Senior Member Beiträge: 327 Registriert: 12.7.2012 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 27.12.2013 um 22:58 |
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Nabend zusammen,
gestern Abend hatte ich das Glück, ein Glas Kellerbier aus einer neu
eröffnetet kleinen Brauerei im Nachbarort probieren zu dürfen.
Ein nicht außergewöhnliches helles mild gehopftes untergäriges Bier. Die
Schüttung dürfte hauptsächlich aus Pilsner Malz bestehen.
Gleich nach dem ersten Schluck ist mir ein besonderer Geschmack
aufgefallen.
Nach dem Schlucken (ist das der Abgang?) legt sich sofort ein sehr angenehm
kerniger, etwas hefiger aber unglaublich weicher Geschmack auf den Gaumen.
Einen Geschmack den ich bei bisher keinem meiner Biere geschmeckt habe.
Woher kommt dieser Geschmack bzw. wodurch entsteht er. Besonderer
Hefestamm? Schüttung? Hopfung? Maischeführung?
Ich weiß Geschmäcker zu beschreiben ist schwierig, vorallem wenn man so wie
ich keine Erfahrung damit hat aber vielleicht kann ja jemand von euch etwas
damit anfangen
Ein besserer Titel für den Tread ist mir leider nicht eingefallen
Grüße
Johannes
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Posting Freak Beiträge: 597 Registriert: 16.12.2013 Status: Offline
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erstellt am: 27.12.2013 um 23:04 |
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Nenn Namen! Vielleicht kennt ja einer von uns das Bier von dem du sprichst?
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Antwort 1 |
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Posting Freak Beiträge: 1227 Registriert: 2.4.2013 Status: Offline
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erstellt am: 27.12.2013 um 23:25 |
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Sahnig? -> Diacetyl?
Ingo ____________________ @Cantillon: "Le temps ne respecte pas ce qui se fait sans lui"
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Antwort 2 |
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Gambrinus zu Borbetomagus
Posting Freak Beiträge: 3085 Registriert: 2.6.2012 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 27.12.2013 um 23:43 |
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Hehe, genau was Seed schon geschrieben hat, ich würde ein Fässchen wetten.
Das ist bestimmt Diacetyl. Komischerweise verbinden es sehr viele Leute mit
Hausgebrautem. Der Eine liebt e,s der Andere hasst es.
Ich finde es in maßen nicht schlecht, hängt einem aber nach dem 3-4 Bier
zum Hals raus.
[Editiert am 27.12.2013 um 23:44 von Gambrinus zu Borbetomagus]
____________________ Zertifiziertes Mitglied der "Worschtmarktbrauerbubenbieratenbartei" WBBBB
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Antwort 3 |
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Posting Freak Beiträge: 3937 Registriert: 20.7.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 28.12.2013 um 00:34 |
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Zitat: | Nach dem Schlucken (ist
das der Abgang?) legt sich sofort ein sehr angenehm kerniger, etwas hefiger
aber unglaublich weicher Geschmack auf den Gaumen. Einen Geschmack den ich
bei bisher keinem meiner Biere geschmeckt
habe. |
Servus Johannes,
die Papillen im hinteren Bereich der Zunge sind für die bitteren Aromen
zuständig. "Angenehm kernig" dürfte von einer ausgewogenen Hopfung kommen,
"hefig" bleibt gern von Anfang an kleben, "weich" könnte von langer
Lagerung kommen.
Wenn das so gut und angenehm geschmeckt hat, werden wohl wenig Fehlaromen
unterwegs sein und jetzt verrate uns mal wie das Gebräu heißt!
Gruß
Peter ____________________ Ein Bayer ohne Bier ist ein gefährlich Thier.
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Antwort 4 |
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Posting Freak Beiträge: 1277 Registriert: 15.9.2010 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 28.12.2013 um 07:14 |
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Moin Peter,
diese gedachte Verteilung der einzelnen Geschmacksrichtungen auf der Zunge
hat sich nach neueren Untersuchungen nicht bestätigt.
