Posting Freak Beiträge: 972 Registriert: 18.4.2012 Status: Offline
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erstellt am: 16.7.2013 um 11:22 |
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Hallo Zusammen,
ich habe von meinem letzten Stout Hefe geerntet und einem Bekannten zur
Laboranalyse (und eventueller Aufnahme in die Hefebank) gesendet. Unterm
Mikroskop sah die Hefe erst gut aus, aber auf einer Nährkartonscheibe
wuchsen dann bei 27ºC und 37ºC auch Fremdhefen.
Noch schmeckt das Bier fein, karbonisiert ist es auch schon. Ich würde den
Sud gerne nicht wegschmeissen, wie kann ich wachstum von Fremdhefen
verhindern/bremsen?
- Sicher wäre es mir am liebsten, den gesammten Sud bei 1-3ºC zu lagern um
das Wachstum zu verzögern, allerdings habe ich diese Möglichkeit nicht.
- Ich plane das Bier zu pasteurisieren (10min bei 63ºC im Einkocher.
Sicherheitsvorkehrungen: Deckel ist drauf, Abgekühlt wird langsam mit dem
Einkocher). Allerdings ist es ungefiltert. Wie lange habe ich nach der
Pasteurisation Zeit das Bier aufzutrinken bevor die (Reste der) toten
Hefezellen den Geschmack völlig verderben? Findet nach der Pasteurisation
noch eine Reifung statt?
- habt ihr andere Ideen? Schnell austrinken könnte ich versuchen...
Vielen Dank!
kvendlar
[Editiert am 16.7.2013 um 11:23 von kvendlar]
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 16.7.2013 um 11:39 |
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Stout mit Fremdhefen? Welcher Art Fremdhefen??
Gratuliere, Du hast somit ein echtes, ursprüngliches Stout gebraut In Stout und Porter gehören traditionell
Brettanomyces rein und schmecken da auch superlecker ____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 1 |
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Posting Freak Beiträge: 1277 Registriert: 15.9.2010 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 16.7.2013 um 11:42 |
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Wenn das Bier in Ordnung schmeckt, würde ich mir erstmal keine großen
Gedanken machen.
Bei einer "richtigen" Infektion ist das Bier ungenießbar. Beobachte das
Bier einfach mal in den nächsten Wochen, ob sich da überhaupt was tut. Und
Fremdhefen heißt auch lange noch nicht verdorbenes oder schlechtes Bier,
ganz im Gegenteil!
Die Frage ist aber auch, inwiefern das Vorhandensein von Fremdhefen in
Erntehefen bei uns Hobbybrauern als normal angesehen werden kann?!
Hast du die Laboranalyse aus reiner Neugier in Auftrag gegeben oder hattest
du einen Verdacht? (Wer viel misst, misst viel Mist!)
Grüße, Markus
P.S.: Um welche Menge handelt es sich denn?
____________________ Wer selbst braut, trinkt bewusster. (saarmoench)
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Antwort 2 |
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Posting Freak Beiträge: 739 Registriert: 14.9.2010 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 16.7.2013 um 11:52 |
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Mich würde mal interessieren wie man Hefe von Fremdhefe unterscheidet...
Bei Hefe würde ich mir übrigens gar keine Sorgen machen. Was kann die schon
anrichten? Deine Vergärung ist durch, die Hefe hat nichts mehr zu futtern,
also kann sie auch keinen unerwünschten Geschmack mehr einbringen. Selbst
wenn diese ominöse Fremdhefe schon zu Gärbeginn da wäre würde sie Dir
schlimmstenfalls das erwünschte Geschmacksprofil verändern, aber nicht das
Bier ungeneißbar machen...
Also unter Infektion würde ich sowas wie Brett, Milch oder
Essigsäurebakterien verstehen.
Immer schön entspannt bleiben, nichts pasteurisieren (was für ein Enegie-
und Zeitaufwand!) sondern einfach das Bier trinken...
