Administrator Beiträge: 10493 Registriert: 23.10.2005 Status: OnlineGeschlecht:
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erstellt am: 16.2.2013 um 16:06 |
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Hallo, zusammen,
angeregt durch einen anderen thread würde ich gerne von
den England-, Ale- bzw. Real Aleexperten hier im Forum gerne wissen, ob das
Real Ale eine Abart des "normalen" Englischen Ales ist oder ob alle in
Englischen Pubs gezapften Biere einen derart niedrigen
CO 2-Gehalt von ca. 1,7 g/l aufweisen wie ein Real Ale?
Bisher war meine Information derart, dass Englische Ales einen
Kohlensäuregehalt von 3 - 4 g/l aufweisen. Stimmt das bzw. trifft das nur
auf bottled beers zu oder auch auf in Pubs ausgeschenkte Biere? Wer kann
dazu Informationen liefern?
Viele Grüße
Michael ____________________ „Lass die anderen mit Fichten- und Tannensprossen würzen, der Hopfen ist
das Beste, was die Natur uns bietet.“
Aus "Das Erbe des Bierzauberers" von Günther Thömmes, Gmeiner Verlag
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Posting Freak Beiträge: 5714 Registriert: 16.8.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 16.2.2013 um 16:18 |
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Moin Michael,
auf das Gramm genau kann ich das leider nicht sagen.
Fakt ist aber, dass die Verfechter des Real Ale, welches wir sinnvoller
Weise mit "ursprünglichem Ale" übersetzen sollten, gegen die nachträgliche
Karbonisierung UND auch das Zapfen unter Verwendung von CO 2
sind.
Traditionell wird das Ale ja mit Handpumpen / Thekenpumpen in den Hahn
befördert und dabei nur Luft in die Fässer gepumpt.
Dem entsprechend dünn ist der Schaum auf dem Pint und der
Kohlensäure-Gehalt.
Und Ales, welche unter dem Label "Real Ale" in der Flasche vertrieben
werden, entsprechen zumindest nach meiner Erfahrung tatsächlich dem
ursprünglichen Ale mit allenfalls geschätzten 2g CO 2 je Liter.
Jeder deutsche Brauer würde einen Fehler in der Nachgärung vermuten
In den Pubs welche Wert auf Tradition legen, ist das Ale ebenfalls so
"mager".
Greets Udo
Edith: Tippfehler bei der Gramm-Angabe
[Editiert am 16.2.2013 um 16:21 von TrashHunter]
____________________ Botschafter der WBBBB in Hessen
Brauen ist die wahre Alchemie
Hobbybrauer. TrashHunters Leitfaden für Einsteiger.2014
Tredition Verlag
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Antwort 1 |
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Posting Freak Beiträge: 995 Registriert: 17.9.2012 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 16.2.2013 um 16:35 |
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Hallo,
der Begriff "Real Ale" wurde durch die CAMRA (CAMpain for Real Ale) geprägt
und soll als Abgerenzung zum Ale aus Massenhaltung stehen. Das meiste hat
Udo schon gesagt...
Weitere Infos zum "Real Ale" findest du hier: http://www.camra.org.uk/aboutale
Grüße,
Max ____________________ Konverter Kleiner Brauhelfer ⇒ Forum
Dieser Text gilt gleichermaßen für Männer, Frauen und Vegetarier. Nur aus
redaktionellen Gründen wird lediglich die männliche Form verwendet.
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Antwort 2 |
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Posting Freak Beiträge: 1453 Registriert: 7.8.2012 Status: Offline
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erstellt am: 16.2.2013 um 16:40 |
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Spannend bei Real Ales finde ich auch die ganz schön niedrigen
Alkoholwerte. Beim letzten Inselbesuch sind mir diese Ales sehr positiv und
sehr gut trinkbar in Erinnerung geblieben.
3-4g CO2 entspricht ganz sicher nicht dem Ausschank aus Handpumpen. Das
Fass hat doch beim Ausschenken auch fast Normaldruck, oder?
Grüße,
Dale.
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Antwort 3 |
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Posting Freak Beiträge: 5714 Registriert: 16.8.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 16.2.2013 um 16:51 |
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Antwort 4 |
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Posting Freak Beiträge: 1453 Registriert: 7.8.2012 Status: Offline
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erstellt am: 16.2.2013 um 16:58 |
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https://www.youtube.com/watch?v=60k4YWbTI-E
Da zitieren sie irgendeinen "Experten", der meinte, dass man Real Ale auch
schwer überkarbonisieren kann, weil die Fässer belüftet werden, bevor
gezapft wird. Ergo wirklich nur das lösbare CO2 bei kühlen Temperaturen und
Raumdruck..
