Moderator Beiträge: 9432 Registriert: 12.11.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 24.8.2011 um 14:49 |
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Man kann mit Zucker sehr schöne Aromen erzeugen, z.B. mit Muscovado
Rohrzucker aus Mauritius.
Außerdem kann man schön schlanke Starkbiere machen und nicht so mastige
Malzbomben wie viele deutsche Bockbiere, z.B. ein leckeres Duvel. Zucker im
Bier ist ein Riesenthema, Garett Oliver von der Brooklyn Brauerei
beschäftigt sich z.B. sehr damit.
Nicht zu vergessen die Trappistenbiere.
Nochmal: Rohfrucht und Zucker können zur Kostensenkung beitragen, können
aber auch fantastische Gestaltungsmittel sein.
Ehrlich gesagt vestehe ich Deine Angst nicht. Wenn Du Recht hättest, dann
wäre der belgische Biermarkt mit den übelsten Chemiebrühen überschwemmt,
das Gegenteil ist der Fall (natürlich gibt es da auch Industriemist, der
ist aber nicht Chemieveseucht).
Oder die Engländer mit ihrer Rohfrucht im Ale, wo ist denn das 100%
englische Rohfruchtbier mit technischen Enzymen?
Sorry, das ist Panikmache oder German Angst.
Und nur deswegen den deutschen Biermarkt auf ein paar Rohstoffe zu
limitieren ist vollkommen überzogen.
Ich denke, wir beide schätzen die Risiken und Chancen einer Öffnung des RHG
ziemlich verschieden ein, vielleicht liegt die Wahrheit irgend wo in der
Mitte.
Stefan
[Editiert am 24.8.2011 um 16:18 von Boludo]
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Antwort 50 |
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Posting Freak Beiträge: 1002 Registriert: 27.7.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 24.8.2011 um 16:51 |
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Zitat von JanBr, am 24.8.2011 um
14:36 | .... Aber dann sollten sie auch unter
den authentischen Bezeichnungen verkauft werden, also Ale oder Stout und
die Zusatzstoffe sollten auch aufgefuehrt
werden... |
Ist es denn nicht so schon möglich? Braue ich als
Brauerei Meier ein Stout mit sagen wir mal u. a. Haferflocken, dann kann
ich das ganze doch als "Meier Stout" in Verkehr bringen, solange nirgendwo
auf dem Etikett "Bier" steht. Oder ein "Meier Tripple", was auch immer. Der
Liebhaber wird schon wissen, was das ist. Erst recht wenn als Hersteller
"Brauerei Meier" draufsteht. Warum macht das keiner?
Ist doch bei den Bier-Mixen nicht anderes, oder?
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Antwort 51 |
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Posting Freak Beiträge: 829 Registriert: 5.5.2010 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 24.8.2011 um 17:12 |
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Genau so seh ich das auch. Es wäre heute schon möglich und wird ganz
vereinzelt ja auch gemacht. Oder Bier mit Honig, das heisst dann eben
"Odintrunk". Warum es nicht mehr gemacht wird? Wahrscheinlich weil die
Nachfrage nicht da ist. Deswegen verstehe ich Jans Bedenken auch sehr gut.
Ich glaub nicht dass sich bei uns eine Bierkultur wie in Belgien entwickeln
würde nur wenn das Duvel oder Triple jetzt Bier heissen dürfte. Eher würde
jede Möglichkeit zur Kostensenkung und Gewinnmaximierung genutzt, siehe
OE.... Denn wie Schlupfer schon angemerkt hat, möglich wäre es sehr wohl
ein Ale oder Stout oder ein IPA zu brauen und als solches zu verkaufen. Nur
eben nicht als Bier, was soll's? Aber es wird eben nicht gemacht.
Nochmal zurück zum Anfangsthema "Bayrisches Reinheitsgebot von 1516 und
Hefeweizen": Stefan, du hast doch gute Beziehungen zu Schneider. Könntest
du nicht bei denen mal nachfragen? Auch bei Schneider steht sogar auf der
Hopfenweisse drauf "Gebraut nach dem bayerischen Reinheitsgebot", nur das
1516 ham's weggelassen.
Beste Grüße
Tom
____________________ Keine Produkte aus Massenbierhaltung!
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Antwort 52 |
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Member Beiträge: 85 Registriert: 14.6.2011 Status: Offline
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erstellt am: 24.8.2011 um 22:10 |
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Wie gesagt mir ging es auch weder darum die Qualität zu erhöhen oder die
vielfalt zu verändern.
