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Autor: Betreff: Rohfruchtmaische nicht jodnormal
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nfaa
Beiträge: 576
Registriert: 8.5.2008
Status: Offline
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 9.2.2011 um 14:39  
Hallo zusammen,

ich habe eine Frage an die Rohfruchtspezialisten.
Letzten Freitag hab ich 70kg unvermälzten Dinkel und 30kg Pilsner Malz wir folgt gemaischt:

220l Wasser + 70kg Dinkel bei 75° 30min verkleistert
mit weiteren 100l Wasser und 30kg PiMa abgekühlt auf ca. 50°
Enzym für die Beta Amylase hinzugegeben, 10min Rast bei 58°, 35min Rast bei 62°
Enzym für die Alpha Amylase zugegeben und 25min Rast bei 72° aufgeheizt auf 78°
->nicht jodnormal. Weiter gerastet für 1,5h, immer noch nicht jodnormal. Dann hab ich noch einmal Enzyme dazu und wieder 60min gerastet. Als die Sache dann immer noch blau war hab ich trotzdem abgemaischt.

Die ganze Maische wurde dann angestellt, da sie gebrannt werden soll, wird also kein Bier.

Hat jemand eine Erklärung, warum die Jodnormalität nicht erreicht wurde, nach insgesammt 3h Rast zwischen 72 und 78°?

Gruß, Gerald
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Uwe12
Beiträge: 4922
Registriert: 5.4.2005
Status: Offline
red_folder.gif erstellt am: 9.2.2011 um 15:25  
Hallo Gerald!

Das kann ich Dir auch nicht beantworten, warum das auch bei exzessiver Rast im Wirkbereich der α-Amylase nicht jodneutral wurde.
Es kann sein, daß z.B. der pH-Wert der Maische zu sauer wird und so das Enzym nicht mehr richtig wirkt. Die Amylasen brauchen m.W. auch ausreichend Calciumionen zum Arbeiten,
falls also Dein Wasser sehr weich ist, hättest Du u.U. sogar beide Effekte.

Ich mache die Rohfruchtvormaische anders, als Du es gemacht hast (und auch als es Kornbrenner machen), weil ich sie für Bier verwende.
Da ich meistens Maisanteile habe komme ich auch ums Kochen nicht herum.

Für die Maische erhitze ich das Wasser (finde 5-6:1 Wasser:Schüttung brauchbar für meine Belange) auf ca. 82°C, dort kommt die Rohfrucht hinein und eine α-Amylase aus dem Kornbrennbereich.
Das ganze rastet ca. 60min und wird gelegentlich nachgeheizt, es wird dabei nicht jodneutral (soweit ich mich erinnere).

Dann heize ich zum Kochen auf und gebe ab 90°C eine Portion Amylase-HT (Erbslöh) dazu. Die Sache kocht nun 30min (alle 2min Deckel ab und Umrühren, sonst kommt einem die Sache entgegen).
Nach dem Kochen gebe ich bei Wiedererreichen von 94°C (+/-) wieder eine Portion Amylase-HT und die ganze Maische kühlt nun über Nacht ab, bis ich am Morgen mit der Malzschüttung weiter fortfahre. Die Vormaische hat morgens meistens um 50°C Restwärme und ist (fast immer) jodneutral.
Im Endeffekt wirkt bei meiner Vormaische also die α-Amylase über etliche Stunden hinweg.

Mit der Malzschüttung werden die Dextrine der Vormaische dann zu Maltose und Consorten kleingehackt.


Du hast es ähnlich gemacht, wie es Kornbrenner machen: mit α-Amylase verflüssigen und dann kommt ein Amyloglucosidase-Präparat zur Verzuckerung dazu, das evt. auch Proteasen enthält (um beim Brennen wenig Aufschäumen zu haben) und die Dextrine vorzugsweise bis zur Glucose runterspaltet.
Nur daß Du mit dem Malz halt überwiegend Maltose erzeugst.

