Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 17.7.2009 um 20:03 |
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Hi Leute.
Das Prinzip des offenen Kühlschiffs fasziniert mich. Die heiße Würze wird
in eine rechteckige, flache Kupferwanne gelassen und kühlt dort über Nacht
ab. Dabei setzen sich Heiß und Kühltrub ab.
Der Nachteil mit dem Infektionsrisiko ist mir schon klar. Aber, warum
nutzten alle Brauereien jahrhundertelang diese Methode? Kann ja nicht jeder
Sud in die Hose gegangen sein..
Auch heute verwenden einige Brauereien (z.b Uerige Alt) noch offenes
Kühlschiff und Berieselungskühler. Scheint dem Geschmack ja nicht
abträglich zu sein.
Die Vorteile könnten sein:
1. über die Kupferlegierung des Kühlschiffs nimmt die Würze noch einige,
für die Hefe wichtige Spurenelemente, wie Zink oder Mangan auf.
2. durch die große Oberfläche dampfen noch unreine Aromastoffe ab.
3. wie schon gesagt die Abtrennung von Heiß und Kühltrub.
4. Beim Anstellen wird Belüften unnötig.
Ist so was im Hobbybrauerbereich realisierbar? Hat jemand Erfahrung?
m.f.g
Renè
P.S
Ich hab vergessen das eine zusätzliche Würzekühlung unnötig wird!
[Editiert am 17.7.2009 um 20:30 von flying]
____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Junior Member Beiträge: 28 Registriert: 12.10.2008 Status: Offline
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erstellt am: 17.7.2009 um 20:11 |
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Hi,
bau dir lieber einen Gegestromwürzekühler aus Kupfer und lass die Würze aus
einem Meter Höhe in dein Gärfaß strömen. Du erreichts damit alle Vorteile
die Du aufgeführt hast inkl. Entfernung des Kaltrub und das noch mit einem
geringen Kontaminationsrisiko!
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Antwort 1 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 17.7.2009 um 20:17 |
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Hi Pilskopf,
Ja, ja ist mir schon klar. Aber warum nutzen einige Top-Biererzeuger ( wie
der oben genannte) offene Kühlschiffe, wenns denn nichts bringt außer
Infektionsrisiko?
____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 2 |
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Posting Freak Beiträge: 1478 Registriert: 3.3.2007 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 17.7.2009 um 23:41 |
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Zitat von flying, am 17.7.2009 um
20:17 | Hi Pilskopf,
Ja, ja ist mir schon klar. Aber warum nutzen einige Top-Biererzeuger ( wie
der oben genannte) offene Kühlschiffe, wenns denn nichts bringt außer
Infektionsrisiko? |
Ich würde mal vermuten, dass es einfach wesentlich kostengünstiger ist als
mit Wasser zu kühlen bei einer derartigen großen Menge an Bier. Die
Umgebung in einer Brauerei ist ja auch wesentlich "steriler" (oder wie man
es in dem Fall auch nennen mag) als bei uns irgendwo zu Hause, was das
Risiko erheblich senkt. Soweit meine Theorie.
lg Dominic ____________________ Viele Grüße
Dominic
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Antwort 3 |
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Administrator Beiträge: 10493 Registriert: 23.10.2005 Status: OnlineGeschlecht:
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erstellt am: 17.7.2009 um 23:46 |
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Hallo, Dominic,
tja und in der Praxis wurde bei uns in der Brauerei damals im 1. Stock mit
auf Kipp gestellten Fenstern (Durchzug) im Kühlschiff gekühlt. Die Brauerei
war umgeben von Bauernhöfen mit Mischobstweiden, also jeder Menge wild
umher fliegender Wildhefen...
Und auch ich habe mich schon damals gefragt, warum die in der Brauerei nie
Infektionen hatten. Hier muß glaube ich mal ein Braufachmann antworten, ich
weiß jedenfalls bis heute auch keine Antwort.
Relativ "steril" war es bei uns nur im etwa 4°C kalten Gärkeller, tief
unter der Erde, da wurde nämlich noch in offenen Gärbottichen (bei uns
hießen die Schwimmbecken) vergoren.
