Hallo liebe Forumsgemeinde,
ich möchte mich Euch vorstellen und Euch eine kleine Doku meines ersten
Sudes mit Bildern zeigen. Mein Name ist Daniel, bin 30 Jahre alt und komme
aus dem schönen Saarland. Jetzt kommt der Satz, den die meisten Neulinge
hier schreiben: Ich lese seit Jahren hier im Forum mit (seit ca. 2007 mit
Unterbrechungen), hatte schon mehrfach vor endlich Equipment zu besorgen
und loszulegen. Leider ist mir immer etwas dazwischen gekommen, sei es
berufliche Weiterentwicklung, Hochzeit, Hausbau…. . In den Jahren habe ich
in allen Urlauben die Lektüren von Hanghofer, Hagen Rudolf etc. immer
wieder gelesen. Aber nun war es soweit, ich war noch nie so angestachelt
wie seit diesem Sommer und ich habe mir geschworen, in diesem Jahr meinen
Vorhaben umzusetzen. Ich habe hier im Forum im letzten halben Jahr sehr
viel Zeit investiert, um eine passende Brauanlage zu planen. An dieser
Stelle schon mal herzlichen Dank für die vielen Denkanstöße, ich bin
begeistert vom familiären Umgangston und der zielführenden sachlichen
Diskussion unterschiedlichster Sachverhalte.
Die Anlage stelle ich Euch in der nächsten Zeit in Bildern in separatem
Thread noch vor, ich habe beim ersten Sud gemerkt, dass ich noch ein paar
Kleinigkeiten optimieren will/kann. Hier muss ich dazu sagen, dass ich in
der Regel nicht gerne halbe Sachen mache, daher habe ich sehr lange geplant
und mir auch ein entsprechendes Budget bereitgelegt. Entgegen der
Empfehlungen hier im Forum wollte auch nicht mit Bierkits starten, sondern
gleich, wenn auch diffiziler, „richtiges“ Bier herstellen. Meine Anlage
besteht aus:
- 50l Topf induktionsgeeignet mit 1“Hahn, beheizt mit Hendi-Platte (3500
Watt, manuell)
- 38.5l Thermoport mit Hahn zum Läutern mit passendem Mattmill
Läuterblech
- 60l Gärfass Speidel (hier müssen zeitnah noch 1-2 Stück angeschafft
werden)
- Digitales Refraktometer (Milwaukee MA 885, anscheinend baugleich zu den
Hanna-Refraktos)
- sowie eine Menge Kleinzeugs (Erlenmeyer, Bierheber, 5l Messbecher,
Desinfektionsmittel OXI und Caustic, Verkorker, Flaschenmanometer,….)
Wie bereits oben erwähnt, die Anlage in Bildern kommt noch, aber Ihr seht
den Großteil ja gleich bei der Braudoku.
Ich hatte schon länger im Hinterkopf, mein erstes Selbstgebrautes soll
ein Weizen sein, verbunden auch mit den Umständen, dass ich mich zunächst
mal an Obergärigen Bieren versuchen will. Möglichkeiten für Untergäriges
oder die Kaltreifung habe ich im Keller in Form eine Edelstahlkühltheke
(mit 2 Bierleitungen und 2 Zapfhähnen).
Für mein erstes Weizen habe ich mich am Rezept von Thomator auf MMM
orientiert, wollte dem hellen Weizen allerdings einen kleinen Stich
farblich Richtung rot/kupferfarben mitgeben, daher habe ich die Schüttung
wie folgt angepasst.
Für 40l fertiges Bier mit ca. 14% Stammwürze, 21-22 EBC und knapp 17-18
IBU
4,6 kg Weizenmalz
2,9 kg Münchner Malz
1,9 kg Wiener Malz
0,5 kg Carared
Hauptguss 33l, Nachguss 26l
Das einfach gehaltene Maischprogramm
Einmaischen bei 56 °C
1. Rast bei 62 °C für 30 min
2. Rast bei 72 °C für 30 min
3. Abmaischen bei 68°C
Hopfen ist Saphir mit 4,9 % Alpha
20 g zu Beginn in die Vorderwürze, 40 g für 70 min Kochen
Als Hefe habe ich die Flüssighefe WLP 300 genommen, da ich mir hier richtig
viel Banane erhoffe.