Da Dextrine sowieso nicht vergoren werden, würde ich für eine Brennmaische auch so absteigend vorgehen.
Oder hast Du Dich zur erneuten Rast in den 70ern entschlossen, weil es nicht jodneutral war?

Bei Schliessmann finden sich ein paar PDFs zur Brennmaische, Verflüssigung und Verzuckerung.
...ohne deren Produkte bewerten oder hervorheben zu wollen. :)

Uwe


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Holger-Pohl
Beiträge: 2920
Registriert: 1.3.2003
Status: Offline
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 9.2.2011 um 20:11  
Hallo nfaa und Uwe12,

habe hier mitgelesen und möchte kurz meinen Weg beschreiben, evtl. zum Vergleich:

Ich nehme bei Dinkel maximal 50% Schüttung als Rohfrucht und 50% Pilsner Malz,, weiche im warmen Wasser (ca. 60 Grad) ein und lasse über Nacht stehen.

Am nächsten Morgen kräftig rühren und diesen Sud - sind dann so etwa 25 - 30 Liter heize ich dann mit allen Rasten innerhalb von 2 Stunden auf 72 Grad auf.

Parallel dazu maische ich einen normalen Sud (je nachdem mit 50% Münchner oder 100% Pilsner) ein und gebe die Rohfrucht quasi als Teilmaische mit bei. dann noch mal ein Ein-Maischverfahren und die Sache ist gut.

Ich arbeite damit nicht mit Enzympräparaten, wobei ich natürlich sagen muss, dass mein Anteil an unvermälzter Getreide wesentlich geringer ist als hier beschrieben. Aber vielleicht kann man dies ja mengenmäßig potenzieren

Gut Sud
Holger


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Moderator
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Uwe12
Beiträge: 4922
Registriert: 5.4.2005
Status: Offline
red_folder.gif erstellt am: 9.2.2011 um 21:06  
Hallo Holger!

Im Prinzip machst Du eine "klassische" Rohfrucht-Vormaische.
Lehrl schreibt was von max. 20% Weizenrohfrucht, ich meine aber auch schon über mögliche höhere Anteile gelesen zu haben, bin mir jetzt aber nicht sicher.

...bei so Vormaischen plus anschließender nochmalige Maische bieten sich immer auch mal Rasten zur Maltase und Grenzdextrinase an, kann man bei einer normalen Maische ja nicht nutzen.

Weizen bzw. eben Dinkel sind als Rohfrucht unkritisch, da er gut verkleistert.
Bei 70:30 wirds schon kritisch, da werden die Enzyme vom Malz schon sehr knapp, aber Gerald hat ja mit zusätzlichem Enzym gearbeitet.
Wahrscheinlich wäre es (besser) jodneutral geworden, wenn er bei der 70°C-Verkleisterung des Dinkels schon α-Amylase zugegeben hätte (dann halt etwas höher mit der Temperatur).
Weiß auch nicht, wie "rein" eine Kornmaische für einen "Dinkelbrand" sein soll, bzw. ob das überhaupt gewollt wurde, oder ob das eher ein allgemeiner Kornbrand werden sollte.

In meinem Fall sind es gut 40% Rohfrucht, ich komme aber wegen dem Mais nicht um Hochtemperatur-Amylase und Kochen herum,
insofern ist meine Herangehensweise nicht so typisch für Getreiderohfrucht, ich habe die Vormaische aber fast immer jodneutral am nächsten Morgen, was mich zuerst schon gewundert hat.
Weizenrohfrucht habe ich auch schon mitgemaischt, vielleicht mal 500g oder auch 1kg auf 5kg Schüttung, ist unproblematisch.

