Posting Freak Beiträge: 1776 Registriert: 14.7.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 21.1.2010 um 22:12 |
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In der aktuellen "Brauindustrie" fand ich einen Artikel mit dieser
provokanten Überschrift, den ich hier mal interessehalber zur Diskussion
stellen möchte.
Um z.B. den CO2 - Ausstoß (und auch die Kosten) zu minimieren, möchten die
Brauer nach Meinung des Autors 'neue Wege' erschließen. Der Autor ist -
klar - Projektleiter bei Novoenzymes Brewing R & D und möchte natürlich seine
Produkte an den Mann bringen.
Einige interessante Thesen vom Enzymhersteller; ich bin sicher, die
Industrie wartet bereits darauf:
- konventionelle Sudhaustechnologie im 'normalen' Sudhaus, aber 100%
Gerste
- funktioniert sogar bis hinab zu Schüttungsverhältnissen von 1:2,5 (HG)
- Würzen mit Vergärgraden bis zu 88% (scheinbarer VG)
- bis zu 12 Sude / Tag
In der Blindverkostung soll das Bier 'den Verbrauchern' genauso gut
schmecken wie ein aus Malz gebrautes.
Das erste kommerzielle Bier ohne Malz ist das Clim8
aus Dänemark.
Weitere Infos auf der Webseite des Herstellers
Also, der Hit wäre eben die CO2 - Einsparung bei diesem Verfahren. Ich
finde es interessant, dass es offensichtlich solche Bestrebungen gibt und
bin gespannt, ob sowas das Reinheitsgebot letztlich vor allem anderen zu
Fall bringt.
Ich stehe solchem Chemiebaukasten jedenfalls sehr skeptisch gegenüber und
freue mich auf mein Bier, herkömmlich gebraut in meiner Neuerwerbung -
einem alten 100l Wurstkessel mit Holzfeuerung - das gerade noch so
reift.
Grüße
Tino
[Editiert am 21.1.2010 um 22:18 von tinoquell]
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Posting Freak Beiträge: 881 Registriert: 2.9.2005 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 21.1.2010 um 22:24 |
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Hallo Tino,
toller Beitrag u. allemal eine Diskusion wert.
Greift den Umweltschutzgedanke in der Brauindustrie auf.
Aber mal in die Runde gefragt, was glaubt ihr, wie viel Co2-Anteil hat denn
die Brauindustrie im Vergleich zu:
Industrie generell,
Landwirtschaft (incl. Methanausstoß),
Energieerzeugung,
Haushalte und
lbnl die Autofahrer
????
Meiner Meinung nach bleibt zu hoffen, dass hier nicht noch ein Gesetz am
Umweltschutz vorbei gemacht wird. Haben wir ja wahrlich schon zur
Genüge..
Gruß
Marvin
____________________ Dringe ma oiner?? Alla guuud!
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Antwort 1 |
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Moderator Beiträge: 4922 Registriert: 5.4.2005 Status: Offline
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erstellt am: 22.1.2010 um 00:07 |
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Gerste als Rohfrucht?
Klar, daß man mit Enzymen dabei höhere Ausbeuten erzielt. Beim Mälzen wird
ja ein Teil der Stärke "verbraucht", was in der Rohfrucht noch enthalten
ist.
Aber Rohfrucht besitzt nicht die malztypischen Röstaromen und
Geschmacksstoffe. Setze ich bei meinem Malzbier zu viel Gerste ein (sonst
verwende ich es nirgends), leidet der Geschmack.
Wenn man natürlich an ein "ultraschlankes" (=geschmacksleeres) Pils denkt,
ist die Sache einfach: absteigende "Infusion" α-Amylase <80°C,
Amyloglukosidase <58°C
(bis hierhin mache ich das bei meiner Rohfruchtvormaische fürs Malzbier
auch so, ich stehe technischen Enzymen also durchaus aufgeschlossen
gegenüber) und später noch was gegen Eiweiße und Gummistoffe...
Dumm nur, daß man es noch kochen müßte, aber sicher hat Novozymes auch ein
Wässerchen gegen DMS.
...und Geschmacksstoffe, die das "Malzige" in diese Würze bringen, zusammen
mit Zuckercouleur wirds vielleicht sogar "münchnerartig".
Man könnte aber auch gleich synthetische Maltose mit "Gewürzen" anrühren
und es zu einem "bierartigen Getränk" vergären.
Ohne vom Fach zu sein, schätze ich, daß die meisten Brauereien die
thermische Energie in der heißen Würze hernehmen um den nächsten Sud
vorzuwärmen, insofern wird schon viel CO2 "eingespart". Das ist bei uns
Hobbybrauern ja anders, da ist die Wärme nach dem Hopfenkochen unerwünscht
und üblich "futsch".
