Und genau das habe ich getan:
Das Bier- äh tschuldigung, die
obergärige Kaffeespezialität kommt in
einer sehr hübsch aufgemachten 0,3er-Flasche. Sehr nett gemacht. Und im
Glas liegt eine Kaffeebohne am Boden.
Da ich bekanntermaßen ein erklärter Feind manirierten Hefeaufgerüttels bin,
bestand ich darauf, selber einzuschenken. Was aber nicht verhindern konnte,
dass die anfänglichen wenigen Millimeter cremefarbenen Schaums -
schwupp - nach 10 Sekunden wieder weg waren. Für mich ist das aber
fast beruhigend, auch nicht besser als bei meinen bisherigen
Stout-Versuchen...
Auf der nunmehr blanken Oberfläche kreiseln ein paar ölig schillernde
Schlieren, um Reinhard Mey zu zitieren:
In den Pfützen schwimmt Benzin,
schillernd wie ein Regenbogen
Ob dies der Anwesenheit der einsamen Kaffeebohne (im Bild schwimmt sie am
rechten Glasrand) geschuldet ist oder der laut Etikett "Kaffeemischung" im
Bier selbst, ist so nicht zu entscheiden. Dazu hättte ich noch ein Zweites
ohne Bohne ordern müssen. Wofür mir aber die Zeit fehlte. Aber nachdem ich
den Schaum auch bei meinen eigenen Bieren für eher nebensächlich halte,
stört mich das nicht weiter. Die Farbe entspricht einem dunklen Weißbier.
Oder ungefähr wie Aventinus.
Im ersten Geruch dominieren die typischen, fruchtig getreidige
Weißbieraromen. Ich denke nicht, dass mir gleich etwas aufgefallen wäre,
hätte man mir das Bier blind vorgesetzt. Auch der Antrunk ist der eines
tadellosen, typischen bayrischen Weißbiers. Erst im Abgang kommt dann eine
leichte Bittere hinzu, die erkennbar nicht von Hopfen stammt. Und
hinterlässt einen leichten, röstig-säuerlichen Kaffee-Nachgeschmack. Schwer
zu beschreiben, er fügt sich wider Erwarten aber sehr gut in ein
fruchtig-säuerliches Weißbier ein.
Insgesamt ist die Kaffeenote schön dezent, und keinesfalls übertrieben.
Überraschend war dann, dass sich ab ungefähr halbem Glas die Eindrücke
komplett drehten: Den Biergeruch nimmt man irgendwann kaum noch wahr,
ebenso hat man sich an die Kaffebittere im Abgang gewöhnt. Stattdessen
kommt das Kaffeearoma nun immer stärker vorne im Geruch heraus. Was auch am
etwas wärmer werdenden Glas liegen kann: Über dem ganzen schwebt eine sehr
aromatische Kaffeenote, ungefähr wie eine dieser Espresso-Pralinen. Für
mich war diese Verschiebung der Eindrücke das Interessanteste daran.
Mein Fazit: Gar nicht schlecht gemacht, keinesfalls übertrieben, und gut
trinkbar. Am Schaum sollte man noch arbeiten. Für den Auftragssud eines
Kaffeehauses ein durchaus stimmiger, gelungener Gag, und die bewusste
Provokation allemal wert. Täglich brauch ich es jetzt aber auch nicht.
Moritz
PS:
Der eigentliche Höhepunkt des Tages kam dann aber anschließend beim
Hobbybrauerstammtisch (daher fehlte mir auch die Zeit für einen zweiten
Versuch ohne Bohne) in Form von Morpheus'
Nelson-gestopftem
Maltaseverfahren-Weißbier. Ein absoluter Traum! Um nochmal einen
Liedtext, diesmal Fanta 4 zu zitieren:
es gibt nichts zu verbessern,
nichts was noch besser wär'
Ich finde es fast schon beängstigend, dass jemand mit einem derartigen
Gradienten loslegt und nicht nur aus dem Stand heraus eine fehlerfreie
Traum-Brauanlage hinstellt, die für viele als Vorbild gelten könnte,
sondern auch schon als 5. Sud etwas derart perfekt Ausbalanciertes
abliefert. Die genialen, liebevollen Etiketten muss man da gar nicht mehr
erwähnen. Respekt!
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Glaubte ich an die Reinkarnation, so wollte ich als Hefepilz wiedergeboren
werden.