Grüße,
Dale.
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Antwort 5 |
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Administrator Beiträge: 10493 Registriert: 23.10.2005 Status: OnlineGeschlecht:
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erstellt am: 16.2.2013 um 17:01 |
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Danke schonmal für Euren input. Aber wenn ich das so lese, bin ich mir
nicht sicher, ob mir solch ein Real Ale schmecken würde. Ich trinke zwar
Biere auch lieber mit ein wenig geringerem Kohlensäuregehalt, aber schale
Biere mag ich absolut nicht. Da fehlt doch was für meine Begriffe. Aber wie
gesagt, ich habe keine Ahnung wovon ich rede...
Gruß
Michael
____________________ „Lass die anderen mit Fichten- und Tannensprossen würzen, der Hopfen ist
das Beste, was die Natur uns bietet.“
Aus "Das Erbe des Bierzauberers" von Günther Thömmes, Gmeiner Verlag
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Gambrinus zu Borbetomagus
Posting Freak Beiträge: 3085 Registriert: 2.6.2012 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 16.2.2013 um 17:08 |
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Michael, das muss dir auch nicht schmecken, ich will auch nicht ünerall
Minze dran hauen oder mit Curry würzen. Ich sage mal ganz ehrlich das ist
wie Hagges pfui Daibel. ____________________ Zertifiziertes Mitglied der "Worschtmarktbrauerbubenbieratenbartei" WBBBB
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Antwort 7 |
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Posting Freak Beiträge: 5714 Registriert: 16.8.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 16.2.2013 um 17:23 |
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Tjo...
Es gibt ganz bewusst die Unterscheidung zwischen Ale und Pale Ale. Pale
bedeutet "Hell".
Das traditionelle Ale (ohne Pale) ist also ein dunkles, oftmals sehr rotes
oder fast schwarzes Bier. Diese für das Ale typische Färbung kommt vom
traditionell sehr großzügigem Einsatz sehr dunkel gemälzter Malze bis hin
zu reiner Röstgerste.
Wir wissen Alle, dass Kohlensäure Geschmacksverstärkend wirkt. Jeder, der
einmal eine Cola getrunken hat, welche ein paar Tage abstehen und die
Kohlensäure abgeben durfte, weiß was gemeint ist.
Um da noch etwas Wohlschmeckendes zu erzeugen, bedarf es mehr und
deutlicheren Hinterggrundaromen.
Bei den Pale Ales wurde dann augenscheinlich recht schnell klar, dass sie
ohne Kohlensäure flach schmecken. Dementsprechend sind klassische Pale Ales
von Haus aus schon höher karbonisiert.
Für die India Pale Ales wurde dann aufgrund des langen Weges um Kap Horn
herum nicht nur an der Stammwürze und dem Bitterstoffgehalt, sondern auch
an der Kohlensäure gedreht.
Das klassische Ale oder Real Ale lebt also von seinen Eigenaromen, welche
auf den dunklen Malzen basieren.
Richtig ist Dales Bemerkung bezüglich des Alkoholgehaltes. Für die Briten
war ein Stout Porter ( verkürzt Stout genannt) mit seinen 5 bis 5,5 vol.%
Alc. ein Starkbier. Daher auch die Enttäuschung vieler vermeintlicher
Bierkenner, wenn sie erstmals ein Stout probieren. Ein Ale im
traditionellen Sinne kommt selten über 4 vol.% Alc. hinaus. Mithin sind 4,5
bis 5,5 vol.% Alc schon ein Starkbier. Gemessen an den Kontinentalbieren,
bei welchen bis 5,5 vol.% Alc. noch von einem Vollbier ausgegangen wird,
ist das natürlich schwach.
ABER, bis in das späte 18.Jahrhundert waren auch Kontinentalbiere im
Schnitt auf 4,5 vol.%Alc. eingestellt. Die Definition von Vollbier im
Bereich von 4,5 - 5,5 vol.%Alc. ist eine moderne Interpretation.
