Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 27.3.2014 um 19:43 |
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Junior Member Beiträge: 30 Registriert: 7.10.2013 Status: Offline
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erstellt am: 27.3.2014 um 20:16 |
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Auch beim Wein geht es unterm Strich nur um die Kohle. Großkellereien sind
da durchaus vergleichbar mit den großen TV-Brauereien die sich auf
Ausbeutemaximierung und Marketing konzentrieren.
Klar, die hart getestete Qualität muss stimmen. Das bedeutet aber lediglich
das keine Fehler und/oder Mängel im Produkt vorliegen. Dafür wird im Keller
auch eine ganze Menge gemacht. Eiweiss, Hausenblase, Kieselgel, Gelatine,
Schwefel, Fraktionierung... eine ganze Menge an Modifikationsmitteln ist
erlaubt um ein haltbares "Standardprodukt" zu erhalten, dass dem
ahnungslosen Konsumenten vorgesetzt und als besonders wertig verkauft wird
(um dann doch mit Naturkorken verschlossen zu werden ).
Für interessierte Discount/Supermarkteinkäufer mit dem Hang zum
Schnäppchenjagen sei an dieser Stelle der Superschoppenshopper empfohlen.
Der funktioniert gut.
Ansonsten empfehle ich den Gang zum Winzer des Vertrauens.
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Antwort 1 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 27.3.2014 um 20:31 |
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Von den Oenonologen können die Bierbrauer nur lernen, bzw. sie werden
lernen! Die wissen perfekt mit ihren Produkt umzugehen. Da wird der Most in
Vakuumtürmen aufkonzentriert, die Gärung wird in Perfektion beherrrscht und
externe Aromaenzyme sorgen für den entscheidenden Kick.
Ich hatte kürzlich eine Sauvingnon Blanc aus Neuseeland für 2,99 € der
schmeckte dermassen intensiv nach schwarzen Johannisbeeren, dass es schon
nicht mehr schön war.
Das schafft Natur alleine nie...
____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 2 |
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Junior Member Beiträge: 30 Registriert: 7.10.2013 Status: Offline
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erstellt am: 27.3.2014 um 21:28 |
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Ich bin jetzt ehrlichgesagt etwas überrascht, eine solche Meinung (?) im
Hobbybrauerforum zu finden und ehrlichgesagt gerade nicht sicher ob das
ernst gemeint ist. Ich bin ja noch nicht so lange dabei...
Ich persönlich möchte möglichst wenig Eingriff während der Produktion. Es
gibt notwendige Mittel wie SO2 aber von der Spinning Cone Column halte ich
nichts (und ist in D Gott sei dank noch verboten).
Die Kunst ist doch die natürlichen Ressourcen zum bestmöglichen Ergebnis zu
führen. Fraktionieren und wieder zusammenführen fühlt sich für mich so an
als würde ich mit Hopfenaroma arbeiten. Warum mache ich mir denn dann die
Mühe im Weinberg. Warum sollte ich Getreide Mälzen wenn ich auch
Enzympräparate zusetzen kann...usw.
Mann muss nicht alles machen was auch möglich ist. Insbesondere im Hinblick
auf die Lebensmittelproduktion.
Ich kenne ehrlichgesagt keine Zunft die den Gärprozess so perfekt
beherrscht und erforscht hat wie die Brauer (Temperaturen,
Behältergeometrien...). Das gilt auch für die Mikrobiologie und die
hygienische Arbeitsweise der Brauer. Ein wesentlich empfindlicheres Produkt
benötigt auch ein wesentlich ausgefeilteres Hygienemanagement.
Was der Brauer tatsächlich von den Oenologen lernen kann ist die geistige
Beweglichkeit hinsichtlich Marketing, Einführung neuer Produkte und
Kundennähe.
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Antwort 3 |
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Moderator Beiträge: 9432 Registriert: 12.11.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 27.3.2014 um 21:39 |
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Schwieriges Thema.
Aber wenn es technisch möglich und erlaubt ist, massenweise Wein
herzustellen, der günstig ist und ganz passabel schmeckt, warum sollte man
das dann nicht tun?
Es sollte halt immer jedem klar sein, was er da im Glas hat.
Stefan
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Antwort 4 |
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Junior Member Beiträge: 30 Registriert: 7.10.2013 Status: Offline
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erstellt am: 27.3.2014 um 22:14 |
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Ja. Sehr schwieriges Thema.