Ich fände es nur Sinvoll, wenn alles was als Bier hergestellt wird auch
Bier heißen darf und nicht mit Fantasynamen im Umlauf gebracht werden
sollte. Wenn mich mit jemanden unterhalte möchte ich nicht erst nachfragen
müssen was ein "alkoholisches Dinkel-Weizen Getränk" ist, oder ein "Gutstaf
bestes Rezept" wenn von Bier die Rede ist! Im Gegenzug würde ich aber die
Kennzeichnung "gebraut nach usw." Nur auf die Biere aufbringen lassen, auf
die es auch wirklich zutrifft. Denn alleine die Tatsache, das wir als
kenner der Problemathik darüber stunden und Tagelang disskutieren können
beweist doch im Grunde nur das unser RHG so wie es existiert für den A.
ist. Also sollte man auf der einen Seite solchen die danach brauen möchten
dieses gerne tun und kennzeichnen lassen (aber eben nur die!) und alle
anderen, können doch brauen was sie möchten. Solange die Maischen, bittern
und es aus Bierzutaten, wie Malzen, Wasser und Hopfen besteht kann es doch
Bier heißen oder nicht. Milchsäure &co würde ich in begrenzeter Menge
zulassen, aber eben mit einer Kennzeichnungpflicht. Sobald di ersten 5
Leute isch kratzen und ein Artzt befindet, das es auf Milchsäuren im Bier
zurückzuführen ist, sorgt der Verbraucherschutz sowie so dafür.
@Schlupfer: Natürlich wird Bier nicht chemisch entkeimt... hoffe ich
jedefalls, das war auch nicht auf das RHG bezogen sonder auf die Tatsache,
das jeder panisch von "Chemie Bier" gesprochen hat. So als ob Chemie der
Leibhaftige währe, ich wollte lediglich aufzeigen das Chemie nicht immer
schlecht ist und von JEDEM in gewissen mase beim Brauen verwendet wird.
Egal ob im Endprodukt noch vorhanden oder nicht.
Gruß
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Antwort 53 |
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Moderator Beiträge: 9432 Registriert: 12.11.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 25.8.2011 um 07:54 |
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So viel ich weiß, gelten aber in Bayern noch strengere Regeln als im
restlichen Deutschland.
Wie das genau juristisch geregelt ist, weiß ich nicht, aber das "bayrische
Reinheitsgebot" erlaubt auch bei obergärigen Bieren keinen Zucker oder
Süßstoff, so wie ich es mitbekommen hab.
Ich hab mal bei Camba Bavaria nachgefragt, ob im Stout Röstgerste drin ist,
die haben gesagt, sie dürfen nur Röstmalz nehmen, was da wirklich drin ist,
ist natürlich eine andere Frage.
Der Braumeister von Schäffler braut ein mal im Jahr ein Triple mit
Westvleteren Hefe, da ist aber auch kein Zucker drin. Das Ergebnis ist
entsprechend malzüberladen, da der Alkoholgehalt allein durch die
Stammwürze erzeugt wird. Wenn er dürfte, würde er vermutlich auch Zucker
rein tun.
Kennt sich da jemand genauer aus? Ich will hier kein gefährliches
Halbwissen verbreiten.
Bei Schneider frag ich mal nach, Paulaner war als letztes dran, antwortet
aber noch nicht.
Vermutlich steh ich so langsam auf einer roten Spam Liste bei den
Brauereien
Stefan
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Antwort 54 |
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Administrator Beiträge: 10493 Registriert: 23.10.2005 Status: OnlineGeschlecht:
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erstellt am: 25.8.2011 um 10:42 |
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…wobei zu beachten wäre: Wasser ist die pure Chemie und kommt genauso
natürlich vor wie (Brau-) gips.
Gruß
Michael
____________________ „Lass die anderen mit Fichten- und Tannensprossen würzen, der Hopfen ist
das Beste, was die Natur uns bietet.“
Aus "Das Erbe des Bierzauberers" von Günther Thömmes, Gmeiner Verlag
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Posting Freak Beiträge: 5619 Registriert: 12.4.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 25.8.2011 um 16:53 |
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Zitat: | So viel ich weiß, gelten
aber in Bayern noch strengere Regeln als im restlichen Deutschland.