Gruß
Michael
[Editiert am 17.7.2009 um 23:47 von tauroplu]
____________________ „Lass die anderen mit Fichten- und Tannensprossen würzen, der Hopfen ist
das Beste, was die Natur uns bietet.“
Aus "Das Erbe des Bierzauberers" von Günther Thömmes, Gmeiner Verlag
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Senior Member Beiträge: 449 Registriert: 26.8.2007 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 18.7.2009 um 09:38 |
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... Ja und früher musste das abgefüllte Bier auch nur 3 Wochen halten...
Unsere Autos haben mittlerweile ja auch ein Dach, früher ginsg auch ohne
;-)
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Antwort 5 |
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Administrator Beiträge: 10493 Registriert: 23.10.2005 Status: OnlineGeschlecht:
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erstellt am: 18.7.2009 um 09:52 |
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Hey, hey, hey, Thomas, also sooooo alt bin ich denn nu doch nich
Unser Bier mußte schon deutlich länger als 3 Wochen halten (MHD war glaube
ich 6 Monate nach Abfülldatum oder so).
Gruß
Michael ____________________ „Lass die anderen mit Fichten- und Tannensprossen würzen, der Hopfen ist
das Beste, was die Natur uns bietet.“
Aus "Das Erbe des Bierzauberers" von Günther Thömmes, Gmeiner Verlag
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Member Beiträge: 50 Registriert: 21.12.2003 Status: Offline
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erstellt am: 18.7.2009 um 10:12 |
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Hallo Renè,
der Ursprung des Kühlschiffs ist klar: Früher gab's schlicht keine andere
Möglichkeit, die Würze zu kühlen. In Belgien wird manchen Bieren bis heute
keine Hefe zugesetzt. Das Bier entsteht allein aus den dort in der Luft
herumschwirrenden Pilzen. Die "Infektion" erfolgt im Kühlschiff. Dass unter
den Umständen auch die eine oder andere Spinne von der Decke in die Würze
fällt, ist völlig egal. Im anaeroben und alkoholhaltigen Bier lebt neben
der Hefe ohnehin nicht viel.
Interessant ist, dass das Kühlschiff zumindest in kleinen Brauereien auch
heute noch eine Alternative ist. Das zeigt nämlich, dass die
Energieeinsparung groß und das Infektionsrisiko viel kleiner ist als
gemeinhin angenommen.
Die Herstellung von Bier war lange Zeit - auch und gerade wegen der langen
Kühlzeiten - eines der Lebensmittel, die (aus heutiger Sicht) am
"unhygienischsten" hergestellt wurden. Und dennoch: Sobald das Bier fertig
war, gehörte es zu den reinsten Lebensmittel überhaupt. In Zeiten der
industriellen Revolution etwa, als in den Städten die Kloaken dampften, gab
man Kindern Bier zu trinken, weil sie vom Leitungswasser krank wurden.
Andere Frage: Warum brauen nicht alle Brauereien mit Kühlschiff? Der Grund
liegt nicht im Infektionsrisiko. Vielmehr werden Biere heute in
großindustriellem Maßstab hergestellt; bei den Ausstoßmengen fehlt schlicht
der Platz dafür. Auch kostet die langwierige "natürliche" Kühlung Zeit und
somit mehr Geld als der Betrieb von Hochleistungskühlern.
Viele Grüße
Joe
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Antwort 7 |
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Senior Member Beiträge: 449 Registriert: 26.8.2007 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 18.7.2009 um 10:23 |
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Zitat: | Interessant ist, dass
das Kühlschiff zumindest in kleinen Brauereien auch heute noch eine
Alternative ist. Das zeigt nämlich, dass die Energieeinsparung groß und das
Infektionsrisiko viel kleiner ist als gemeinhin
angenommen. |
Naja, ich glaube dass die Energiereinsparung mit einem Plattenwärmetauscher
doch etwas größer ist, als die vorhandene Energie (Heiße Würze) einfach an
die Umgebung abzugeben.
