Posting Freak Beiträge: 1776 Registriert: 14.7.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 13.3.2006 um 13:09 |
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Hallo Braugemeinde,
da ich mich nun schon länger mit dem Thema Malzbier beschäftige -
insbesondere mit dem Problem ein möglichst alkoholarmes Bier mit dennoch
ausreichend CO2 herzustellen - habe ich mich gestern einmal am
Springmaischverfahren versucht und war echt überrascht.
Aber von vorn :
Beim Springmaischverfahren wird die Optimaltemperatur der Beta - Amylase
(62°) übersprungen, und die Stärke hauptsächlich von der Alpha - Amylase
bei 72° verzuckert. Ziel ist ein möglichst niedriger (! ja, in diesem Fall
will ich das wirklich) Endvergärungsgrad und damit verunden, ein
alkoholarmes Bier.
Mein Sud sah wie folgt aus :
1Kg MüMa in 2l Wasser bei 35° dickflüssig eingemaischt
15 min Rast
Zubrühen von 4,3l kochendem Wasser unter starkem Rühren
--> 72°, hier rasten bis Jodnormal (bei mir ca. nach 60 minuten)
Aufheizen auf 78°, 10min Rast, dann Läutern, dabei noch ca. 1,5 l Nachguß
Pfannevoll mit ca. 9° Plato
Ausschlagwürze ca 14° (ja, bei so kleinen Suden verdampft immer
verhältnismäßig viel)
Eingestellt mit Wasser auf 12°
Was soll ich sagen : Ich hätte nicht gedacht, dass das sooo viel
ausmacht.
Während meine Pils - Würze (ebenfalls 12° Plato) parallel dazu wie gewohnt
sehr süß schmeckte, war die Malzbierwürze kein bisschen süß. Die Jodprobe
war aber eindeutig negativ (also kein Farbumschlag mehr). Ich schließe
daraus, das die Stärke erwartungsgemäß weitestgehend in unvergärbare Zucker
abgebaut wurde und die Enzyme den 'kochend Wasser Angriff' überlebt haben
(ok, ist ja ähnlich einer Dekoktion, dort geht das ja auch). Diese
unvergärbaren Zucker schmecken aber nicht süß (die Hefe scheint
Feinschmecker zu sein ;-) ). Irre ich mich da und mein Sud war gar nicht
verzuckert, oder ist das tatsächlich so ?
Es war ungeheuer spannend zu sehen, dass man allein durch die
Temperaturführung ein ganz anderes Ergebnis aus ein und denselben
Rohstoffen erzeugen kann.
Ich werde nochmals berichten wenn ich weiß, wie weit die Schnellvergärprobe
herunterkommt, und natürlich, ob es überhaupt etwas geworden ist.
Soweit fürs Erste
Tino
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Senior Member Beiträge: 441 Registriert: 7.11.2005 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 13.3.2006 um 15:43 |
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Tino,
Danke, dass Du das Experiment mal genmacht hast. Ich hab mich schon
gewundert ob die Qualitaet der Suesse von der Art des Zuckers abhaengt.
Dextrine scheinen einfach nicht so suess zu sein.
Ich war ueberrascht zu sehen, das der Staerkeabbau 60min bei dir gedauert
hat. Lag wohl an dem hohen wasser/malz Verhaeltniss. Normalerweise dauert
das bei mir 15-20 min bei 72-75C. Ich seh das immer bei meinen
Kochmaishen.
Aber warum bekomme ich dann eine starke Restsuesse, wenn ich einen
niedrigen EVG habe? Mein Doppelbock, der ein Restextract von etwa 3.5 hat,
ist wirklich suesser als meine anderen Biere (hab ich ja auch so
gewollt)
Kai ____________________ braukaiser.com
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Antwort 1 |
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Posting Freak Beiträge: 1776 Registriert: 14.7.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 13.3.2006 um 19:02 |
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Hallo Kai,
ich habe ehrlich gesagt das erste mal nach ca. 1 Stunde eine Jodprobe
gemacht, da ich nicht erwartet habe, das das Verzuckern so schnell geht.
Ich wollte dem Sud annähernd so viel Zeit geben wie einem 'normalen' Sud.
Wenn du schreibst, das bereits nach 20 Minuten alles verzuckert ist, kann
man das Ganze ja noch ziemlich verkürzen. Oder passiert in der Maische noch
etwas, wenn sie jodnormal ist (unter den gegebenen Bedingungen)
@all
Der Sud ist angekommen und gärt schön vor sich hin (angesetzt mit ug
Brauereihefe). Im Vergleich zum Pilsner, das daneben vor sich hin gärt,
sind beim Springmaischsud die Gärzeichen eher verhalten. Das Pils hat einen
schönen Junkräusen, der andere Sud nur ein paar Schauminseln. Hoffentlich
verhungert meine Hefe nicht.
Die SGP scheint fast durch zu sein, ich gebe ihr aber noch bis morgen früh
dann spindle ich mal
Bin gespannt !
