Moderator Beiträge: 4922 Registriert: 5.4.2005 Status: Offline
|
|
erstellt am: 18.6.2006 um 20:39 |
|
|
Angeregt durch die Diskussion um die "Berliner Weiße"
http://hobbybrauer.de/modules.php?name=eBoard&file=viewthread
&tid=3162#pid29398
habe ich einmal das Verfahren der Inoculation mit einer Milchsäure-Maische
nach Wheeler&Protz ausprobiert.
Der "Milchsäurestarter" am Vorabend (9.6.) bestand aus 1 Eßlöffel flüssigem
Weizenmalzextrakt in etwa 1/2 Liter Wasser für gut 15min gekocht. In einer
Thermoskanne auf 50°C abkühlen lassen, dann 1 Eßlöffel ungeschrotenes PiMa
dazu und Stöpsel drauf.
Meine Würze war dann die Übermenge (6l), die nach Abfüllen für meinen
Malztrunk ins NC-Keg vom Sud übrig bleibt
(2500g Pi, 1000g Mü, 500g Weizen, 500g Cara dunkel, 80g Sauer, 60g Farb,
50g Haferflocken; 25min@45°C=Einmaischtemp./25min@62°C/40min@70°C, HG=17l,
NG=16l, 11g Merkur 10% für 90min, 11g Hersbrucker spät 3,4% für 45min)
Nach Abkühlen des Sudes auf 40°C habe ich die Sauermaische aus der Kanne
zugegeben.
Tip: man riecht besser nicht dran, sonst mag man den Sud gar nicht mehr
damit infizieren!
Bis dahin hatte die Kanne etwa 24h gestanden (hatte natürlich bereits
Raumtemperatur), auf der Sauermaische (0,5l) schwimmt eine dünne, weißliche
Haut, etwa wie bei einem vergessenen Gurkenglas. Gekostet habe ich davon
nicht!
Natürlich sind mir ein paar der jetzt unansehnlichen Malzkörner mit in den
Sud gehüpft, ein Seiher wäre keine schlechte Idee gewesen. Den milchigen
Satz der Sauermaische habe ich verworfen.
Ich habe den Temperatursprung bewußt gemacht, um so vielleicht einen
größeren Teil Milchsäurebakterien zu inaktivieren, weiß aber nicht, ob die
auch so empfindlich darauf reagieren, wie unsere Brauhefe.
Nach Erreichen der Raumtemperatur habe ich den Sud mit dem Sediment aus
meinem Weizenbieransatz vom letzten mal angestellt, also recht viel Hefe
(Schneider) für die kleine Menge.
Vor 3 Tagen habe ich abgefüllt mit 1TL Zucker pro Flasche zur Nachgärung.
Heute morgen habe ich es dann nicht mehr ausgehalten und eine der Flaschen
in die Kühlung gegeben und jetzt verkostet.
Ich bemerke eine leichte Säuerung (mangels Vergleichsansatz ohne Infektion
ist es natürlich schwierig) und im Abgang einen ganz leichten Anschein des
"Aromas" vom Saueransatz, das Bier schmeckt jedoch nicht "verdorben"! Ich
werde die verbliebenen Flaschen noch für den Rest der geplanten Woche
Nachgärungszeit bei Raumtemperatur stehen lassen und dann kalt stellen.
Bin mal gespannt und werde den Versuch später mal mit einer länger
abgestandenen Sauermaische wiederholen, da die Säuerung geringer ausfällt,
als ich erwartet habe.
...sofern mein Bier nicht jetzt während der Nachgärung "umkippt"!
Disk-Lamer: ich möchte natürlich niemanden dazu verleiten, auch so ein
Experiment zu machen!
Wer weiß, was in einem bewußt "verdorbenen" Saueransatz sonst so alles
heranwächst...
Uwe
[Editiert am 18/6/2006 von Uwe12]
[Editiert am 19/6/2006 von Uwe12] ____________________
|
|
Moderator Beiträge: 4024 Registriert: 7.4.2006 Status: Offline
|
|
erstellt am: 19.6.2006 um 07:53 |
|
|
@Uwe:
Obwohl ich die Diskussion angeregt hatte, habe ich mich bisher noch nicht
getraut, das Experiment zu wagen. Danke also für deinen Mut !
