Senior Member Beiträge: 190 Registriert: 25.3.2013 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 30.1.2014 um 13:21 |
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In letzter Zeit habe ich viele Sauerbiere getrunken und viel darüber
gelesen, insbesondere im Blog vom Mad Fermentationist und im Lambic und Wild
Brewing Unterforum vom Homebrewtalk.
Schnell war der Beschluss gefasst so etwas selber zu brauen.
Zunächst habe ich mir vier PET-Gärflaschen besorgt, jeweils 6 gallonen=23l.
Die sind für die lange Lagerung/Gärung des Bieres besser geeignet als als
die normalen HDPE Brau- und Gäreimer, da letztere sehr Sauerstoff
durchlässig sind. Das führt dazu, das sich Acetobakter besonders wohl
fühlen und Essig produzieren. Auch wenn das in manchen Bieren in der
richtigen Dosis das genau richtige ist, möchte ich nicht das Risiko
eingehen am Ende nur Essig zu haben.
An Mikroorganismen benutze ich als Grundlage den Wyeast Lambic-Blend 3278,
der enthält Sacc, eine Sherry-Hefe, zwei Brett-kulturen und Pedios.
Aber die Erfahrungsberichte in den oben genannten Quellen bezeichnen die
Mischung oft als zu "zahm" und empfehlen die Zugabe von Flaschenbodensätzen
aus Sauer- und Brettbieren.
Der Mad Fermentationist hat eine Liste zusammen getragen mit nicht
pasteurisierten Bieren, in denen man gute Kulturen findet.
Also "mussten" ein paar gute Biere besorgt und getrunken werden:
Mein Plan ist die gleichen Mikroorganismen in allen vier Fermentern zu
benutzen und auch später einfach immer weiterzuführen stat neue Blends zu
kaufen.
Um den Blend und die Bodensätze gleichmäßig aufteilen zu können, und weil
ich nicht alle vier PET Gärflaschen gleichzeitig befüllen kann, habe ich
erstmal einen großen "Starter" geführt:
1kg Trockenmalzextrakt Bernstein und 1 kg Trockenmalzextrakt Weizen und
zwei Teelöffeln Weizenmehl mit Wasser zu einer 12°P Würze gekocht. Als
Hopfen habe ich 2012er Saazer benutzt, der riecht auch schon etwas käsig.
Aber für Sauerbieren ist da ja genau das richtige. Ursprünglich hatte der
4% AA. Optimistisch geschätzt hat der jetzt noch 2% vermutlich eher 1%.
Basierend auf der Schätzung 2%AA habe ich 15 IBUs berechnet.
In diesen "Starter" kam dann der Lambic Blend und im Laufe der nächsten
Abende die Flaschen-Bodensätze.
Um das Bier vor Licht zu schützen, kann man die Flaschen übrigens einfach
wieder in den Karton stellen, indem sie geliefert wurden, mit einer kleinen
Öffnung für das Gährröhrchen:
Im Moment braue ich ein Oud Bruin, das wird dann zunächst "sauber" mit der
US-05 vergoren und dann wird ein viertel meiner Hauskultur zugegeben, wenn
ich umschlauche. Dann für ein Jahr in den Keller.
In die anderen Gärflaschen kommt ein Flanders Red, ein Lambic und ein
Lichtenhainer.
Gruß,
Philipp
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Posting Freak Beiträge: 1512 Registriert: 15.5.2012 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 30.1.2014 um 13:33 |
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Cool!
Genau sowas schiebe ich schon eine gewisse Zeit vor mir her. Bisher habe
ich mich das noch nicht getraut, aber ein paar Bodensätze habe ich bereits
vermehrt. Einer davon riecht sehr verführerisch nach Pferdedecke (Lindemans
Oude Gueuze), ein zweiter leider nur nach Spülwasser.
Glasballons in verschiedenen Größen habe ich mir auch schon besorgt...
Bitte berichte weiter und poste bitte auch Bilder, wie sich das ganze
entwickelt! Ich drücke Dir die Daumen!
Gruß,
Bierwisch
____________________ Der Klügere kippt nach!
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Antwort 1 |
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Senior Member Beiträge: 391 Registriert: 3.8.2007 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 30.1.2014 um 13:35 |
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Willkommen auf der dunklen Seite
Mit HDPE habe ich bisher keine Probleme bezüglich Sauerstoff beobachtet.
Nach knapp zwei Jahren im HDPE Behälter ist das Bier nicht sauer geworden,
noch hat sich eine Essignote breitgemacht. Und gewisse Bretts in
Anwesenheit von Sauerstoff können ebenfalls erhebliche Mengen an Essigsäure
herstellen. Einfach den Gärbehälter nicht unnötig oft öffnen um zu
riechen/verkosten, oder dann wenigstens mit CO2 fluten um den Sauerstoff
auszutreiben.