Tino
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Antwort 2 |
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Senior Member Beiträge: 441 Registriert: 7.11.2005 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 13.3.2006 um 20:43 |
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Zitat: | Zitat: | Wenn du schreibst, das
bereits nach 20 Minuten alles verzuckert ist, kann man das Ganze ja noch
ziemlich verkürzen. Oder passiert in der Maische noch etwas, wenn sie
jodnormal ist (unter den gegebenen Bedingungen)
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Das muesste mal jemand anderes bestaetigen: soviel ich hier in forum
gelesen habe, kann die Alpha-Amylase keine Maltose erzeugen. Selbst wenn
man ihr genug Zeit laesst. Auf den ersten Blick sollte sie ja in der Lage
sein zufaellig ein Dextrin so zu spalten, dass Zwei- oder Einfach Zucker
entstehen. Aber ich hab halt gelesen, dass das nicht so ist.
Zitat: | Die SGP scheint fast
durch zu sein, ich gebe ihr aber noch bis morgen früh dann spindle ich
mal
Bin gespannt ! |
halt uns auf dem Laufenden.
Kai
Tino |
____________________ braukaiser.com
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Antwort 3 |
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Gast
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erstellt am: 13.3.2006 um 22:10 |
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Hallo @all.
Zitat: | Normalerweise dauert
das bei mir 15-20 min bei 72-75C. |
Wenn man bei
65°C eine Maltoserast (b-Amylase) gemacht hat, ist ja schon ein großer Teil
der Stärke in Zucker umgewandelt. Da dauert die Rast bei ca. 73°C natürlich
nicht mehr so lange. Wenn man aber, wie Tino es gemacht hat, diese
Maltoserast überspringt, dann dauert die a-Amylase-Rast natürlich
länger.
Ich denke, das habe ich so richtig verstanden.
Grüße
Wolfgang
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Senior Member Beiträge: 441 Registriert: 7.11.2005 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 13.3.2006 um 22:36 |
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Zitat: | Wenn man bei 65°C eine
Maltoserast (b-Amylase) gemacht hat, ist ja schon ein großer Teil der
Stärke in Zucker umgewandelt. Da dauert die Rast bei ca. 73°C natürlich
nicht mehr so lange. Wenn man aber, wie Tino es gemacht hat, diese
Maltoserast überspringt, dann dauert die a-Amylase-Rast natürlich
länger.
Ich denke, das habe ich so richtig
verstanden. |
Wolf,
Wenn ich ein Kochmaische bei 50C ziehe und die auf 72..75C aufheize, um die
Staerke vor dem Kochen abzubauen, dauert es bei mir 15-20min bis ich
Jodnormal habe. Das entspricht dem, was ich in der Literatur gelesen habe.
Kai
[Editiert am 13/3/2006 von Kai] ____________________ braukaiser.com
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Antwort 5 |
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Posting Freak Beiträge: 1776 Registriert: 14.7.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 14.3.2006 um 10:36 |
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Hallo wieder,
also die Schnellgärprobe ist durch. Ich spindle jetzt knapp über 5°.
Eigentlich hätte ich fast noch etwas mehr erwartet, dennoch ist ein
deutlicher Unterschied zu einem normalen Sud erkennbar.
Sobald das Bier ebenfalls durchgegoren ist werde ich mit Speise abfüllen
und dann nochmals berichten. Momentan ist im Gäreimer ein geschlossener
Schaumteppich. Aber als "Kräusen" würde ich das nicht bezeichnen (im Pils
daneben sind fast 10 cm Schaum 'drauf). Also DEUTLICH verhaltenere
Gärung.
Ach so,
mal davon abgesehen, dass Schnellgärproben in der Regel sowieso besch*
schmecken, schmeckt diese sehr malzig aber tatsächlich kaum nach Alkohol
(im Sinne von Starkbier, ich denke ihr wißt was ich meine). Auf jeden Fall
überhaupt nicht süß (wo solls auch herkommen)
Das disqualifiziert voraussichtlich dieses Verfahren für die
Malzbierherstellung, denn Malzbier sollte schon süß schmecken ...
Mal sehen was wird.
____________________
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Antwort 6 |
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Posting Freak Beiträge: 1776 Registriert: 14.7.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 4.4.2006 um 18:32 |
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So, ich konnte es nicht mehr erwarten und habe heute verkostet.
Zuerst die Technischen Daten :
Spindelwert 5,5° Plato --> Vs ca. 55% (ein Sud mit ähnlicher Schüttung
und 'normalem' Maischverfahren kam auf einen Vergärungsgrad von 75%).
Laut keycos Excel - Tabelle macht das ca. 3,5Vol% Alkohol, also noch viel
zu viel, um es als Malzbier an meine Kinder auszuschenken.
Der Geschmack war - nachdem ich mich bei der Würze schon über weniger Süße
gewundert habe - erwartungsgemäß.
