Posting Freak Beiträge: 5619 Registriert: 12.4.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 18.10.2013 um 21:32 |
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Nachdem ich nach dem heutigen "warum schmeckt Fassbier besser" Treat ein
paar mal angesprochen wurde warum eine Pasteurisation in der Flasche, also
z.B. Im Tunnelspasteur mehr thermische Belastung bedeutet als eine
Abfüllung mit vorgelagerter KZE, hier kurz die Erleuterung.
Vorweg eine kurze Erläuterung. Bier wird thermisch pasteurisiert. D.h. Es
werden bei relativ milden Temperaturen lediglich die Mikroorganismen und
Enzyme deaktiviert, die Bier auch gefährlich werden können oder
pathologisch sind und die in Bier wachsen könnten. Es ist also ein
absoluter Trugschluss dieses Bier wäre danach Keimfrei. Es ist nicht
autoklaviert.
Man misst die thermische Behandlung von Bier in Pasteureinheiten. Bei Bier
entspricht eine PE einer Erhitzung auf 60C für eine Minute. Als sicher
gelten Werte um die 25PE.
So jetzt aber zum eigentlichen Problem.
Beim Tunnelpasteur wird die geschlossene Flasche im Grunde mit Heisswasser
überschwalt und damit erwärmt. Dazu fährt sie auch einem Förderband durch
den Pasteur. Nach der Haltezeit wird durch Kaltwasserüberschwallung wieder
gekühlt. Jetzt könnt Ihr euch aber auch vorstellen das man den Bereich der
direkt aussen am Rand nahe des Glases liegt, ja zuerst erwärmen muss.
Dieser Bereich bleibt ist nun schon die ganze Zeit warm, bis der
Kernbereich, in der Mitte der Flasche, ebenfalls auf die gewünschte
Temperatur gebracht wurde. Verständlich was ich meine?
Eine Bier KZE ist im Grunde ein Wärmetauscher mit 4 Zonen, einer
Vorwärrmung, einem Erhitzer, einer Heisshaltung und einer Kühlzone. Dabei
fliesst das Bier in einer voll Turbulenten Strömung, wird also ideal
durchmischt. Damit wird das Bier exakt so lange erhitzt bis alles die
gewünschte Temperatur hat, dann wird es exakt so lange gehalten wie nötig
und durch das neu zu laufende Bier abgekühlt (während das neue, kalte Bier
vorgewärmt wird). Das geht viel dosierter und schneller, was sehr viel
produktschonender ist.
Allerdings muss man mit einer KZE wesentlich sauberer Arbeiten, weil die
Abfüllung erst nach diesem Schritt kommt.
Ich hoffe ich hab es verständlich erklärt?
Gruß
Jan
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Posting Freak Beiträge: 854 Registriert: 1.2.2012 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 18.10.2013 um 22:50 |
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Ich bilde mir ein den Tunnelpasteur schmecken zu können. Ein komischer,
rauher, teils brenzliger
und sehr trockener Antrunk und Abgang beim trinken.
In meiner Lehrbrauerei gabs sowas nicht, aber ich kenne den Flaschenkeller
sehr gut.
Bedingt durch den Produktionslauf auf Förderbändern kam es oft genug zu
Staubildungen.
Flasche war umgekippt, Kastenwender hing fest, Flaschenpacker hatte einen
Aussetzer... usw.
Da kann es dann auch durchaus passieren das die Pullen länger als geplant
der Temperatur
ausgesetzt sind. Was sicherlich diese Fehlgeschmäcker, wie oben
beschrieben, hervorruft.
Hatte letztes Jahr mal ein paar Frankenheim Flaschen denen defintiv nichts
gutes zugestossen war.
Freund von mir konnte das gleiche bestätigen, alle Flaschen vom selben
Abfülldatum, gleiche
Losnummer. Schmeckte grausig, konnte man nicht trinken. Ich kipp ja selten
Bier weg, aber hier...
Paar Wochen später, neue Abfüllung, war wieder alles gut.
Ich schiebs einfach mal auf den Tunnelpasteur, den so ähnlich hat damals
auch Schlösser Alt
geschmeckt, wenn auch nicht ganz so drastisch, aber das lief auch durch nen
Tunnelpasteur...