Beim mir kommt z.B. ca 80°C heißes Brauwasser am anderen Ende des PWT raus.
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Antwort 8 |
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Moderator Beiträge: 4922 Registriert: 5.4.2005 Status: Offline
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erstellt am: 18.7.2009 um 10:39 |
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Weiterer Aspekt ist auch eine gewisse Erhöhung der Stammwürze durch die
Verdunstung beim Abkühlen.
Über belgische Lambic-Brauereien habe ich mal gelesen, daß sich dort quasi
eine Mikroklima im und ums Brauhaus entwickelt hat,
in dem vor allem eben die (ehemals )
"wilden" Hefen und Lactos dominieren. Vergleichbar vielleicht mit
Lagerräumen in alten Käsereien.
Dort kann sich aufgrund der überwiegenden Menge erwünschter Keime kaum
anderes ansiedeln.
Uwe ____________________
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Antwort 9 |
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Posting Freak Beiträge: 1027 Registriert: 3.2.2006 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 18.7.2009 um 10:57 |
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@Uwe
...so isses!
Deshalb wird im Tal der Senne (Pajottenland) auch nur von November bis
Anfang April gebraut,
weil in den Sommermonaten die "Zusammensetzung" des Mikroklimas/-kosmos
nicht passt!
Nachzuempfinden jeweils beim "Open-deur-dag" bzw "Brassin public" zu
Saisonbeginn und -ende bei
www.cantillon.be
Gruß aus Dortmund
Gerd
[Editiert am 18.7.2009 um 10:58 von tremonius]
____________________ "...besser der Arsch leidet Frost als der Hals Durst!" (Martin Luther)
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Antwort 10 |
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Gast
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erstellt am: 18.7.2009 um 12:19 |
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Hallo.
früher gab es auch direkt nach dem Kühlschiff einen Berieselungskühler..
waren so Rohrschlangen, wo die würze aussen draufgeriselt wurde und dadurch
abgekühlt ist..
Oxidationsgefahr: 100%
dann effektiv war er nicht gerade..
Aber das Kühlschiff hat einen großen voteil im gegensatz zum Whirlpool..
Die Würze kann schön "ausstinken" und das Bier wird vom Geschmack her
runder
Mfg
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Gast
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erstellt am: 18.7.2009 um 15:05 |
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@Moonshine / Joe
so wie die Spinne möchte ich auch sterben...
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Posting Freak Beiträge: 1542 Registriert: 16.9.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 18.7.2009 um 15:27 |
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Die Anwendung eines Kühlschiffes zur kompletten Abkühlung der Würze wird
schon sehr lange nicht mehr eingesetzt. Beispiele von Brauereien, die heute
ein Kühlschiff einsetzen sind Uerige und Schumacher in Düsseldorf
(Kühlschiff, anschließend Berieselungskühler) und die Vormann Brauerei in
Hagen (Kühlschiff, anschließend Plattenwärmeüberträger).
Die Würze steht dabei ca. 20cm hoch. Bei einer Ausschlagmenge von ca. 30hl
beim Uerigen macht das dann eine Fläche von 15m². Würde man eine
mittelständische Brauerei mit einem Kühlschiff versehen, wären bei einer
Ausschlagmenge von 250hl schon 125m² nötig! Großbrauereien bräuchten dann
schlappe 350m² Fläche. Bei einer Sudfolge von knappen drei Stunden und
ebenso langer Standzeit im Kühlschiff müsste also aus prozesstechnischen
Gründen eine Kühlschiff-Fläche von 700m² zur Verfügung stehen.
Beispielhaft möchte ich da auf den Gärturm der Dortmunder Union verweisen.