Wie das genau juristisch geregelt ist, weiß ich nicht, aber das "bayrische
Reinheitsgebot" erlaubt auch bei obergärigen Bieren keinen Zucker oder
Süßstoff, so wie ich es mitbekommen hab. |
Wie gesagt ich bin nicht mehr auf aktuellem Stand, aber als ich das noch
war, durfte in Bayern z.B. im malzbier auch nur Malz, Hopfen und Wasser
sein, also kein Zucker und kein Zuckekoleur. In den selben Getraenken aus
anderen Bundeslaendern durfte beides eingesetzt werden.
Wie gesagt, ich weiss nicht ob dem immer noch so ist.
Gruss
Jan
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Antwort 56 |
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Posting Freak Beiträge: 527 Registriert: 31.3.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 25.8.2011 um 17:10 |
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Zitat: | So dann Sind wir jetzt
wohl beim Stammtischniveau angekommen.
1.) Unabhaengig vom RHG gilt natuerlich auch weiterhin das
Lebsnsmittelrecht. Das z.B. Trinkwasser zur Herstellung Von Lebensmittel
vorschreibt. Wenn man keine Ahnung hat bietet es sich manchmal an einfach
nichts zu sagen.
2.) Kannst du Mir jetzt noch erklaeren was eine aufweichung des eh schon
sehr weit gefasstem Biergesetz zur Steigerung der Qualitaet beitragen soll?
Meinst du die Qualitaet word steigen wenn Rohfrucht und Zucker auch
zugelassen Sind? |
die qualität würde ganz einfach dann steigen, wenn die leute kein
schlechtes, langweiliges, austauschbares bier mehr kaufen würden. und wenn
ich nach belgien gucke, da gibt es reihenweise hochqualitative biere mit
zucker. oder dänemark: mikkeller braut mit merkwürdigsten zutaten. und die
biere gehören zum besten, was am biermarkt erhältlich ist.
das rhg ist also schlichweg der falsche ansatz.
und wenn man polemik und ironie nicht versteht, bietet es sich manchmal an,
einfach nichts zu sagen
[Editiert am 25.8.2011 um 17:11 von Jevers Zeuge]
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Antwort 57 |
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Posting Freak Beiträge: 527 Registriert: 31.3.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 25.8.2011 um 17:22 |
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@ hefefreund: ein schöner ansatz. ich habe aber auch kein problem damit,
meine "biere" mit phantasienamen zu belegen, weil sie dem großen deutschen
marketing-gag (auch reinheitsgebot genannt) nicht entsprechen. schließlich
werbe ich explizit damit, dass meine produkte "garantiert nicht nach dem
reinheitsgebot gebraut" sind.
ich persönlich trinke gerne gutes bier und keine zutatenlisten. wenn es
schmeckt, ist doch völlig egal, was drin ist.
prost
jevers zeuge
www.zeugenbraeu.de
____________________
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Antwort 58 |
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Posting Freak Beiträge: 5619 Registriert: 12.4.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 25.8.2011 um 18:20 |
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Zitat: | die qualität würde ganz
einfach dann steigen, wenn die leute kein schlechtes, langweiliges,
austauschbares bier mehr kaufen würden. |
Nein, dem ist eben nicht so. Ueber Geschmack laesst sich streiten, ueber
Qualitaet nicht. Das best schmeckendste Bier mit den ausgefallensten
Zutaten kann ganz einfach handwerklich unter aller Kanone gebraut sein und
technologisch der absolute Rohrkrepierer sein. Auf der anderen Seite kann
ein austauschbares Fernsehbier qualitativ absolut hochwertig und
handwerklich einwandfrei sein. Der Unterschied ist, Geschmack ist
subjektiv, Qualitaet laesst sich fuer gewoehnlich messen.
Und du sprichst ein weiteres Problem an, es scheint ja so zu sein das die
Mehrheit ein "langweiliges, austauschbares" Bier bevorzugt. Wo sind denn
all die Roggenbiere hin, die als grosse Neuerung auf den markt kamen, warum
hat Jever nach und nach die IBUs zurueckgeschraubt, warum ist Berliner
Weisse nach wie vor ein Nieschenprodukt?
