Moderator Beiträge: 9432 Registriert: 12.11.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 12.4.2009 um 20:02 |
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Hallo,
ich bin jetzt beim 10.Sud angelangt und es ist alles wunderbar, nur bei
untergärigem Exportbier hab ich ein Problem mit der Bitterkeit.
Ich kann machen, was ich will, es kommt immer ein deutlich bitterer
Nachgeschmack durch.
Seit ich von 30 auf 24 IBU runter bin, ist es zwar besser, aber für 24 IBU
immer noch deutlich zu pilsig.
Bei 13°P hopfe ich auf 24 IBU:
Ca 1/3 Vorderwürzenhopfung (gebe 10% wegen Eiweißbindung mehr zu),
Bitterhopfung je nach Stammwürze der Vorderwürze (nehme 10% weniger da
Pellets statt Dolden) und eine sehr kleine Menge Aromahopfen 10 min. vor
Kochende.
Das Wasser wird mit Milchsäure von RA 12 auf RA<2 eingestellt, abkühlen
tu ich über Nacht, Sudgröße ca 45 Liter.
Ich berechne nach dem Läutern aus der Stammwürze und dem Volumen die
Ausschlagmenge und mit der Stammwürze entsprechenden Bitterstoffausbeute
die Bitterhopfenmenge, von der ich natürlich die Vorderwürzehopfenmenge
abziehe.
Die Hefe ist aus der Brauerei und gelagert wird mindestens 6 Wochen bei 0°C
in der Flasche, wobei die Bittere eher zu als abnimmt.
Was auffällt, ich habe (mit Refraktometer gemessen) durch leichte High
Gravity meistens Stammwürzen nach dem Läutern um 14°P und bei 70 min.
Hopfenkochen nur 22% Bitterstoffausbeute, entsprechend brauch ich immer
mehr Hopfen wie in den Rezepten beschrieben.
Ich frag mich jetzt, stimmt die Glenn Tinseth Tabelle von Hanghofer
wirklich?
Es ist doch die Stammwürze der Vorderwürze gemeint, oder?
Ich weiß mir keinen anderen Rat, als mit den IBU noch weiter runter zu
gehen.
Ein 15 IBU Hefeweizen schmeckt jedenfalls gar nicht bitter.
Oder hab ich ein ganz anderes Problem, so was wie Eiweißbittere oder
Hefeautolyse?
Oder bin ich ein Industriebier verweichlichter Hopfenfeigling?
Mich wundert halt, dass das Jungbier eher weniger Bittere hat als das
Kaltgelagerte.
Eine Ferndiagnose ist natürlich immer schwierig, vielleicht hat ja doch
jemand eine Idee?
Stefan
[Editiert am 12.4.2009 um 20:18 von Boludo]
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Moderator Beiträge: 4922 Registriert: 5.4.2005 Status: Offline
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erstellt am: 12.4.2009 um 23:17 |
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Hallo Stefan!
Hmm, ich nehme beim Hopfenrechner stets die Dichte der Ausschlagwürze, nicht
der Vorderwürze.
Da würdest Du zuviel Hopfen beigeben, denn beim Hopfenkochen ist die
Voderwürzedichte eigentlich nicht besonders relevant,
eher die "Pfannevoll"-Dichte und dementsprechend eben die Dichte beim
Ausschlagen.
Merkwürdig das Verhalten der zunehmenden Bittere im Laufe der Lagerung.
Hast Du auch noch ein besonders lang gelagertes Bier ("Kellerfund") zur
Verfügung und rundet sich da die Bittere wieder ab?
Ich weiß nicht, ob die oft propagierte, sehr kalte Lagerung stets so
förderlich ist.
Evt. Umbauvorgänge im lagernden Bier dürften üblich bei etwas höheren
Temperaturen (im Rahmen versteht sich) rascher ablaufen.
Die Sedimentation wird durch möglichst tiefe Temperaturen aber sicherlich
begünstigt.
Uwe ____________________
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Antwort 1 |
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Posting Freak Beiträge: 581 Registriert: 28.1.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 13.4.2009 um 00:39 |
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Hallo Stefan,
stand bzw. stehe manchmal vor demselben Problem. Zunächst mal würde ich
mich
nicht mehr sklavisch an Zahlenwerten festhalten sondern mich lieber an
meinem
persönlichen Geschmack orientieren. Schmeckt es Dir für den gewünschten
Stil zu
bitter kann der errechnete IBU-Wert sagen was er will. Somit wäre der von
Dir erwähnte
erste Schritt der weiteren Reduzierung der Hopfenmenge sicherlich richtig.