Dort befanden sich ganz oben die Kühlschiffe:
http://213.198.47.119/postkarte/postkarte.php4?photo=mdo-un
ion-u
http://213.198.47.119/postkarte/postkarte.php4?photo=bdo-un
ion-brauerei-8
Neben der unrentabel großen Fläche bieten Kühlschiffe weitere Nachteile:
- ein Kühlschiff kann nicht automatisiert werden
- die manuelle Reinigung (Kupfer!!!) erfordert Angestellte, und die sind
ja nunmal am teuersten
- im Kühlschiff fällt eine große Menge an Trübwürze an, wesendlich mehr
als bei Whirlpool, Zentrifuge oder Filter
- im Kühlschiff (wie auch im Whirlpool) findet nur eine sehr geringe
Konvektion statt. Daher werden KEINE Stoffe mehr ausgedampft! Würde dies
der Fall sein könnte schließlich der Heißtrub nicht sedimentieren.
Allerdings können sich bei den hohen Temperaturen noch weitere ungünstige
Stoffe aus deren Vorläufern entwickeln (s-Methyl-Methionin wird zu
Dimethylsulfid). Die Zeit zwischen Kochende und erreichen der
Ansteltemperatur muss daher so kurz wie möglich sein. Bemerken möchte ich
aber noch, dass durch die sehr langen Kochzeiten in der Vergangenheit meist
das gesamte Methionin während der Kochung bereits umgewandelt und das
entstandene Dimethylsulfid ausgedampft wurde. So konnte sich im Kühlschiff
auch nichts mehr nachbilden. Lange Kochzeiten sind heute aber aufgrund der
Zeit und Energie unrentabel.
Ein weiterer Punkt, warum die Abkühlung schnell abgeschlossen werden muss
ist die Reaktion von Würzeinhaltsstoffe mit Luftsauerstoff. In der Würze
befinden sich Reduktone (reduzierende Substanzen wie z.B.
Polyphenole).Diese Stoffe schützen das Bier vor Alterungsgeschmack, indem
sie als erstes mit Sauerstoff reagieren und geschmacksneutrale Produkte
hervorbringen. Erst wenn diese Reduktone verbraucht sind reagieren u.a.
Fettsäuren mit Sauerstoff, aus denen dann das unangenemne trans-2-Nonenal
werden kann (Pappdeckelgeschmack - mjam). Durch die lange Zeit von drei
Stunden, die der Sud meist im Kühlschiff verbleibt finden diese Reaktionen
statt, jedoch nur bedingt, da der Sauerstoff nicht tief in die Würze
eindringen kann. Beim Berieslungskühler ist der Kontakt dann gegeben, aber
durch die kurze Zeit auch nicht unbedingt schädlich. Für eine lange
Haltbarkeit ist der offene Würzeweg aus Kühlschiff und Berieslungskühler
also nicht förderlich. Bei moderaten Haltbarkeiten spielt das aber keine
Rolle. Im übrigen kommt es dann auch noch auf die Abfüllung an - dort
werden bei Haltbarkeitsproblemen die meisten Fehler begangen.
Und was die Infektionsgefahr angeht: das ist fast egal! Warum?
Die Würze wird bis auf 60-70°C abgekühlt. Also können im Kühlschiff nur
Mikroorganismen die Würze infizieren, die zwischen 60 und 100°C leben
können. Dies sind bei Würze jedoch nur die Würzebakterien der Gruppe 3:
thermodure Bakterien wie Klebsilla oder Citrobakter. Die sind aber wiederum
extrem hopfenempfindlich. Tjo, habe sie Pech gehabt - sie können im
Brauprozess nur im Bereich des Maischens stören, dann aber richtig! Gruppe
1, Termobakterien, überleben die Temperatur nicht mehr. Und die Sporen der
Gruppe 2, nun ja, die können, nachdem die Anstellhefe erstmal losgelegt
hat, auch nix mehr machen.
Gefählich werden erst Temperaturen unter 60°C. Dort können verschiedene
Arten von Lactobacteriaceae und Acetobacter bzw. Gluconobacter loslegen.
Deshalb wird, mit Ausnahme der wildvergorenen Würzen, auch immer unterhalb
von 60°C so schnell wie möglich abgekühlt. Am gefährlichsten sind überigens
die Temperaturen unter 30°C bis zur Anstelltemperatur.