Greets Udo
[Editiert am 16.2.2013 um 17:24 von TrashHunter]
____________________ Botschafter der WBBBB in Hessen
Brauen ist die wahre Alchemie
Hobbybrauer. TrashHunters Leitfaden für Einsteiger.2014
Tredition Verlag
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Antwort 8 |
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Gast
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erstellt am: 16.2.2013 um 17:48 |
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ganz ruhig bleiben, keiner zwingt Dich, Dein Dorf zu verlassen !
on topic :
Letztes Jahr gab es bei den Bierbörsen in Köln + Opladen erstmals einen
Stand mit schottischem Real-Ale,
deswegen bin da hin getigert. Ich fands sehr gut, trotz niedriger
Karbonisierung.
In Amiland läuft da schon eine grosse Welle mit Firkin-Festen .
Gruß
Jürgen
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Moderator Beiträge: 4922 Registriert: 5.4.2005 Status: Offline
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erstellt am: 16.2.2013 um 17:49 |
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In Graham Wheeler, "British Rel Ale" finde ich leider keine
expliziten "Carbonisierungsangaben".
Im Kapitel "Fermentation an finishing" ist der Werdegang ab
Würzekühlung bis zur Flaschenabfüllung beschrieben.
Interessant ist, daß er die Gärbehälter offen läßt, so lange ein Gärungshut
über dem Bier steht...
Bei gleichbleibender Dichte über 24 Stunden und im Bereich der bei seinen
Rezepten angegebenen "Final gravity" (die nicht als "absolut" bezeichnet
wird), beginnt das "Casking".
Dazu empfiehlt er, daß Jungbier in einen weiteren Gärbehälter
umzuschlauchen und einige Tage kühl zu stellen, um weitere Hefe los zu
werden.
Dann kommt das Jungbier in das "Cask" (Faß?) wobei möglichst wenig Luft
dazu kommen soll und das Zielgefäß aus möglichst voll gemacht werden
soll.
Gelingt das voll machen nicht, soll ein wenig Zucker zugegeben werden, um
die über dem Bier stehende Luft durch ein Aufleben der Gärung zu
verdrängen.
Es beginnt die "Maturation" für mehrere Wochen oder gar Monate bis
Jahre, je nach Stammwürze.
Ist das Bier fürs "Bottling" bestimmt, liegt das natürlich nicht so
lange in der "Maturation".
Der interessante Teil ist "Priming", also die Carbonisierung.
Wobei das im besten Falle durch eine langsame Vergärung von Dextrinen
stattfindet, oder eben durch Zugabe von Zucker.
Hierbei ist die Rede von 50-80g "cane sugar" (scheint "Rohrzucker" zu sein
) als Sirup gelöst auf 23ltr Biermenge.
Das wären grob 2,2-3,5g Zucker pro Liter, also in etwa 1,1-1,8g/l
CO 2 zusätzlich.
Bei einer Vergärtemperatur von 20°C (was Wheeler empfiehlt) wären somit
1,65g/l CO 2 schon von der Gärung im Jungbier, also eine
Carbonisierung von 2,75-3,4g/l insgesamt.
...die lange Auslagerung erinnert mich an die Art, wie MatthiasH seine Bier
handhabt.
Uwe
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Antwort 10 |
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Member Beiträge: 55 Registriert: 6.12.2012 Status: Offline
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erstellt am: 16.2.2013 um 18:05 |
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Jamil Zainasheff schreibt in "Brewing Classic Styles", dass eine schwache
Karbonisierung zu empfehlen sei, weil bei den eh schon relativ leichten
Ales bei übermässiger Karbonisierung diese nur noch leichter erscheinen
würden.
____________________ Gruss
Stephan
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Antwort 11 |
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Member Beiträge: 83 Registriert: 27.7.2010 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 16.2.2013 um 18:20 |
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Vielleicht kann ich auch noch ein bisschen beisteuern:
Man sollte daran denken, dass Ale im UK ein Überbegriff ist, der
obergäriges Bier kennzeichnet. Darunter gibt es dann die diversen
Bier-Typen.
Somit gibt es bei den englischen Ale-Varianten grosse Unterschiede
bezüglich Erscheinungsbild, Geschmacksprofil und auch Alkoholgehalt.
Neben Pale Ale und IPA, die Udo ja schon erwähnt hat, ganz grob vonn hell
nach dunkel (und ohne Anspruch an Vollständigkeit) Bitter, Mild und
Porter/Stout.
Da kann es dann noch Sub-Typen geben. Bitter wurde traditionell
beispielsweise eingeteilt in Ordinary Bitter (unter 4% Alk.), Best Bitter
(unter 5%), Premium oder Strong Bitter (bis um die 6,5%) und dadrüber,
eigentlich eher als eigener Stil der Barle Wine. Heute ist das nicht mehr
so verbreitet, aber zum Beispiel bei Fullers noch schön zu sehen. In der
Reihenfolge oben hat Fullers Chiswick Bitter - London Pride - ESB - Golden
Pride.