Uwe


Edit: ein paar Sachen nachreichen
- meine erste α-Amylase-Rast zwischen 70 und 80°C ist 30-40min
- im Narziß finde ich in der Beschreibung einer Rohfruchtvormaische von 1:1 Malz:Mais,
- bei Reis schreibt Narziß von einer Vormaische mit nur 5-7% Malz, einmaischen bei 70°C und verkleistern bei 88-90°C (10-15min), dann Zugabe von 30-40°C Malzmaische, bis 78°C erreicht werden, dort verflüssigen in 5-10min und anschließend kochen. Zubrühen dieser Maische zu einer Malzmaische
- Bei Rohgerste beschreibt er die Zugabe einer Endo-β-Glucanase wegen der Gummistoffe


[Editiert am 10.2.2011 um 08:28 von Uwe12]



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nfaa
Beiträge: 576
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Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 10.2.2011 um 10:03  
Hallo,

danke für die Hinweise.

Zitat:
falls also Dein Wasser sehr weich ist


Ja, ich habe wieches Wasser.

Zitat:
die ganze Maische kühlt nun über Nacht ab


gerade da hätte ich die Befürchtung, dass die Maische zu sauer würde.

Ich habe im 70er Temperaturbereich lange gewartet und sicherheitshalber insgesamt 3x Enzyme zugegeben, ohne Erfolg. Ganz versteh ich das noch nicht.
Mal auf das Feedback von der Brennerei warten..

Danke euch!

Gruß, Gerald
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Uwe12
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red_folder.gif erstellt am: 10.2.2011 um 12:22  
Hallo Gerald!

War es denn 'ne richtig schwarz-blaue Jodprobe oder eher Richtung rötlich?
Entweder ist dem Enzym wirklich das Calcium ausgegangen, oder das Enzym war vielleicht auch nicht mehr frisch. Hast Du einen Produktnamen?
Das Verflüssigungspräparat von Schliessmann hatte ich mir mal besorgt, bin von dem Zeug aber nicht so überzeugt. Das HT-Enzym von Erbslöh scheint mir besser zu sein,
ist aber subjektiv...

Bei meiner Rohfruchtmaische habe ich 1kg Maisgries und 1,5kg Weizenschrot drin (12l Wasser), viele Säurebildner sind da nicht dabei, muß aber gestehen, daß ich davon nie den pH gemessen habe.
Nach der Abkühlung kommt frisches Wasser dazu und eben die restliche Malzschüttung. Da es zum Ende immer jodneutral wurde, habe ich nie an eine pH-Kontrolle gedacht.

Interessant sind auch die Datenblätter von Erbslöh, da sind auch pH- und Temperaturkurven dabei und bei den α-Amylasen wird
auf die Anwesenheit von ausreichend Calcium hingewiesen.

Uwe


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nfaa
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red_folder.gif erstellt am: 15.3.2012 um 08:48  
Hallo zusammen,

ich habe zu diesem Thema nun weitere Versuche angestellt.

Wieder waren es 70% Dinkelrohfrucht und 30% PiMa.

Vorgegangen bin ich so:
1. Rohfrucht mit 2/3 HG bei 75° eingemaischt und 30min Verkleisterung
2. Zugabe Erbslöh HT zur Verflüssigung
3. Zugabe 1/3 HG und 30% PiMA -> gut 58°, kurze Rast
4. Zugabe Schliessmann VZ zur Beta-Amylase 1h
5. Heizen auf 72° und 25min Rast für eine weitere Alpha-Amylase
6. Heizen auf 78°, 10min Rast und Abmaischen

...und wieder nicht jodnormal. Die Farbe der Jodprobe ging über Schwarz und Dunkelblau ins Dunkelgraurot :)
Ich bin da echt ratlos...hatte eine tolle Ausbeute, aber leider nicht jodnormal...warum kann ich mir nicht erklären.

Gruß, Gerald
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Bergbock
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red_folder.gif erstellt am: 15.3.2012 um 10:09  
Salut Gerald.

Ich habe das auch sehr oft beobachtet und eigentlich laesst dies nur einen Schluss zu :
Die Verkleisterungstemperatur Deines Dinkels ist hoeher als 75◦ C, d.h. dass am Ende Deiner Rohfruchtvorbehandlung noch nicht alles verkleistert ist. Damit zieht sich der Abbau zu Dextrin & Zucker ewig in die Laenge.

