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Autor: Betreff: Das offene Kühlschiff
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flying
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red_folder.gif erstellt am: 17.7.2009 um 20:03  
Hi Leute.

Das Prinzip des offenen Kühlschiffs fasziniert mich. Die heiße Würze wird in eine rechteckige, flache Kupferwanne gelassen und kühlt dort über Nacht ab. Dabei setzen sich Heiß und Kühltrub ab.
Der Nachteil mit dem Infektionsrisiko ist mir schon klar. Aber, warum nutzten alle Brauereien jahrhundertelang diese Methode? Kann ja nicht jeder Sud in die Hose gegangen sein..
Auch heute verwenden einige Brauereien (z.b Uerige Alt) noch offenes Kühlschiff und Berieselungskühler. Scheint dem Geschmack ja nicht abträglich zu sein.
Die Vorteile könnten sein:
1. über die Kupferlegierung des Kühlschiffs nimmt die Würze noch einige, für die Hefe wichtige Spurenelemente, wie Zink oder Mangan auf.
2. durch die große Oberfläche dampfen noch unreine Aromastoffe ab.
3. wie schon gesagt die Abtrennung von Heiß und Kühltrub.
4. Beim Anstellen wird Belüften unnötig.

Ist so was im Hobbybrauerbereich realisierbar? Hat jemand Erfahrung?

m.f.g
Renè

P.S
Ich hab vergessen das eine zusätzliche Würzekühlung unnötig wird!


[Editiert am 17.7.2009 um 20:30 von flying]



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"Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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red_folder.gif erstellt am: 17.7.2009 um 20:11  
Hi,
bau dir lieber einen Gegestromwürzekühler aus Kupfer und lass die Würze aus einem Meter Höhe in dein Gärfaß strömen. Du erreichts damit alle Vorteile die Du aufgeführt hast inkl. Entfernung des Kaltrub und das noch mit einem geringen Kontaminationsrisiko!
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flying
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red_folder.gif erstellt am: 17.7.2009 um 20:17  
Hi Pilskopf,

Ja, ja ist mir schon klar. Aber warum nutzen einige Top-Biererzeuger ( wie der oben genannte) offene Kühlschiffe, wenns denn nichts bringt außer Infektionsrisiko?


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ZeroDome
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red_folder.gif erstellt am: 17.7.2009 um 23:41  

Zitat von flying, am 17.7.2009 um 20:17
Hi Pilskopf,

Ja, ja ist mir schon klar. Aber warum nutzen einige Top-Biererzeuger ( wie der oben genannte) offene Kühlschiffe, wenns denn nichts bringt außer Infektionsrisiko?


Ich würde mal vermuten, dass es einfach wesentlich kostengünstiger ist als mit Wasser zu kühlen bei einer derartigen großen Menge an Bier. Die Umgebung in einer Brauerei ist ja auch wesentlich "steriler" (oder wie man es in dem Fall auch nennen mag) als bei uns irgendwo zu Hause, was das Risiko erheblich senkt. Soweit meine Theorie.

lg Dominic


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Viele Grüße
Dominic
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tauroplu
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red_folder.gif erstellt am: 17.7.2009 um 23:46  
Hallo, Dominic,

tja und in der Praxis wurde bei uns in der Brauerei damals im 1. Stock mit auf Kipp gestellten Fenstern (Durchzug) im Kühlschiff gekühlt. Die Brauerei war umgeben von Bauernhöfen mit Mischobstweiden, also jeder Menge wild umher fliegender Wildhefen...

Und auch ich habe mich schon damals gefragt, warum die in der Brauerei nie Infektionen hatten. Hier muß glaube ich mal ein Braufachmann antworten, ich weiß jedenfalls bis heute auch keine Antwort.

Relativ "steril" war es bei uns nur im etwa 4°C kalten Gärkeller, tief unter der Erde, da wurde nämlich noch in offenen Gärbottichen (bei uns hießen die Schwimmbecken) vergoren.

Gruß
Michael


[Editiert am 17.7.2009 um 23:47 von tauroplu]



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„Lass die anderen mit Fichten- und Tannensprossen würzen, der Hopfen ist das Beste, was die Natur uns bietet.“
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malzkeimpunktde
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red_folder.gif erstellt am: 18.7.2009 um 09:38  
... Ja und früher musste das abgefüllte Bier auch nur 3 Wochen halten...

