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Autor: Betreff: Rasten
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Beiträge: 113
Registriert: 31.3.2010
Status: Offline
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 12.4.2010 um 12:46  
Liebe Braugemeinde,
kurz zu mir. Ich heiße Stephan und braue mit ein paar Freunden seit einem halben Jahr etwa alle zwei Wochen. Jeweils ca 130 Liter, Kellerbier oder Pilsener.
Langsam sind wir recht zufriesden mit unseren Ergebnissen.
Anfangs hat es mit dem Schaum nicht so geklappt. Da hat mir ein Artikel aus dem Forum recht gut weitergeholfen. Es hieß dort, Eiweissrast auf 10 Min. verkürzen. Das haben wir seither gemacht und hatten auch einen prima Erfolg damit. Der Schaum ist seither viel stabiler.

Das Ergebnis ist ja recht erfreulich, aber warum eigentlich?
Mich würde einfach interessieren, was bei den einzelnen Rasten passiert. Nur so Interessenhalber.
Kann mir das aus dem Forum jemand erklären, oder sagen wo ich das nachlesen kann.

Merci
Stephan
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Moderator
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Berliner
Beiträge: 4024
Registriert: 7.4.2006
Status: Offline
red_folder.gif erstellt am: 12.4.2010 um 12:55  
Eine kurze Übersicht gibt's z.B. hier im Wiki.

Zur Schaumstabilität besagt die Theorie, dass dafür längerkettige Eiweißmoleküle nötig sind. Bei zu langer Eiweißrast werden diese zu stark zu kürzerkettigen Eiweißen abgebaut.


____________________
Gruß vom Berliner
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Bergbock
Beiträge: 868
Registriert: 17.12.2008
Status: Offline
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 12.4.2010 um 12:58  
Salut Stephan,

das hat mit den verschiedenen Proteinen zu tun, die für die Schaumstabilität verantwortlich sind.
Zum einen braucht es zwingend Aminosäuren (also 100% abgebautes Eiweiss) als Nahrung für die Hefe, zum anderen braucht es einen gewissen Anteil einer "Mittelfraktion", also teilweisse abgebauter Eiweissstoffe für den Schaum.

Bei heutigen Malzen ist der Abbau des Eiweisses in der Mälzerei schon so weit vorangeschritten, dass es die klassische Eiweissrast z.T. gar nicht mehr benötigt, sie ist dann sogar kontraproduktiv, weil das Eiweiss zu weit abgebaut wird. Daher hilft es, wenn man diese Rast kurz hält oder gar weglässt.
Hast Du im Gegenteil "schlecht gelöstes" Malz (geringer Eiweissabbau in der Mälzerei) benötigst Du zwingend eine Eiweissrast, um genügend Aminosäuren für die Hefe bereitzustellen.

Kurz gesagt : je besser (gelöst) Dein Malz (aus der Mälzerei), desto kürzer die Eiweissrast!

Alles klar ?

Gruss und willkommen im besten Forum der Welt.
Frank
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Bielsteinbraeu
Beiträge: 282
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red_folder.gif erstellt am: 12.4.2010 um 13:03  
Hallo Stephan !
Wilkommen im Kreis der Hausbrauer.
Da hast Du ja schon gute Erfahrungen gemacht. Gratuliere !
Bei mir wird auch alle zwei Wochen gebraut - im Einkochtopf. Daurch ist fast immer was zu trinken da. Die Eiweißrast lasse ich schon lange weg. Die erhätlichen Malze haben eine so gut Lösung schon vom mälzen her daß ich den Hauptguß je nach Außentemperatur auf ca. 70 - 73 °C erhitze und dann einmaische und auf 65 - 67 °C komme. Spart Zeit. Wg. der Theorie schau mal ins Hobbybrauer-Handbuch unter Fachwissen - Maischprozeß. Ansonsten Suchfunktion.
Allzeit Gud Sud
Hopfen und Malz rein in den Hals
Jürgen


____________________
Laß den Alltag hinter Dir
entspann Dich bei einem selbstgebrauten Bier
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Beiträge: 113
Registriert: 31.3.2010
Status: Offline
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 12.4.2010 um 14:28  
Also,
ein herzliches Danke für die schnellen Antworten und Tips.
Man will doch schließlich wissen was man beim Brauen so treibt.
Ist aber auch gediegen. Da trinkt man nichtsahnend gern mal ein Bier und erst wenn man selber braut stellt sich heraus das da ein Riesending dahintersteckt.