Ich kann Dir nur raten, den Dinkel vorzukochen, idealerweise mit einer HT-Amylase, das geht zu 100%, unzaehlige male ausprobiert.
Dann ist alles nicht nur verkleistert, sondern grossteils schon abgebaut. Du hast bei Reis exakt dieses Problem, dass einige Sorten erst bei 85 C verkleistern und Du gar keine andere Wahl hast als zu kochen.
Bei Getreide gibt es sortenabhaengig grosse Unterschiede in der Verkleisterungstemp., so dass Dein Vorgehen bei anderen (mit anderem Dinkel) durchaus funktionieren kann. Die Literaturangaben zu Verkleisterungstemperaturen sind meiner Erfahrung nach oftmals deutlich zu tief angegeben.

Lange Rede, kurzer Sinn -> 75 ◦C waren nicht ausreichend, daher vorkochen.

Gruss und gut Sud!
Frank
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nfaa
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red_folder.gif erstellt am: 15.3.2012 um 10:28  
Danke Frank, guter Tip.
Ich habe mich an die Angaben in der Literatur gehalten. Dinkel ist ja ein Weizenverwandter und Weizen verkleistert bei 65-75°...

Wie auch immer. Mein nächster Versuch wird heißer verkleistert :)

Danke, Gerald
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Uwe12
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red_folder.gif erstellt am: 15.3.2012 um 12:31  
Dieses Schliessmann VZ scheint auch nur sehr langsam zu wirken.
Bei der Brennmaische haben die Rasten ja absteigende Temperatur. Das VZ wirkt also dann auch später bei der Gärung tagelang weiter.
Man kann es als Amyloglucosidase ja auch zum Jungbier geben, wenn der Restextrakt zu hoch erscheint. Hat Bergbock mal geschrieben, glaube ich.

Ich habe mir über HuM von Brouwland jetzt mal Beerzym ALFA-BETA bestellt, was es jetzt auch zu nur 100ml abgefüllt gibt.
Leider habe ich es noch nicht in Händen, nehme aber an, daß es erheblich schneller verzuckert, als das VZ.

...aber eigentlich hast Du die Umwandlung Dextrine->Maltose ja über das Pilsener Malz gemacht, das VZ wird wahrscheinlich nur ein bißchen Glucose produziert haben.

Wie Frank schon meinte, wirst Du um eine erheblich höhere Rasttemperatur zur Verflüssigung mit HT nicht rumkommen, bis hin zur Kochung und ggf. später nochmal eine Gabe HT.
Bei mir war es schon mal so, daß ich die Rohfrucht nachts vorgemaischt und gekocht habe und bei Abkühlung auf 90°C nochmal eine Portion HT eingerührt habe.
Bis zum nächsten Morgen hatte ich dann tatsächlich Jodneutralität!

Uwe


[Editiert am 15.3.2012 um 12:32 von Uwe12]



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Bergbock
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red_folder.gif erstellt am: 16.3.2012 um 04:50  
Jodnegativitaet ist bei der Vormaische nicht unbedingt noetig.
In der Regel mache ich meine Rohfruchtmaische auch am Vorabend, koche etwa 45 min und lasse dann ueber Nacht abkuehlen. Das ganze kommt dann in die Malzmaische und wird normal weiterverarbeitet. Wenn man will, kann man Amyloglucosidase zugeben, dann ist man schneller jodnegativ.
Diese Enzyme wirken z.T. bis 65C (also wie beta-Amylasen), man kann sie aber auch - wie Uwe schreibt - kalt wirken lassen (beim Vergaeren). Dann wirken sie langsam aber konstant ueber Tage.

Rohfruchtmaischen machen mir erst wirklich "Spass", seit ich HT-Amylasen verwende, weil da fast nix schiefgehen kann. Seither steht auch Maisbier immer wieder auf dem Programm.

Frank
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