Junior Member Beiträge: 18 Registriert: 13.9.2012 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 25.7.2014 um 15:00 |
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Liebe Mitbrauer,
ich bin kürzlich über den Begriff "Bremer Weisse" gestolpert. Da ich selber
in Bremen wohne und selbst als Bierinteressierter noch nie davon gehört
hatte, versuchte ich mal im Internet ein wenig mehr darüber
herauszukriegen, leider nicht mit allzu großem Erfolg. Hier ist, was ich
herausgefunden habe.
In einem Artikel in 'Brewing Techniques' (jetzt online auf morebeer.com
zu finden) über Berliner Weisse von Florian Kuplent findet sich ein Satz in
dem gesagt wird (frei übersetzt):
"In der Stadt Bremen is ein ähnlicher Milchsäure-Bierstyle namens "Bremer
Weisse" beheimatet, der allerdings nicht so sauer ist."
Leider sind die Quellenangaben, die wohl in der Printversion des Artikles
existierten nicht mit in die Online-Version gewandert.
Michael Jackson sagt im "The Simon & Schuster Pocket Guide to Beer"
(letzte Ausgabe wohl 1997) "Haake-Beck stellt auch - als eine
Sommerspezialität - eine Bremer Interpretation eines nordischen Weizenbiers
her. Bremer Weisse wird in einem schalenartigen Glas ähnlich dem in Berlin
benutzten serviert und ist eine wundervolle Sommererfrischung." Wenn man
bei Google mit dem Suchbegriff "Bremer Weisse" Bilder sucht, findet man
tatsächlich auch Fotos von Etiketten, Flaschen u. Gläsern der Bremer Weisse
von Haake-Beck - und zwar nur von der.
Zymurgy Ausgabe 19, seite 71 wird dann am konkretesten und sagt: "In
Deutschland produziert die Haake-Beck Brauerei eine Bremer Weisse, ähnlich
dem Berliner Typ. Das Bier ist etwas bitterer bei 12 IBU und hat nur etwa
die Hälfte des Milchsäure-Characters seines Berliner Gegenstücks. Alle
anderen Aspekte dieses Bieres passen auf die Beschreibung einer Berliner
Weissen."
Durch Googeln habe ich bei zwei Bremer Gaststätten Bremer Weisse auf
der Karte gefunden - allerdings ohne Brauereiangaben.
Haake-Beck (heute ein lokales AB InBev Label) hat die Bremer Weisse auf
seiner Homepage nirgendwo erwähnt. Wahrscheinlich ist sie schon eine halbe
Ewigkeit eingestellt. Was es mit der Bremer Weisse in den Gaststätten auf
sich hat, muss ich nochmal in Erfahrung bringen.
Weiß vielleicht jemand der Mitleser mehr über dieses geheimnisvolle
Weissbier? Ist das nun nur eine Hake-Beck Einzeltat (gewesen) oder wurde
das früher bei mehreren Bremer Brauereien gebraut?
Interessierte Grüße,
Martin
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Senior Member Beiträge: 107 Registriert: 28.7.2013 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 25.7.2014 um 15:52 |
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Ich habe den Begriff auch schonmal gehört. Ich meine es wäre im
CRE-Bier-Podcast gewesen -> http://cre.fm/cre194-bier.
[Editiert am 25.7.2014 um 15:55 von PabloNop]
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Antwort 1 |
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Posting Freak Beiträge: 3929 Registriert: 10.9.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 25.7.2014 um 16:24 |
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Hallo Martin,
im gesamten norddeutschem Raum waren leicht säuerliche Weissbiere seit
Beginn der Frühen Neuzeit verbreitet. In Hamburg schon seit dem 14. Jhdt.
Spätestens durch Cord Broyhan, der in der ersten Hälfte des 16. Jhdts. in
Hamburg brauen gelernt hat und das Hamburger Weißbier in modifizierter Form
nach Hannover brachte, trat das Broyhan seinen Siegeszug im gesamten
norddeutschen Raum an.
So beeiinflusste es das belgische Geuze, die Goslarer und Leipziger Gose,
sowie das Lichtenhainer und die Berliner Weiße, die zumindest seit der Zeit
als helle Biere säuerlichen Typus bekannt sind.
Durch Hamburger Brauer mag sich die Rezeptur schon früher auch in Bremen
etabliert haben.
____________________ Besten Gruß
Hagen
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Taumelkäfer Hausbräu - honi soit qui mal y pense!
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Antwort 2 |
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Posting Freak Beiträge: 3929 Registriert: 10.9.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 25.7.2014 um 17:23 |
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P.S.
Falls jemand ran kommt:
von Blankenburg, Christine: Die Hanse und ihr Bier. Brauwesen und
Bierhandel im hansschen Verkehrsgebiet.
____________________ Besten Gruß
Hagen
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Taumelkäfer Hausbräu - honi soit qui mal y pense!
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Antwort 3 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 25.7.2014 um 21:59 |
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Die Bremer Ortschronisten behaupteten jedenfalls Stein und Bein, dass die
Hamburger ihr berühmtes Bier einst von den Bremern abgekupfert haben und
sogar anfangs, wegem dem guten Namen, als Bremisches Bier verkauft
haben.