Hast Du dann
die für Dein Geschmacksempfinden richtige Bittere ausgelotet kann der
Zahlenwert dieser
Dir später immer noch als Anhaltspunkt dienen.
Nach meinem persönlichen Empfinden war u. a. die Beachtung des
Zusammenspiels der
folgenden Punkte von Vorteil zur Erzielung einer runden Bittere (das meiste
steht zwar in
Büchern und es ist schon viel darüber diskutiert worden, aber diesmal deckt
sich zumindest
die Theorie mit der Realität):
- die vielzitierte 1/4 - 1/3 Carbonathärte (Aufsalzen/Ionenprofil)
- Verwendung von Sauermalz (fast wichtiger als Aufsalzen und nach meinem
Empfinden nicht gleichzusetzen mit der Zugabe von Milchsäure)
- Vermeidung von Hochalphasorten, besser nur
Aromasorten/Aromasortenblend
- Sortenwahl des Hopfens (nicht nur bezüglich des Bitterstoffgehaltes,
Hall. Tradition
kommt mir beispielsweise z. Zt. nicht mehr in den Topf)
- mal ohne Vorderwürzhopfung versuchen
- Vergärungsgrad/Restextrakt (Maischprogramm)
- Verhältniss STW/IBU (bei Dir gerade mal neutral)
- Schüttungszusammensetzung (Basismalze/Charaktermalze)
- Gußführung (weniger Nachguß -> Gerbstoffe)
Gruß
Christopher
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Antwort 2 |
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Moderator Beiträge: 9432 Registriert: 12.11.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 13.4.2009 um 09:05 |
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Hallo und vielen Dank schonmal,
also wenn bei hoher Stammwürze die Bitterstoffausbeute sinkt, dann muss
doch die Stammwürze im Moment der Hopfengabe ausschlaggebend sein, d.h. die
der Vorderwürze und so hab ich das auch schon mehrmals gelesen.
Weiß da jemand genaueres?
Die Kaltlagerei ist mir auch etwas suspekt, eine Lagerung bei
Raumtemperatur sollte die Umwandlungsprozesse eher beschleunigen, die
Kaltlagerung sehe ich auch eher als sinnvoll für die Klärung bzw das Lösen
von CO2 an.
Wobei die Biere seit Einsatz von Irish Moss ultrablank sind und ich in
Zukunft vermutlich nur die letzten 2 Wochen kaltlagern werde (spart auch
Strom).
Ob Sauermalz oder Milchsäure sollte eigentlich keine Rolle spielen, meinem
Verständnis nach, außer, dass man Milchsäure besser dosieren kann.
Aufsalzen will ich eigentlich nicht, ich behalte jetzt einfach mal meine
Berechnungsmethode bei und hopfe das nächste mal auf 18 IBU (ohne
Vorderwürzehopfung, das macht die Berechnung schon mal einfacher), das sind
dann halt meine persönlichen "BoludoIBU" an denen ich mich orientiere.
Hallertauer Tradition kommt bei mir auch nicht mehr rein, der ist extrem
grasig grün im Aroma, Tettnanger find ich übrigens auch.
Die Biere waren mit Hersbrucker und Perle gehopft, als nächstes probier ich
mal Spalter Select.
Der Zusatz von 10% Cara Hell und weniger Carbonisierung haben schon etwas
gebracht.
Allerdings ist die Läutergeschwindigkeit seit Panzerschlauch sehr schnell
(ca 1h mit Anschwänzen) und ich hab immer problemlos 2°P Glattwasser bei 27
Liter Nachguß auf 9 kg Schüttung.
Hab mich halt letzten Freitag geärgert, als das extra mild gehopfte Wiener
Export immer noch die Bitternote hatte.
Einen Kellerfund hab ich leider nicht mehr und was mich halt wundert ist,
dass ich vom Jungbier immer total begeistert war und jetzt nach langer
Lagerung wieder die Bittere kommt.