Gruß
J.
____________________ Ein gutes Bier, maßvoll genossen, schadet auch in großen Mengen nicht...
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Antwort 3 |
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Posting Freak Beiträge: 972 Registriert: 18.4.2012 Status: Offline
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erstellt am: 16.7.2013 um 12:09 |
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Danke für Eure Antworten! Im einzelnen:
@flying: Danke für die Glückwünsche - ich glaube aber nicht dass es ein
leckeres ursprüngliches Stout wird.... versuchen wir's.
@saarmoench: Eine Befürchtung war da, da ich in einem vorangegangenen Sud
eine ungeniessbar machende Infektion vorfand. Aber ich habe die Hefe
eigentlich primär zur Aufnahme in die Hefebank eingesendet, die damit
eingehende Überprüfung ist mir sehr willkommen gewesen.
@Wizzzz: Ich habe keine Ahnung welche Bakterien es sind... Unterscheidung
von Hefe/Fremdhefe... ich werde Fragen.
Ich habe mich entschlossen doch einige Flaschen zu pasteurisieren. Ich
werde mal berichten ob und wie schnell das das Stout ungeniessbar macht.
(nachtrag: gut, dass ich nicht nur 2 Flaschen genommen habe, 2 sind schon
vor dem Erreichen von 60ºC geplatzt ...
Schlimmstenfalls muss ich neu brauen! Sudgröße (Einkocher) war wegen
schnellen Läutern 17l.
Gruß
kvendlar
[Editiert am 16.7.2013 um 12:16 von kvendlar]
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Antwort 4 |
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Senior Member Beiträge: 410 Registriert: 31.10.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 16.7.2013 um 12:46 |
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Hallo,
Brettanomyces ist schon mal ein Beispiel von Fremdhefe, welche Aromen
erzeugt, die nicht immer erwünscht sind. Die Saccharomyces cerevisiae var.
diastaticus führt zu einer Vergärung der Dextrine und damit zu Bombagen
bzw. leer schmeckenden Bieren. Weitere Fehler wären phenolisch, er
entspricht dem Nelkenartigen bei Weißbierhefen, ein medizinsches Aroma
(Apotheke, Leucoplast), ein estriger bzw. lösungsmittelartiger Geruch und
eine unangenehmen Bittere. Fremdhefe ist ja erst mal jede andere Hefe, die
nicht erwünscht ist. Es kann also bei Untergärigem auch mal eine obergärige
Brauhefe eine Fremdhefe sein. Diese Unterscheidung kann mit dem Mikroskop
erfolgen. Spurenkontaminationen von Wildhefen werden durch Kultivieren bei
für Kulturhefen zu warmen 37 °C für ein bis zwei Tage vermehrt.
Anschließend wird davon ein Ausstrich auf Platten mit Lysinagar und
Kristallviolettagar oder TM-Agar + Kupfersulfat hergestellt und weiter
bebrütet. Je nach Wachstum kann man dann auf Saccharomyces-Fremdhefen und
Nicht-Saccharomyces-Fremdhefen schließen. Auf Kristallviolettagar wachsen
alle Saccharomyces-Hefen außer die Untergärige. Auf Lysinagar bzw. TM-Agar
+ Kupfersulfat wachsen Wildhefen, Saccharomycesarten wachsen aber nicht.
Beim sogenannten Sporulationstest testet man die Sporenbildung und kann
damit auf die Reinheit des Hefesatzes schließen.
Gruß, Ludwig
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Antwort 5 |
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Senior Member Beiträge: 451 Registriert: 27.9.2012 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 16.7.2013 um 12:50 |
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Das funktioniert über dem Wachstum auf verschiedenen Agar-Arten (Lysinagar,
Kupfersulfatagar nach LIN, Kristallviolettagar, LWYM, SDM, TM...) damit
kannst du Kulturhefen von Saccharomyces Fremdhefen und
Nicht-Sacch.-Fremdhefen unterscheiden.