Ich zitiere aus: Klinke/Pape/Kurtz/Silbernagel, Physiologie, 6. Auflage,
2009, Kapitel 22 "Geschmack und Geruch", Seite 744:
"...Die Knospen finden sich eingebettet in Geschmackspapillen, von denen
man vier Bautypen unterscheidet:
- Pilzpapillen bilden die größte Gruppe (200-400) und sind besonders in den
vorderen zwei Dritteln der Zunge zu finden.
Sie enthalten jeweils wenige (<10) Knospen
- Im hinteren Bereich der Zunge liegen die großen Wallpapillen, von denen
der Mensch nur etwa 10 besitzt. Dafür kann eine
Wallpapille hunderte von Geschmacksknospen enthalten.
- Am seitlichen Zungenrand finden sich beiderseits noch 15-20 Blattpapillen
mit jeweils ca. 50 Knospen.
Entegegen tradiertem Lehrbuchwissen kann man die einzelnen
Geschmacksqualitäten nicht bestimmten Bereichen der Zunge zuordnen!
- Neben der oben genannten Formen der Papillen befinden sich noch
Fadenpapillen auf der Zunge,
deren verhornte apikale Spitzen taktile Reize aufnehmen ohne spezifisch
zur Chemosensitivität beizutragen. "
Nun zum gesuchten Biergeschmack:
Johannes, hast du mal Rücksprache mit dem Braumeister genommen? Oft sind
die gegenüber uns Hobbybrauern sehr redselig und verraten viel über ihre
Rezepte. Daraus lassen sich dann natürlich am besten Rückschlüsse ziehen.
Mit "weich" kann ich jetzt nichts anfangen. Evtl. auch "kernig" ->
Dekoktion -> "karamellig" ?
Viele Grüße,
Markus ____________________ Wer selbst braut, trinkt bewusster. (saarmoench)
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Antwort 5 |
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Senior Member Beiträge: 327 Registriert: 12.7.2012 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 28.12.2013 um 10:36 |
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Moin,
die Brauerei heißt ''Bulzinger''. Benannt nach dem Stadtteil Bulzingen in
Rietheim. Gebraut wird mit einem 10hl Sudwerk wurde mir gesagt. Mit welchem
Maischeverfahren weiß ich leider nicht.
Allerdings wurde mir eher davon abgeraten den Braumeister nach Details zu
fragen, was ja auch durchaus verständlich ist. Wenn man neu in das Geschäft
eingestiegen ist und damit seine Brötchen verdient verrät man nicht gerne
Details über Anlage und Rezepte. Außerdem will ich es mir mit dem guten
Mann nicht verscherzen...
Diacetyl? Also doch ein, wie geschrieben wurde ''in Maßen'' angenehmer
Fehlgeschmack. Sahnig würde denke ich auch zutreffen....
Also liegt es an einer höheren Gärtemperatur und der Hefe?
Grüße
Johannes
[Editiert am 28.12.2013 um 10:39 von hans11081993]
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Antwort 6 |
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Posting Freak Beiträge: 3937 Registriert: 20.7.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 28.12.2013 um 12:08 |
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Zitat: | Entegegen tradiertem
Lehrbuchwissen kann man die einzelnen Geschmacksqualitäten nicht bestimmten
Bereichen der Zunge zuordnen! |
Servus Markus,
mein letzter Kenntnisstand kommt auch aus dem Jahre 2009 von Randy Mosher
in Tasting Beer. The new tangue Map, wonach alle Papillen für alles
zuständig sind, die äußeren Zungenregionen allerdings eher fürs Sauere und
hinten mit Schwerpunkt fürs Herbe. Das entspräche dann auch meinem
subjektiven Wahrnehmungen.
Beispiel: Öttinger Pils, von Anfang an zu bitter, Mitte wässrig Finale
nachhängend bitter.