Gruss
Jan
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Antwort 59 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 25.8.2011 um 18:23 |
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Hi Leute,
es stellt sich die Frage, was man sich unter traditionellen deutschen Bier
überhaupt vorstellt. Hier ein Beispiel:
Zitat: | Zitat aus
"Braulotse":
Danziger Jopenbier
Einen Typ von ganz besonderer Art , der sich in den Begriff "Bier"
eigentlich nicht einordnen ließ, stellte das "Danziger Jopenbier" dar (
Jope = Schöpfkelle ). Es hatte einen Extraktgehalt von unglaublichem 45 -
55 %. Jahrhundertelang konnte das Jopenbier seinen weltruf wahren, denn es
wurde nicht nur innerhalb, sondern mehr noch ausserhalb der Stadtgrenzen
geschätzt. Große Mengen gingen vom Ostseehafen nach England und Holland, wo
es zur Bereitung von Suppen und Saucen Verwendung fand. Im Jahre 1891
beispielsweise betrug der Export von Danziger Jopenbier über 5000
Hektoliter. Im Inhald wurde es weniger zum Kochen, als vielmehr als
Kräftigungsmittel , beispielsweise als Zumischung zu normalem Bier,
eingesetzt.
Die Herstellung verlief folgendermaßen:
Die Maisch- und Läuterarbeit war wie bei normalen Bieren, die Hopfengabe
betrug 700 - 800 g/hl. Die Kochzeit allerdings war extrem lang und betrug
bis zu 10 Stunden. Manche Brauereien trennten auch die Vorderwürze und die
Nachgüsse und kochten in zwei Pfannen. Die Kühlung erfolgte ausschließlich
auf dem Kühlschiff. Gebraut wurde darum nur von September bis Mai. Nur in
den Wintermonaten kühlte sich die Würze auf dem Kühlschiff schnell genug ab
und war weitgehend vor Verderb geschützt. Ungewöhnlich waren die Gärkeller.
Es waren Schuppen, die sich an Wänden und Boden mit Schimmel überzogen
hatten. Dieser Schimmelrasen durfte nicht entfernt werden. Er galt als der
Hausgeist, der die spontane Gärung hervorruft und dem Bier seine dem
Portwein ähnliche Prägung verlieh. Ungewöhnlich war der Verlauf der Gärung,
die sich in einer Reihe verschiedener Phasen vollzog. In der ersten Phase
überzog sich die Würze, in die keine Hefegabe erfolgte, mit einer weißen
Schimmelschicht, die innerhalb von 2 - 3 Wochen in grün / blau überging.
Dann entwickelten sich Gärblasen, die begannen, die Schimmeldecke zu heben.
Jetzt wurde die Decke abgehoben und die Gärung verstärkte sich. Der Bottich
wurde dann mit einem Deckel, in dessen Mitte ein Loch war, und der mit
einer umlaufenden Rinne versehen war, verschlossen. Die nur halb gefüllten
Bottiche schäumten während ca. 14 Tagen stark über und das überlaufende
Bier wurde in Wannen gesammelt und zurückgeschüttet. Die Nachgärung im
Bottich dauerte weitere 2 - 4 Wochen, dann kam die Gärung zum Stillstand
und das Bier überzog sich wieder mit einer grünlichem Schimmeldecke. In
diesem Zustand blieb das Bier nun, je nach Absatzentwicklung, bis zu 1 Jahr
liegen. Vor dem Verkauf wurde es durch Säcke filtriert und üblicherweise
auf 13 Litzer Fässer abgefüllt. Lange war die Gärung ein Mysterium. Erst E.
Glimm vermochte eine Klarstellung der für die Gärphasen verantwotlichen
Mikroorganismen zu erarbeiten. Die Gärungsorganismen waren Penicillium und
Mucor Schimmelpilzstämme, sowie unter- und obergärige Saccharomyces Hefen,
Weinhefen und Kahmhefen. Weiterhin waren Milchsäurebakterien enthalten, die
im Jopenbier bis zu 2% Milchsäure bildeten. Die estrige Note wurde durch
die Schimmelpilze und Kahmhefe verursacht. |
Jetzt kommt das Beste...dieses Bier ist gebraut nach dem Deutschen
Reinheitsgebot Na also, geht doch ____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 60 |
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Posting Freak Beiträge: 5619 Registriert: 12.4.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 25.8.2011 um 18:40 |
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Zitat: | Jetzt kommt das
Beste...dieses Bier ist gebraut nach dem Deutschen Reinheitsgebot Na also,
geht doch |
Eben, ich bin mir ziemlich sicher das man auch das RHG in seinen
Grundsaetzen (ich spreche jetzt nicht von der Haarspalterei) verlassen muss
um interessante Biere zu brauen.