Die ersten Biere mit IBU>30 nach Hagen Rudolph Rezepten waren wirklich
extrem, seither bin ich da vielleicht auch etwas empfindlich.
Stefan
[Editiert am 13.4.2009 um 09:10 von Boludo]
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Moderator Beiträge: 4922 Registriert: 5.4.2005 Status: Offline
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erstellt am: 13.4.2009 um 09:40 |
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Hallo Stefan!
Ach, Du meintest Vorderwürzehopfung! Da dürfte der Stammwürzeghalt (der VW)
für die Bitterstoffausnutzung nicht wirklich relevant sein.
Die eigentliche Isomerisierung findet ja erst bei Kochtemperaturen (ab
95°C?) statt, bei der Temperatur der VWH passiert da noch nicht viel.
Ziel der VWH ist ja die Bildung von Hopfenalkoholen um Hopfengeschmack ins
Bier zu bekommen.
Ich nehme im Rechner dann immer 90% des α-Gehalts vom Hopfen um den
Verlust durch die Bindung an Eiweiße zu berücksichtigen.
Ja, Sauermalz bzw. generell Ansäuern könnte was bringen. Im Narziß wird von
einer "harten" Hopfenbittere geschrieben, wenn der pH zu hoch ist.
Du kompensierst auf 2°RA, könnte noch ein bißchen hoch sein. Wenn Dir z.B.
Sulfat als Säurebildner in der Maische im Wasser fehlt,
sinkt der pH vielleicht nicht weit genug ab. Kannst es mal mit etwas
Braugips als Zugabe versuchen.
Nachgußwasser würde ich mit Milchsäure etwas "überkompensieren" (geringere
Gerbstoffauslaugung).
Für eine ausgewogene Bittere schmeckt mir als IBU die doppelte Stammwürze
und ich ziehe davon um 10% ab. Also für 13°P nur etwa 23-24IBU.
Uwe
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Antwort 4 |
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Moderator Beiträge: 9432 Registriert: 12.11.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 13.4.2009 um 10:11 |
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Hallo Uwe,
da hab ich micht wohl nicht richtig ausgedrückt, das mit der Isomerisierung
und er Vorderwürzehopfung ist schon klar.
Über mein Wasser mach ich mir schon auch Gedanken.
Ich hab 20 mg/L Sulfat, ist glaub nicht all zu viel.
Was bedeutet 1/4 Carbonathärte?
Meine Wasserwerte sehen übrigens so aus:
http://www.ewariss.de/pdf-dokumente/Wasseranalysen/08-07_Li
ndele.pdf
Wie auch immer, das nächste Export bekommt 0 RA, 18 IBU und ordentlich Cara
Hell.
Stefan
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Antwort 5 |
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Moderator Beiträge: 9432 Registriert: 12.11.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 13.4.2009 um 14:34 |
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Hab grad nochmal nachgekuckt, die Angaben der Bitterstoffausbeute in der
Glenn Tinseth Tabelle von Hanghofer beziehen sich auf die Stammwürze der
Kochwürze, also hab ich da keinen Fehler drin.
Die Stammwürze der Anstellwürze nach dem Verdünnen spielt also keine Rolle
für die Bitterstoffausbeute während des Hopfenkochens, ist ja irgend wie
auch logisch.
Bin grad am Überlegen, ob ich den Sulfatwert von 20mg/L mit CaSO4*2H2O auf
90g/L erhöhen soll und dafür etwas weniger Milchsäure nehme, wobei ja nicht
jedes Bier viel Sulfat verträgt
Stefan
[Editiert am 13.4.2009 um 15:16 von Boludo]
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Antwort 6 |
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Moderator Beiträge: 4922 Registriert: 5.4.2005 Status: Offline
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erstellt am: 13.4.2009 um 15:13 |
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Hallo Stefan!
So stark würde ich das Sulfat nicht erhöhen, ist aber nur
"gefühlsmäßig".
Mein Brauwasser hat 56mg/l Sulfat bei einer RA von ungefähr 4° und dunkle
Maischen neigen bei mir zum Versauern.
...Ca2SO2? Netter Vertipper!
Hmm, sind Chemiker hier? Wieviel mg Braugips auf den Liter erhöhen die
Sulfatmenge um Xmg? Geht das über die Atomgewichte?