Unsere Autos haben mittlerweile ja auch ein Dach, früher ginsg auch ohne ;-)
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tauroplu
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red_folder.gif erstellt am: 18.7.2009 um 09:52  
Hey, hey, hey, Thomas, also sooooo alt bin ich denn nu doch nich ;)
Unser Bier mußte schon deutlich länger als 3 Wochen halten (MHD war glaube ich 6 Monate nach Abfülldatum oder so).

Gruß
Michael


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Moonshine
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red_folder.gif erstellt am: 18.7.2009 um 10:12  
Hallo Renè,

der Ursprung des Kühlschiffs ist klar: Früher gab's schlicht keine andere Möglichkeit, die Würze zu kühlen. In Belgien wird manchen Bieren bis heute keine Hefe zugesetzt. Das Bier entsteht allein aus den dort in der Luft herumschwirrenden Pilzen. Die "Infektion" erfolgt im Kühlschiff. Dass unter den Umständen auch die eine oder andere Spinne von der Decke in die Würze fällt, ist völlig egal. Im anaeroben und alkoholhaltigen Bier lebt neben der Hefe ohnehin nicht viel.

Interessant ist, dass das Kühlschiff zumindest in kleinen Brauereien auch heute noch eine Alternative ist. Das zeigt nämlich, dass die Energieeinsparung groß und das Infektionsrisiko viel kleiner ist als gemeinhin angenommen.

Die Herstellung von Bier war lange Zeit - auch und gerade wegen der langen Kühlzeiten - eines der Lebensmittel, die (aus heutiger Sicht) am "unhygienischsten" hergestellt wurden. Und dennoch: Sobald das Bier fertig war, gehörte es zu den reinsten Lebensmittel überhaupt. In Zeiten der industriellen Revolution etwa, als in den Städten die Kloaken dampften, gab man Kindern Bier zu trinken, weil sie vom Leitungswasser krank wurden.

Andere Frage: Warum brauen nicht alle Brauereien mit Kühlschiff? Der Grund liegt nicht im Infektionsrisiko. Vielmehr werden Biere heute in großindustriellem Maßstab hergestellt; bei den Ausstoßmengen fehlt schlicht der Platz dafür. Auch kostet die langwierige "natürliche" Kühlung Zeit und somit mehr Geld als der Betrieb von Hochleistungskühlern.

Viele Grüße

Joe
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malzkeimpunktde
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red_folder.gif erstellt am: 18.7.2009 um 10:23  

Zitat:
Interessant ist, dass das Kühlschiff zumindest in kleinen Brauereien auch heute noch eine Alternative ist. Das zeigt nämlich, dass die Energieeinsparung groß und das Infektionsrisiko viel kleiner ist als gemeinhin angenommen.


Naja, ich glaube dass die Energiereinsparung mit einem Plattenwärmetauscher doch etwas größer ist, als die vorhandene Energie (Heiße Würze) einfach an die Umgebung abzugeben.

Beim mir kommt z.B. ca 80°C heißes Brauwasser am anderen Ende des PWT raus.
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Uwe12
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red_folder.gif erstellt am: 18.7.2009 um 10:39  
Weiterer Aspekt ist auch eine gewisse Erhöhung der Stammwürze durch die Verdunstung beim Abkühlen.

Über belgische Lambic-Brauereien habe ich mal gelesen, daß sich dort quasi eine Mikroklima im und ums Brauhaus entwickelt hat,
in dem vor allem eben die (ehemals ;) ) "wilden" Hefen und Lactos dominieren. Vergleichbar vielleicht mit Lagerräumen in alten Käsereien.
Dort kann sich aufgrund der überwiegenden Menge erwünschter Keime kaum anderes ansiedeln.