Und das hab ich schon vor ungefaehr 27 Postings klar gestellt das ich
manche Dinge nicht nachvollziehen kann, z.B. warum nur Gerstenmalz, warum
kein Hopfenstopfen usw.
Gruss
Jan
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Antwort 61 |
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Posting Freak Beiträge: 1002 Registriert: 27.7.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 25.8.2011 um 18:43 |
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@flying
Uih, das liest sich aber lecker. Nebenbei wurde wohl auch noch Käse
hergestellt, so Richtung Roquefort.
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Antwort 62 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 25.8.2011 um 18:54 |
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Hi Jan,
ja mei, ich will Dich doch garnicht angreifen. Ich sehe manche Dinge genau
so. Ein Pilsner sollte ein Pilsner sein und nicht ein Quasipilsner mit der
obergärigen Nottingham und Cascade Hopfen...
Sorten wie fränkisches Dunkel, Märzen, Bock, u.s.w. sind nur
stilecht, wenn sie nach dem "echten und gefühlten" Reinheitsgebot
gebraut sind.
Dabei geht es mir aber nicht um dieses elendige, verlogene, immer wieder
verbogene heutige Biersteuergesetz, sondern um Traditionen und die Pflege
von alten Bierstilen!
@Schlupfer,
leider ist dieses hochinteressante Bier ausgestorben Es war wohl eher eine Medizin? (könnte theoretisch sogar
gegen die Pest geholfen haben, durch den Penicillin-Schimmel?)
Ist Bier und Käse nicht immer lecker..
[Editiert am 25.8.2011 um 19:03 von flying]
____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 63 |
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Gast
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erstellt am: 30.10.2013 um 14:53 |
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Eine Frage an die Experten (sry falls das schon iwo steht, habs nicht alles
gelesen):
Früchte als Zugabe zur Maische bzw. in den Gärbottich sind laut bayerischem
RHG nicht erlaubt. Radler beispielsweise aber auch nicht. Wie verhält sich
das? Darf ich natürliche Zutaten verwenden, wenn ich das a) auf dem Etikett
angebe und b) nicht "nur" Bier draufsteht, sondern Himbeer-Bier zum
Beispiel?
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Posting Freak Beiträge: 3929 Registriert: 10.9.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 30.10.2013 um 14:54 |
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Nöööö, du darfst es dann überhaupt nicht "Bier" nennen.
Verwenden kanns du natürlich alles, was du willst solange es legal und
nicht gesundheitsschädlich ist.
Es geht allein um die Bezeichnung "Bier"
[Editiert am 30.10.2013 um 14:55 von Hagen]
____________________ Besten Gruß
Hagen
------------------------------
Taumelkäfer Hausbräu - honi soit qui mal y pense!
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Antwort 65 |
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Gast
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erstellt am: 30.10.2013 um 15:03 |
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Wenn ich also "Vergorener Himbeer-Gersten-Saft" draufschreib, wäre das
zulässig?
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Gast
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erstellt am: 30.10.2013 um 15:09 |
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auf privater Ebene kannst Du da draufschreiben was Du willst
Gruß
Jürgen
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Senior Member Beiträge: 330 Registriert: 8.8.2013 Status: Offline
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erstellt am: 30.10.2013 um 15:26 |
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und das sogar in Bayern. Ansonsten ist es wohl einfacher, seinen
gewerblichen Brausitz außerhalb der Republik einzurichten und von dort ohne
die allein noch für Deutschland geltenden Einschränkungen Bier herzustellen
und nach dort zu importieren.
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Antwort 68 |
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Posting Freak Beiträge: 5619 Registriert: 12.4.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 30.10.2013 um 15:51 |
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Ja das wäre zulässig. oder Himbeerwein mit Getreide. Oder Pangalaktischer
Donnergurgler.