Und mit geschultem Auge erkennt man unter dem Mikroskop schon ganz gut den
Unterschied in der Form von so manchen Hefen.
Desweiteren kann man natürlich auch über die DNA noch genau festellen um
was es sich handelt!
edit: war wohl zu langsam beim schreiben
[Editiert am 16.7.2013 um 12:51 von Stift]
____________________ "Es ist ein Grundbedürfnis der Deutschen, beim Biere schlecht über die
Regierung zu reden." (Otto von Bismarck)
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Antwort 6 |
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Senior Member Beiträge: 410 Registriert: 31.10.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 16.7.2013 um 12:51 |
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Mein Tipp wäre, es möglichst kalt zu lagern und zu trinken, dann erledigt
sich das Problem von selbst.
Alles andere ist ein großer Aufwand, der das Ergebnis nicht Wert ist.
Gruß, Ludwig
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Antwort 7 |
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Posting Freak Beiträge: 2512 Registriert: 11.7.2012 Status: Offline
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erstellt am: 16.7.2013 um 13:08 |
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Ich würde erstmal eine Flasche bei 30°C zwei Wochen stehen lassen, während
der Rest so kühl wie möglich steht.
An der Flasche kannst du dann vielleicht sehen, wohin die Reise geht.
Ich wette mit dir um einen Kasten Westv 12 dass ein Großteil der
Hobbybrauerbiere so etwas zeigen, aber das nicht zum Ausbruch kommt, weil
einfach zu wenig Zellen zur Infektion da sind (und zu wenig Nährstoffe
übrig sind diese zum Problem werden zu lassen).
Es gibt ein paar Biester wie Brett-Kollegen, die können trotzdem weiter
knabbern, aber dann haste halt Pech gehabt - ein bisschen für ein Archiv
hast du mit den pasteurisierten ja auch. Wobei 10 Min @ 63°C schon knapp
ist, ich bin mir nicht sicher, ob dann auch in den Flaschen wirklich 63°C
waren.
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Antwort 8 |
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Posting Freak Beiträge: 1946 Registriert: 20.11.2012 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 16.7.2013 um 13:32 |
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Zitat von rattenfurz, am 16.7.2013 um
13:08 |
Ich wette mit dir um einen Kasten Westv 12 dass ein Großteil der
Hobbybrauerbiere so etwas zeigen, aber das nicht zum Ausbruch kommt, weil
einfach zu wenig Zellen zur Infektion da sind (und zu wenig Nährstoffe
übrig sind diese zum Problem werden zu
lassen).
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Genau so sehe ich das auch. Ich halte
es für wahrscheinlich, dass diese Infektion nie zu einem Problem geworden
wäre.
Warum willst du denn überhaupt eine Erntehefe in eine Hefebank aufnehmen
lassen?
Gruß,
Andy ____________________
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Antwort 9 |
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Posting Freak Beiträge: 972 Registriert: 18.4.2012 Status: Offline
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erstellt am: 16.7.2013 um 14:24 |
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Hallo und nochmal Danke für die Erklärungen. in der Antwort stand
tatsächlich, dass bei 37ºC irgendwelche Keime und Hefen gewachsen sind.
So kühl wie möglich stellen ist halt nur begrenzt möglich, aber ich werde
den Kühlschrank beladen.
Der Hefestamm hatte in der Sammlung noch gefehlt und ich dachte mir dass es
auch mit Erntehefe ein versuch Wert sei. Vermutlich werde ich das, bis ich
auf mehr Edelstahl und schnellere Würzekühlung umgestiegen bin sein lassen.
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Antwort 10 |
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Senior Member Beiträge: 335 Registriert: 20.7.2012 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 16.7.2013 um 15:20 |
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Ich halte das auch für vollkommen normal!