Im Laufe der Jahrhunderte wechselten in Bremen die Biersorten, wobei die
einheimischen Brauer immer weiter zurückgedrängt wurden, weil sie mit der
Qualität der importierten Biere nicht mithalten konnten.
Ab dem 15. Jahrhundert dominierte das Einbecker Bier, ab dem 17.
Jahrhundert das Bier aus Minden. Ab dem 18. Jahrhundert wurde der
Halberstädter Broihan beliebt. Die Bremer Weisse ist also vermutlich (genau
wie die Berliner Weisse) ein Abkömmling des Broihan.
[Editiert am 25.7.2014 um 22:00 von flying]
____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 4 |
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Senior Member Beiträge: 335 Registriert: 17.7.2013 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 26.7.2014 um 00:08 |
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@flying: Hast Du nähere Infos zu Minden? Wo kann ich das nachlesen?
Von welcher Quelle zitierst du indirekt in Bezug auf Bremen?
@Hagen: Wo kann man die genauen Daten zu Cord Broyhan nachlesen? Also die
frühest mögliche Quelle?
[Broyhan = Bräuen und "an unbekannter Stelle begraben" klingt nach einem
Mythos, was die Person betrifft.
Allerdings spricht natürlich dafür, dass ein Müller/Brauer/Mälzer früher
auch tatsächlich den Namen Müller/Broihan/Malz trug. Und: Es war üblich in
größeren Städten in Gemeinschaftsgräbern zu bestatten und diese nicht
kenntlich zu machen.]
Es bleibt spannend...
____________________ Gut Sud, SINS.
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Antwort 5 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 26.7.2014 um 00:19 |
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Antwort 6 |
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Junior Member Beiträge: 18 Registriert: 13.9.2012 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 27.7.2014 um 22:39 |
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Danke an alle für die interessanten Quellen. Die entsprechenden Seiten im
Jahrbuch kann man sich ja dank Google gleich durchlesen. Die o.g.
Dissertation über die Hanse und das Bier werde ich bei Gelegenheit mal in
der Unibibliothek ausgrabe. Dort gibt es noch eine Diss, die sich nur mit
der Braugeschichte Bremens befasst, allerdings ist die nur auf Microfiche
vorhanden.
In einer der zwei Gaststätten war ich heute übrigens mal und habe gefragt,
was es denn mit der Bremer Weissen auf sich hat. Naja, wie ich es mir schon
gedacht hatte, zog die Dame eine Flasche Berliner Kindl Weisse aus dem
Kühlschrank, als ich fragte, ob sie mir mal die "Bremer Weisse" zeigen
könnte.
Andreas Bogk lag wohl etwas falsch im CRE Podcast, als er sagte, die Bremer
Weisse sei fast ausgestorben.
Ich habe jedenfalls wenig Hoffnung, da noch was aufzutun. Ich werde aber
dranbleiben. Vielleicht finde ich wenigstens ein Rezept zum Nachbrauen.
Aber selbst wenn ich das finde, muss ich dafür wohl noch ein paar mehr Sude
Übung haben. Das klingt nicht so trivial mit den Milchsäurebakterien und
der Brett-Nachgärung, wenn man sich da mal ein Berliner Weisse Rezept
durchliest.
Grüße,
Martin
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Antwort 7 |
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Junior Member Beiträge: 47 Registriert: 4.12.2012 Status: Offline
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erstellt am: 30.7.2014 um 11:57 |
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Also nach meinen Informationen ist Bremer Weisse einfach nur eine Adaption
der Berliner Weisse durch die Brauerei Haake-Beck und wurde deutlich nach
dem 2. WK eingeführt - zu einer Zeit in der einheimische milchsaure Biere
schon seit Jahrzehnten ausgestorben gewesen sein dürften.
Wenn heute noch in manchen Restaurants Bremer Weisse auf der Karte steht,
dürfte das nur ein Marketing-Gag sein und wahrscheinlich befindet sich im
Glas dann eine der handelsüblichen vorgemischten Berliner Weissen.
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Antwort 8 |
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Junior Member Beiträge: 18 Registriert: 13.9.2012 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 30.7.2014 um 13:10 |
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Ja, eine Variation, aber nachdem was ich bisher gelesen habe, hatten ja
alle Weißbiere den selben Ursprung und haben sich dann im Laufe der Zeit
etwas differenziert. In den Quellen wurde ja gesagt, in welchen Aspekten
sich die Bremer von der Berliner unterscheidet und in welchen sie gleich
ist.
Zitat von Jarl, am 30.7.2014 um
11:57 | und wurde deutlich nach dem 2. WK
eingeführt - zu einer Zeit in der einheimische milchsaure Biere schon seit
Jahrzehnten ausgestorben gewesen sein dürften.
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Danke, gute Info. Ich habe leider hier in Bremen immer noch keinen
gefunden, der sich an das Bier erinnert.
Zitat von Jarl, am 30.7.2014 um
11:57 | Wenn heute noch in manchen Restaurants
Bremer Weisse auf der Karte steht, dürfte das nur ein Marketing-Gag sein
und wahrscheinlich befindet sich im Glas dann eine der handelsüblichen
vorgemischten Berliner Weissen. |
Ja, das habe ich ja vor Ort nachgeprüft und es war genau so.
Grüße,
Martin
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Antwort 9 |
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