Also merci nochmal
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Bierjunge
Beiträge: 2084
Registriert: 28.10.2009
Status: Offline
red_folder.gif erstellt am: 12.4.2010 um 15:06  

Zitat von Wibu, am 12.4.2010 um 14:28

Ist aber auch gediegen. Da trinkt man nichtsahnend gern mal ein Bier und erst wenn man selber braut stellt sich heraus das da ein Riesending dahintersteckt.


Du sprichst mir aus der Seele.

Bei meinen Kollegen, denen ich gerne ab und zu mal ein Tragerl Selbstgebrautes mitbrachte, erntete ich ich auch basses Erstaunen, als ich irgendwann einmal mit einer Foto-Dokumentation der einzelnen, zur Entstehung notwendigen Handgriffe zeigte, wie wenig selbstverständlich eigentlich die Herstellung dieses als proletarisch gescholtenen, im Vergleich zum "edlen Wein" vermeintlich primitiven Getränks ist.

Es entspann sich daraus ein ganz wunderbarer Email-Wechsel, den ich hier in Teilen wiedergebe, weil es so herrlich passt:

  • Hab mich schon öfter gefragt, wie man vor Jahrhunderten, in vorindustrieller Zeit, darauf gekommen ist, mit Verfahren, die meiner Meinung nach nicht unbedingt zufällig entstanden sein können, Getränke wie Bier oder Wein herzustellen. Auch wenn der Anflug von Hefesporen meinetwegen gar nicht zu verhindern war, der vorausgehende Prozess ergibt sich schon nicht von selbst.
    Intelligent design?


  • Komm mir bitte nicht mit ID!!!

    Dennoch kann ich die Gedanken nachvollziehen.

    Schon beim Kaffee fragte ich mich immer, WIE man eigentlich auf so einen Schmarrn kommt
    (Kirschen ernten, anfaulen lassen, Fruchtfleisch wegschmeißen und nur die Kerne behalten, diese brutalst rösten (fast schon verbrennen), zu Staub zermahlen, mit kochendem Wasser übergießen, die verkohlten, zermahlenen Kerne wiederum wegschmeißen und nur das Wasser behalten und trinken):
    Wer um Himmels Willen denkt sich so etwas aus???

    Beim Bier ist es allerdings noch krasser. Heute versteht man ja biochemisch und mikrobiologisch, was da abgeht. Welches intelligente Wesen ist aber zu Vorzeiten drauf gekommen,

    - dass man das Getreide ZWINGEND keimen lassen muss, damit nötige Enzyme entstehen (Mälzen),
    - man die Keimung zu einem bestimmten Zeitpunkt durch Erhitzen wieder abbrechen muss,
    - am Allererstaunlichsten:
    Man dann das Malz-Wassergemisch ZWINGEND in einer ganz bestimmten Temperaturfolge unter Einhaltung von genauen Raststufen (schon ein paar Grad daneben, und es wird nichts mehr, weil man dann die Enyme killt) erhitzen muss, damit die unvergärbare Stärke zu Zucker wird.
    Übrigens: Galileo hat das Thermomenter erst SPÄTER erfunden, als z.B. das Reinheitsgebot 1516 eingeführt wurde.
    Man konnte sich zwar behelfen, indem man die Temperaturmessung durch eine Volumenmessung ersetzte (Teilmenge entnehmen, kochen und wieder zurückschütten, wodurch sich die nächste Rasttemperatur einstellt), aber da muss *verdammt viel* Try-and-Error nötig gewesen sein!

    Ich wage gar nicht daran zu denken, wieviele unschuldige "Bierhexen" verbrannt werden mussten, wenn mal wieder ein Sud missraten war.

    Der Rest an Optimierung (Läutern, Hopfen, Würzekochen, ...), um von einer Art berauschenden Haferflockensuppe zu einem klaren, sprudelnden Bier zu kommen, ist dann nur noch Kleinkram.

    Wein machen ist dagegen etwas für Deppen, der Zucker liegt ja schon in vergärbarer Form vor: Pressen, stehen lassen, fertig.
    Bei uns Germanen, wo statt Trauben nur Gräser gediehen, war da schon mehr Ingenieursgeist gefragt!

  • Ja, das ist schon in der Tat alles beeindruckend, wie etwas so kam, wie es heute ist.

