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Autor: Betreff: Degeneriert Agar - Hefe ?
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tinoquell
Beiträge: 1776
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red_folder.gif erstellt am: 5.11.2007 um 17:03  
Hallo,

angeregt durch den Beitrag zum Einfrieren der Hefe, stelle ich mir eine Frage, für die ich diesen Thread aufmachen möchte.

In diesem Beitrag steht:
Zitat:
Darüber hinaus wird sicherlich ein recht großer Anteil der Aufbewahrung über regelmäßigen Neuausstrich auf Schrägagar oder Agarplatten erfolgen.


Und da muß ich jetzt mal dumm nachfragen:

Wenn wir Hefe mehrfach führen, dann sagt man, das sie nach einigen Suden degeneriert und dann besser nicht mehr verwendet werden soll.

Wenn ich Hefe immer wieder neu auf einer neuen Agar - Kultur ausstreiche, dann 'führe' ich sie doch auch mehrfach. Es bildet sich doch immer eine neue Generation Hefezellen auf dem neuen Agar.

Warum degeneriert die Hefe hier nicht ?

Weil es steriler ist als im Gärgefäß ?
Weil Agar 'besser' ist als Würze ?
Weil die Zellen beim Ausstreichen vereinzelt werden ? - Aber, wie erkenne ich da eigentlich die 'Guten' ?
Oder degerneriert sie doch, und deshalb ist man überhaupt erst auf das - vergleichsweise aufwändige - Einfrieren gekommen ?

Was meint ihr, bzw. was wisst Ihr darüber ?

Danke
Tino


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Beiträge: 143
Registriert: 21.8.2006
Status: Offline
red_folder.gif erstellt am: 6.11.2007 um 09:01  
Ein wesentlicher Unterschied beim Ausstrich ist, dass man dabei immer wieder auf einzelne Kolonien (also letztlich eine einzelne Hefezelle) zurück geht. Somit werden Probleme wie tote Zellen, geringe Vitalität und Kontamination mit Bakterien oder wilder Hefe ausgeschlossen. Um dies sicherzustellen führt man bei jeder neuen Vereinzelung Kontrollen durch, z.B. auf Bakterienkontamination, fremde Hefestämme, etc. Prinzipiell kann man das natürlich selbst auch machen, man braucht dazu halt auf jeden Fall ein Mikroskop und nach Möglichkeit auch die passenden Selektivmedien gegen Bakterien oder Fremdhefen.
Ein anderes Problem bei der mehrfachen Hefeführung im Bier ist, dass die Bedingungen gerade gegen Ende der Gährung für die Hefe alles andere als förderlich sind. Alkohol und CO2 schädigen die Hefezellen und führen zu einer verringerten Vitalität der Hefezellen. Zudem ist die gewonnene Hefe mit Hopfenharzen, Trubstoffen, etc. vermengt was auch nicht unbedingt förderlich ist. Bei Ausstrich auf Platten mit einem speziellen Hefemedium (Würzeagar geht auch ganz gut) treten diese Probleme nicht auf weil der Alkohol verdunstet und das CO2 ebenfalls direkt an die Luft abgegeben wird. Darüber hinaus ist die Hefe optimal mit Sauerstoff, Aminosäuren, Vitaminen und Mineralstoffen versorgt, was eine quasi 100%ige Vitalität garantiert.
Ein Problem beim langfristen Wiederausstrich auf Agar kann sein, dass sich Mutationen ansammeln die die Charakteristik der Hefe verändern, dies ist nur zu vermeiden indem die Typizität der Hefe nach einem Neuausstrich durch geeignete Methoden (Brauen ist da wohl am empfehlenswertesten) überprüft wird, erst nachdem die Typizität bestätigt ist wird die Vorläuferkultur verworfen. Bestätigt sich die Typizität nicht wird eine andere Kolonie gepickt und neu ausgestrichen.
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tinoquell
Beiträge: 1776
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red_folder.gif erstellt am: 6.11.2007 um 09:36  
Wow,

danke für die Erklärung, das leuchtet ein !

Mir ist zwar technisch nicht klar, wie man genau eine einzelne Hefezelle herauspickt um sie wieder zu vermehren.

Aber das in einer Agar - Kultur jedenfalls mehr lebende als tote Zellen sind, die zudem noch deutlich günstigere Bedingungen als im vergorenen Bier vorfinden, leuchtet mir ein.