Die Engländer wollen meistens aus zwei Gründen nicht so viel Kohlensäure im
Bier: Zum einen überlagert es ihrer Meinung nach zu viele geschmackliche
Nuancen, gerade in den dunkleren Bieren (man lese sich die Tasting Notes im
Great British Beer Guide der Camra durch, um einen Eindruck zu bekommen,
welche scheinbare Vielschichtigkeit da geradezu lyrisch verarbeitet wird).
Zum anderen wirkt Ihnen die Kohlensäure zu füllend - man kann weniger davon
trinken, speziell von den "Session Beers" mit unter 4 %.
Je nach Gegend unterscheidet sich auch die Menge an Schaum auf dem Glass:
Im Süden am Besten gar keiner und das Glass so voll, dass man es gar nicht
anheben kann, ohne zu verschütten. Im Norden muss Schaum drauf sein. Da
nimmt man gerne einen "Sparkler" zu Hilfe - das ist ein Aufsatz für den
Zapfhahn, der das Bier beim Zapfen zusätzlich verwirbelt. Macht eine tolle,
cremige Krone und treibt dabei die restliche Kohlensäure noch stärker aus
dem Bier. Bei den Fans durchaus erwünscht, aber das Ding ist nicht
unumstritten bei englischen Biertrinkern.
Übrigens war englisches Bier nicht immer so relativ schwach: Bis vor dem
ersten Weltkrieg waren Porter um die 7% durchaus die Regel. Während des
Krieges setzte dann die englische Regierung drastische Maßnahmen über
Steuern und Regulierungen um, damit die Produktionsleistung- und Sicherheit
der Rüstungsindustrie (vor allem Munition) gesichtert war. Das krempelte
das Trinkverhalten nachhaltig um.
Wie oben schon beschrieben kam dann in den 70ern der Begriff Real Ale durch
CAMRA ins Gespräch. Grund war interessanterweise damals nicht zwingend,
dass Real Ale einem ähnlichen Bier im Keg in irgendeiner Weise per se
überlegen gewesen wäre. Damals versuchten viele grossen Brauereien von Real
Ale auf Keg umzustellen (inklusive später aufkarbonisieren). Leider waren
die Keg-Biere aber so grauenhaft, dass CAMRA entstand, um Biere im Cask zu
unterstützen, die etabliert und akzeptiert waren. Inwieweit die Fixierung
auf Real Ale heute noch notwendig/ sinnvoll ist, ist umstritten. Amn schaue
sich nur die regelmäßigen Kontroversen um Brewdog an.
Ansosnten kann ich jedem, der sich für englisches Bier /Pubkultur etc.
interessiert nur wärmstens die Bücher von Pete Brown ans Herz legen. Sehr
informativ und dabei extrem unterhaltsam.
Grüße, Robert
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Antwort 12 |
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Posting Freak Beiträge: 1453 Registriert: 7.8.2012 Status: Offline
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erstellt am: 16.2.2013 um 18:32 |
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Schöner Bericht!
Aber ich hätte lieber einen Pub vor Ort, bei dem man das mal wirklich
ausprobieren könnte. Theorie ist ja so eine Sache.. Meine Erinnerungen sind
doch schon ein paar Jahre älter. Die im Norden so eingeschränkte Bierkultur
ist wirklich ein Elend..
Das mit dem "man kann weniger davon trinken" wundert mich nicht.. Wirklich
ein lustiges Völkechen, die Inselbewohner..
Grüße,
Dale.
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Antwort 13 |
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Posting Freak Beiträge: 578 Registriert: 12.9.2012 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 16.2.2013 um 20:05 |
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Ich habe gerade ein Profanity Stout von Wiliams Brothers gekostet und das
war, neben dem sehr besonderen Aroma, sehr gering carbonisiert. Ich dachte
erst, dass der Kronenkorken undicht sein müsse. In Tastings steht aber
überall etwas wie "Gently carbonation".
Auf jeden Fall ein interessantes und intensives Aroma, dass durch Co2
möglicherweise erdrückt würde.
http://www.williamsbrosbrew.com/beerboard/bottles/profanity
-stout?page=1
Matthias ____________________ Gruß
Matthias
„Bei uns hat das Bier gar keine Zeit, alt zu werden. Wozu dann also ein
Haltbarkeitsdatum?“ (Max Streibl)
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Antwort 14 |
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