Junior Member Beiträge: 27 Registriert: 4.10.2010 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 9.11.2010 um 17:42 |
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Hallo
ich habe bisher aus temperaturgründen nur obergäriges bier gebraut.
ich habe eine liste gefunden für untergärige und obergärige bier, also wann
ich welche hefe verwende.
aber was macht dabei den unterschied aus? bockbier zum beispiel ist laut
liste untergärig.
was wird am bier anders wenn man obergärige hefe nimmt?
Danke
Benny
____________________ Das Wasser gibt dem Ochsen Kraft, beim Menschen ist es Gerstensaft.
Drum danke Gott als guter Christ, dass du kein Ochs geworden bist.
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Moderator Beiträge: 9432 Registriert: 12.11.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 9.11.2010 um 18:05 |
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Obergärige Hefe erzeugt meist noch eigene Aromen.
Es gibt aber auch welche, die relativ geschmacksneutral arbeiten.
Untergärige Biere muss man meist länger lagern, bis sie ausgereift sind und
da die Gärung kälter abläuft sind sie eventuell länger haltbar (Fremdkeime
fühlen sich in der Kälte nicht so wohl).
Stefan
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Antwort 1 |
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Senior Member Beiträge: 435 Registriert: 9.3.2010 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 9.11.2010 um 19:55 |
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Hallo Brauers,
bisher hatte ich 25° im Heizungskeller zum Vergären; jetzt habe ich nur
noch 14°, muss also bis zum Sommer untergärig brauen.
Hefe? immer S-04 obergärig und für untergärig werde ich jetzt W34-70
nehmen.
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Antwort 2 |
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Moderator Beiträge: 2659 Registriert: 24.8.2007 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 9.11.2010 um 20:45 |
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Um es ein wenig historisch zu beleuchten :
die obergärige Brauart ist die "alte" Brauart, z.B. Alt oder Kölsch. Das
waren in der Regel kantige und - man möge es mir verzeihen -
ungehobelte Biere. Die sind im Mittelalter, ähnlich wie heute noch in
Belgien, durch zufällig vorbeifliegende Hefen(sporen) entstanden. Erst im
ausgehenden Mittelalter wurde gezielt das "Zeug" eingesetzt, das in der
Regel ein wildes Gemisch aus obergärigen Hefen war.
Obergärige Hefen sind die eigentlichen Hefechefs, die untergärigen sind
eher die behutsamen und sanften Gesellen, die mal dürfen, wenn sie vor den
bösen og-Typen abgeschirmt werden. Dann allerdings produzieren sie feine,
dezente und edle Geschmacksnoten, weit entfernt von den groben, obergärigen
Bauernbieren.
Mitte des 19. Jahrhunderts begann die aufstrebende deutsche Mittelschicht
die aufkommenden feinen untergärigen Biere für sich zu entdecken. Das
"Helle" und das "Pilsener" waren salonfähig und waren das Bier des
aufsteigenden Bürgertums. Mit der Folge, daß die obergärige Zunft
unterzugehen drohte.
Wie wir heute wissen, hat das Pils einen weltweiten Siegeszug angetreten
und das Kölsch ist in Wuppertal nicht mehr zu bekommen. Wenn wir tauroplus
Uralt nicht hätten, würde das auch noch aussterben. Aber die Düsseldorfer
(und Michael) sind nicht zu unterschätzen.
Sorry, wenn es zu weit ausgeholt war, aber manchmal ist auch Geschichte
spannend.
Historische Grüße
Hans
P.S. Meine Lieblingsbiere sind mittlerweile die og-Gesellen. Angefangen zu
brauen habe ich nur, um mein Traumpils zu brauen. So spielt das Leben.
____________________ "Oh Bier, manchmal reichst du mir!"
Alfred Katzka
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Antwort 3 |
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Posting Freak Beiträge: 2795 Registriert: 2.9.2003 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 9.11.2010 um 20:56 |
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Du vergärst ernsthaft bei 25°C? Ich würde OG auch noch bei 14°C vergären
(letztens noch mit der WYeast German Ale Hefe so gemacht). Das höchste der
Gefühle ist für mich mein Weizen, welches ich bei ca. 20°C gären lasse.
Mein nächstes Bier wird ein Trappisten-Clone, vielleicht wage ich mich dann
auch mal in die höheren Temperaturbereiche
Gruß!
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Antwort 4 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 9.11.2010 um 20:58 |
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Hi Benny,
um diese einfache Sache etwas kompliziert zu machen... Die obergärige Hefe
ist die ursprünglichere Hefe (Saccharomyces cerevisia). Zu diesem Typ
zählen auch noch die Backhefe und die meisten Weinhefen.
Die nötige Gärtemperatur ist meist etwas höher. Es gibt im Weinbereich aber
auch speziell gezüchtete Kaltgärhefen, die bei 8° C noch gären. Sie gehören
trotzdem zu den obergärigen Hefen.