Ohne jetzt die RHG Diskussion erneut zu starten (sind nämlich noch keine 3
Monate rum ) kann mir jemand folgendes Phänomen erklären:
Stellt sich raus das Firma X auf Ihre Pizza Analgokäse einsetzt oder das
Unternehmen Y Seperatoren- Formpressfleisch statt Schinken in Ihre Pasta
geben, ist der Aufschrei rießig. Die böse Lebensmittelindustrie will uns
alle vergiften. Wenn Zellulose im Saft schwimmen statt Fruchtfasern fühlt
sich jeder getäuscht und geht auf die Barikaden. Eigentlich zu recht, denn
man versucht dem Verbraucher durch lebensmitteltechnische "Tricks" eine
Produkteigenschaft vorzugaukeln die das Produkt so nicht aufweist. Der
Verbraucher versteht eben unter Pizzakäse einen Käse aus Milch und erwartet
auch zu recht genau den auf der Pizza zu finden und eben keine pflanzlichen
Eiweisextrudate.
Mir geht es eben ähnlich mit Bier. Ich als Verbraucher verbinde bestimmte
Produkteigenschaften mit dem Name Bier. Diese Produkteigenschaften, die ich
erwarte, sind geprägt durch meine Erfahrung mit dem Lebensmittel, das ist
ganz klar. Da ich in Bayern aufgewachsen bin, erwarte ich bei einem Produkt
das mir als Bier verkauft wird sicherlich etwas anderes als jemand in Kenia
aufgewachsen ist.
Ich z.B. erwarte in einem Bier Wasser, Malz, Hopfen und evtl. noch Hefe und
ich möchte auch in Zukunft nicht erst das "Kleingedruckte" der
Inhaltsangabe lesen müssen um nun festzustellen ob das Produkt unter zu
Hilfenahme von Aromen erzeugt wurde oder nicht.
Es würde doch auch niemand auf die Idee kommen eine Magarine, in der 5%
Milch verarbeitet wurden Butter nennen zu wollen.
Ihr, mit verlaub gesagt, eine sehr verklärte Vorstellung davon was es
heisst sein Geld mit der Herstellung von Lebensmittel zu verdienen. Eine
Aufweichung der bestehenden lebensmittelrechtlichen Bestimmung würde
sicherlich nicht dazu führen das wir plötzlich eine unbeschreibliche
Vielfalt toller Biere aus rein natürlich Zusatzstoffen hätten. Es würde
dazu führen das man das technisch Mögliche unternehmen wird um Prozeße zu
optimieren und wirtschaftlich attraktiver zu gestallten.
Gruß
Jan
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Antwort 69 |
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Posting Freak Beiträge: 3929 Registriert: 10.9.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 30.10.2013 um 16:00 |
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Nochmal ganz kurz zum Bayrischen Reinheitsgebot von 1516, wo sich auf der
ersten Seite des Threads eine Diskussion entspann, die rechtshistorisch an
der Sache vorbei geht.
Irgend jemand deutete es auch schon im Nebensatz an, daher hier nochmal im
Klartext:
1) das RHG galt grs. für alle Biere, die vertrieben wurden.
Hintergrund waren
a) lebensmittelrechtliche Überlegungen zum Verbraucherschutz
b) Sicherung der Brotversorgung der Bevölkerung durch Herausnahme von
Weizen
c) eine lukrative Quelle für Zusatzeinnahmen der Wittelsbacher, denn es
2) Dufte auch mit Weizen(malz)gebraut werden, jedoch nur aufgrund einer
Ausnahmegenehmigung, jur. Privileg, die sich die Wittelsbacher teuer
abkaufen ließen.
Brauereien, die sich dieses Privileg erkauften, durften sich fürderhin
"Hofbräuhaus" schimpfen und damit auch Weizenbier brauen.
Die Bezeichnung Hofbräuhaus hatte also nichts damit zu tun, dass sie
Hoflieferanten waren, wie man gemeinhin vielleicht denken mag, sondern
allein, dass die Brauerei ein Privileg des Hofes zum Weizenbierbrauen
hatte.
@Jan, Mensch, du bist ja echt sehr dogmatisch
Ich denke, die Klarheit und Bestimmtheit etwaiger sonstiger Inhaltsstoffe
und die Vermeidung des Missbrauchs durch Brauereien kann neben
entsprechender Kennzeichnungspflicht auch anders gewährleistet werden.
Ich wüsste jedenfalls nicht, warum die Zugabe von Früchten, anderen
Getreidemalzen, Gewürzen oder Rohfrucht ein Bier nicht mehr Bier lassen
sein soll.
