dem Hauptsud entnehme desinfiziere ich natürlich den Schöpflöffel, ebenso die Spindel, die ich in den Gärbottich werfe. Dabei desinfiziere ich mit 70%-iger Alkohollösung in Form einer Wischdesinfektion.
Die Keimzahlverminderung des Gärbottichs übernimmt für mich die heiße Würze, die ich direkt da reinlaufen lasse. Anschließend kühle ich mit einem Eintauchkühler die Würze `runter. Den Kühler brauche ich auch nicht extra zu desinfizieren, macht freundlicherweise ebenfalls die heiße Würze für mich.

Wie auch immer jeder von Euch hier vorgeht, ich wünsche stets einen gelungenen Sud, der hinterher dann nicht wie jahrealte Berliner Weiße schmeckt ;)

EDIT: Mensch, Alex, da warst Du schneller! Ich stimme Dir voll und ganz zu (deswegen habe ich auch bewußt die Worte Desinfketion bzw. Sterilisierung gewählt.

Ciao
Michael


[Editiert am 9.11.2007 um 08:05 von tauroplu]



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