Wieder was gelernt, Danke !
Tino


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alexbrand
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red_folder.gif erstellt am: 6.11.2007 um 09:39  

Zitat von tinoquell, am 6.11.2007 um 09:36
Mir ist zwar technisch nicht klar, wie man genau eine einzelne Hefezelle herauspickt um sie wieder zu vermehren.


Du entnimmt Hefezellen aus einer einzelnen Kolonie. Dann kannst Du davon ausgehen, daß die aufgenommen Zellen ursprünglich (denk an die Zellteilung) von einer einzelnen Zelle stammen.

Grüße,

Alex


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DunkelBrauer
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red_folder.gif erstellt am: 6.11.2007 um 10:09  
Hallo,

nur eine Verständnisfrage:
Diese einzelnen Kolonieen entstehen doch nur, wenn ich ganz ganz wenig Hefe aufbringe, so dass zum Schluss des Draufstreichens nur noch einzelne Zellen aufgebracht werden?
Aus denen entstehen dann diese kleinen runden weißen Kolonien, und auch nur die sollte man später rausnehmen und dann weiterverwenden?

Gruß,
Axel


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Hallo Leute, bin leider nur noch selten hier unterwegs und antworte daher kaum mehr wenn Ihr mir PMs schickt.

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red_folder.gif erstellt am: 6.11.2007 um 10:31  
Hallo Axel,

im Prinzip hast du recht. Allerdings ist das übliche Verfahren um einzelne Kolonien zu erhalten wie folgt:

1. Etwas Hefe (aus Kolonie, Kultur, Hefeschlamm, etc.) auf einen sterilen Zahnstocher, Glasstab oder Platindrahtöse auftupfen
2. Auf der Platte die Hefe auf etwa 1/3 der Fläche im Zickzack ausstreichen
3. Mit neuem sterilem Glasstab oder Platindrahtöse (durch Ausglühen sterilisieren) über das Ende des ausgestrichenen Bereichs streichen und über das nächste 1/3 im Zickzack ausstreichen
4. Erneut mit sterilem Glasstab oder Platindraht über das Ende des gerade ausgestrichenen Bereichs streichen und über das letzte 1/3 ausstreichen

Die Anwendung dieses Ausstrichverfahrens stellt sicher, dass man egal wie groß oder klein die Hefemenge war auf jeden Fall einzelstehende Kolonien erhält. Für die weitere Verwendung sollte man immer eine solche einzelne runde Kolonie benutzen. Diese ist nämlich aus einer einzelnen Hefezelle herangewachsen (oder sehr wenigen zusammenhängenden Tochterzellen) und damit genetisch identisch, ein Klon also.
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DunkelBrauer
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red_folder.gif erstellt am: 6.11.2007 um 11:10  
... würde es Sinn machen, nach der Gärung z.B. eine Agarkultur wie von Dir beschrieben anzulegen, und dann unmittelbar aus einer einzelnen Kolonie eine oder mehrere weitere Agarkultur anzulegen? Dann kann man die erste wegwerfen und hat "saubere zweite" mit mehr geklonten Hefezellen.


[Editiert am 6.11.2007 um 11:11 von DunkelBrauer]



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red_folder.gif erstellt am: 6.11.2007 um 12:59  
Also vom Prinzip her ist dein Vorschlag sicher nicht schlecht, weil du dadurch die Hefe komplett von allen etwaigen Verunreinigungen trennst (Bakterien, Fremdhefen, etc.) vorausgesetzt natürlich, dass du beim Picken von Kolonien auch nur Kolonien mit einwandfreier Hefe pickst. Eventuell würde ich dann für die weiteren Kulturen gar nicht mehr vereinzel, sondern einfach in mehreren Schrägagarröhrchen einen z-förmigen Streifen ausstreichen. Für jede neue Gärung legt man dann einfach eine Starterkultur mit einem Röhrchen an und verwirft das Röhrchen danach.

Ein Vorteil ist auf jeden Fall dabei, dass die fertigen Agarröhrchen vor Gebrauch nie wieder geöffnet werden müssen und somit fest verschlossen auch nicht austrockenen und mit Schimmelpilzen, Bakterien, etc. kontiminiert werden können. Um eine Starterkultur anzulegen würde man dann einfach 5-10 ml frische sterile Würze in das Röhrchen geben, und unter Schütteln dieses eine Weile inkubieren. Die Hefe/Würze-Suspension kann man dann zum beimpfen eines größeren Starters verwenden den man bis zur benötigten Größe heranzieht.
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