Das Mort Subite das du hier hast ist pasteurisiert soviel ich weiss. Nur
die "Natural" von Mort Subite "leben".
Viel Glück Das kommt schon gut und weiter berichten!
Cheers, Samuel ____________________ eurekabrewing.wordpress.com
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Antwort 2 |
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Senior Member Beiträge: 189 Registriert: 18.11.2012 Status: Offline
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erstellt am: 30.1.2014 um 13:36 |
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Sauber Philipp!
Freue mich auf zwischenergebnisse, da mich ein schönes Oud Bruin auch schon
länger reizt....
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Antwort 3 |
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Senior Member Beiträge: 190 Registriert: 25.3.2013 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 1.2.2014 um 21:48 |
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Kleines Update:
Mein "Starter" indem ich auch die Flaschenbodensätze gesammelt habe, hatte
auch 48 Stunden nach dem Anstellen keine Gäraktivität. Zu dem Zeitpunkt
habe ich ein wenig US05 zugegeben. Weitere 24 Stunden später hat dann
Gäraktivität eingesetzt.
Ich glaube das ist eine ganz gute Sache, so hatten die anderen Organismen
etwas mehr zu futtern bevor Sacc die leicht vergärbaren Zucker weg
frisst.
Gruß,
Philipp
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Antwort 4 |
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Senior Member Beiträge: 190 Registriert: 25.3.2013 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 9.2.2014 um 20:27 |
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Das Oud Bruin ist ausgegoren. In den nächsten Tagen kommt das dann mit
meiner Hauskultur eine eine der Gärflaschen.
In der Flasche mit der Hauskultur ist es übrigens immer noch am gären. Ich
werte das mal als gutes Zeichen dafür, dass da schon andere Organismen als
Sacc die Arbeit aufgenommen haben. Die US-05 alleine wäre sicherlich schon
durch mit ihrer Arbeit.
Morgen braue ich ein Lichtenhainer. Ein "verlorenes" deutsches,
geräuchertes Sauerbier.
Heute habe ich dafür Malz geräuchert. Im Kugelgrill, mit der Technik die
hier im Forum zu finden ist:
In einer Konservendose etwas Kohle anzünden und dann kamen Buchenspäne
darauf.
Insgesamt habe ich 1,5kg helles Weizenmalz und 1kg Pilsener für 60min
geräuchert. Das Malz riecht jetzt herrlich und ist schon für morgen
geschrotet.
Damit mache ich dann eine (Earlsche) Kochmaische. Dazu kommt dann noch 1kg
ungeräuchertes Pilsener Malz. Falls ich beim Räuchern die Enzyme zerstört
haben sollte, dürfte ich also trotzdem keine zu großen Probleme
bekommen.
Vergoren wird zuerst sauber und danach mit der Hauskultur.
Gruß,
Philipp
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Antwort 5 |
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Posting Freak Beiträge: 1512 Registriert: 15.5.2012 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 10.2.2014 um 06:51 |
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Hallo Phillip,
Danke für Deine updates!
Eine Frage zu Deinem letzten Post - was meinst Du mit verloren?
Lichtenhainer wird auch weiterhin nach dem Originalrezept gebraut.
Das Malz ist ungeräuchert. Und das Bier echt lecker, solange es noch
relativ frisch ist. Später erzeugen die Lactos soviel Säure, daß ich es pur
nicht mehr herunterbekomme.
Gruß,
Bierwisch ____________________ Der Klügere kippt nach!
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Antwort 6 |
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Senior Member Beiträge: 190 Registriert: 25.3.2013 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 10.2.2014 um 09:53 |
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Hallo Bierwisch,
ja, das "verloren" geht in dem Sinne natürlich etwas weit. Das es ein
kommerzielles Exemplar gibt, hatte ich gelesen (abgesehen von Kleinserien
wie Freigeist Abraxxxas). Aber die verwenden kein Rauchmalz?
Das ist doch fast das einzige worin sich die historischen Quellen nicht
widersprechen. Und damit das Sorten definierende: Sauer und Rauch.
Gruß,
Philipp
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Antwort 7 |
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Posting Freak Beiträge: 1512 Registriert: 15.5.2012 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 10.2.2014 um 10:46 |
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Also ich weiß nur, daß der Wirt der Talschänke das Rezept vom letzten
Braumeister übernommen hat.
Wobei ich nicht tief genug in der Materie stecke, um wirklich kompetent
über das Thema referieren zu können. Vielleicht gab es mehrere Brauereien
mit unterschiedlichen Rezepten.
Gruß,
Bierwisch
____________________ Der Klügere kippt nach!
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Antwort 8 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 10.2.2014 um 10:53 |
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Hi Philipp,
die Quellen sagen Rauchmalz was aber normal war, weil es neben Luftmalz vor
200 Jahren eigentlich nur rauchiges Darrmalz gab. Das Lichtenhainer ist das
"geschichtlich jüngste" der ausgestorbenen (oder fast) Jenaer Biere. Es gab
noch den Klatsch, den Jenaer Dorfteufel, Maulesel, das Ammerbachsche und
"Cospedaer Menschenfett", welches so dick und fett wie Öl war.