Sobald dann die Hefe zugegeben wurde ist wieder alles ganz komod. Der
Selektionsdruck der Kulturstämme ist so groß, dass irgendwelche
Kontaminationen keine Chance haben. Und wenn das Bier erstmal fertig ist,
dann gibt es nur noch so ein paar Störenfriede, die ganz schön böse sein
können - aber sonst hätte die biologische Betriebsüberwachung ja auch nix
zu tun.
Der Kühltrub wird im Kühlschiff erst unterhalb von 60°C gebildet, also in
den gängigen Fällen wird nur der Heißtrub dort abgeschieden.
Ich hoffe, das war jetzt nicht zu theoretisch oder zu viel...
Gruß Malte
Edit
Ah verdammt, ich verwechsle die depperten Würzebakterien immer. Klebsilla
und Citrobakter sind Gruppe 1 (Termobakterien). Gruppe 3 (thermodure
Bakterien) sind u.a. Staphylococcus, Micrococcus und Lactobacillus.
[Editiert am 18.7.2009 um 15:31 von Malte]
____________________ "Zeige mir eine Frau, die wirklich Gefallen am Bier findet, und ich erobere
die Welt."
Kaiser Wilhelm II
(1859-1941)
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Antwort 13 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 18.7.2009 um 16:12 |
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Hi Malte,
Vielen Dank für deine ausführliche und fachlich fundierte Antwort.
Superklasse!!
Eine Frage hab ich aber noch. Was ist mit den Spurenelementen aus der
Kupferlegierung?
m.f.g
Renè
[Editiert am 18.7.2009 um 16:13 von flying]
____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 14 |
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Posting Freak Beiträge: 1542 Registriert: 16.9.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 18.7.2009 um 18:13 |
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Sudhäuser und damit auch Kühlschiffe (und Berieselungskühler) bestanden
früher i.d.R. aus Kupfer. Jetzt weiß ich leider nicht, ob es sich dabei um
reines Kupfer gehandelt hat, da Kupfer ja ein Element ist.
Warum diese Frage wichtig ist, zeigt folgendes Beispiel: Im
Ausschankbereich werden vielfach beschichtete Messing-Bauteile eingesetzt.
Messing ist eine Legierung aus Kupfer und Zink. Bis hierhin kein Problem.
In diesen Legierungen taucher aber immer wieder nicht unerhebliche
Konzentrationen an Blei auf. Das ist normal und auch in Ordnung. Daher
meine Frage, ob dem Material Kupfer beim Sudhausbau andere Stoffe zugesetzt
werden müssen.
Was die beschichteten Messingbauteile im Ausschank angeht, die sind
zumindest an den Innenseiten fast immer fehlerhaft oder zu dünn
beschichtet. Sobald das Produkt längere Zeit in Kontakt mit dem Bauteil
steht werden teilweise grenzwertüberschreitende (bezogen auf die
Trinkwasserverordnung) Konzentrationen an Blei freigesetzt.
Sollte man also meinen, dass der Einsatz dieser Bauteile nicht den
Verordnungen wie z.B. der Lebensmittelhygieneverordnung bzw. der EG
852/2004 entspricht. Dem ist aber nicht so. Warum? Die Verordnungen
verbieten nur Bauteile, die bei SACHGEMÄßEM Umgang Stoffe an das Produkt
abgeben. Eine lange Standzeit des Produktes in der Leitung ist jedoch kein
sachgemäßer Umgang (Nachtwächter vorschießen...). Die entsprechenden
Fachgremien setzen sich übrigens für ein Verbot ein.
Jetzt aber zurück zum Kupfer
Kupfer ist als Spurenelement wichtiges Enzymbestandteil und am Aufbau der
Zellwände beteiligt. Allerdings ist es schon in geringen Mengen
Enzymhemmend! Die essentielle Menge wird bereits durch den Rohstoff Malz in
die Würze eingebracht. Kupfer muss also nicht durch das Sudhausmaterial der
Würze zugeführt werden! Das wäre eher schädlich.
Es gibt aber durchaus ein Spurenelement, dass defizitär ist: Zink!
