Senior Member Beiträge: 450 Registriert: 5.12.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 11.3.2005 um 15:14 |
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Hallo Kollegen,
über die Vermehrung von Hefe wurde schon viel diskutiert. Meine Frage
betrifft also nicht die eigentliche Vermehrung (Kochsalzmethode,
Agarmethode, Hefestripping) eines Hefestammes, sondern seine
"Streckung":
Meine letzte heavybytsche Hefe (high-explosive!) habe ich nicht komplett in
den Sud gekippt, sondern etwa ein Viertel davon abgezweigt und weiter
vermehrt. Als wieder genug Hefe angewachsen war, habe ich den nächsten Sud
angesetzt und wiederum ein Viertel aufbewahrt. Dieses wird momentan wieder
auf Masse gepäppelt für den nächsten Sud in der nächsten Woche. Wie lange
kann ich dieses Spielchen fortsetzen?
Gruß
Mel
PS: Zur Sicherheit habe ich mir noch einen Schwung Agar-Gläschen
präpariert.
____________________ I'm very serious about having fun. (Bobby McFerrin)
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Gast
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erstellt am: 11.3.2005 um 18:15 |
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Hallo Mel,
na ganz kurz gesagt: So lange wie du dir mit der Kultur eine Infektion
einfängst, bzw. sich eine wilde Hefe durchsetzt.
Tschüß
Niko
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Posting Freak Beiträge: 1542 Registriert: 16.9.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 11.3.2005 um 20:33 |
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So arbeitet eine Hefebank. Immer wieder vermehren unter sterielen
Bedingungen. Wenn die Hefe Nahrung hat, dann stirbt sie nicht. Wenn nix
anderes dran kommt, wie Niko geschrieben hat, dann wird sie ewig leben!
Gruß Malte ____________________ "Zeige mir eine Frau, die wirklich Gefallen am Bier findet, und ich erobere
die Welt."
Kaiser Wilhelm II
(1859-1941)
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Antwort 2 |
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Senior Member Beiträge: 453 Registriert: 22.3.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 11.3.2005 um 23:11 |
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... naja - ich denke er hat eher angst vor ungewollten Mutationen ?!?
Frage doch mal heavybyte - der ist doch da der Experte!
Andi
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Antwort 3 |
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Gast
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erstellt am: 12.3.2005 um 07:36 |
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Moin Leutz,
@Mel, ich denke auch, solange du die Geschichte einigermassen frei von
Kontamination halten kannst, wirst du das Spiel noch lange fortsetzen
können.
Allerdings wird sich deine Suspension mit der Zeit immermehr durch die
Rückstände des Futters (Würze) verunreinigen, sodass du irgendwann
gezwungen sein wirst aufzuhören.
Dabei wäre zu überlegen, ob man als Futter nicht eine reine Zuckerlösung,
eventl. PH-korrigiert, nimmt um diese Rückstände zu vermeiden.
eventl. noch mit Zugabe von Nährsalz um auchnoch andere lebenswichtige
Stoffe einzubringen.
Eine Mutation oder Degeneration der Hefe brauchst du solange nicht zu
befürchten, wie die Hefe durch Nahrungszugabe vital gehalten wird.
Erst bei Nahrungsmangel und durch andere schädigenden äusseren Einflüsse
(Temperatur, Intoxikation) ist mit derlei Dingen zu rechnen.
viel Erfolg mit deinen Experimenten, berichte mal weiter darüber.
[Editiert am 12/3/2005 von heavybyte]
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Posting Freak Beiträge: 804 Registriert: 25.12.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 12.3.2005 um 10:38 |
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Hi,
wie läuft das denn in einer Brauerei? ich hab mal was gelesen, so in der
Richtung "bis zu 10 Mal, danach sind Mutationen möglich".
Kippt die Brauerei dann den Bottich mit der Hefe weg und holt sich neue?
Oder ist das Unsinn und die verwenden die Hefe immer weiter?