Uwe


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red_folder.gif erstellt am: 18.7.2009 um 10:57  
@Uwe

...so isses!
Deshalb wird im Tal der Senne (Pajottenland) auch nur von November bis Anfang April gebraut,
weil in den Sommermonaten die "Zusammensetzung" des Mikroklimas/-kosmos nicht passt! :thumbup:

Nachzuempfinden jeweils beim "Open-deur-dag" bzw "Brassin public" zu Saisonbeginn und -ende bei

www.cantillon.be

Gruß aus Dortmund

Gerd


[Editiert am 18.7.2009 um 10:58 von tremonius]



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red_folder.gif erstellt am: 18.7.2009 um 12:19  
Hallo.
früher gab es auch direkt nach dem Kühlschiff einen Berieselungskühler.. waren so Rohrschlangen, wo die würze aussen draufgeriselt wurde und dadurch abgekühlt ist..
Oxidationsgefahr: 100%
dann effektiv war er nicht gerade..
Aber das Kühlschiff hat einen großen voteil im gegensatz zum Whirlpool.. Die Würze kann schön "ausstinken" und das Bier wird vom Geschmack her runder
Mfg
Antwort 11
Gast

Gast
red_folder.gif erstellt am: 18.7.2009 um 15:05  
@Moonshine / Joe

so wie die Spinne möchte ich auch sterben...
Antwort 12
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Malte
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red_folder.gif erstellt am: 18.7.2009 um 15:27  
Die Anwendung eines Kühlschiffes zur kompletten Abkühlung der Würze wird schon sehr lange nicht mehr eingesetzt. Beispiele von Brauereien, die heute ein Kühlschiff einsetzen sind Uerige und Schumacher in Düsseldorf (Kühlschiff, anschließend Berieselungskühler) und die Vormann Brauerei in Hagen (Kühlschiff, anschließend Plattenwärmeüberträger).

Die Würze steht dabei ca. 20cm hoch. Bei einer Ausschlagmenge von ca. 30hl beim Uerigen macht das dann eine Fläche von 15m². Würde man eine mittelständische Brauerei mit einem Kühlschiff versehen, wären bei einer Ausschlagmenge von 250hl schon 125m² nötig! Großbrauereien bräuchten dann schlappe 350m² Fläche. Bei einer Sudfolge von knappen drei Stunden und ebenso langer Standzeit im Kühlschiff müsste also aus prozesstechnischen Gründen eine Kühlschiff-Fläche von 700m² zur Verfügung stehen.

Beispielhaft möchte ich da auf den Gärturm der Dortmunder Union verweisen. Dort befanden sich ganz oben die Kühlschiffe:

http://213.198.47.119/postkarte/postkarte.php4?photo=mdo-un ion-u

http://213.198.47.119/postkarte/postkarte.php4?photo=bdo-un ion-brauerei-8

Neben der unrentabel großen Fläche bieten Kühlschiffe weitere Nachteile:

- ein Kühlschiff kann nicht automatisiert werden
- die manuelle Reinigung (Kupfer!!!) erfordert Angestellte, und die sind ja nunmal am teuersten
- im Kühlschiff fällt eine große Menge an Trübwürze an, wesendlich mehr als bei Whirlpool, Zentrifuge oder Filter
- im Kühlschiff (wie auch im Whirlpool) findet nur eine sehr geringe Konvektion statt. Daher werden KEINE Stoffe mehr ausgedampft! Würde dies der Fall sein könnte schließlich der Heißtrub nicht sedimentieren. Allerdings können sich bei den hohen Temperaturen noch weitere ungünstige Stoffe aus deren Vorläufern entwickeln (s-Methyl-Methionin wird zu Dimethylsulfid). Die Zeit zwischen Kochende und erreichen der Ansteltemperatur muss daher so kurz wie möglich sein. Bemerken möchte ich aber noch, dass durch die sehr langen Kochzeiten in der Vergangenheit meist das gesamte Methionin während der Kochung bereits umgewandelt und das entstandene Dimethylsulfid ausgedampft wurde. So konnte sich im Kühlschiff auch nichts mehr nachbilden. Lange Kochzeiten sind heute aber aufgrund der Zeit und Energie unrentabel.