Zink wird in ausreichender Menge durch das Malz eingebracht. Allerdings
nimmt der Gehalt nach dem Einmaischen kontinuierlich ab. Beeinflussen kann
man den zukünftigen Zinkgehalt nur durch das Einmaischen. Dabei ist eine
niedrige Temperatur und eine dicke Maische förderlich. Also bei 45°C
einmaischen und erstmal gemütlich rasten. Die Hefe bekommt ab einem
Zinkgehalt von unter 0,1-0,15mg/l dann Probleme, wodurch die Vermehrung und
die Gäraktivität beeinträchtigt wird.
Wer es genau wissen möchte:
Der letzte Schritt bei der Umwandlung von Zucker in Alkohol ist die
Reduktion von Ethanal (Acetaldehyd) zu Ethanol:
C2H4O => C2H5OH
Die beiden Wasserstoffatome kommen dabei vom reduzierten
Nicotinamid-Adenin-Dinicleotid (NADH + H). Das wandelt sich dabei in die
oxidierte Form um (NAD+). Die "Regeneration" erfolgt dabei in einem
vorgeschalteten Schritt. Das ist also ein Kreislauf - also kein Problem.
Diese Reaktion benötigt jedoch noch einen Katalysator. Diese Aufgabe
übernimmt die Alkoholdehydrogenase (ADH). Dieses riesige Knäul aus
Aminosäuren hat irgendwo ein aktives Zentrum. In diesem Zentrum bindet das
Ethanal an und wird in drei Schritten zum Ethanol reduziert. Und dieses
Zentrum ist das Problem: das besteht aus drei Aminosäuren (zwei mal
Cystein, einmal Histidin) und einem Zinkatom. Fehlt dieses Zinkatom, weil
zumenig Zink in der Anstellwürze war, dann wird aus Ethanal niemals
Ethanol.
Um auf die eigentliche Frage zurückzukommen, wenn das Material der
Kühlschiffes kein Zink enthällt, besteht kein Vorteil durch dessen Nutzung.
Merkwürdig ist dabei ja nur, dass aus Kupfer und Zink Messing entsteht, das
wegen seinem Bleigehalt (wo auch immer der wieder herkommt) schädlich ist.
Und irgendwelche Vorteile hat das Kupfer auch, sonst hätte Ziemann vor
einigen Jahren wohl kaum die Schuhe der Hackwerke ihrer Läuterbottiche mit
Kupfer versehen... ich komme im Moment nur nicht drauf...
____________________ "Zeige mir eine Frau, die wirklich Gefallen am Bier findet, und ich erobere
die Welt."
Kaiser Wilhelm II
(1859-1941)
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Antwort 15 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 18.7.2009 um 19:41 |
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Spitze, Malte. Ich denke ich habe noch viele Fragen an dich. Die
Fachausdrücke schocken mich als gelernten Chemikanten überhaupt nicht. Ich
verstehe zwar noch nicht alles, liebe es aber mich autodidaktisch da
durchzuwurschteln.
Zum Kupfer. Nun Kupfer selbst ist ein wichtiges Spurenelement(sagtest du ja
schon). Vor allen Dingen seine Salze haben große Wirkungen auf Organismen.
Und eins noch, Kupfer kann man riechen und schmecken. Zumindest empfinde
ich das so.
So jetzt gehts erst mal eine Woche in Urlaub.
Tschö
Renè
[Editiert am 18.7.2009 um 19:46 von flying]
____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 16 |
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Senior Member Beiträge: 449 Registriert: 26.8.2007 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 19.7.2009 um 09:07 |
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Noch eine Geschichte zum Kühlschiff:
Ein ehemaliger Brauereimitarbeiter (Gott habe Ihn seelig) hat mir des
öfteren erzählt:
Früher kam wirklich oft der Zoll und hat die Würzemenge nach dem
Würzekochen gemessen, da früher nach Ausschlagmenge versteueret wurde.