Das Wasser habe ich so belassen, hier in St. Ingbert haben wir ein gutes
Wasser, für das Weizen reicht das ohnehin.
Ein Tag vorm 1. Sud habe ich die WLP 300 mit abgekochtem und verdünntem
Malzbier im Erlenmeyer gestartet
Das Malz habe ich geschrotet geordert, wird zunächst auch so bleiben
Um 10:30 war Brauwasser auf Einmaischtemp.
Aufheizen auf 62°C zur ersten Rast um 30 min zu verweilen
Danach weiter auf 72°C zur zweiten Rast, hier auch wieder 30 min.
Anschließend aufheizen auf Richtung 78°C zum Abmaischen, ich habe bei ca.
77°C schon mal die Jodprobe gemacht und war spontan jodnormal
Wenige Sekunden später waren wir auch schon bei 78°C und es ging ans
abmaischen
Vorher schön den Thermoport ins Blei gestellt, im Gegensatz zur Kamera
Zuerst habe ich die ersten 7-10 Liter Dünnmaische mit dem Messbecher
abgezogen und geschaut, dass das Läuterblech unter sich keine Luft hat
(hierzu gibt’s leider kein Foto), danach habe ich den Hahn geöffnet. Es hat
mich beruhigt dass der 1“ Zoll Hahn reicht. Dann ca. 10 min. Läuterruhe
eingehalten
Bis hier hin hat alles gut geklappt, ich war überrascht und auch gar ein
wenig stolz dass ich das bisher alleine und ohne Vorkenntnisse so gut
gemeistert hab. Auch das anfängliche Läutern lief richtig gut, die ersten
trüben Liter wieder zurück gekippt und die Würze lief alsbald klar, und
reichlich.
Ich habe einfach mal aus dem Strahl einen Teelöffel klare Würze entnommen
und mit dem Refraktometer gemessen (vorher mit dest. Wasser getestet und
kalibriert).
Ich war erschrocken, mit 19 Brix und über 18° Plato bin ich ja im
Doppelbockbereich. Nun ja, ich dachte, begingt durch die Nachgüsse kommt ja
noch dünnere Würze, vielleicht komme ich so in den Zielkorridor von 13-14°
Plato. Notfalls halt verdünnen, gibt ja mehr Bier. Das letzte was ich mit
dem ersten Bier erreichen will, ist ein Hammer für Bierkenner, ich will ja
die Familie und Freunde an den Festtagen verköstigen (mit einem Bier das
nicht direkt durch Extreme abschreckt).
Aber plötzlich, nach ca. 15-20l lief plötzlich nur noch ein Rinnsal
(Tröpfchen) durch den Hahn, es dauerte ewig, ich hab dann einfach mal etwas
Nachgußwassser aufgebracht und in den ersten 2-3 cm des Treberbetts mit
hoher Vorsicht ein wenig aufgelockert, und siehe da, es lief wieder. Ich
musste Vorgang doch 4-5 mal weiderholen, das Läutern ist zeitlich dann auch
auf knapp über 3 Stunden ausgeartet. Ich habe parallel bereits mit
Aufheizen begonnen, damit das Hopfenkochen zeitig losgeht. Die letzten
Tropfen hatten 8,7 Brix, ist mir viel vorgekommen.
Parallel habe ich die Hopfenpellets für die 2 Hopfengaben in 2 große
Teebeutel verpackt. Das werde ich in Zukunft seinlassen, denn die Dinger
haben sich nach 50-60 min Kochen in Wohlgefallen aufgelöst.