____________________ Das ist eine Signatur.
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Antwort 5 |
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Posting Freak Beiträge: 1542 Registriert: 16.9.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 12.3.2005 um 16:57 |
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@ Stahlsau
Es gibt verschiedene Verfahren:
Entweder die Brauerei setzt z.B. jede Woche eine neue Reinzucht an. Dazu
bekommt sie von der Hefebank einen Schrägagar mit der Hefe, vermehrt ihn
und stellt damit an. Die Hefe wird geerntet und in Hefetanks aufbewahrt, um
sie mehrmals zu verwenden. Wir führen die Hefe meist bis zu 4mal. Einige
Brauereien aber auch länger.
Dann gibt es kontinuirliche Hefeherführung im Betrieb. In einem Tank wird
die z.B. alle 6 Monate erneuerte Hefe am leben gehalten und davon wird dann
in einem anderen Tank eine Menge zum Anstellen herangezogen.
Oder man macht es wie in eine obergärigen Hausbrauerei: Hefe auf den
offenen Bottichen ernten und in einen Topf packen und von dort wieder
anstellen. Neue Hefe gibbet nur einmal im Jahr oder so...
Habsch noch vergessen:
Die alte Hefe wird als Futter verkauft. Man kann bei großen Betrieben noch
das Restbier aus der Hefe mit Crossflow Micro Filtration rausholen. Dann
verkauft man nur noch Futterhefe!
Gruß Malte
[Editiert am 12/3/2005 von Malte]
____________________ "Zeige mir eine Frau, die wirklich Gefallen am Bier findet, und ich erobere
die Welt."
Kaiser Wilhelm II
(1859-1941)
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Antwort 6 |
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Gast
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erstellt am: 14.3.2005 um 11:29 |
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Hi,
Zitat: | Dabei wäre zu überlegen,
ob man als Futter nicht eine reine Zuckerlösung, eventl. PH-korrigiert,
nimmt um diese Rückstände zu vermeiden.
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Hefe kann nicht allein durch Zuckerlösung
wachsen. Im Medium müssen natürlich auch Stickstoff, Aminosäuren- und
Phosphatquellen, sowie Spurenelemente vorhanden sein.
hier mal als Beispiel ein synthetisches Hefemedium:
Glucose 20 g/l
Phosphate buffer 0,1 M
Formula per Liter
Nitrogen Sources
Ammonium Sulfate 5 g
Vitamins
Biotin 2 mg
Calcium Pantothenate 400 mg
Folic Acid 2 mg
Inositol 2,000 mg
Niacin 400 mg
p-Aminobenzoic Acid 200 mg
Pyridoxine Hydrochloride 400 mg
Riboflavin 200 mg
Thiamine Hydrochloride 400 mg
Compounds Supplying Trace Elements
Boric Acid 500 mg
Copper Sulfate 40 mg
Potassium Iodide 100 mg
Ferric Chloride 200 mg
Manganese Sulfate 400 mg
Sodium Molybdate 200 mg
Zinc Sulfate 400 mg
Salts
Potassium Phosphate Monobasic 1 g
Magnesium Sulfate 0.5 g
Sodium Chloride 0.1 g
Calcium Chloride 0.1 g
Zitat: | Eine Mutation oder
Degeneration der Hefe brauchst du solange nicht zu befürchten, wie die Hefe
durch Nahrungszugabe vital gehalten wird.
Erst bei Nahrungsmangel und durch andere schädigenden äusseren Einflüsse
(Temperatur, Intoxikation) ist mit derlei Dingen zu rechnen.
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Mutationen und Degenerationen treten auch bei optimalen
Wachstumsverhältnissen auf. Bestimmte Eigenschaften der zum Bier brauen
verwendeten Zuchthefen können bei längerer Kultivierung verloren gehen, da
sie für das Überleben der Hefe gar nicht essentiell sind. Damit sind vor
allem die verantwortlichen Gene für die Produktion der
Stoffwechselnebenprodukte gemeint, die den Geschmack des Bieres sehr
beeinflussen. Die Hefe wird man ewig vermehren können, aber die speziellen
Eigenschaften der einzelnen Rasse müssen in regelmäßigen Abständen
kontrolliert werden. Sei es wie früher nur über Geschmacksproben, oder
heute auch mit molekularbiologischen Methoden.