Die Würze ist doch aber ziemlich ungewöhnlich für sowas wie Berliner Weiße
? Lass uns aber unbedingt wissen, wie die Sache ausgeht; nach dem Urlaub
werde ich es dann vielleicht mal mit einem Weizensud versuchen.
Dass der Milchsäure-Starter so übel riecht, ist übrigens normal; ich kenne
das, weil meine Frau oft Brot mit selbst angesetztem Sauerteig backt (ab
und zu auch Treberbrot). Das ist das gleiche Prinizip, nur mit Roggenmehl
statt Malz als 'Nährboden'.
____________________ Gruß vom Berliner
|
|
Antwort 1 |
|
Senior Member Beiträge: 153 Registriert: 3.2.2005 Status: Offline
|
|
erstellt am: 19.6.2006 um 13:49 |
|
|
hi Uwe,
wie warm hast Du den gesamten Sud vergären lassen? Gemäss Narziss ist das
Verhältnis zwischen Vergärung und Versäuerung von der Wärme abhängig. Das
heisst, bei Gärtemperaturen ab 20° wird eine stärkere Säuerung zu
erreichen.
Viele Grüsse
Mundi
|
|
Antwort 2 |
|
Moderator Beiträge: 4922 Registriert: 5.4.2005 Status: Offline
|
|
erstellt am: 19.6.2006 um 14:15 |
|
|
Hallo Mundi!
Hmm, bei den aktuell üblichen Raumtemperaturen?
Da es ja nur eine kleine Menge mit entsprechend wenig Wärmekapazität war,
läuft die dann ziemlich der Raumtemperatur nach. Die Nachgärung in den
Flaschen steht jetzt allerdings wärmer, da das Wetter die Tage recht heiß
geworden ist. Aber nun hat es halt auch kaum noch vergärbaren Zucker im
Bier.
Ich verkoste mal wieder zum Ende der Nachgärung. Und beim nächsten Versuch
achte ich mal auf eine etwas höhere Gärtemperatur.
@Berliner: nein, eine Berliner "Weiße" ist mein "Dunkelbier" eher nicht!
War auch nicht mein Ansinnen, einen kompletten Sud - im schlimmsten Falle -
zu versauen, daher der Versuch mit der angefallenen Restmenge. Sonst
vergäre ich diesen Rest einfach mit der Hefe, die "grad da ist". Wird wohl
wegen des geringen Hopfens ein wenig "unauffällig" im Geschmack, kann man
dafür aber auch schon kurz nach der Nachgärung weggluckern.
Uwe ____________________
|
|
Antwort 3 |
|
Moderator Beiträge: 4922 Registriert: 5.4.2005 Status: Offline
|
|
erstellt am: 23.7.2006 um 23:28 |
|
|
Nach gut 4 Wochen weniger kühler Lagerung (das kleine Kellerchen wird halt
auch langsam aufgeheizt), habe ich mal wieder verkostet.
Das Säuerungsaroma hat sich mit dem restlichen Biergeschmack recht gut
harmonisiert. Die Säure hat subjektiv minimal zugenommen. Die höhere
Trinktemperatur unterstützt natürlich auch die Wahrnehmung. Von manchem
Obergärigen hat man ja nicht so viel, wenn man es zu kalt trinkt.
Die Schneider-Hefe war für diesen Versuch wohl nicht die optimale Wahl, da
sie als Weißbierhefe ja schon viel zusätzliche "Aromen" ins Bier bringt.
Den nächsten Versuch werde ich mit der "neutraleren" Wyeast 1338 (meine
"Obergärige" für dieses Jahr) ausprobieren.
Das Experiment hat sich jedenfalls gelohnt und vielleicht bekomme ich auch
mal eine echt gesäuerte "Berliner Weiße" oder eine Gose hin.
