Senior Member Beiträge: 234 Registriert: 19.3.2010 Status: Offline
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erstellt am: 29.6.2010 um 11:32 |
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Liebe Freunde der gewürzten Würze,
ich möchte heute ein Bier mit frischen Holunderblüten brauen. Bisher habe
ich nur ein Rezept gefunden, nach dem die Blüten erst bei der Gärung
zugesetzt werden (1 Blüte pro 1 bis 2 Liter). Ein amerikanisches Buch
listet hingegen Holunder mit zahlreichen anderen Kräutern und Gewürzen auf
und empfiehlt pauschal: 5 Minuten vor Kochende zugeben. Was könnt ihr
empfehlen? Holunder "stopfen" oder mitkochen? Und wenn kochen, wie viel
Holunder? Ich habe einen ordentlichen Sack voll und braue 25 Liter Ale mit
5 kg Wiener Malz (1-stufige Infusion bei 66 °C) und Wyeast "Trappist High
Gravity". Hopfen wird Spalter Select.
Bin gespannt auf eure Meinungen.
Liebe Grüße
Philipp
____________________ Wer flötet hell und plappert munter
Im Netz kopfüber und kopfunter
Den bittren Trunk verschmäht sie nicht
und hämmert bis die Schale bricht?
Die Braumeise
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Posting Freak Beiträge: 1776 Registriert: 14.7.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 29.6.2010 um 12:47 |
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Hallo Philipp,
aaalso ....
Ich gebe die Holunderblüten immer erst bei der Gärung zu und zwar wenn
diese schon fast im Hochkräusen ist. Da ist die Hefeaktivität so enorm,
dass Fremdkeime wohl kaum eine Chance haben.
Ich habe dieses Jahr 9 mittlere Dolden für 28l Bier genommen und habe das
Gefühl, es hätte gern etwas mehr sein können. Die Dolden waren allerdings
gerade erst aufgeblüht, jetzt riechen die Holundersträuche viel intensiver
als zur Zeit meines Sudes.
Jedenfalls: auf 25l Bier würd' ich maximal 10 Dolden nehmen und bei der
Hauptgärung zusetzen.
Da Holunder ein schönes frisches, freches Aroma macht, würd' ich persönlich
auch die Schüttung etwas zurücknehmen und nicht ganz so stark einbrauen.
Ich finde, mit meinen 11% Stammwürze kommt immer ein süffiges und
erfrischendes Sommerbier heraus. Das ist aber natürlich Geschmackssache.
Zur Trappistenhefe kann ich nichts sagen, die kenne ich nicht. Ich benutze
immer mein allround - Arbeitstier Wyeast 1007. Die passt, wackelt und hat
Luft!
Ja, viel Erfolg, ich hab' dieses Jahr auch gleich knapp 30l gemacht, weil
die 5-10 Liter der Vorjahr immer weg wie nüscht waren.
Grüße
Tino
____________________
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Antwort 1 |
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Senior Member Beiträge: 234 Registriert: 19.3.2010 Status: Offline
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erstellt am: 29.6.2010 um 13:08 |
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Hi Tino,
danke für deine Dosierungstipps. Ich habe bisher nur mit bitterer
Orangenschale und Koriander gewürzt, natürlich beim Kochen. Das hat gut
geklappt, beim Holunder habe ich allerdings auch Angst, dass das Kochen den
feinen Duft platt macht. Wie lange lässt du die Blüten denn im Gärbottich?
Bis die Hauptgärung durch ist?
Die hohe Schüttung wollte ich durch eine ordentliche Zuckergabe ausgleichen
. Das Bier wird dann natürlich noch stärker, schmeckt meiner
Erfahrung nach aber schlanker. Das heißt: Mehr Spielraum für den Holunder.
Und der viele Alkohol hilft vielleicht auch gegen die wilden Biester vom
Holunderstrauch?
Die Trappistenhefe macht gerade bei Gärtemperaturen über 20 °C schöne wilde
herbe Kräuternoten ins Bier. Und sie ist ein gutes Arbeitstier.
Wie hältst du es denn mit dem Hopfen im Holunderbier? Ich dachte an
Vorderwürzehopfung und Bitterhopfung, aber keine Aromagabe, um dem Holunder
nicht zu viel Konkurrenz zu machen.