Er hat dann immer die Leitung vom Sudhaus bis zum Kühlschiff, gefüllt, so,
daß auf dem Kühlschiff noch keine Würze war und so die Steuer für einen
knappen hl Bier gespart....
Schönen Sonntag noch!
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Antwort 17 |
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Junior Member Beiträge: 15 Registriert: 22.7.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 24.7.2009 um 12:15 |
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[img]PICT0105/img]
Berieselungskühler in der Brauerei Schmitt in Singen (Ilmenau)
Jonathan
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Antwort 18 |
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Junior Member Beiträge: 15 Registriert: 22.7.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 24.7.2009 um 12:17 |
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Wie kann man Bilder Hochladen?
Vielen Dank
Jonathan
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Antwort 19 |
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Administrator Beiträge: 10493 Registriert: 23.10.2005 Status: OnlineGeschlecht:
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erstellt am: 24.7.2009 um 12:31 |
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Hallo, Jonathan,
auf der Startseite gibt es links etwas unten "Bildupload", da klickst Du
drauf. Dann suchst Du Dir das Bild auf Deiner Festplatte und lädst es
hoch.
Damit Du den "Genfer Konventionen" für Bildformate entsprichst, empfiehlt
es sich die hochzuladenden Bilder vorher zu verkleinern. Das geht am
einfachsten mit diesem Programm hier.
Dann eröffnest Du den thread oder post und klickst an der Stelle, an der Du
die Bilder einfügen willst auf das Monitor mit Farbpalette Symbol (oben im
Editierfeld des posts). Zwischen die beiden tags fügst Du dann die
Bildadresse des hochgeladenen Bildes ein.
Viel Erfolg
Gruß
Michael ____________________ „Lass die anderen mit Fichten- und Tannensprossen würzen, der Hopfen ist
das Beste, was die Natur uns bietet.“
Aus "Das Erbe des Bierzauberers" von Günther Thömmes, Gmeiner Verlag
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Junior Member Beiträge: 15 Registriert: 22.7.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 24.7.2009 um 13:09 |
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[img]K1024_PICT0105.JPG/img]
Der Beriselungskühler der Brauerei Schmitt in singen.
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Antwort 21 |
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Junior Member Beiträge: 15 Registriert: 22.7.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 24.7.2009 um 13:14 |
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[img]K1024_PICT0105.JPG ./bilder/Dampfbrauer/K1024_PICT0105.JPG/img]
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Antwort 22 |
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Administrator Beiträge: 10493 Registriert: 23.10.2005 Status: OnlineGeschlecht:
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erstellt am: 24.7.2009 um 13:31 |
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Hallo, Jonathan,
kleine Ursache, große Wirkung: bei dem Aufhebungstag rechts fehlt eine
eckige Klammer. Direkt hinter dem G der Endung .JPG
Das führt dazu, daß die Bilder nicht angezeigt werden.
EDIT2: ach, nochwas: bei Tinypic reicht die Einstellung "low quality" und
das Format "640 x 480 klein", die Qualität ist trotzdem erstklassig, nur
für den Fall, daß man mal kleinere Bilder einfügen und die Serverlast
schonen will.
Gruß
Michael
[Editiert am 24.7.2009 um 13:51 von tauroplu]
____________________ „Lass die anderen mit Fichten- und Tannensprossen würzen, der Hopfen ist
das Beste, was die Natur uns bietet.“
Aus "Das Erbe des Bierzauberers" von Günther Thömmes, Gmeiner Verlag
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Moderator Beiträge: 4024 Registriert: 7.4.2006 Status: Offline
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erstellt am: 24.7.2009 um 14:38 |
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Immer wieder erstaunlich, unter welchen Bedingungen die Brauer in der
ostdeutschen Provinz arbeiten mussten. Bei unserer Besichtigung in der
ehemaligen Stutzhäuser Brauerei in Luisenthal haben wir ähnliche
mittelalterlich anmutende Katakomben vorgefunden. Ein Wunder, das man unter
diesen Umständen etwas trinkbares erzeugen konnte!
____________________ Gruß vom Berliner
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Antwort 24 |
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