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Brauer & Mälzer - Jahrgang 1994
Mediendesigner seit 2000
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Antwort 1 |
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Posting Freak Beiträge: 5619 Registriert: 12.4.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 19.10.2013 um 08:04 |
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Da sagst du was. störungen sind ein Problem,,gerade bei älteren Anlagen die
nicht geregelt sind. Häufig hat man dann auch noch an den Staustrecken
gespart und kann den Pasteur nicht leer fahren.
Der Geschmack ist halt der typische Pasteurisationsgeschmack.
Ist im Endeffekt wie der Unterschied zwischen Frischmilch und H- Milch, nur
das hier die Temperatur nochmal um einiges höher liegt.
Gruß
Jan
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Antwort 2 |
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Posting Freak Beiträge: 675 Registriert: 25.10.2010 Status: Offline
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erstellt am: 19.10.2013 um 09:02 |
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Vielen Dank für die vielen Infos. Könnt ihr evtl. mal zwei/drei
überregional erhältliche kommerzielle Biere nennen die i.d.R. einen starken
Pasteurisationsgeschmack aufweisen, also durch die Tunnelpasteurisierung
gegangen sind? Und alternativ dazu Biere der gleichen Sorte mit KZE
Behandlung?
Ist der Pasteurisierungseffekt eher geschmacklich oder mit der Nase
warnehmbar? Viele Flaschenbier schmecken m.E. besser direkt aus der
Flasche, also an der Nase vorbei.
Beste Grüße
Sandro
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Antwort 3 |
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Posting Freak Beiträge: 5619 Registriert: 12.4.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 20.10.2013 um 19:26 |
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Zitat von muldengold, am 19.10.2013 um
09:02 | Vielen Dank für die vielen Infos.
Könnt ihr evtl. mal zwei/drei überregional erhältliche kommerzielle Biere
nennen die i.d.R. einen starken Pasteurisationsgeschmack aufweisen, also
durch die Tunnelpasteurisierung gegangen sind? Und alternativ dazu Biere
der gleichen Sorte mit KZE Behandlung?
Ist der Pasteurisierungseffekt eher geschmacklich oder mit der Nase
warnehmbar? Viele Flaschenbier schmecken m.E. besser direkt aus der
Flasche, also an der Nase vorbei.
Beste Grüße
Sandro |
Hallo Sandro,
Ich kann dir zur Zeit keine überregionale Marke nennen, bei der ich dir
100% sagen kann das es durch den Tunnelpasteur lief und das man es auch
schmeckt. Früher war das bei EKU Dosen der Fall. Hoer konnte man schön den
Unterschied schmecken. Die Flaschen liefen nicht durch den Pasteur, die
Dosen ja, weil sie wo anders gefüllt wurden.
Gruß
Jan
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Antwort 4 |
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Posting Freak Beiträge: 1002 Registriert: 27.7.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 20.10.2013 um 20:03 |
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Heineken benutzt grundsätzlich Tunnelpasteure. Becks hat Tunnelpasteure für
Exportbiere (Ausland) eingesetzt, für Inland KZE. Da könnte man mal
vergleichend verkosten.
Bei modernen Tunnelpasteuren ist die Gefahr einer Überpasteurisierung im
Falle des ungeplanten Bandstopps nicht mehr so krass wie früher. Die Zonen
im Tunnel werden temperaturüberwacht und lassen sich heute separat mit
Kalt- oder Warmwasser ansteuern, so dass die gewünschten PE jederzeit
eingehalten werden.
Wie auch immer, die große Gefahr sehe ich eher im Oxidationsrisiko. Ob
Pasteur oder KZE - sobald auch nur Spuren von O2 im Bier sind, fungieren
die Erhitzer als Oxidationsbeschleuniger.
Und noch was ist mir aufgefallen: Im Vertrauen darauf das eine KZE alles
Leben im Bier platt macht, wird in manchen Betrieben die Hygiene etwas
lässiger gehandhabt.
Michael
[Editiert am 20.10.2013 um 20:04 von Schlupfer]
____________________ Don´t worry - Brew happy
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Antwort 5 |
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Posting Freak Beiträge: 5619 Registriert: 12.4.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 20.10.2013 um 20:31 |
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Das stimmt schon mit den modernen Pasteuren und der Steuerung. Trotzdem ist
halt die thermische Belastung im Pasteur tendenziell höher als in der KZE,
weil eben der komplette Inhalt durchwärmt werden muss um auch im Kern die
Temperatur zu erreichen. Das geschieht in der KZE durch die voll turbulente
Strömung schneller und gleichmäßiger.
Jan
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Antwort 6 |
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