Jetzt wüsste ich aber doch gerne, ob schon mal jemand was von gekochtem
Holunder gehört hat.
Lieben Gruß
Philippp ____________________ Wer flötet hell und plappert munter
Im Netz kopfüber und kopfunter
Den bittren Trunk verschmäht sie nicht
und hämmert bis die Schale bricht?
Die Braumeise
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Antwort 2 |
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Posting Freak Beiträge: 1776 Registriert: 14.7.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 29.6.2010 um 14:08 |
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Ja, genau, ich schlauche immer zuerst in
den Einkocher, in dem die Speise vorgelegt ist. Bei dieser Gelegenheit
filtere ich die Dolden wieder 'raus.
Hut ab! Ich bin aber kein Starkbier - Fan, deshalb wär' das für mich
nichts. In den alten (DDR) - Brauprotokollen vom Bockbier lese ich
jedenfalls auch reichliche Zuckermengen, und das Bier von dem ich die
Protokolle habe, war damals hochgelobt. Heute gib'ts das ja nur noch bei
uns.
Muss ich mal probieren, danke für den Tipp.
20 IBU dieses Jahr waren etwas zuviel, aber
nicht abstoßend. Vielleicht entwickelt sich bei der Reifung sogar noch was
interessanteres daraus.
Gehopft nach dem Prinzip 'alles was weg muß' da der Holunder doch schon
sehr intensiv das ein Hopfenaroma übertönt. Ca. 30% Bitter und 60% Aroma
beim Kochen zugegeben (keine VW - Hopfung, kein Hopfenstopfen), letzte Gabe
10' vor Ende. Ist aber wie gesagt noch ausbaufähig.
Grüße
Tino ____________________
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Antwort 3 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 29.6.2010 um 14:43 |
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Hi Leute,
zum Thema Holunderblüten und Holunderblütensekt hab ich die
abenteuerlichsten Sachen gelesen. So schreibt jemand hier:
http://www.hbuehrer.ch/Holundersekt.html
,dass auf den Blüten eine spezielle Nektarhefe lebt, die in der Lage ist
den Zucker mit Hilfe von UV-Licht nur zu CO² zu vergären. Deshalb wäre der
Sekt auch so alkoholarm. Er gibt sogar eine Formel dazu vor.
C6H12O6 + 6O2 = 6CO2 + 6H2O
Das erscheint mir sehr seltsam? Von einer solchen Hefe hab ich noch nie
gehört und wo kommt der ganze Sauerstoff in der Formel her?
Bei UV- Licht bilden sich zwar freie Radikale..aber in der Menge?
verwirrte Grüße
René ____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 4 |
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Administrator Beiträge: 10493 Registriert: 23.10.2005 Status: OnlineGeschlecht:
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erstellt am: 29.6.2010 um 15:02 |
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Hi, Rene,
wenn ich nicht irre, ist das doch die Photosynthesegleichung? Damit dürfte
aber die Hefe nix zu tun haben, außer es wäre eine Photosynthese Hefe...
Noch verwirrtere Grüße
Michael ____________________ „Lass die anderen mit Fichten- und Tannensprossen würzen, der Hopfen ist
das Beste, was die Natur uns bietet.“
Aus "Das Erbe des Bierzauberers" von Günther Thömmes, Gmeiner Verlag
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Senior Member Beiträge: 288 Registriert: 22.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 29.6.2010 um 15:29 |
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Hi,
das ist die Umkehrreaktion der Photosynthese.
Eine ganz normale vollständige Verbrennung von Zucker.
So wird der normal auch verstoffwechselt, auch von der Hefe, solange O2
Vorhanden ist!
Ist im gärenden Bier ja aber so gut wie nicht.
Und im gärenden Sekt auch nicht.
Also wird, was auch immer das für ein MO sein soll, nicht den gewohnten
aeroben Stoffwechsel machen.
Gruß Florian
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Antwort 6 |
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Junior Member Beiträge: 21 Registriert: 7.9.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 29.6.2010 um 15:38 |
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Hallo,
Photosynthese wäre hier ja die quasi umgekehrte Richtung der Gleichung: Aus
Wasser und CO2 Zucker und Sauerstoff herstellen:
6CO2 + 6H2O = C6H12O6 + 6O2
Sprich die umgekehrte Richtung ist der ganz normale Stoffwechsel wie er bei
Aeroben Lebewesen vorkommt: Sauerstoff Atmen, Zucker verbrennen und CO2
ausatmen.