Sehr malzig, trotzdem 'leicht', schönes CO2 und (das mag aber an der
Hopfengabe liegen) ein wenig herb. Angenehm vielleicht als Durstlöscher für
Zwischendurch. Für ein echtes Malzbier ist es definitiv nicht süß genug -
das habe ich jetzt auch mit diesem Versuch gelernt : Unvergärbare Zucker
(Dextrine ?) schmecken nicht süß.
Vielleicht versuche ich das Gleiche tatsächlich nochmals mit einer
Schüttung mehr in Richtung Pils für ein Light - Sommerbier.
Beim Malzbier werde ich in Zukunft doch wieder die Verfahren zum Stoppen
der Gärung testen. Als nächstes schwebt mir obergärige Hefe vor, die ich
nach einem Tag Gärung in den Kühlschrank zu 2° verbanne. Dieses Getränk
wird zwar nur begrenzt haltbar sein ;-) und schmeckt möglicherweise dann
auch noch unausgegoren, aber bestimmt wieder süßer ... Mal sehen.
Fazit : Obwohl ich insgeheim auf einen Vergärungsgrad von < 50% gehofft
hatte, ist es doch erstaunlich, was man allein mit der Temperaturführung
alles erreichen kann. Und : Brauen ist ein faszinierendes Handwerk !
In diesem Sinne
Alltzeit Gut Sud
Tino
____________________
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Antwort 7 |
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Posting Freak Beiträge: 804 Registriert: 25.12.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 13.12.2006 um 10:17 |
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hi,
interessanter Versuch. Wofür wird denn das Springmaischverfahren
normalerweise angewendet? Oder hast du das selbst erfunden? (obwohl ich
meine, davon in englischsprachigen Foren schon gelesen zu haben)
____________________ Das ist eine Signatur.
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Antwort 8 |
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Posting Freak Beiträge: 1776 Registriert: 14.7.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 13.12.2006 um 10:58 |
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Hallo,
ich habe davon im Kunze ("Technologie der Brauer und Mälzer") gelesen, dort
wird die 'Funktionsweise' erläutert und gesagt, das dieses Verfahren
"...einen niedrigen EVG (40%) ergibt, wie man ihn bei Nährbieren haben
will"
Grüße
Tino
____________________
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Antwort 9 |
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Senior Member Beiträge: 149 Registriert: 25.2.2006 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 17.12.2006 um 12:20 |
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Hallo,
Schon seit einigen Suden experimentiere ich mit dem Springmaischverfahren
und versuche ein alkoholreduziertes Bier zu brauen, das sich aber
geschmacklich nicht wesentlich von einem "normalen" Bier unterscheiden
sollte. Nun habe ich gestern eine Flasche des Sudes vom 16.9.06 verkostigt.
Ich bin ein nicht besonders guter Sensoriker, aber mit dem Resultat war ich
doch zufrieden.
Hier die Daten:
Stammwürze 9.42%
Alkohol 2.84 vol.%
Restextrakt scheinbar 4.02 %
Restextrakt wirklich 5.07 %
Vergärungsgrad scheinbar 57.29 %
Vergärungsgrad wirklich 46.15 %
Brennwert 142.1 kJ/dl
Da ichs wirklich wissen wollte, habe ich eine Flasche ans Labor gesandt,
daher die genauen Werte.
Hier noch die Brauparameter:
Einmaischen bei 43° mit möglichst wenig Wasser, Rast 15min.
Rast bei 55° für 15min.
Dann kochendes Wasser zubrühen bis 72° erreicht sind.
Auf 72° mind. 30 min. und bis Jodnormalität (war nach 30min. schon
vollständig verzuckert)
Läutern bei 78°
Vergären mit DCL S-33 bei 20°
Wie andere auch schon festgestellt haben, war die Würze nicht wirklich
süss.
Grüsse
Jürg
____________________ Ich trinke nicht einfach so Bier, ich mache nur pflichtbewusst
Qualitätskontrolle meiner Erzeugnisse.
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Antwort 10 |
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Posting Freak Beiträge: 1053 Registriert: 15.2.2006 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 18.12.2006 um 08:36 |
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Hallo,
@ale-addict
was hat das Testen im Labor eigentlich gekostet und was für ein Labor ist
das?
Gruß,
Axel ____________________ Hallo Leute, bin leider nur noch selten hier unterwegs und antworte daher
kaum mehr wenn Ihr mir PMs schickt.
Yahoo-Messenger: DunkelBrauer
Braupage: http://www.SelberBierBrauen.De
Brausoftware: http://www.BrauSoftware.De
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Antwort 11 |
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Senior Member Beiträge: 149 Registriert: 25.2.2006 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 22.12.2006 um 10:16 |
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Das Labor heisst Labor Veritas
(http://www.laborveritas.ch/leistungsverzeichnis.php) in Zürich. Die
"kleine Bieranalyse", die alle die angegebenen Werte liefert kostet Fr.
50.- plus MwSt.
Grüsse
Jürg ____________________ Ich trinke nicht einfach so Bier, ich mache nur pflichtbewusst
Qualitätskontrolle meiner Erzeugnisse.
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Antwort 12 |
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