Im allgemeinen gilt: Qualität entsteht im Weinberg
Für Massenwein wird der Weinberg entsprechend bewirtschaftet. Diese Trauben
werden nicht die Qualität (Extrakt, Aroma) erreichen wie die Trauben die
für einen hochwertigen Wein benötigt werden.
Durch Fraktionieren wird der Wein nun so modifiziert das das Endprodukt den
Anschein erweckt eine höhere Qualität im Glas zu haben. Das ist natürlich
nicht schmeckbar und erfahren wird der Endverbraucher das ohne Staatszwang
auch nie.
Für mich ist das Betrug.
Schwierig ist eine Grenze zu finden. Wasseraufbereitung, Schönungsmittel,
Reinzuchthefen...da wird es nie einen absoluten Konsens geben.
[Editiert am 27.3.2014 um 22:17 von Hopfenherz]
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Antwort 5 |
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Posting Freak Beiträge: 1227 Registriert: 2.4.2013 Status: Offline
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erstellt am: 27.3.2014 um 22:51 |
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In bestimmten Bereichen sind die Oenologen da sehr viel weiter als die
Brauer, zum Beispiel das gezielt hinter einander einsetzen von verschieden
Bakterien und Hefen um einen bestimmten Geschmack zu bekommen. Die suchen
auch gezielt nach 'neue' Hefen die einen sehr spezifischen Geschmack
erzeugen, der Kunde will es fruchtiger ... (der Johannisbeeren Geschmack in
Rene's Sauvingnon Blanc kommt wahrscheinlich von einer Hefe geerntet von
einer holländische Tomate, möglich in Kombination mit Frootzen)
Im Allgemeinheit, dieses "quote" aus dem Text ist sehr passend, auch zum
Beispiel für Parma Schinken u.s.w.
Zitat: | Warum? "Der
Lebensmittelhandel braucht standardisierte und ständig verfügbare
Ware", |
Ingo ____________________ @Cantillon: "Le temps ne respecte pas ce qui se fait sans lui"
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Antwort 6 |
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Junior Member Beiträge: 30 Registriert: 7.10.2013 Status: Offline
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erstellt am: 28.3.2014 um 07:51 |
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Was den gezielten Einsatz von Bakterien angeht stimmt das wohl. Eine
tiefergehendes Wissen wie es in Brauereien beherrscht wird wirst du aber
eher nicht finden.
Was die gezielte Suche angeht, ja stimmt. Da haben die (deutschen) Brauer
den Zeitgeist verpasst. Wenn ich mir aber die Produktpalette der
einschlägigen Hefebanken anschaue bin ich sicher: Kommt noch.
Treffendes Zitat. Entmündigung des Konsumenten.
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Antwort 7 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 28.3.2014 um 09:00 |
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Zitat: | Ich bin jetzt
ehrlichgesagt etwas überrascht, eine solche Meinung (?) im Hobbybrauerforum
zu finden und ehrlichgesagt gerade nicht sicher ob das ernst gemeint ist.
Ich bin ja noch nicht so lange dabei... |
Ich habe es schon etwas sarkastisch aber auch durchaus ernst gemeint!
Ehrlich gesagt bin ich der Meinung, dass die Brauer den Oenologen in allen
Bereichen hinterherhinken. Frag mal einen deutschen Braumeister ob er die
spontane Gärung beherrscht.
Über die Behältergeometrie wissen die Bescheid. Die Reifung in kleinen
Holzfässern und die dazugehörige Mikrooxidation haben die Brauer für ihre
Spezialitäten gottseidank schon abgekupfert. Ingo hat schon recht. Die sind
ständig auf der Suche nach neuen Gärungsaromen. Die Jonnisbeere kann wohl
aber auch durch "Aromaenzyme" erzeugt werden. Solche Enzyme lösen
glykosidisch gebundene Terpene und die machen widerum den Geschmack. Ist
ähnlich wie die Nelke im Weißbier (da aber mit Phenolen).
http://www.dlr-rheinpfalz.rlp.de/internet/global/themen.nsf/0
/BC75810CEB417730C1256FB8003C2CDE/$FILE/Aromaenzyme.pdf
Weit vorne sind die Weinforscher aber auch im "Terroirgedanken". Kein
Brauer geht dabei ähnlich weit. Da ich der Meinung bin das die Brauer den
Oenologen folgen werden, sehe ich eine ähnliche Entwicklung. Es werden
qualitativ hochwertige und geschmacklich gute Biere zu einem extrem
günstigen Preis für die breite Masse erzeugt. Das ist heute schon der Fall
aber das Aromasprektrum wird sich verbreitern.