    Lag aber vielelicht auch an der Zeit, die nicht in Quartalsberichtzeiträumen dachte. Genauso beeindruckend fand ich den Kölner Dom, der von Beginn der Planung bis zu seiner Fertigstellung über 300 Jahre gedauert hat. D.H. die Planer wussten schon, dass weder sie noch viele ihrer Nachfolgegenertionen jemals das Endergebnis sehen könnten. Trotzdem haben sie angefangen. Damals hatte man halt noch Visionen und Zeit.

    Heute schaffen wir nicht mal mehr eine 40km lange Transrapidstrecke zu erstellen, weil es irgendwann den Bedenkenträgern und Controllern zum Opfer fällt.

    Ansonsten noch eine Anmerkung zum schönen Vergleich Bier vs. Wein. Das so etwas komplexes wie Bier nur nördlich der Alpen entstehen kann, ist eigentlich in Anbetracht der Komplexität nur verständlich, wohingegen man südlich der Alpen alles so etwas vor sich hingären lässt, faul in der Sonne liegt und dann mit klugen "in Vino veritas"- Sprüchen und Monopolabsprache mit der Kirche als einziges flüssiges Verköstigungsmittel eine unglaubliche Blase drum aufbaut.

    Das Resultat ist, dass es der Herr Geheimrat heute beim "Don Casale" geniesst, mit Signor Dottore angesprochen zu werden und bereit ist 25.- EUR für einen Liter Lambrusco zu zahlen, wohingegen seine Gattin am Folgetag durch den Kauf eines Öttingerkasten für 3,99 die Rabattschlacht beim Bier hachhaltig anheizt.

    Die Geschichte mit dem Rösten lies sich ebenso fortführen, nur, dass die Röster aus Bremen das Pfund Kaaffebohnen für 5 EUR verkaufen, wohingegen der Herr Geheimrat beim Sonntagsspaziergang ohne mit der Wimper zu zucken Italianita' durch eine Tasse Segafredo für 4,99 EUR erwirbt.

    Wir lernen:
    Nicht Inhalt, sondern einzig die Story und das Marketing zählen.
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PaThos
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red_folder.gif erstellt am: 12.4.2010 um 15:27  
Nach heutigen Erkenntnissen ist "Bier" wahrscheindlich sogar älter als Brot.

Wahrscheindlich wurden Gräsersamen gesammelt, diese wurden dann feucht und dann entstand aus kombiniertem keimen und gären irgendwas berauschendes.

Wenn Tausende von Jahren Zeit war um aus diesem "Suff-Brei" etwas trinkbares zu machen, dann überrascht mich das irgendwie gar nicht, dass es so herausgekommen ist. Es hat schon immer findige tüftler gegeben und die Griechen kannten bereits die Dampfmaschine.
Und wenn etwas funktioniert, dann wird es auch schnell übernommen und nachgemacht
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red_folder.gif erstellt am: 12.4.2010 um 17:57  
mich würde mal interessieren wie das bier im mittelalter so geschmeckt hat.
damals kommte man es mit den temperaturen ja nicht so genau nehmen und flaschen zur nachgärung gab es ja auch keine.

gibt es noch rezepte aus der zeit?
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Bierjunge
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red_folder.gif erstellt am: 12.4.2010 um 18:14  

Zitat von Chrissi, am 12.4.2010 um 17:57
mich würde mal interessieren wie das bier im mittelalter so geschmeckt hat.
damals kommte man es mit den temperaturen ja nicht so genau nehmen und flaschen zur nachgärung gab es ja auch keine.


Rauchig, sauer, wenig Alkohol, keine Kohlensäure. Bei dem Braukurs, an dem ich mal teilgenommen habe, wurde empfohlen, einfach aus einem Schlenkerla die Kohlesäure rauszuschütteln, wenn man sich einen Eindruck mittelalterlicher Biere verschaffen wolle. Man kann es dann ja noch ggf. mit etwas Milchsäure nachsäuern oder auch mit entgaster Berliner Weiße mischen. Na Mahlzeit...


[Editiert am 12.4.2010 um 18:24 von Bierjunge]
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flying
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red_folder.gif erstellt am: 12.4.2010 um 22:25  
Hi Moritz,

mittelalterliches Bier ist mein Steckenpferd. Ich habe mir gerade 4 Gagelsträucher gepflanzt. Unglaublich- würziger Geruch, das Zeug...
Man kann ein mit Kräutern gewürtztes Ale auch während der Hauptgärung trinken!
So wie Federweißer.. is genial...


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"Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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red_folder.gif erstellt am: 14.4.2010 um 06:50  
Das hört sich ja interessant an.
Wieviel von dem Kraut verwendest du denn?

Kommt das Kraut direkt in die Maische?
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