Bin mal gespannt
Uwe
____________________
|
|
Antwort 4 |
|
Senior Member Beiträge: 153 Registriert: 3.2.2005 Status: Offline
|
|
erstellt am: 24.7.2006 um 08:55 |
|
|
hallo Uwe,
Den Versuch mit dem gesäuerten Weissbier habe ich letzte Woche auch mal
gemacht. Ehrlich gesagt; die Sache mit dem Milchsäurebakterienstamm in der
Thermoskanne hebt nicht unbedingt die Familienharmonie.
Meine Frau wollte das gesamte Equipment im Sondermüll entsorgen.
Mal Spass beiseite. Auch ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Säure in
dieser Menge nicht sehr ausgeprägt ist. Die gesamte Vergährung ist bei 20°
bis 21° verlaufen. Habe gehofft, dass ich damit die Milchsäurebakterien
unterstützen kann.
Vergoren habe ich mit der Wyeast Bavarian Weissbier 3056.
Sobald die Verkostung an der Reihe ist, werde ich mal Feedback geben.
Gruss
Mundi
|
|
Antwort 5 |
|
Senior Member Beiträge: 153 Registriert: 3.2.2005 Status: Offline
|
|
erstellt am: 12.8.2006 um 09:23 |
|
|
hallo Uwe,
habe versprochen, dass ich nach der Verkostung mal ein Feedback gebe.
Ich habe auch ca. 0.5l Würze für die Milchsäurebakterien genommen. Von
einem Weissbiersud habe ich dann 10l abgezweigt und diesen mit dem
Milchsäurestarter und der Weissbierhefe in die Hauptgärung geschickt.
Mittlerweile ist das Fass fast leer und meine Frau hat mir den klaren
Auftrag gegeben, wieder mal einen solchen Sud zu machen.
Beim Zapfen riecht das Bier sehr intensiv nach Cidre. Dieser Geruch
verflüchtigt sich schnell. Die Säure ist nicht sehr ausgeprägt, ich sehe
das eher als interessante Note denn als Hauptgeschmack. Das Bier soll ja
auch "leicht" säuerlich sein. Ich für meinen Teil werde beim nächsten Sud
wieder mit den genau gleichen Mengenverhältnissen arbeiten.
@Berliner: Du hast das ganze Thema mal angestossen. Konntest Du
mittlerweile auch schon Erfahrungen sammeln?
Gruss
Mundi
|
|
Antwort 6 |
|
Senior Member Beiträge: 175 Registriert: 30.9.2003 Status: OfflineGeschlecht:
|
|
erstellt am: 12.8.2006 um 09:59 |
|
|
Könnte man nicht einfach (zwar nicht Reinheitsgebotsgemäß, aber wir sind ja
Hobbybrauer mit Experimentierlust) Milchsäure zusetzen? Es wäre so
einfacher, den richtigen Säuerheitsgrad zu steueren. Dazu kommt, daß
Milchsäure keine Milchsäurebakterien enthält, damit es da keine weitere
Milchsäurefermentierung gibt.
Mir ist diese Idee in den Kopf gekommen weil ein niederländischer
Hobbybrauer mal versucht hat, auf ähnliche Weise ein Rodenbach-Bier (leicht
säuerliches, mit alten Hopfen gebraut, in Holzfaß gelagertes Bier) auf der
Schnelle herzustellen. Er hatte einfach einen Sud gebraut mit neuen Hopfen,
die er in einer Papirtüte mit Kartoffelschalen schnell verältet lassen hat.
Danach hat er eine Mischung von Essig und Milchsäure und ein bißchen im
Ofen gebackene Eichenholzsplinter hinzugegeben. Ich weiß, es hört sich ganz
extrem an, aber er hat immerhin geschafft, ein Bier zu brauen was sogar das
Original sehr viel ähnelte, und das kontrolliert und in sehr kurzer Zeit.
Diese Illustration habe ich mal hier kurz beschrieben, damit man die Augen
öffnet und sieht, daß es mehrere Wege nach Rom gibt (und diese Wege
brauchen nicht immer unbedingt durch 1516 Bayern zu laufen ) ____________________ Beer: It's not just for breakfast anymore (Anonymous)
|
|
Antwort 7 |
|
Senior Member Beiträge: 153 Registriert: 3.2.2005 Status: Offline
|
|
erstellt am: 12.8.2006 um 10:50 |
|
|
hi Eduard,
ich denke, das sollte möglich sein. Mit Milchsäure sollte es besser zu
dosieren und vor allem auch sicherer sein. Ich werde bei Gelegenheit mal
einen Versuch machen.