Tschüß
Niko
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Senior Member Beiträge: 450 Registriert: 5.12.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 22.3.2005 um 14:09 |
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Zitat: | viel Erfolg mit deinen
Experimenten, berichte mal weiter darüber. |
Also:
Ich habe die Hefe nunmehr drei mal "gestreckt" und die drei Gärungen sind
hervorragend im Sud angekommen. Nun beim vierten Herführen riecht die
Suspension ein wenig nach Essig. Heute früh habe ich spaßeshalber den
Überstand nochmal weggekippt und frische belüftete Nährlösung dazugegeben
(Eine Mischung aus Zuckerwasser und Speise). Es verhält sich wie üblich:
Nach einiger Zeit Schaumbildung, nun beginnt sich die Hefe langsam wieder
abzusetzen. Mich irritiert nur dieser Geruch.
Hierzu meine Frage: gibt es möglicherweise eine bakterielle Gärung, die im
Verlauf ähnlich aussieht wie Hefegärung? Die also (ohne Laboraufwand) nur
am Geruch erkannt werden kann? Oder ist dieser saure Geruch noch
hefetypisch?
Mit neugierigem Gruß
Mel
PS: @Niko: Wo hast du denn diese beeindruckende Nährstofflliste her? Ist
das der Inhalt der hier immer mal wieder erwähnten Hefe-Nährsalze? ____________________ I'm very serious about having fun. (Bobby McFerrin)
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Antwort 8 |
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Posting Freak Beiträge: 1090 Registriert: 14.3.2003 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 22.3.2005 um 14:31 |
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Zitat: | Hierzu meine Frage: gibt
es möglicherweise eine bakterielle Gärung, die im Verlauf ähnlich aussieht
wie Hefegärung? Die also (ohne Laboraufwand) nur am Geruch erkannt werden
kann? Oder ist dieser saure Geruch noch
hefetypisch? |
siehe:
http://www.hobbybrauer.de/modules.php?name=eBoard&file=viewth
read&tid=1274#pid
[Editiert am 22/3/2005 von gnadle] ____________________ Gnadle
"Beer is living proof that God loves us and wants us to be happy."
(Benjamin Franklin)
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Antwort 9 |
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Gast
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erstellt am: 22.3.2005 um 14:46 |
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Hallo Mel,
ich denke mal, dass du dir Lacto-Bakterien eingefangen hast.
Diese können ganz friedlich neben den Hefezellen koexistieren, also die
Gärzeichen werden dadurch nicht sichtbar beeinflusst.
Schade, war sicher irgendwo ein Leck in deinen Sicherheitsvorkehrungen.
viele Grüsse
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Senior Member Beiträge: 450 Registriert: 5.12.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 22.3.2005 um 14:51 |
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@Gnadle: Vielen Dank für den Thread. Er beschäftigt sich zwar auch mit
sauer riechender Hefe, beantwortet letztendlich die Frage aber auch nicht:
Gibt es einen vergleichbaren Verlauf bei bakterieller Gärung (falls es
diese überhaupt gibt)?
Froster hatte damals auch sauer riechende Hefe (Wyeast 2206) und schrieb:
"die 2206 ziehe ich trotzdem mal weiter" Was ist daraus wohl geworden?
Ich werde meine auch mal weiterführen und schaun, was passiert.
____________________ I'm very serious about having fun. (Bobby McFerrin)
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Antwort 11 |
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Gast
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erstellt am: 22.3.2005 um 15:06 |
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hallo Mel,
ich habe schonmal gelesen, dass es auch eine Gärung durch Lactobakterien
geben soll, will mich jetzt aber nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, muss
erst nochmal mein Archiv durchforsten und nachlesen was es damit aufsich
hat.
Allerdings denke ich nicht, dass in deinem Fall die Lactos soweit die
Oberhand bekommen haben, dass die Gäranzeichen von denen kommen, denn deine
Hefe ist dadurch ganz sicher nicht zugrunde gegangen.
Wenn ich die entsprechenden Informationen gefunden habe, werde ich es
berichten.