Lichtenhainer wird nur mit Hefe und nicht gezielt wie Berliner Weisse mit
Laktos angestellt. Die Infektion muss sich entwickeln, es wird langsam
sauer.
Das Geheimniss des Bieres soll übrigens das Wasser gewesen sein. Wasser aus
einem legendären Brunnen oberhalb der Kirche aus dem Jahre 1571. Das Wasser
wurde an die Bevölkerung ausschließlich zum Trinken und Kochen
ausgegeben.
m.f.g
René
____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 9 |
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Senior Member Beiträge: 190 Registriert: 25.3.2013 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 13.2.2014 um 12:44 |
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Gestern wurde das sauber vergorene Oud Bruin "infiziert".
Hier sieht man die Gärflasche mit meiner Hauskultur:
Man sieht, dass sich das ganze geschichtet hat. Aber unten ist kein fester
Bodensatz. Ich habe die ganze Flasche hin und her geschüttelt und gedreht
um das aufzuwirbeln, damit die Mikroorganismen möglicht gleich verteilt in
die verschiedenen Biere kommen.
Ein Viertel davon, also etwa 4l, habe ich dann in eine weitere Gärflasche
umgeschüttet.
Dazu kam dann das Oud Bruin. Das hatte die US05 von 16° Brix auf 8°Brix
runter gezogen. EVG also etwa 78%. und 7%vol Alkohol. Die 68°C Kombirast
hat also eine stärker vergärbare Würze erzeugt als geplant.
So sah das Oud Bruin nach dem Umfüllen aus:
Auf dem Foto sieht es etwas dunkler aus, als in der Realität. Es ist
eigentlich dunkel braun, nicht schwarz.
Beim Umfüllen hat es etwas geschäumt, aber ich wollte die Gärflasche jetzt
eh nicht randvoll füllen. Ich warte erst ab, ob es nach der Zugabe der
Hauskultur zu einer zweiten Gärung mit Krausen kommt.
Ich habe noch 8l in Flaschen abgefüllt, davon 4l ohne zu karbonisieren,
weil so viel auf jeden Fall noch reinpasst. Damit werde ich dann in den
nächsten Wochen nach und nach auffüllen.
Was dann noch übrigt bleib, trinke ich als Jong Bruin.
Die Gärflasche mit dem Oud Bruin steht jetzt im Keller. Bei so 10-12°C.
Gruß,
Philipp
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Antwort 10 |
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Senior Member Beiträge: 190 Registriert: 25.3.2013 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 11.3.2014 um 14:58 |
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Und es gibt wieder Neuigkeiten:
Das "Lichtenhainer" wurde nach der Gärung mit US-05 mit Hauskultur versetzt
und in eine PET Gärflasche umgefüllt.
Aber leider schmeckt das Bier überhaupt nicht nach Rauch. Das selber
Räuchern hat wohl nicht so gut geklappt, auch wenn das Malz gut gerochen
hatte.
Ich lasse das trotzdem sauer werden, es wird halt einfach ein helles saures
mit Brett. Das mit dem Lichtenhainer wird noch mal probiert, dann mit
gekauftem Rauchmalz.
In der Zwischenzeit habe ich von Jürgen/Westvleteren12 eine Flasche seiner
sauren Kultur aus dem Holzfass gekriegt: http://hobbybrauer.de/modules.php?name=eBoard&file=viewthread
&tid=12567
In diesem befinden sich ein Roseleare Blend und Flaschenbodensätze, das hat
meine eigene Kultur also um einiges bereichert.
Und ich konnte mir günstig weitere PET-Gärflaschen besorgen:
Bei einer Insolvenz-Auflösung eines Büros wurden Wasserspender-Flaschen für
5€ das Stück verkauft. Die haben einen Inhalt von 18,9 L und ich konnte
drei Stück mitnehmen.
Gestern habe ich 24l Flanders Red gebraut.
Das wurde aufgeteilt auf zwei der neuen PET-Flaschen und mit der Hauskultur
versetzt.
Wenn die Hauptgärung durch ist, schlauche ich das dann zusammen in eine der
größeren Flaschen.
In die original Verschlußkappe, die Luftdicht auf der Flasche sitzt, passte
genau so ein Gummistopfen wie man ihn auch bei den 30l Gäreimern verwenden
kann.
So spare ich mir sogar noch die fast 5€ für die großen Gummistopfen, die
man sonst für solche Flaschen braucht.
Ich habe jetzt das erste mal die Möglichkeit eine Gärung in einem
Dudchsichtigen Gefäß zu beobachten. Davon werde ich vielleicht auch noch
ein paar Fotos einstellen.
Gruß,
Philipp
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Antwort 11 |
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