Ich glaube schon, dass deine Experten Recht haben, andererseits ist halt
Randy Mosher auch nicht Irgendjemand. Vermutlich überschneiden sich hier
die Erkenntnisse und in einer Neuauflage von tasting beer wird wieder alles
anders beschrieben.
Gruß
Peter ____________________ Ein Bayer ohne Bier ist ein gefährlich Thier.
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Antwort 7 |
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Posting Freak Beiträge: 532 Registriert: 30.12.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 28.12.2013 um 12:24 |
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Zitat von hans11081993, am 28.12.2013 um
10:36 | Diacetyl? Also doch ein, wie
geschrieben wurde ''in Maßen'' angenehmer Fehlgeschmack. Sahnig würde denke
ich auch zutreffen....
Also liegt es an einer höheren Gärtemperatur und der Hefe?
Grüße
Johannes |
Diacetyl
- Hobbybrauerwiki
Sollte es sich wirklich um Diacetyl handeln, dann lag es eher an einer
Hefe, die viel Diacetyl produziert und/oder noch nicht ausreichender
Lagerung, innerhalb derer das Diacetyl abgebaut wird.
Ciao Basti ____________________ Wetterauer Hausbräu
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Antwort 8 |
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Posting Freak Beiträge: 1277 Registriert: 15.9.2010 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 28.12.2013 um 12:47 |
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Servus Peter,
diese Aussage deckt sich mit meinem Kenntnisstand, wonach jede
Geschmacksknopse Geschmackssinneszellen unterschiedlicher Qualitäten
enthält. Leider wird über die prozentuale Verteilung der verschiedenen
Sinneszellen pro Knospe in meiner Quelle keine Aussage getroffen.
Macht aber auch nix, man muss ja nicht alles zu wissenschaftlich betrachten
(wenn es nicht unbedingt nötig ist). Ich meine jedenfalls auch Bitter eher
"hinten" zu schmecken
Viele Grüße,
Markus ____________________ Wer selbst braut, trinkt bewusster. (saarmoench)
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Antwort 9 |
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Senior Member Beiträge: 327 Registriert: 12.7.2012 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 29.12.2013 um 12:58 |
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Welche Hefen wären das zum Beispiel? Habe bis jetzt untergärig nur mit der
W34/70 und der S23 gebraut und keine von beiden hinterließ ein solches
Geschmacksprofil.
Wie sollte die Gärführung aussehen, damit ein Teil des Diacetyls im
fertigen Bier erhalten bleibt? Etwas wärmere Hauptgärung und kalte
Nachgärung?
Verrückt dass man darüber diskutiert, wie man am besten einen
''Fehlgeschmack'' in sein Bier bringt
Grüße
Johannes
[Editiert am 29.12.2013 um 12:59 von hans11081993]
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Antwort 10 |
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Gambrinus zu Borbetomagus
Posting Freak Beiträge: 3085 Registriert: 2.6.2012 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 29.12.2013 um 14:10 |
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Wenn man das so genau wüsste Hans... Diacetyl oder der Vorstoff davon
irgendwas mit 2,3 Butandiol oder so Dieser wandelt sich ab 14 Grad zu Diacetyl um (
sogenannte Diacetylrast für ca. 24-48 Std.). Dieser sollte dann von der
"noch aktiven Hefe" abgebaut werden. Es hat natürlich was mit der
Gärführung zu tuen. Höhere Temperaturen lassen mehr Diacetyl entstehen als
niedriegere, sagen die meisten, ich bin mir aus eigener Erfahrung da nicht
ganz sicher.
Ich habe mein Diacetylproblem mit einer PH- Überwachung in den Griff
bekommen. Hier und da musste ich aufsäuern, das liegt an meiner RA von 10..
( und wieder einmal ist das Brauwasser auch ausschlaggebend). Der PH Wert
im Jungbier sollte 4,5 nicht überschreiten um einen raschen Abbau zu
gewährleisten. Früher hatte ich immer 4,7 und wahnsinnig ewige Lagerorgien,
bis es abgebaut war.