Die frühesten Berichte über die untergärige Brauweise kommen aus der
Oberpfalz und stammen aus dem 15. Jahrhundert. Dort setzte sich in den
kalten Wintern eine neue Hefesorte durch, die auch bei kalten Temperaturen
das Bier vergärte. Das Bier schmeckte den Leuten besser und wurde auch
nicht so schnell schlecht. Wie schon erwähnt vermehrten sich Fremdkeime in
der Kälte nicht so schnell!
Also wurde dieser Hefetypus gepflegt und weiterverbreitet. Analysiert wurde
die untergärige Hefe (Saccharomyces Carlsbergensis) erstmals von Emil
Christian Hansen in der dänischen Carlsberg Brauerei. Daher der Name.
Tatsächlich existieren genetische Unterschiede zu der "alten" Form der Bier
u. Bäckerhefe. Hier ein Zitat aus Wikipedia:
"S. carlsbergensis ist ein Hybrid aus Saccharomyces bayanus und
Saccharomyces cerevisiae, so dass hier phänotypische und genomische
Ähnlichkeiten zu beiden Arten vorliegen. So ist verständlich, dass das
Genom von S. carlsbergensis bis zu 60% größer ist, als das von S.
cerevisiae, da hier Teile zweier Genome enthalten sind. Allerdings scheint
es, dass der größte Teil des Genoms von S. bayanus stammt."
m.f.g
René
[Editiert am 9.11.2010 um 21:02 von flying]
____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 5 |
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Posting Freak Beiträge: 675 Registriert: 25.10.2010 Status: Offline
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erstellt am: 14.2.2014 um 09:49 |
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Hallo - ich möchte den alten Thread noch einmal hochholen.
Lässt sich prinzipiell jeder Saccharomyces Hefestamm in ober- bzw.
untergärig einordnen? Laut René sieht es ja so aus, da die Untergärigen
eine genetisch einheitliche Gruppe zu bilden scheinen. Oder gibt es auch
Hybride aus S. carlsbergensis und S. cerevisiae - dann wäre diese strikte
Klassifikation für diese Grupe ja nicht gegeben?
Ich frage deshalb, weil ich den jeweiligen Rezepten in der
maischemalzundmehr Datenbank einen obergärig/untergärig Stempel aufdrücken
und damit ein gezieltes Filtern ermöglichen möchte.
LG
Sandro
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Antwort 6 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 14.2.2014 um 10:46 |
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Hi Sandro,
der Thread ist ja schon alt. Mittlerweile wurde eine wilde Hefeart
(Sacccharomyces Eubayanus) in Patagonien entdeckt, die als Stammvater aller
untergärigen Hefen gilt? Es gibt deutliche Unterschiede und genetische
Ale/Lager- Hybriden sind mir nicht bekannt..?
m.f.g
René
____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 7 |
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Senior Member Beiträge: 410 Registriert: 31.10.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 14.2.2014 um 10:46 |
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Hallo Sandro,
Saccharomyces ist der Gattungsname. Saccharomyces cerevisiae ist eine
Hefeart mit verschiedenen stark unterschiedlichen Stämmen, welche alle
obergärig sind und auch genetisch stark unterschiedlich sind.
Der Wildtyp von Saccharomyces cerevisiae hat zum Beispiel 16 homologe
Chromosomensätze (also 32 Chromosomen). Die obergärigen Bierhefen sind
ähnlich, haben aber mehr Chromosomen als die Wildform. Innerhalb der
obergärigen Bierhefen gibt es auch deutliche Unterschiede hinsichtlich des
Karyotyps. Dabei unterscheiden sich die Größen der Chromosomen deutlich
innerhalb der obergärigen Bierhefen. Innerhalb der Weißbierhefestämme ist
die Chromosomengröße und Anzahl relativ gleich und kaum unterscheidbar.
Die Art Saccharomyces pastorianus (var. carlsbergensis) ist eine
Zufallskreuzung aus Saccharomyces cerevisiae und Saccharomyces eubayanus.
Von Saccharomyces pastorianus (var. carlsbergensis) gibt es auch etliche
Stämme, die allesamt untergärig sind. Die Chromosomen unterscheiden sich
bei den untergärigen Bierhefen in Anzahl und Größe kaum zwischen den
Stämmen. Hybride zwischen Saccharomyces cerevisiae und Saccharomyces
pastorianus (var. carlsbergensis) sind mir nicht bekannt, müssten aber
möglich sein.
Gruß, Ludwig
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Antwort 8 |
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Posting Freak Beiträge: 675 Registriert: 25.10.2010 Status: Offline
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erstellt am: 14.2.2014 um 11:33 |
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Danke René und Ludwig für eure Antworten! Klingt also als bräuchte ich
tatsächlich nur 2 Schubladen.
LG
Sandro
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Antwort 9 |
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