Moin
Obwohl meine Verkostungsaktion mit dem vermeintlichen
Orval Klon aus Zufall ja leider in die Hose
ging, lies es sich Buze, einer der geplanten Verkoster des Orval Klons
nicht nehmen, mir eine Kostprobe seines jüngsten Zwickels (Pils) zu
senden.
Ein Zwickel darf durchaus ein wenig schwächer karbonisiert sein. Logisch,
denn es wird ja irgendwo zwischen HG und Abschluss der Reifung gezwickelt
und da kann es auch sein, dass die Karbonisierung noch nicht stimmt.
Also kein Minuspunkt für den mässigen Schaum, welcher sich recht flott
wieder verzogen hat.
Und natürlich darf ein Zwickel aus den selben, wie eben genannten Gründen
noch eine deutliche Restsüße haben. Abhängig vom Zeitpunkt des Zwickelns
kann da durchaus noch einiges an unvergorenem Zucker der Speise in Schwebe
sein. Also auch kein Minuspunkt. Bei einem fertigen Pils wäre Restsüße
sicher ein Minuspunkt. Da akzeptiere ich allenfalls eine gewisse
Malzigkeit, erwarte aber einen deutlich schlanken Körper.
Die Nase nimmt zunächst neben der deutlichen Süße eine kräftige Grasigkeit
auf. (Da wäre es interessant zu wissen, welcher Hopfen da die Geige spielt,
denn das Aroma erinnert mich deutlich an den wilden Gartenhopfen, welchen
ich aus dem Garten der Nachbarin erntete um damit mein Urväter Rot zu
brauen.)
Im Antrunk herrscht zunächst die deutliche Restsüße vor, macht aber nach
kurzem Rollen auf der Zunge dem "grünen" Hintergrund des Hopfens Platz.
Bei einem Pils erwarte ich dann im Abgang eine deutliche Bittere, welche
nicht kratzig ist und die Zunge spürbar sediert.
An dieser Stelle spielt das Zwickel von Hermann (Buze) zunächst "falsch".
Wahrscheinlich sind die noch mäßige Karbonisierung und die Restsüße dafür
verantwortlich. Im ersten Augenblick bin ich tatsächlich enttäuscht, denn
aufgrund Hermanns Äußerungen bezüglich Industrie-Pils habe ich eigentlich
mehr an Hopfenkraft und Bittere erwartet.
ABER....
es ist ein Zwickel, noch unausgegoren, noch nicht ausgereift und daher ein
wenig hintervotzig.
Vergeblich auf das Echo wartend, verharre ich einen Moment mit
geschlossenem Mund und angehaltenem Atem. Aber da kommt Nichts. "Schade."
denke ich und öffne den Mund wieder, atme ein und dann....
.... mit der Wucht eines von einem friesischen Leuchtturm fallenden Hammers
trifft mich der Hopfen im Reich des Sinne.
Plötzlich ist er da. Kräftig, mit ausgeprägter grasiger Note, "Grün" und
doch kultiviert und mit einer wunderbaren strengen Bittere, welche mich
zufrieden grinsen lässt.
Warum zum Henker und im Namen aller Biergötter sind moderne kommerzielle
Brauerein nicht in der Lage SOLCH EIN PILS zu brauen
Ein Schnitzel, ne schöne dicke Quarkkartoffel und ein grüner Salat auf dem
Tisch. Der Tisch auf der Verranda einer Rietgedeckten Kate irgendwo ganz
dicht an der Nordsee oben in Friesland. So dicht, dass man die Gicht der
Brandung auf der Haut spüren kann.
Im dicken groben Wollpulli mit Rollkragen auf dieser Terrasse sitzend und
in die Abendsonne blickend, möchte ich dieses Schnitzel oder ne dicke
Scheibe gegrillten Rotbarsches genießen und dazu Dein Pils trinken.
So muss ein Pils schmecken
Ziehe ich die Restsüße in zwei bis vier Monaten vor meinem geistigen Auge
aus diesem Bier ab, bleibt ein wunderbares, knochentrockenes, schlankes und
doch süffiges Pils in Reinkultur.
Hermann, es war mir eine Freude Deinen Zwickel probieren zu dürfen und
diesen Bericht zu schreiben, denn Ehre wem Ehre gebührt und hier gebührt
sie Dir allemal.
Das has man gut gemacht meijn Jung
Lass das noch ein paar Monate schön kühl lagern, trink es nicht zu früh weg
und Du hast ein Pils, wie es ein Friese erwartet.
Greets Udo
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Botschafter der WBBBB in Hessen
Brauen ist die wahre Alchemie
Hobbybrauer. TrashHunters Leitfaden für Einsteiger.2014
Tredition Verlag