Also was da beschrieben wird verstehe ich quasi dann nicht als alkoholische
Gärung wie sie unter Sauerstoff-Ausschluss stattfindet sondern Gärung unter
Zugabe von Sauerstoff wobei dann kein Alkohol entsteht. Wo allerdings in
einem Abgeschlossenen Gefäß der Sauerstoff herkommen soll, naja ein wenig
ist ja immer in Lösung und man belüftet ja normalerweise bevor man die Hefe
zugibt. Da kommt dann noch etwas an extra Sauerstoff. Aber viel dürfte das
insgesammt nicht sein.
Vielleicht versucht der Gute Mann auf den Prozess hinzudeuten:
So lange Sauerstoff in ausreichendem Maße vorhanden ist, lebt die Hefe
aerob und verstoffwechselt erst mal diesen. Wenn dann der weg ist, wirds
anaerob und dann geht die alkoholische Gärung los.
Gruß,
[Edit]
Ich seh grade das der gute Mann wohl Mikrobiologe ist... also scheint es
dann doch einen Mikroorganismus zu geben der unter Sauerstoffabschluss
aerob atmen kann? *verwirrt*
[Editiert am 29.6.2010 um 15:46 von haunted_by_beer]
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Antwort 7 |
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Senior Member Beiträge: 288 Registriert: 22.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 29.6.2010 um 15:58 |
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Das interessiert mich jetzt, ich hab dem Herrn mal eine Email geschickt.
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Antwort 8 |
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Posting Freak Beiträge: 958 Registriert: 9.6.2007 Status: OnlineGeschlecht:
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erstellt am: 29.6.2010 um 16:30 |
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Wenn er auf PET abfüllt, ist das schon möglich. Sauerstoff diffundiert sehr
gut durch PET. Allerdings sagt meine Erfahrung, dass metabolisierende
Mikroorganismen wahnsinnig viel Sauerstoff verbrauchen. Und ob der noch in
genügender Menge diffundieren kann, ist fraglich. Alkohol wird immer
entstehen. ____________________ Mehr vom Bier wissen, heißt: Mehr vom Bier haben!
---
Eigene
Homepage
BIER-BRAU-PROjekt
der Uni Erlangen
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Antwort 9 |
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Member Beiträge: 61 Registriert: 27.1.2010 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 29.6.2010 um 21:40 |
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@Tino
was genau für eine Schüttung hast du genommen? Kannst du mir dein Rezept
geben? Ich glaub ich bekomme Lust das auch mal zu probieren...
Gruß
Jens
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Antwort 10 |
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Posting Freak Beiträge: 1776 Registriert: 14.7.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 30.6.2010 um 05:38 |
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Zitat: | was genau für eine
Schüttung hast du genommen? Kannst du mir dein Rezept geben? Ich glaub ich
bekomme Lust das auch mal zu probieren... |
.. Protokoll rauskram ... :
30l Bier / 12%SW / 20 IBU / ca. 10 EBC
5 Kg PiMa
250g CaraPils
35g Herbsbrucker Spät (3,5%)
8g Magnum (15%)
Infusion
Einmaischen bei 56°, ergibt 53° -> 15'
Maltoserast 63° -> 30'
Verzuckerung 72° -> 45'
Abmaischen bei 76°
Kochen 90'
nach Würzebruch Magnum + 2/3 Aroma
10' vor Kochende das letzte 1/3 Aroma
Abkühlen & Anstellen mit 1007
nach 1,5 Tagen 9 mittlere Holunder - Dolden von den Stengeln befreit und
ausgelesen,
mit 1/2l heißem Wasser überbrüht und den ganzen Sud in das Bier gegeben.
nach 5 Tagen mit Speise abgefüllt, Ziel 6g CO2/l
Ja, das war's.
Leider hab ich' meine 30l nicht ganz erreicht, ich muss beim nächsten mal
feiner schroten (meine persönliche Vermutung), ich hab' jetzt ca. 28l zu
ca. 11,5 % SW, ja, das ist eine schlechte Ausbeute. Und dafür ist der
Hopfen auch etwas viel.