Ein weiterer Punkt, warum die Abkühlung schnell abgeschlossen werden muss ist die Reaktion von Würzeinhaltsstoffe mit Luftsauerstoff. In der Würze befinden sich Reduktone (reduzierende Substanzen wie z.B. Polyphenole).Diese Stoffe schützen das Bier vor Alterungsgeschmack, indem sie als erstes mit Sauerstoff reagieren und geschmacksneutrale Produkte hervorbringen. Erst wenn diese Reduktone verbraucht sind reagieren u.a. Fettsäuren mit Sauerstoff, aus denen dann das unangenemne trans-2-Nonenal werden kann (Pappdeckelgeschmack - mjam). Durch die lange Zeit von drei Stunden, die der Sud meist im Kühlschiff verbleibt finden diese Reaktionen statt, jedoch nur bedingt, da der Sauerstoff nicht tief in die Würze eindringen kann. Beim Berieslungskühler ist der Kontakt dann gegeben, aber durch die kurze Zeit auch nicht unbedingt schädlich. Für eine lange Haltbarkeit ist der offene Würzeweg aus Kühlschiff und Berieslungskühler also nicht förderlich. Bei moderaten Haltbarkeiten spielt das aber keine Rolle. Im übrigen kommt es dann auch noch auf die Abfüllung an - dort werden bei Haltbarkeitsproblemen die meisten Fehler begangen.

Und was die Infektionsgefahr angeht: das ist fast egal! Warum?

Die Würze wird bis auf 60-70°C abgekühlt. Also können im Kühlschiff nur Mikroorganismen die Würze infizieren, die zwischen 60 und 100°C leben können. Dies sind bei Würze jedoch nur die Würzebakterien der Gruppe 3: thermodure Bakterien wie Klebsilla oder Citrobakter. Die sind aber wiederum extrem hopfenempfindlich. Tjo, habe sie Pech gehabt - sie können im Brauprozess nur im Bereich des Maischens stören, dann aber richtig! Gruppe 1, Termobakterien, überleben die Temperatur nicht mehr. Und die Sporen der Gruppe 2, nun ja, die können, nachdem die Anstellhefe erstmal losgelegt hat, auch nix mehr machen.

Gefählich werden erst Temperaturen unter 60°C. Dort können verschiedene Arten von Lactobacteriaceae und Acetobacter bzw. Gluconobacter loslegen. Deshalb wird, mit Ausnahme der wildvergorenen Würzen, auch immer unterhalb von 60°C so schnell wie möglich abgekühlt. Am gefährlichsten sind überigens die Temperaturen unter 30°C bis zur Anstelltemperatur.

Sobald dann die Hefe zugegeben wurde ist wieder alles ganz komod. Der Selektionsdruck der Kulturstämme ist so groß, dass irgendwelche Kontaminationen keine Chance haben. Und wenn das Bier erstmal fertig ist, dann gibt es nur noch so ein paar Störenfriede, die ganz schön böse sein können - aber sonst hätte die biologische Betriebsüberwachung ja auch nix zu tun.

Der Kühltrub wird im Kühlschiff erst unterhalb von 60°C gebildet, also in den gängigen Fällen wird nur der Heißtrub dort abgeschieden.

Ich hoffe, das war jetzt nicht zu theoretisch oder zu viel...

Gruß Malte

Edit

Ah verdammt, ich verwechsle die depperten Würzebakterien immer. Klebsilla und Citrobakter sind Gruppe 1 (Termobakterien). Gruppe 3 (thermodure Bakterien) sind u.a. Staphylococcus, Micrococcus und Lactobacillus.


[Editiert am 18.7.2009 um 15:31 von Malte]



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flying
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red_folder.gif erstellt am: 18.7.2009 um 16:12  
Hi Malte,

Vielen Dank für deine ausführliche und fachlich fundierte Antwort. Superklasse!!
Eine Frage hab ich aber noch. Was ist mit den Spurenelementen aus der Kupferlegierung?

m.f.g
Renè


[Editiert am 18.7.2009 um 16:13 von flying]



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Malte
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red_folder.gif erstellt am: 18.7.2009 um 18:13  
Sudhäuser und damit auch Kühlschiffe (und Berieselungskühler) bestanden früher i.d.R. aus Kupfer. Jetzt weiß ich leider nicht, ob es sich dabei um reines Kupfer gehandelt hat, da Kupfer ja ein Element ist.