Ich gehe nicht davon aus, dasss in meinem Bier außer der beabsichtigten
Hefe nix drin ist, ich arbeite doch nicht in einem sterilen Labor. Ne, das
ist vollkommen normal, ist bestimmt ein super Bier und wird sich lange
halten. wie sagt man da: Ruhig, Brauner, alles gut! ;-)
LG
Christian ____________________ Jungbier.de - Meine Seite zum
Hobbybrauen
Jemand Lust auf Linktausch zu anderen Hobbybrauerblogs?
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Antwort 11 |
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Moderator Beiträge: 9432 Registriert: 12.11.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 16.7.2013 um 16:07 |
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Wenn bei 37°C etwas auf einer Nährkartonscheibe wächst, heißt das nicht
automatisch, dass das auch im (möglichst kalt gelagerten) Bier wächst.
Ich würd das Bier möglichst kalt stellen und ab und zu mal eine Flasche
aufmachen. Steigt der Druck immer weiter an oder schmeckt es seltsam, ist
natürlich was faul.
Ich könnte mir gut vorstellen, dass es gar keine Probleme gibt.
Stefan
[Editiert am 16.7.2013 um 16:07 von Boludo]
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Antwort 12 |
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Posting Freak Beiträge: 2085 Registriert: 26.2.2013 Status: Offline
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erstellt am: 16.7.2013 um 17:42 |
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"Betriebshefe" ist halt nun mal nicht gleich "Reinzuchthefe".
Selbst in den üblichen Trockenhefe-Päckchen ist laut Herstellerangaben
"< 1 per 10^6 yeast cells" an Bakterien und nochmal soviel an wilden
Hefen vorhanden, macht bei einem Päckchen mit >= 57,5 * 10^9 Zellen
immerhin weniger als 57500 Bakterien und weniger als 57500 wilde
Hefezellen.
Reinzucht ist das nicht, es ist getrocknete Betriebshefe. Reinzucht erhält
man durch Verdünnung und wiederholten Ausstrich, dann Entnahme aus einer
einzigen Kultur unter sterilen Bedingungen. Wenn man daraus anstellfähige
Mengen hochpäppelt, kommen garantiert wieder einzelne "Verunreinigungen"
dazu.
Ich würde das mit den Fremdhefen nicht so dramatisch sehen, und halt für
die Hefebank einmal verdünnen und auf sterilen AGar ausstreichen und aus
einer so durch Ausstreichen vereinzelten Saccharomyces-Zelle (des richtigen
Stamms!) eine Kultur zum Konservieren anlegen. Ist hier schön erklärt.
Grüße ____________________ *Dunkles Lager, Magnum/Select/Tettnanger, S189 (Hauptgärung)
*Festbier, Northern Brewer/Tettnanger/Saazer/Select, S-189 (Nachgärung)
*Helles Lager, Tettnanger/Select/Saazer, S-189 (Nachgärung)
*Westy12 Clone, 21.6°P, W3787 (Lagerkeller)
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Antwort 13 |
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Posting Freak Beiträge: 972 Registriert: 18.4.2012 Status: Offline
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erstellt am: 16.7.2013 um 20:59 |
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Hallo Leute,
danke für Euer Zureden, aber ich habe bereits mehrere Sude an eine ähnliche
Infektion verloren. Es ist möglich, dass es niemals rausgekommen wäre, aber
da ich nicht wirklich kalt lagern kann wollte ich doch auf nummer sicher
gehen.
Mir ist inzwischen klar, dass "Betriebshefe" wohl kaum für die Hefesammlung
geeignet ist, aber das mit dem Sammelwunsch in der Hefe Bank ist ja das
untergeordnete Thema. Die Infektionen die ich hatte verbieten wirklich das
Weitertrinken - das hat mich zu dem Schritt bewogen zu pasteurisieren.
Grüßle und Dank!
kvendlar
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Antwort 14 |
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