Notizen für nächstes Jahr -
12-14 frische Blüten auf 30l oder 10-11 richtig lange offene Blüten
(intensiver)
Ziel 15 IBU
Grüße, viel Erfolg
Tino ____________________
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Antwort 11 |
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Senior Member Beiträge: 412 Registriert: 18.12.2007 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 30.6.2010 um 10:30 |
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LOL, das ist die ganz gewöhnliche Atmungs-Reaktion. Das kann jede Hefe,
braucht hald Sauerstoff dazu. Aber der ist ja nicht gut fürs Bier
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Antwort 12 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 1.7.2010 um 11:48 |
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Hi Leute,
also ich versuche mal eine Erklärung zur alkoholarmen Gärung der
"Nektarhefe". Auf Blüten und überreifen Früchten existiert eine sehr
vielfältige Hefeflora. So auch reine Atmungshefen wie z. B.
Rhodotorula.
Die Sacharomyceten, also unsere Gärhefen sind mit ca. 1% die am schwächsten
vertretenen natürlichen Hefen. Am Ende setzen sie sich jedoch immer durch,
da sie den meißten Alkohol vertragen.
Bei dieser Herstellung eines Holundersektes soll ja auch oft und lange
gerührt werden. Dann noch Wärme, UV-Licht und leichte Säure. Dadurch könnte
Rhodotorula gezielt vermehrt werden und einen Großteil des Zuckers
verbrauchen. Was das Licht dabei für eine Rolle spielen soll weiß ich
allerdings nicht.
Am Ende der Gärung hat sich dann Sacharomyces auch genug vermehrt und sorgt
für etwas Alk. und Druck in der Nachgärung.
m.f.g
René
____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 13 |
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Senior Member Beiträge: 288 Registriert: 22.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 1.7.2010 um 19:44 |
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Naja, eventuell könnte die UV-Strahlung eine leicht desinfizierende Wirkung
haben, um zB Milchsäuregärung zu unterdrücken.
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Antwort 14 |
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Senior Member Beiträge: 288 Registriert: 22.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 14.7.2010 um 12:48 |
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Hi,
hab gestern eine Antwort auf die Mail an den Autor des Holundersektrezeptes
bekommen, deshalb hol ich den Thread nochmal kurz hoch.
Zitat: | Auf den Holunderblüten
sitzen saccharophile Hefen, also Wildtypen, kein Laborstamm. Wenn Sie eine
1.5l Petflasche nicht ganz füllen, so ist genug Sauerstoff vorhanden.
Einige S. cerevisiae sind wahrscheinlich auch dabei und verantwortlich für
etwas Alkohol. |
Bringt uns also nicht arg viel weiter. Naja, was solls.
Auf jeden Fall versekte ich lieber richtig, anstatt eine Zuckerbrühe
aufzusetzen.
Gruß Florian
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Antwort 15 |
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Junior Member Beiträge: 10 Registriert: 30.12.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 15.7.2010 um 13:05 |
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Hallo René
das mit den mysteriösen Holunderblütenhefen ist ken Naturwunder. Jede Hefe
veratmet Zucker zu Kohlendioxid, wenn sie denn Sauerstoff zur Verfügung
hat. Dabei kann sie Substan aufbauen. Deshalb belüften wir bei der
Hefevermehrung. Erst wenn sie keinen Sauerstoff mehr hat, schaltet sie auf
Notbetrieb um, und das ist dann die von uns so geschätzte alkoholische
Gärung.
Gruß
Gerhard
____________________ KB
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Antwort 16 |
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Posting Freak Beiträge: 835 Registriert: 5.3.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 16.7.2010 um 21:46 |
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Hi Leute,nochmal zum Beitrag von Haunted_by_beer zu kommen,
Ich habe mal gehört,wenn man der Hefe bei der Gärung genügend Luft
zugiebt,"vergärt"Die ohne Alkohol zu bilden...?-Nennt man
Assimilation....(keine Borg!)
Also scheint Bierhefe unter anderen Bedingungen anders zu "arbeiten" ____________________ die Dinge sind so,wie man Sie sieht...
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Antwort 17 |
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