Posting Freak Beiträge: 868 Registriert: 17.12.2008 Status: OfflineGeschlecht:
|
|
erstellt am: 17.8.2009 um 09:16 |
|
|
Hallo !
In verschiedenen Quellen findet man Angaben zu den
Verkleisterungstemperaturen von Gerste, Weizen, Reis etc. So werden bei
Gerste Werte von 56 – 62 °C erwähnt.
Da ich noch eine Menge unvermälzter Gerste zu Hause habe und diese
verarbeiten möchte, habe ich das ganze Mal näher untersucht. Wenn die
erwähnten Werte nämlich stimmen, müsste man sich die Mühe mit der
Kochmaische für Rohfrucht, wie ich sie bislang immer gemacht habe, gar
nicht machen.
Ich habe also Rohgerste geschrotet und in 60 °C warmes Wasser gegeben.
Während einer Stunde habe ich dann immer wieder Jodproben gemacht. Fazit :
es verkleistert in der Tat, aber seeeeeehr langsam. Nach 20 min zeigte die
Jodprobe eine etwas bläuliche Farbe, die Verkleisterungsgeschwindigkeit ist
unglaublich langsam. Wenn man bedenkt, dass man eine Maltoserast im Schnitt
45 Minuten macht, wären die Ausbeuteverluste mit Rohgerste also
beträchtlich.
Erhitzt man das ganze zum Kochen, geht alles ziemlich schnell, die Würze
wird dick, geliert.
Bei meinem Kölsch-Sud vom Samstag mit 20 % Rohgerste habe ich diese dann am
Vorabend mit HT-Amylase 45 min gekocht. Die Sudhausausbeute lag bei 65 %,
was für meine Verhältnisse ein absoluter Normalwert ist.
Seltsamerweise funktioniert roher Roggen problemlos ohne Kochen, obwohl
hier Verkleisterungstemperaturen von 57 – 70 °C angegeben werden. Die
Verkleisterungsgeschwindigkeit ist hier offenbar viel höher oder die
Verkleisterungstemperatur an sich sagt eigentlich nicht viel aus.
Was habt ihr für Erfahrungen mit (unverkleisterter) Rohfrucht ?
Gruss !
Frank
|
|
Posting Freak Beiträge: 580 Registriert: 20.3.2006 Status: OfflineGeschlecht:
|
|
erstellt am: 17.8.2009 um 10:44 |
|
|
Die Verkleisterungstemperatur ist die Temperatur, ab der Stärkekörner eine
Quellung
erfahren und ihre kristalline Struktur verlieren und somit enzymatisch
einfacher abzubauen sind. Sie ist bei Gerstenmalz sorten-, anbau- sowie
jahrgangsabhängig und liegt im Bereich von 58 ± 65 °C.
Die Angreifbarkeit der Stärke wird mit steigender Einmaischtemperatur
erleichtert.
Zuerst tritt die Verkleisterung ein. Diese ermöglicht es der a-Amylase in
die Stärkekörner hinein zu diffundieren und sie zu spalten. Die daraus
entstehenden Saccharide können von der b-Amylase hydrolysiert werden. Die
Verkleisterung wird durch höhere Temperaturen begünstigt. Gleichzeitig wird
die a-Amylase-Aktivität gefördert..…...
Die 65 °C waren bei manchen Gersten vor 2 Jahren grade so ausreichend. So hohe Temp. hatte ich
bis dahin auch noch nicht erlebt.
____________________ Es Grüßt Famulus Praxatorius (der Brauknecht)
In vino veritas -
In beer we trust
|
|
Moderator Beiträge: 4024 Registriert: 7.4.2006 Status: Offline
|
|
erstellt am: 17.8.2009 um 10:56 |
|
|
Bisher habe ich Rohfrucht immer gekocht und war der Meinung, dass das auch
nötig ist. In (alten) Brauereien habe ich auch schön öfter extra
Rohfruchtkocher gesehen, im Prinzip überdimensionierte Schnellkochtöpfe,
die also sogar Temperaturen über 100°C erreichen müssten.
Deshalb schließe ich mich Franks Frage an: muss man nun Rohfrucht kochen
oder nicht?
____________________ Gruß vom Berliner
|
|
Antwort 2 |
|
Moderator Beiträge: 9432 Registriert: 12.11.2008 Status: OfflineGeschlecht:
|
|
erstellt am: 17.8.2009 um 11:01 |
|
|
Wie ist denn das mit Gerstenflocken, hab immer gedacht, die kann man direkt
mitmaischen?
Stefan
|
|
Antwort 3 |
|
Posting Freak Beiträge: 868 Registriert: 17.12.2008 Status: OfflineGeschlecht:
|
|
erstellt am: 17.8.2009 um 12:15 |
|
|
Zitat: | Wie ist denn das mit
Gerstenflocken, hab immer gedacht, die kann man direkt
mitmaischen? |
Ehrlich gesagt bin ich mir da auch nicht mehr so sicher. Ich kann mir gut
vorstellen, dass die Ausbeute bei Vorkochen deutlich ansteigt.
Wenn Du natürlich nur 100 g wegen Schaumstabilität zugibst wird das egal
sein aber bei 20 + x % Schüttung macht sich das dann doch bemerkbar.
Meine Rohgerste wurde übrigens seinerzeit auch vorgeweicht und im Backofen
bei 120 °C wieder getrocknet, weil Wolfgang treffend bemerkt hat, dass
rohes Getreide sonst einen ziemlich leeren Geschmack ergibt. Trotzdem wars
offenbar nicht so doll mit dem Verkleistern.