Für die kleinere Gruppe, die bereit ist sehr viel mehr Geld auszugeben
werden Biere mit Terroir erzeugt werden. Ein Beispiel wäre da schon der
extrem knappe Nelson Sauvin der nur um die Stadt Nelson in Neuseeland
wächst. Ich hoffe wirklich auf "Terroir" bei Bieren. Lambics aus dem Tal
der Senne spielen z. B. nur bei Kennern eine Rolle. Aber warum nicht
"Lagenbiere" mit auf vorort auf besonderen Lagen und Böden angebautem
Getreiden und Hopfen. Kleinere Hersteller die wieder selbst vermälzen usw.
Mal schauen was da noch kommt..
[ ____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 8 |
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Junior Member Beiträge: 30 Registriert: 7.10.2013 Status: Offline
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erstellt am: 28.3.2014 um 20:40 |
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Ich habe nichts gegen den Terroirgedanken oder das kultivieren neuer
Hefestämme. Das ist grundsätzlich schon die richtige Richtung.
Wogegen ich etwas habe ist die künstliche Qualitätserhöhung. Der Einsatz
von fremden Enzymen, die woher auch immer gewonnen werden, gehört für mich
dazu.
Spontangärung wird von keinem Winzer beherrscht. Spontangärung ist nicht zu
beherrschen. Spontangärung kann gut funktionieren aber noch schneller in
die Hose gehen. Top oder Flop kommt auf die kellereigene Hefeflora an. Ein
niedriger pH-Wert macht es den Winzern natürlich auch etwas einfacher als
der vergleichsweise hohe Bier pH.
Unterm Strich trauen sich Winzer mehr als Brauer aber das war nicht der
Ausgangspunkt der Diskussion.
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Antwort 9 |
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Senior Member Beiträge: 190 Registriert: 25.3.2013 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 28.3.2014 um 22:13 |
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Ich habe zuerst diesen Thread gelesen ohne den anfangs verlinkten Artikel
zu lesen. Das habe ich jetzt gemacht und bin enttäuscht:
Hier wird über Ausbeutemaximierung, Fraktionierung, Vakuumtürme,
Aromaentzyme, Terroirgedanken und Spontangärung diskutiert und darüber, ob
und was Brauer von den Oenologen lernen können.
Der Artikel sagt dann nur aus: Der drei Euro Wein ist nicht völlig
schlecht, es geht aber natürlich besser und alle verdienen noch was
dran.
Eure Diskussion hat Erwartungen geweckt, die der Artikel nicht halten
konnte. (Der Daumen gilt euch, nicht dem Artikel.)
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass das Ergebnis wichtiger ist, als der
Prozess:
Ich empfinde den Zusatz von Aromen, die durch Fraktionierung gewonnen
wurden, nicht als "unnatürlich". Und ob bestimmte Aromen durch enzymatische
Aktivität in Mikroorganismen wie Hefen entstehen oder durch die
Zugabe von Aromaenzymen ist mir glaube ich egal.
Gruß,
Philipp
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Antwort 10 |
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Posting Freak Beiträge: 1784 Registriert: 27.3.2005 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 28.3.2014 um 22:17 |
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Peter Mertes ist tatsächlich ein Großunternehmen dass mehr auf Masse als
auf Qualität setzt.
Direkt daneben befindet sich die Moselland eG, wo mein Vater arbeitet. Ich
habe noch keinen wirklich schlechten Wein dieser Firma (die auch Discounter
beliefert) getrunken. Die Weine der Einstiegsmarken sind eher einfach, aber
gut trinkbar. Für knapp 4€ gibt es schon gute Weine, die besser als manche
Winzer sind. Die Prestigelinie "Goldschild", deren Flaschen bis zu 7€
kosten, stellen manchen etablierten Winzer in den Schatten.
____________________ Immer wenn man denkt das Niveau ist schon im Keller, kommt ein Bagger und
hebt noch 4 Etagen aus. (Oliver Kalkofe)
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Antwort 11 |
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