Hallo Freunde!
In letzter Zeit wurde hier im Forum immer wieder nach Mitteln und Wegen
gefragt, Hefe mit für den Hobbybrauer durchführbaren Methoden zu Hause zu
züchten und zu asservieren. Meistens werden hier gleich die sogenannte
"Kochsalzmethode" und die "Schrägagarmethode" (häufig auch "Agar-Agar-Hefe"
genannt) aufgeführt. Beide Methoden sind mit ihrem Für und Wider sicherlich
gut geeignet, den hausbrauenden Selbermacher, stets mit frischer Hefe zu
versorgen. Diejenigen unter uns, die Kontakte zu Brauereien haben, wo sie
immer frische, gut geführte Hefe bekommen können, brauchen an dieser Stelle
nicht mehr weiterlesen. Macht einfach so weiter wie bisher. Alle anderen,
die möglicherweise vor den gleichen (Hefe-) Beschaffungsproblemen stehen
wie ich, sollten nun aufhorchen. Nachstehendes Verfahren ist noch in der
Experimentalphase, aber bereits durchaus soweit fortgeschritten, daß erste
Nachahmer eingeladen sind, meine Ergebnisse zu prüfen und das beschriebene
Verfahren nachzustellen: Hefe aus Kartoffeln!
Wenn wir unsere Maische bereiten, dann tun wir nichts anderes, als die
Enzyme des Malzes in ihr "Lieblingsmilieu" (hier: Temperatur und pH-Wert)
zu bringen und die Stärke der Getreidekörner in diverse Zucker umwandeln zu
lassen. Das ganze geht recht einfach und wir brauchen den Enzymen ihre
Arbeit erst gar nicht zu erklären; die können das "von Hause aus". Nach
weiteren Verfeinerungen wie Abtrennen des Trebers und etlichen Hopfengaben
haben wir die Würze dann endlich so weit, daß die Hefe nunmehr ihre Arbeit
verrichten kann und die mühsam gewonnenen Einfachzucker in Alkohol,
Kohlendioxid und einige geschmacksträchtige Stoffe verwandeln kann. Nach
einer mehr oder weniger langen Zeit, in der die Hefezellen munter vor sich
hin schnackseln, entsteht ein richtig lecker Dröpke. Meistens jedenfalls.
Aber wie sieht es aus, wenn Hefe gelagert werden soll, aber gerade weder
eine physiologische Kochsalzlösung bereitsteht, noch Agar-Agar bereit
steht? Wenn ich mir ganz unbedarft eine leckere Flasche noch unbekannten
Bieres, mit Sediment in der Flasche, eingieße und spontan denke: "Mensch,
bewar Dir die Hefe, Alex! Vielleicht ist die noch zu etwas gut!". Solche
Situationen kamen bisweilen oft genug vor. Und in der Regel war auch kein
geeignetes Lagermedium vorrätig...
Ich habe mit den unterschiedlichsten Stoffen, die sich in einem normalen
Haushalt finden lassen, versucht, aus einem Sud Pils geerntete Hefe zu
ernähren und zu vermehren. Ich habe einfache Zuckerlösungen verwendet. Dies
schlug fehlt. Hierbei fehlen der Hefe einfach die weiteren Nährstoffe.
Keine biogenen Amine, keine Fettsäuren. Einfach nichts, woraus die
Hefezelle ihre Zellwand, immerhin eine Doppellipidschicht, synthetisieren
kann. Einige Versuche in dieser Richtung zeigten mir, daß Hefe von Zucker
alleine nicht leben kann. Darum ging ich einen Schritt weiter und nahm
Malzbier her, welches ich aus dem Supermarkt hatte. Eine eingehende
Untersuchung ergab, dass das Malzbier (wie hier im Forum schon des öfteren
postuliert) einen Großteil der Stoffe mitbringt, die die Hefe zur Sprossung
braucht. Ein gut aufbereitetes Malzbier kann also als Hefezuchtmedium
dienen. Aber wer hat schon immer Malzbier im Haus? Ich kaufe mir ja ab und
an mal ein paar Flaschen, wenn ich wieder vorhabe Hefe für ein dunkles
obergäriges herzuführen. Z.B. die Wyeast #1084 für meine Schwarze Harfe
(ein Stout). Das klappt prima. Doch finden die Flachen meistens ein paar
Verehrer, bevor meine Hefe zum Zuge kommt.