Warum diese Frage wichtig ist, zeigt folgendes Beispiel: Im Ausschankbereich werden vielfach beschichtete Messing-Bauteile eingesetzt. Messing ist eine Legierung aus Kupfer und Zink. Bis hierhin kein Problem. In diesen Legierungen taucher aber immer wieder nicht unerhebliche Konzentrationen an Blei auf. Das ist normal und auch in Ordnung. Daher meine Frage, ob dem Material Kupfer beim Sudhausbau andere Stoffe zugesetzt werden müssen.
Was die beschichteten Messingbauteile im Ausschank angeht, die sind zumindest an den Innenseiten fast immer fehlerhaft oder zu dünn beschichtet. Sobald das Produkt längere Zeit in Kontakt mit dem Bauteil steht werden teilweise grenzwertüberschreitende (bezogen auf die Trinkwasserverordnung) Konzentrationen an Blei freigesetzt.

Sollte man also meinen, dass der Einsatz dieser Bauteile nicht den Verordnungen wie z.B. der Lebensmittelhygieneverordnung bzw. der EG 852/2004 entspricht. Dem ist aber nicht so. Warum? Die Verordnungen verbieten nur Bauteile, die bei SACHGEMÄßEM Umgang Stoffe an das Produkt abgeben. Eine lange Standzeit des Produktes in der Leitung ist jedoch kein sachgemäßer Umgang (Nachtwächter vorschießen...). Die entsprechenden Fachgremien setzen sich übrigens für ein Verbot ein.

Jetzt aber zurück zum Kupfer

Kupfer ist als Spurenelement wichtiges Enzymbestandteil und am Aufbau der Zellwände beteiligt. Allerdings ist es schon in geringen Mengen Enzymhemmend! Die essentielle Menge wird bereits durch den Rohstoff Malz in die Würze eingebracht. Kupfer muss also nicht durch das Sudhausmaterial der Würze zugeführt werden! Das wäre eher schädlich.

Es gibt aber durchaus ein Spurenelement, dass defizitär ist: Zink!

Zink wird in ausreichender Menge durch das Malz eingebracht. Allerdings nimmt der Gehalt nach dem Einmaischen kontinuierlich ab. Beeinflussen kann man den zukünftigen Zinkgehalt nur durch das Einmaischen. Dabei ist eine niedrige Temperatur und eine dicke Maische förderlich. Also bei 45°C einmaischen und erstmal gemütlich rasten. Die Hefe bekommt ab einem Zinkgehalt von unter 0,1-0,15mg/l dann Probleme, wodurch die Vermehrung und die Gäraktivität beeinträchtigt wird.

Wer es genau wissen möchte:

Der letzte Schritt bei der Umwandlung von Zucker in Alkohol ist die Reduktion von Ethanal (Acetaldehyd) zu Ethanol:

C2H4O => C2H5OH

Die beiden Wasserstoffatome kommen dabei vom reduzierten Nicotinamid-Adenin-Dinicleotid (NADH + H). Das wandelt sich dabei in die oxidierte Form um (NAD+). Die "Regeneration" erfolgt dabei in einem vorgeschalteten Schritt. Das ist also ein Kreislauf - also kein Problem.

Diese Reaktion benötigt jedoch noch einen Katalysator. Diese Aufgabe übernimmt die Alkoholdehydrogenase (ADH). Dieses riesige Knäul aus Aminosäuren hat irgendwo ein aktives Zentrum. In diesem Zentrum bindet das Ethanal an und wird in drei Schritten zum Ethanol reduziert. Und dieses Zentrum ist das Problem: das besteht aus drei Aminosäuren (zwei mal Cystein, einmal Histidin) und einem Zinkatom. Fehlt dieses Zinkatom, weil zumenig Zink in der Anstellwürze war, dann wird aus Ethanal niemals Ethanol.


Um auf die eigentliche Frage zurückzukommen, wenn das Material der Kühlschiffes kein Zink enthällt, besteht kein Vorteil durch dessen Nutzung. Merkwürdig ist dabei ja nur, dass aus Kupfer und Zink Messing entsteht, das wegen seinem Bleigehalt (wo auch immer der wieder herkommt) schädlich ist. Und irgendwelche Vorteile hat das Kupfer auch, sonst hätte Ziemann vor einigen Jahren wohl kaum die Schuhe der Hackwerke ihrer Läuterbottiche mit Kupfer versehen... ich komme im Moment nur nicht drauf...