Dann wurde es wieder chaotisch, denn bedingt durch das lange Läutern war
ich etwas in Zeitverzug, also musste nach dem 90 Minütigen Kochen alles
schnell in den Gäreimer. Denn ich hatte einen nicht verschiebbaren Termin
und musste außer Haus. Deshalb hab ich ganz brachial nach dem Hopfenkochen
auf den Whirlpool verzichten müssen (den ich unbedingt machen wollte) und
habe durch den Ablasshahn in den 5l Messbecher umgeschüttet und mit diesem
die Würze durch das 200my Filtergewebe (auch bekannt als Sputnik)
geschickt. Lief eigentlich prima, aber der Filter war nach einer gewissen
Zeit natürlich weitestgehend zu, und der durchlauf wurde langsamer. Naja,
aber immerhin waren ca. 20-25l im Gärfass, dann musste ich weg und hab den
Sputnik rausgezogen und in die Würzepfanne gelegt. Als ich nach 2,5 Stunden
zurückgekommen bin hatte ich ca. 10-15l trüber Brühe in der Würzefanne, ich
wollte keine Experimente eingehen und habe es weggeschüttet (heul
). Aber während der Autofahrt hab ich per Kopfrechnung schon gedacht dass
ich noch ein paar Liter mehr bekomme, da ich wahrscheinlich verdünnen muss,
um in den Bereich von 13-14°C Plato zu kommen. Ich hab dann abwechselnd
abgekochtes Wasser hinzugegeben, gerührt und refraktometriert, und die
Würze so auf 14.1 Brix (13,7 Plato) eingestellt. Ich kühle hier zunächst
über Nacht ab, ich konnte mich beim Kühlsystem noch nicht auf Spiralkühler
oder PWT festlegen. Ich brauche für 6,5g CO2 Gehalt knappe 3,5 Liter
Speise, ich habe vorsichtshalber mal 4,5 Liter kaltgestellt. 200 ml
abgekühlte Würze habe ich auch noch dem Starter hinzugegen und neben das
Gärfass gestellt, mich dann ins Bett gelegt.
Am nächsten morgen war alles abgekühlt und ich habe den eifrig vor sich
hergärenden Starter in die Würze geschüttet und bin ins Büro gefahren.
Nachmittags heimgekommen, einen Blick ins Fass geworfen und festgestellt,
das tut sich was (hab nur den Spund kurz weggenommen und mit der Handycam
das Bild gemacht). Freu, die Gärung ist angekommen, die Hefe macht Ihren
Job.
Indiz war auch dass der Gärpsund alle 30-40 sek. „geklopft“ hat. Ein
ergreifendes Gefühl, es scheint zu funktionieren, dachte ich mir. Ich habe
das Fass dann auf dem Rollbrett in den warmen Heizungskeller gefahren und
bin glücklich abends ins Bett.
Am nächsten morgen wollte ich natürlich gleich kontrollieren und war
überwältigt. Ich bin schon beim Hinunterlaufen in den Keller irritiert
gewesen vom permanenten Klopfen, es war der Gärspund, das Ding hat fast
gehämmert wie ein 2Takt-Motor
.
Zum Glück habe ich ein 60l Fass genommen.
Ich habe dann auch mal über den Hahn ein paar Tropfen entnommen, den Hahn
mit kochendem Wasser desinfiziert und gemessen.
Da tut sich was
Auch am Tag drauf nochmal gemessen und mit EarlsRefrakto-Tool gerechnet
Ich habe auch ein bisschen mehr gezwickelt und das trübe Bier mal gerochen,
wow, ohne Einbildung, das riecht bananig. Also, dann auch gekostet. Hmm,
das schmeckt ja schon richtig geil. Wie kann das noch besser werden nach
Warm- und Kaltreifung. Da bin ich mal auf die Entwicklung gespannt.
Ich bin happy, den es scheint alles bis jetzt zu funktionieren.
Allerdings habe ich die Farbe, die ich errechnet habe, (noch) nicht
getroffen. Das Bier ist noch reichlich trübe, wird aber wohl von der Farbe
eher ein „normales Helles Weizen“. Ich denke in 2-3 Tagen kann ich in
separatem Gefäss aufspeisen und in Flaschen Füllen, das Leergut habe ich
Sonntag gewaschen und desinfiziert.
Ich werde weiter berichten. Ich hoffe ich habe Euch nicht erschlagen mit
meinem langen Bericht.
Ich freue mich nun vom passiven Forumsmitglied in den aktiven Status zu
wechseln
Einen Namen für meine Hausbrauerei und das erste Bier muss ich noch
finden.
Falls Ihr Fragen, Anregungen, Verbesserungsvorschläge habt oder Fehler
bemerkt habt nur zu.
Herzliche Grüße
Daniel
[Editiert am 10.12.2012 um 11:28 von Mobilix]