Uwe ____________________
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Antwort 2 |
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Posting Freak Beiträge: 1776 Registriert: 14.7.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 22.1.2010 um 06:57 |
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Hallo,
bezüglich der Geschmacks- und Farbstoffe hab' ich einen wichtigen Absatz
unterschlagen, sorry: Zitat: | ...bietet der Brauerei neue Möglichkeiten da ein solches Bier
in beliebigem Verhältnis mit einem "Standard" - Malzbier verschnitten
werden kann. Damit kann die parallele Herstellung von Malz- und Gerstenbier
dazu benutzt werden, eine ganze Reihe verschiednener Biermarken zu
produzieren. |
Übrigens, in der DDR wurde auch bei meist > 50% Rohfrucht - Anteil viel
mit Enzymen gearbeitet, wie mir alte Brauer erzählen.
Grüße
Tino ____________________
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Antwort 3 |
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Posting Freak Beiträge: 1163 Registriert: 25.6.2007 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 22.1.2010 um 08:08 |
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Antwort 4 |
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Senior Member Beiträge: 164 Registriert: 19.11.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 22.1.2010 um 09:02 |
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Hallo!
Zitat: | Clim8 Beer er
forfriskende og rund i smagen. Bitterheden er meget diskret, så der gives
god plads til øllets indtryk af sødme og
frugtighed. |
Aha!
Klasse, Uwe12, ultraschlank ist echt gut.
Das hört sich eher nach Biergetränk an. So wie Fruchsaftgetränk oder
Teegetränk, da ist auch nur so ein bisschen Fruchtsaft mit drin.
Aber klar, war nur eine Frage der Zeit bis man auf so ein Umweltding im
Zusammenhang mit Bier kommt. Früher hab ich mich gewundert warum keiner
Werbung macht mit der Tatsache, daß Bier isotonisch ist... Erdinger waren
dann glaub ich die ersten.
Grüße ____________________ Heute back ich, morgen brau ich, übermorgen hol ich der Königin ihr Kind;
ach, wie gut daß niemand weiß, daß ich Rumpelstilzchen heiß!“ (K) ALL RITES REVERSED
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Antwort 5 |
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Junior Member Beiträge: 34 Registriert: 23.4.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 23.1.2010 um 07:35 |
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Hallo Tino
irgendwie beschleicht mich das Gefühl, das ich für meine Bier und
Weinproduktion so langsam mal ein paar CO2-Zertifikate erwerben sollte
Gruss Jürgen ____________________ ... und am Ende ehrt das Werk den Meister!
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Antwort 6 |
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Senior Member Beiträge: 412 Registriert: 18.12.2007 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 23.1.2010 um 11:21 |
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Dafür muss man dann CO2 (aus Erdöl???) kaufen um sein Tagesgeschäft zu
verrichten.
Tanks umdrücken, Abfüllung, Filtration. Alles braucht CO2...
@Uwe: Ich weiss jetzt gar nicht ob DMS-Vorstufen in grossen Mengen in der
Gerste sind, oder ob die erst beim Mälzen gebildet werden. Wäre cool wenn
das einer beantworten könnte.
Man kann ja sicher erforschen, welche Aminosäure mit welchem Zucker die
gewünschten Maillardprodukte ergibt und andere die eher
Alterungs-komponenten sind. Dann sprüht man die richtigen Stoffe auf und
röstet das ganze ein wenig mit Abwärme eines AKWs und schon han man tollen
Malz-Geschmack
Ich hoffe ich erleb das nicht
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Antwort 7 |
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Moderator Beiträge: 4922 Registriert: 5.4.2005 Status: Offline
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erstellt am: 23.1.2010 um 12:11 |
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Hallo Pathos!
Ich glaube, Du hast recht, im Narziß, 6. Aufl. S. 63, " Das Darren den
Grünmalzes" findet sich was zu DMS:
Beim Darren erfahren auch die organischen Schwefelverbindungen ein
Veränderung. Das bei der Keimung gebildete S-Methylmethionin (SMM) zerfällt
durch die Hitzeeinwirkung beim Darren, wobei Dimethylsulfid (DMS)
abgespalten wird. Dieses DMS ist jedoch sehr oxidationsempfindlich und kann
mit Sauerstoff zu Dimethylsulfoxid (DMSO) oxidieren. Dieser hochsiedende
(189°C) Vorläufer kann sowohl durch starke thermische Belastung als auch
durch Hefen und gewisse Bakterien zu DMS umgewandelt werden.
So enthalten hoch, bei 90-100°C abgedarrte Malze weniger DMS-Vorläufer als
niedrig gedarrte. Doch hängt der Gehalt an diesem und damit die Bildung von
freiem DMS bei der Gärung von der Intensität des Darrens und Würzekochens,
aber auch schon ursächlich von Gerstensorte, Klimabedingungen, von den
Keimparametern und der damit erzielten Eiweißlösung ab.
Erklärt so wohl auch, warum dunkle Biere (aus echten dunklen Malzen
gebraut) weniger DMS-gefährdet sind, als hell.
Uwe
[Editiert am 23.1.2010 um 13:54 von Uwe12]
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Antwort 8 |
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