Zulässigen Verabreichungsformen, prozentuale Anteile etc. kann man auch
anders regeln.
Irreführungen durch die Kennzeichnungsverordnung (zB Aromastoffe) haben wir
im Lebensmittelbereich doch jetzt schon allenthalben, ganz abgesehen von
fragwürdigen Zusatzstoffen, die aktuell schon ins Bier dürfen und weder dem
reinen RHG entsprechen noch entsprechend gekennzeichnet werden müssen. ____________________ Besten Gruß
Hagen
------------------------------
Taumelkäfer Hausbräu - honi soit qui mal y pense!
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Antwort 70 |
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Moderator Beiträge: 9432 Registriert: 12.11.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 30.10.2013 um 16:01 |
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Und ich fänd´s super, wenn der Aufdruck auf dem Etikett "streng gebraut
nach dem Reinheitsgebot von 1516" auch der Wahrheit entsprechen würde.
Ich gehe nämlich ganz gerne davon aus, dass Angaben auf dem Etikett auch
eingehalten werden.
Stefan
[Editiert am 30.10.2013 um 16:05 von Boludo]
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Antwort 71 |
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Posting Freak Beiträge: 3937 Registriert: 20.7.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 30.10.2013 um 16:16 |
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Das Märchengebot lebt scheints noch. Mir grausts schon vor 2016.
Gruß
Peter ____________________ Ein Bayer ohne Bier ist ein gefährlich Thier.
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Antwort 72 |
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Posting Freak Beiträge: 5619 Registriert: 12.4.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 30.10.2013 um 16:19 |
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Zitat: | @Jan, Mensch, du bist ja
echt sehr dogmatisch
Ich denke, die Klarheit und Bestimmtheit etwaiger sonstiger Inhaltsstoffe
und die Vermeidung des Missbrauchs durch Brauereien kann neben
entsprechender Kennzeichnungspflicht auch anders gewährleistet werden.
Ich wüsste jedenfalls nicht, warum die Zugabe von Früchten, anderen
Getreidemalzen, Gewürzen oder Rohfrucht ein Bier nicht mehr Bier lassen
sein soll.
Zulässigen Verabreichungsformen, prozentuale Anteile etc. kann man auch
anders regeln.
Irreführungen durch die Kennzeichnungsverordnung (zB Aromastoffe) haben wir
im Lebensmittelbereich doch jetzt schon allenthalben, ganz abgesehen von
fragwürdigen Zusatzstoffen, die aktuell schon ins Bier dürfen und weder dem
reinen RHG entsprechen noch entsprechend gekennzeichnet werden müssen.
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Vielleicht kommt das dogmatische daher weil ich in der
Lebensmittelindustrie arbeite
Das Problem ist an sich nicht ob ich Früchte im bier zu lasse oder eben
nicht. Ich bin nur der Meinung je mehr ich an "natürlichen" Zutaten zu
lasse, desto mehr Schlupflöcher mache ich auch auf,(Wie gesagt, ich arbeite
in der Lebensmittelindustrie), die dann auch genutzt werden und zwar in den
seltensten Fällen um ein tolleres, ausgefalleneres Bier zu Brauen.
Schimmelpilze sind auch natürlich. Rohfrucht auch. Ebenso Algen. Dennoch
möchte ich nicht, nur weil es billiger ist, mein Bier aus 100% Rohfrucht
haben, die mit Schimmelpilz Amylasen verzuckert wurde und Alginate
beinhaltet, die den Schaum stabilisieren.
da bin ich eigen.
Jan
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Antwort 73 |
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Posting Freak Beiträge: 3929 Registriert: 10.9.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 30.10.2013 um 16:28 |
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Jan, da geb ich dir ja völlig recht. Aber das meinte ich mit
Darreichungsform.
Aber das lässt sich mit ein bisschen Mühe doch regeln?
Und natürlich hast du grs. Recht, je weniger Zutaten, desto weniger
Schlupflöcher.
Rein pragmatisch betrachet.
Ich - und ich denke wohl auch die meisten, die sich hier kritisch geäußert
haben - habe lediglich Probleme mit dem äußerst eingeschränkten
Gattungsbegriff "Bier", der daraus resultiert.
____________________ Besten Gruß
Hagen
------------------------------
Taumelkäfer Hausbräu - honi soit qui mal y pense!
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Antwort 74 |
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