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Senior Member Beiträge: 450 Registriert: 5.12.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 22.3.2005 um 16:50 |
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Zitat: | Diese können ganz
friedlich neben den Hefezellen koexistieren, also die Gärzeichen werden
dadurch nicht sichtbar beeinflusst. |
Das ist aber
hochgradig bedauerlich. Ich hatte die Hoffnung, dass im Kampf um die Würze
eine Spezies die Oberhand behält (und zwar die Hefe). Aber dafür ist das
Labor "Küche" wohl einfach zu verseucht.
Nundenn, Gruß
Mel ____________________ I'm very serious about having fun. (Bobby McFerrin)
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Antwort 13 |
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Member Beiträge: 98 Registriert: 24.6.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 23.3.2005 um 09:00 |
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@heavybite
es gibt rund um Brüssel,im Tal der Senne,diese Art der Vergärung mit dem
"Lactobacillus debrueckii" oder so ähnlich.
Der Sud wird nach dem Hopfenkochen in ein rieseiges Kühlschiff gepumpt und
dort sich selbst überlassen. Die Brüsseler Luft ist mit diesem Bazillustyp
angereichert und führt so zur Fermentation und somit zu einem speziellen
Biertyp: Lambik
Weiterentwicklungen aus Lambik sind z.B. die Geuze oder Fruchtbiere wie
z.B. Kriek (Kirsch)
Die fermentation gelingt allerdings nur in der kühlen Jahreszeit von
Oktober bis März.
Sehr gut ist die Geschichte dokumentiert im "Musée bruxellois de la Gueuze"
www.cantillon.be (immer einen Besuch wert!Nicht nur im Winter!)
____________________ "...besser der Arsch leidet Frost,als der Hals Durst!" (Martin Luther)
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Antwort 14 |
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Gast
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erstellt am: 23.3.2005 um 09:38 |
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moin Braugemeinde,
yep, Lactofermentation ist ein Begriff.
Diese Lacto-Bakterien werden sehr vielfältig zur Fermentation herangezogen,
angefangen mit Sodawasser-Produktion bis hin zur Biererzeugung.
Der Grund warum ich auf Lacto tippe ist einmal der typisch sauere Geruch
und Geschmack und zum zweiten, sie befinden sich überall in der Luft.
Sie sind mit die Ersten die sich über so eine leckere Würze hermachen.
Diese Tatsache wird auch von einigen Bierherstellern ausgenutzt, so z.B.
die Berliner Weisse.
Ichselbst hatte auch ein einziges Mal diese Pflänzchen in meiner Hefe, zum
Glück in der obergärigen Weizenbierhefe.
Anfänglich schmeckte das Bier sogar ausgesprochen gut, nur leicht
säuerlich. Wurde dann aber von Tag zu Tag sauerer, sodass ich dann die
Hälfte wegschütten musste.
@Mel, diese beiden Spezies (Bierhefe und Lactos) können unter denselben
Lebensbedingungen existieren und machen sich den Lebensraum nicht streitig,
deshalb friedliche Coexistenz.
allzeit gut Sud (ohne Lactos)
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Senior Member Beiträge: 450 Registriert: 5.12.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 23.3.2005 um 10:36 |
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Zitat: | diese beiden Spezies
(Bierhefe und Lactos) können unter denselben Lebensbedingungen existieren
und machen sich den Lebensraum nicht streitig, deshalb friedliche
Coexistenz. |
Danke heavybyte, aber als alter
Brotbäcker hätte ich das eigentlich wissen müssen. Sauerteig ist
schließlich nichts anderes als friedliche Koexistenz von Bakterien und
Hefen, die beide auf dem Roggen vorkommen. Manchmal ist man einfach ein
bisschen vernagelt im Kopf... ____________________ I'm very serious about having fun. (Bobby McFerrin)
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Antwort 16 |
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Posting Freak Beiträge: 1090 Registriert: 14.3.2003 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 23.3.2005 um 13:26 |
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Und noch ein kleiner Hinsweis zum Lac. Delbrückii:
Dieser wird z.B. auch im "Joghurtferment" welches in Reformhäusern
angeboten wird verwendet.
____________________ Gnadle
"Beer is living proof that God loves us and wants us to be happy."
(Benjamin Franklin)
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Antwort 17 |
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