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red_folder.gif erstellt am: 18.7.2009 um 19:41  
Spitze, Malte. Ich denke ich habe noch viele Fragen an dich. Die Fachausdrücke schocken mich als gelernten Chemikanten überhaupt nicht. Ich verstehe zwar noch nicht alles, liebe es aber mich autodidaktisch da durchzuwurschteln.
Zum Kupfer. Nun Kupfer selbst ist ein wichtiges Spurenelement(sagtest du ja schon). Vor allen Dingen seine Salze haben große Wirkungen auf Organismen. Und eins noch, Kupfer kann man riechen und schmecken. Zumindest empfinde ich das so.
So jetzt gehts erst mal eine Woche in Urlaub.

Tschö
Renè


[Editiert am 18.7.2009 um 19:46 von flying]



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red_folder.gif erstellt am: 19.7.2009 um 09:07  
Noch eine Geschichte zum Kühlschiff:

Ein ehemaliger Brauereimitarbeiter (Gott habe Ihn seelig) hat mir des öfteren erzählt:

Früher kam wirklich oft der Zoll und hat die Würzemenge nach dem Würzekochen gemessen, da früher nach Ausschlagmenge versteueret wurde.
Er hat dann immer die Leitung vom Sudhaus bis zum Kühlschiff, gefüllt, so, daß auf dem Kühlschiff noch keine Würze war und so die Steuer für einen knappen hl Bier gespart....

Schönen Sonntag noch!
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red_folder.gif erstellt am: 24.7.2009 um 12:15  
[img]PICT0105/img]

Berieselungskühler in der Brauerei Schmitt in Singen (Ilmenau)

Jonathan
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red_folder.gif erstellt am: 24.7.2009 um 12:17  
Wie kann man Bilder Hochladen?

Vielen Dank

Jonathan
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tauroplu
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red_folder.gif erstellt am: 24.7.2009 um 12:31  
Hallo, Jonathan,

auf der Startseite gibt es links etwas unten "Bildupload", da klickst Du drauf. Dann suchst Du Dir das Bild auf Deiner Festplatte und lädst es hoch.
Damit Du den "Genfer Konventionen" für Bildformate entsprichst, empfiehlt es sich die hochzuladenden Bilder vorher zu verkleinern. Das geht am einfachsten mit diesem Programm hier.
Dann eröffnest Du den thread oder post und klickst an der Stelle, an der Du die Bilder einfügen willst auf das Monitor mit Farbpalette Symbol (oben im Editierfeld des posts). Zwischen die beiden tags fügst Du dann die Bildadresse des hochgeladenen Bildes ein.

Viel Erfolg
Gruß
Michael


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red_folder.gif erstellt am: 24.7.2009 um 13:09  
[img]K1024_PICT0105.JPG/img]

Der Beriselungskühler der Brauerei Schmitt in singen.
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red_folder.gif erstellt am: 24.7.2009 um 13:14  
[img]K1024_PICT0105.JPG ./bilder/Dampfbrauer/K1024_PICT0105.JPG/img]
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tauroplu
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red_folder.gif erstellt am: 24.7.2009 um 13:31  
Hallo, Jonathan,

kleine Ursache, große Wirkung: bei dem Aufhebungstag rechts fehlt eine eckige Klammer. Direkt hinter dem G der Endung .JPG

Das führt dazu, daß die Bilder nicht angezeigt werden.

EDIT2: ach, nochwas: bei Tinypic reicht die Einstellung "low quality" und das Format "640 x 480 klein", die Qualität ist trotzdem erstklassig, nur für den Fall, daß man mal kleinere Bilder einfügen und die Serverlast schonen will.

Gruß
Michael


[Editiert am 24.7.2009 um 13:51 von tauroplu]



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red_folder.gif erstellt am: 24.7.2009 um 14:38  
Immer wieder erstaunlich, unter welchen Bedingungen die Brauer in der ostdeutschen Provinz arbeiten mussten. Bei unserer Besichtigung in der ehemaligen Stutzhäuser Brauerei in Luisenthal haben wir ähnliche mittelalterlich anmutende Katakomben vorgefunden. Ein Wunder, das man unter diesen Umständen etwas trinkbares erzeugen konnte!


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Gruß vom Berliner
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