Uebrigens, was war die Aufgabe der Kartoffelschalen? Ich altere meinen
Hopfen im Backofen. Den heize ich auf 100°C lege dann den Hopfen rein und
lasse den Ofen über Nacht abkalten.
Gruss
Mundi
|
|
Antwort 8 |
|
Senior Member Beiträge: 175 Registriert: 30.9.2003 Status: OfflineGeschlecht:
|
|
erstellt am: 12.8.2006 um 11:50 |
|
|
Sobald das niederländische Forum wieder funktioniert (ist jetzt schon 3
Tage offline ) werde ich das noch mal nachsuchen. ____________________ Beer: It's not just for breakfast anymore (Anonymous)
|
|
Antwort 9 |
|
Moderator Beiträge: 4922 Registriert: 5.4.2005 Status: Offline
|
|
erstellt am: 13.8.2006 um 19:18 |
|
|
Hallo Mundi!
Zitat: | meine Frau hat mir den
klaren Auftrag gegeben, wieder mal einen solchen Sud zu
machen |
Dann gilt diese Aussage wohl nicht
mehr? Zitat: | Meine Frau wollte das
gesamte Equipment im Sondermüll entsorgen |
Hmm, ja, eine gute Gelegenheit, mal wieder eins der Bierchen zu verkosten!
Das anfängliche Aroma vom Milchsäurestarter ist weiter verschwunden, das
Bier ist noch "runder" und wieder etwas saurer geworden. Auch die Aromen
von der Weizenhefe haben sich reduziert.
Eduard: natürlich kannst reine Milchsäure zur Ansäuerung nehmen, da
könntest Du sogar das Bier nach der Gärung nach Wunsch "abschmecken". Zur
Maische würde ich es nicht zugeben, damit der pH-Wert nicht zu weit
abrutscht.
Was mich aber am Milsäurestarter überrascht hat, ist das eigene Aroma, das
sich bis ins Bier erhalten hat. Das bekommt man mit Milchsäure allein
natürlich nicht hin.
Wie kann man sich die Verwendung "gealterten Hopfens" geschmacklich
vorstellen? Aroma dürfte nicht mehr viel drin sein, und die Bittere
reduziert sich durch den Abbau der α-Säure. Welche Effekte sind wohl
noch zu erwarten?
Uwe ____________________
|
|
Antwort 10 |
|
Senior Member Beiträge: 153 Registriert: 3.2.2005 Status: Offline
|
|
erstellt am: 13.8.2006 um 20:18 |
|
|
hi Uwe,
Für das Lambic verwende ich auch gealterten Hopfen. Leider muss ich noch
einige Zeit warten, bis ich es verkosten kann. Soviel ich in BYO gelesen
habe, wird das Bier nicht sehr viel Hopfengeschmack oder Bittere erhalten.
Der Hopfen ist vor allem für die Haltbarkeit des Bieres gedacht.
Vielleicht hat jemand anderes aus dem Forum Erfahrung mit Lambic und dem
Einsatz von altem Hopfen gemacht.
Gruss
Mundi
|
|
Antwort 11 |
|
Moderator Beiträge: 4024 Registriert: 7.4.2006 Status: Offline
|
|
erstellt am: 13.8.2006 um 22:20 |
|
|
@Mundi:
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich den Weisse-Versuch immer noch
nicht gewagt habe. Gerade heute habe ich wieder ein 'normales' Weizen
angesetzt. Für diesen Sommer ist's ja nun auch schon fast zu spät. Die
Berliner Weisse soll ja möglichst mehrere Monate lagern. Also nehme ich mir
vor, meinen letzten obergärigen Sud Ende September als Weisse einzubrauen
und dann die 7-8 Monate bis zum nächsten Sommer zu lagern.
____________________ Gruß vom Berliner
|
|
Antwort 12 |
|