Frank
|
|
Antwort 4 |
|
Moderator Beiträge: 4922 Registriert: 5.4.2005 Status: Offline
|
|
erstellt am: 17.8.2009 um 12:20 |
|
|
Meine Rohfruchtmaischen enthalten gleiche Anteile Gerstenrohfrucht und
Maisbruch, daher wird das nicht mit reiner Gerstenrohfruchtschüttung
vergleichbar sein...
Beim letzten Malzbiersud habe ich wieder eine Vormaische aus 1kg Maisbruch
und 1kg gequetschter (Porkert) Rohgerste gemacht.
Die Rohfrucht kam in 11l Wasser von ca. 83°C, das kühlte auf ca. 78°C ab.
Enzymzugabe von "Standard"-α-Amylase (70-80°C) und Rast von 1
Stunde.
Dabei nach 30min wieder von 72°C auf 78°C aufgeheizt.
Dann zum Kochen aufgeheizt und 10min gekocht. Dabei dickte die Pampe
ziemlich ein, es hängte etwas am Topfboden an (nächstes mal mehr Wasser
nehmen).
Ich rühre dabei etwa 1x pro Minute, sonst ist der Deckel drauf, das
Eindicken kommt also weniger vom Verdampfen.
Nach Abkühlen auf wieder verträgliche 80°C und erneuter Zugabe von
α-Amylase verflüssigte sich der Brei zusehends, beim Kochen wird also
noch einige Stärke verkleistert.
So lasse ich das zugedeckelt bis zum nächsten Morgen stehen, wo der
Braugang mit Malz dann weiter geht. Die Rohfruchtschüttung ist dann etwa
32% der Gesamtschüttung.
Ich hatte auch mal versucht, die Rohfrucht ohne Enzymzugabe und 70°-Rast zu
einem Brei zu kochen, das wird eine kaum handhabbare Masse, die Vormaische
hilft also schon einige Stärke zu
spalten. Das Kochen ist aber wohl ebenfalls erforderlich.
Ich habe auch noch nicht versucht, die Schüttung längere Zeit vorzuweichen,
vielleicht wäre dann ein Kochen nicht mehr so erforderlich.
Uwe
____________________
|
|
Antwort 5 |
|
Senior Member Beiträge: 412 Registriert: 18.12.2007 Status: OfflineGeschlecht:
|
|
erstellt am: 17.8.2009 um 14:01 |
|
|
Zitat von Bergbock, am 17.8.2009 um
09:16 |
Ich habe also Rohgerste geschrotet und in 60 °C warmes Wasser gegeben.
Während einer Stunde habe ich dann immer wieder Jodproben gemacht. Fazit :
es verkleistert in der Tat, aber seeeeeehr langsam. Nach 20 min
zeigte die Jodprobe eine etwas bläuliche Farbe, die
Verkleisterungsgeschwindigkeit ist unglaublich langsam. Wenn man bedenkt,
dass man eine Maltoserast im Schnitt 45 Minuten macht, wären die
Ausbeuteverluste mit Rohgerste also beträchtlich.
Erhitzt man das ganze zum Kochen, geht alles ziemlich schnell, die Würze
wird dick, geliert.
|
Hi. Ich will nicht klugscheisserisch tun, aber möchte da die Verwirrung
auflösen:
Mit der Jodprobe kontrollierst du die Ver zuckerung. Die Rohfrocht
verzuckert also langsam.
Wenn du kochst ver kleistert sofort die ganze Stärke und die
Viskosität nimmt zu (dickt ein)
Eigentlich ist ja auch logisch, dass es langsamer geht und brauknecht hat
das richtig beschrieben. Die Amylasen können erst richtig angreiffen wenn
die Stärke ihre kristalline Struktur verloren hat.
Und er hat auch geschrieben dass das Jahrgangs- und Sorten- (und noch mehr)
abhängig ist. Also kann man sich nicht darauf verlassen dass die Stärke bei
genug tiefen Temperaturen verkleistert.
Wie Bergbock geschrieben hat kommt es aber sehr auf den Anteil an der
Schüttung draufan ob man die Rohfrucht einfach normal mitmaischen kann oder
nicht.
|
|
Antwort 6 |
|
Posting Freak Beiträge: 868 Registriert: 17.12.2008 Status: OfflineGeschlecht:
|
|
erstellt am: 17.8.2009 um 14:20 |
|
|
Zitat: | Mit der Jodprobe
kontrollierst du die Verzuckerung. Die Rohfrocht verzuckert also
langsam |
Das ist nicht richtig.
Du prüfst mit der Jodprobe keine Verzuckerung sondern das Vorhandensein von
Stärke (das Verzuckern lässt nur zusehends die Stärke verschwinden) . Wenn
nichts verkleistert ist, ist gewissermassen (fast) keine Stärke vorhanden
und die Jodprobe ist nur sehr schwach.
Frank
[Editiert am 17.8.2009 um 14:21 von Bergbock]
|
|
Antwort 7 |
|
Senior Member Beiträge: 412 Registriert: 18.12.2007 Status: OfflineGeschlecht:
|
|
erstellt am: 17.8.2009 um 14:26 |
|
|
Okay da hast du recht. (Die Folge aus dem Ergebniss ist aber die Kontrolle
der Verzuckerung, hast du ja schon gesagt)
|
|
Antwort 8 |
|