Also ging ich eine Schritt zurück und suchte im Haushalt nach
Stärketrägern, der Vorstufe des Zucker. Und ich stieß auf die Kartoffel!
Ganz einfach. Kartoffeln bestehen neben zahlreichen Spurenelementen nahezu
nur aus Stärke und Wasser. Ideale Voraussetzungen, die Hefe groß zu
kriegen. Also machte ich mich ans Werk. Wie sollte die Kartoffeln so
aufbereiten, daß eine reinrassige Hefezucht unter sterilen Kautelen möglich
ist? Auch hier ist des Rätsels Lösung nichtweit weg. Erhitzen! Klar
Kartoffeln kochen, denkt Ihr nun – nein, so simpel ist es dann doch nicht.
Die Kartoffeln – und hier bieten solche sogenannte „vorwiegend
festkochende“ Sorten an, müssen in ca. 0,7 cm dicke Scheiben mit einer
Größe von 3-7 cm geschnitten werden. Die Schale darf dran bleiben. Die
enzelnen Scheiben bitte mit einem Küchenpapier trockentupfen! Da Kartoffeln
von Natur aus nur wenige Chloride haben, muß hier etwas nachgeholfen
werden. Einfach etwas handelsübliches Natriumchlorid hinzufügen. Was ebenso
fehlt sind Fette und Öle. Wie in diversen Beiträgen, u.a. von Wolf bereits
beschrieben, dient Ölivenöl gut dazu, eine spätere Schaumbildung bei der
Herführung zu vermeiden. Zu diesem Zwecke einfach ein kleine Portion (5-15
mL) in einer noch kalten Pfanne vorlegen und diese rasch(!) erhitzen.
Unbedingt darauf achten, dass das nun heiß werdende Öl NICHT zu rauchen
anfängt. Hierbei entstehen ungesunde Stoffen, die wir später nicht in
unserem Bier haben wollen. Unter anderem wird hier die Entstehung
krebserregendender Stoffe begünstigt (siehe auch
http://www.margarine-institut.de/unserinformationsmaterial/experten/fette-e
rnaehrung-49.htm). Sollte das Fett den Rauchpunkt erreicht haben bitte
vorsichtig Entsorgen und neu beginnen. In das nun heiße Fett werden rasch
aber vorsichtig die abgetrockneten Scheiben gegeben und diese kurz von
allen Seiten gleichmäßig gebräunt. Dieser Vorgang ermöglichte es, die
Stärkemoleküle zu spalten. Sicherlich nicht so genau wie die Enzyme des
Malzes, aber hinreichend genau, um Hefe zu inkubieren.Jetzt bracuht man
noch einen guten Schuß Hefeweissbier in die Pfanne einzubringen (vorsicht –
kann spritzen) und diesen einzureduzieren. Darauf achten, dass die Meng an
Bier so bemessen wird, dass es innerhalb von 1-2 Minuten verdampft ist. Die
Kartoffelscheiben auf einem penibel gereinigten Teller ausbreiten. Ich
empfehle, an dieser Stelle ein weiteres Bier aus dem Kühlschrank zu nehmen,
die soeben hergestellten Bratkartoffeln leicht zu pfeffern und in Ruhe zu
genießen. Ach ja, ein paar Kräuter und Zwiebeln machen die Sache noch etwas
runder…
Viele Grüße,
Alex
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Home brewing
More control. Less risk.
If I had to explain you wouldn't understand.