Ca2SO4+2*H2O wären 2*40+32+4*16+2*18 = 212
SO4 alleine sind 96
1g Braugips enthalten dann 1000mg*96/212 = 453mg SO4?
Uwe ____________________
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Antwort 7 |
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Moderator Beiträge: 9432 Registriert: 12.11.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 13.4.2009 um 15:22 |
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Mist, irgend wie verhau ich mich immer mit den Formeln, echt peinlich,
hab´s editiert, das kann man so ja nicht stehen lassen
Laut Hanghofer erhöht sich der Sulfatwert um 60mg/l bei 10,7g/hl CaSO4*2H2O
und die RA senkt sich um 1°dH.
Glaub ich geh lieber mit Milchsäure auf RA -0,4°dH und 18 IBU mit meiner
bisherigen Hopfenberechnung.
Bei 8kg PiMa+1kg Carahell Schüttung kann ich mir die niedrige RA vermutlich
gut leisten.
Ist zwar immer blöd, wenn man zwei Parameter gleichzeitig ändert, aber ich
hab nicht schon wieder Lust auf 50 Liter Pseudopils.
Stefan
[Editiert am 13.4.2009 um 15:24 von Boludo]
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Antwort 8 |
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Senior Member Beiträge: 446 Registriert: 5.1.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 13.4.2009 um 22:22 |
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Zitat von Uwe12, am 13.4.2009 um
15:13 |
Hmm, sind Chemiker hier? Wieviel mg Braugips auf den Liter erhöhen die
Sulfatmenge um Xmg? Geht das über die Atomgewichte?
Ca2SO4+2*H2O wären 2*40+32+4*16+2*18 = 212
SO4 alleine sind 96
1g Braugips enthalten dann 1000mg*96/212 = 453mg SO4?
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Nicht ganz. Calcium und Sulfat sind jeweils 2-wertige Kationen bzw. Anionen
Ca++, SO4-- (Schwefelsäure H2SO4)
Gips = Calciumsulfat dihydrat = CaSO4 x 2 H2O
Molmasse: 172.17 g/mol
Pro Gramm Braugips, fügst Du 558 mg Sulfat hinzu.
1000mg/172.17 g/mol * 96.06 g/mol.
Cheers
Beer-Dog ____________________ "All right, brain, I don't like you and you don't like me - so let's just
do this and I'll get back to killing you with beer."
-Homer Simpson
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Moderator Beiträge: 4922 Registriert: 5.4.2005 Status: Offline
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erstellt am: 13.4.2009 um 23:30 |
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Hallo Beer-Dog!
Kopfklatsch! Natürlich, Ca ist zweiwertig! Habe mich von Stefans Formel
verwirren lassen!
Da war meine Denke aber trotzdem gar nicht so falsch!
...(auch) Hintergedanke ist, daß ich mir zum Überprüfen von
Aquarium-Tröpfeltests gerne eine Art Nitrat-Normlösung machen möchte,
aber nie verstanden habe, wieviel eines Nitratsalzes ich brauche für Xmg/l
Testlösung.
Besten Dank für die Klarstellung!
Uwe ____________________
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Antwort 10 |
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Moderator Beiträge: 9432 Registriert: 12.11.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 28.6.2009 um 09:02 |
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Jetzt hab ich schon wieder einen untergärigen Sud, bei dem das Jungbier gar
nicht bitter war und jetzt nach der Nachgärung in der Flasche bei 17°C
schmeckt es unangenehm bitter.
Wie schmeckt eigentlich Hefeautolyse?
Hab jetzt die Hefe im Visier, die kommt aus der Brauerei und dort wird nach
der 7 tägigen Hauptgärung sofort bei 0°C nachgegärt und dann die Hefe
abfiltriert.
Bei mit lief die Gärung 2 Wochen bei 8°C, ohne dass ich in ein zweites Fass
umgeschlaucht hab.
Dann die relativ warme Nachgärung (2 Wochen) und es wird bitter.
Kann es sein, dass die Hefe sich zerlegt?
Normalerweise dauert das doch länger.
Auffallend ist, dass bei Hefeweizen und Ale dieses Problem gar nicht
auftritt.
Ein Versuch mit S-23 Trockenhefe als Vergleich wäre sicherlich
interessant.
Stefan
[Editiert am 28.6.2009 um 09:03 von Boludo]
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Antwort 11 |
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