Bei der Druckgärung wird Diacetyl wesentlich schneller abgebaut, als bei
der normalen Gärung, höhere Temperaturen fördern die Umwandlung und aktive
Hefe baut es dann ab. Heute wird das Bier anhand vom Diacetylwert frei
gegeben, liegt der Messwert unter der Warnehmungsgrenze wird gefiltert und
ab auf die Flaschen, 14 Tage vergehen so, bis ein sogenanntes TV Bier
fertig ist.
Ergo, das Diacetyl ist ein wesentliches Anzeichen für nicht ausgereiftes
Bier. Kalt dauert der Abbau ewig...
Das bringt dir jetzt nicht sehr viel, da du es ja haben willst.... Hm, im
Urquell soll es ja einen wesentlicher Geschmacksträger sein.... Nimm doch
mal die Wyeast Pilsener Urquell her, vergäre es bei 12 Grad
(Jungbiertemperatur). Lass es völlig ausgären, solltest du Flaschengährung
betreiben, so stelle es nach Abschluss und " sichtbarer Klärung (sollte in
der Flasche wie filtriert rüber kommen)" auf 14 Grad. Nach 24 Std.
probieren und wenns schmeckt, ab in den Kühlschrank. Es wird sich trotzdem
weiter abbauen aber das dauert ( aus eigener Erfahrung) min. 6-8 Wochen.
Nur filtern könnte den Abbau entgültig stoppen.
Viel Spaß
http://braukultur-franken.de/kompendium/d/diacetyl/diacetyl.h
tml
http://de.wikipedia.org/wiki/Diacetyl
http://de.wikipedia.org/wiki/2,3-Butandiol
[Editiert am 29.12.2013 um 14:24 von Gambrinus zu Borbetomagus]
____________________ Zertifiziertes Mitglied der "Worschtmarktbrauerbubenbieratenbartei" WBBBB
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Antwort 11 |
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Senior Member Beiträge: 327 Registriert: 12.7.2012 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 29.12.2013 um 14:52 |
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Gut dann werde ich wohl im nächsten Braujahr mal den ein oder anderen
kleinen Testsud mit der Wyeast Pilsner Urquell machen.
Zur Nachgärung schlauche ich gewöhnlich grün ins CC-Keg. Bei einem kleinen
Testsud werde dann in Flaschen abfüllen, so kann ich auch die Klärung
besser beobachten...
Scheint ziemlich schwierig zu sein einen Mittelweg zwischen angenehmen und
unangenehmen Diacetylgeschmack zu finden und diesen dann auch festzuhalten.
Trotzdem werde ich es auf die to do-Liste für 2014 setzen.
Selbstverständlich werde ich über diese Ereignisse und Ergebnisse
informieren
Danke für die Infos
Grüße
Johannes
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Antwort 12 |
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Gambrinus zu Borbetomagus
Posting Freak Beiträge: 3085 Registriert: 2.6.2012 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 29.12.2013 um 15:06 |
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Eventuell würde ich mir einen Erfahrenen Bierbrauer an meine Seite nehmen,
der erst mal den Geschmack auch eindeutig als Diacetyl erkennen kann. Ich
wusste auch nicht genau wie das schmeckt, bis ich vor drei Monaten das
Glück hatte mit 2 Dipl. Berufsbraumeistern einmal eines meiner Bierchen zu
verkosten, und auch zu brauen
die Antwort war vom Einen! " Hier hast du deine Butterblume wieder "
der Andere sagte:" Hm, erinnert mich ans Urquell" So musste ich
eingestehen, noch nicht mal Diacetyl konnte ich richtig deuten. Obwohl ich
schon ein paar Jährchen braue und das fast nur UG ____________________ Zertifiziertes Mitglied der "Worschtmarktbrauerbubenbieratenbartei" WBBBB
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Antwort 13 |
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