Junior Member Beiträge: 15 Registriert: 26.9.2011 Status: Offline
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erstellt am: 26.9.2011 um 23:31 |
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Hallo zusammen. Habe vor kurzem mein erstes Bier gebraut. Meine Stufen
waren, 50°C (Einmaischen), 55°C Eiweißrast, 64°C Maltoserast, 72°C erste
und 77°C zweite Verzuckerungsrast. Jede dieser Stufen/Rast habe ich für 20
min eingehalten. Mir ist aber aufgefallen das viele auch einfach bei 64°C
Einmaischen und auch ohne Eiweißrast arbeiten. Meine erste Frage ist,
brauch mann eine separate Phase zum Einmaischen oder geht das auch in einer
der Rasten? Wie wichtig ist die Eiweißrast und was wäre wenn ich einfach
mit der Maltoserast beginnen würde? Wie wirkt sich die Maltoserast auf mein
Bier aus, nach meinen Informationen aus dem Internet hängt in dieser Rast,
bzw. der Dauer der Rast legt den Alkohol gehalt des Bieres am ende fest,
stimmt das? Wie wikrt sich unterschiedliche Zeiten bei beiden
Verzuckerungsrasten aus?
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Moderator Beiträge: 4024 Registriert: 7.4.2006 Status: Offline
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erstellt am: 27.9.2011 um 06:44 |
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Einen guten Überblick über die verschiedenen Rasten gibt dieser
Wiki-Artikel. Klassische Maischverfahren werden hier
behandelt.
Ansonsten hast Du die Mögklichkeiten ja schon selbst aufgezählt: Eiweißrast
weglassen, hoch (63°C) Einmaischen, Rasten variieren - alles möglich und
hier schon oft diskutiert.
Dass die Länge der Verzuckerungsrast den Alkoholgehalt bestimmt, ist nur
teilweise richtig. Grundsätzlich bestimmt natürlich die Stammwürze den
Alkoholgehalt, aber die Maischführung kann in gewissen Grenzen den Anteil
der verschiedenen Zuckerarten steuern. Höhere Rast-Temperaturen begünstigen
die Alpha-Amylase und erzeugen dabei mehr längerkettige, nicht vergärbare
Zucker und geben daher mehr Vollmundigkeit, aber einen etwas geringeren
Vergärungsgrad und damit weniger Alkohol.
[Editiert am 27.9.2011 um 06:45 von Berliner]
____________________ Gruß vom Berliner
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Antwort 1 |
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Posting Freak Beiträge: 678 Registriert: 23.3.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 27.9.2011 um 08:48 |
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Hi ViWo,
55°C ist eigtl keine Eiweißrast mehr. Bie dieser Temperatur wirkt
hauptsächlich die Grenzdextrinase und es entstehen Dextrine, also Zucker.
Die Peptidase, die während der Eiweißrast wirken, haben ihr Optimum bei
45-50°C. D.h. einmaischen bei 45°C liefert die effektivste
Proteolyse. Die Eiweißrast macht man beispielsweise um viel FAN (freier
amino stickstoff) zu gewinnen. Dieser entstehet, indem die Peptidasen die
höher molekularen Eiweiße zu niedermolekularen (FAN) abbauen. Der FAN ist
essentiell für die Hefen als Nahrung. Ist zuwenig davon da, kann man
probleme bei der Angärung bekommen. Deshalb eigtl die Eiweißrast. Die
heutigen Malze sind aber so gut vorgelöst, dass man eigtl keine Eiweißrast
mehr braucht, da im Malz selbst schon viel FAN vorhanden ist. Ich hatte
auch noch nie PRobleme bei der Gärung.
Du kannst also einfach bei der Maltoserast einmaischen, diese halten und
dann zur zweiten Verzuckerung aufheizen bei 72°C.
Durch die Maltoserast wird nicht der Alkoholgehalt des Bieres festgelegt,
der wird schon hauptsächlich wie Berliner schon geschrieben hat durch die
Stammwürze bestimmt. Doch durch eine lange 62er Rast kann der
Endvergärungsgrad erhöht werden. Bei der Maltaserast entstehen nämlich
vergärbare zucker, bei der Verzuckerugnsrast bei 72°C unvergärbare
Zucker.
D.h. eine Würze mit 12°P StW und 40min Maltoserast wird einen höheren
Alkoholgehalt erzielen als eine 12°P StW mit nur 30min Maltoserast.
Die 72°C Rast bestimmt also die Restsüße und Vollmundigkeit im Bier, da die
Zucker die hier entstehen nicht vergoren werden können und somit im Bier
bleiben!
Hoffe ich konnte weiter helfen
gut Sud
Matthias
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Antwort 2 |
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Junior Member Beiträge: 15 Registriert: 26.9.2011 Status: Offline
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erstellt am: 27.9.2011 um 09:14 |
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NAch mehreren Klicks habe ich die Stell auch gefunden im Wiki wo erklärt
das es nicht umbedingt notwendig ist eine Eiweißrast einzuhalten. Aber der
Unterschied von vergärbaren und unvergärbaren Zucker konnte ich noch nicht
herauslesen. Die Infomation ist natürlich sehr hilfreich. Danke damit ist
meine Frage zu dem Thema auch beantwortet.
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Antwort 3 |
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Posting Freak Beiträge: 2942 Registriert: 29.4.2010 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 27.9.2011 um 09:28 |
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Im Buch "Bier Brauen" von Richard Lehrl, steht alles ab Seite 52 übers
Maischen, mit schematischen Bildern über die gebildeten Zucker.
Im Buch "Bier aus eigenem Keller" von Wolfgang Vogel ab Seite 51.
Also ab in den Buchladen deines Vertrauens.
Gruß Volco
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Antwort 4 |
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Moderator Beiträge: 1253 Registriert: 21.12.2005 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 27.9.2011 um 11:30 |
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Von mir absolute Kaufempfehlung für alle die sich näher mit dem Thema
Verzuckerung beschäftigen möchten. Das Buch von Vogel kann ich allerdings
nicht empfehlen, ist aber meine persönliche Meinung.
Gruß Bodo, der auch immer wieder mit Maltose, Maltase, Alpha, Beta, Amylase
und das beste, Grenzdextrinase, durcheinander kommt ____________________ "Wer kein Bier hat, hat nichts zu trinken"
(M. Luther)
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Antwort 5 |
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Moderator Beiträge: 4922 Registriert: 5.4.2005 Status: Offline
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erstellt am: 27.9.2011 um 11:36 |
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> Bie dieser Temperatur wirkt hauptsächlich die Grenzdextrinase und es
entstehen Dextrine, also Zucker.
Hmm bei Google Books Narziß, "Technologie der Würzebereitung" S. 241 ( langer Link)
findet sich die Aussage, daß Grenzdextrinase α-(1-6) Verbindungen
aufbricht (also Dextrine, die die α-Amylase nicht weiter spalten kann,
eben "Grenzdextrine") und zu Maltose, Maltotriose und Maltotetraose abbaut,
der Vergärgrad wird dadurch verbessert.
Es werden von der Grenzdextrinase also eher Dextrine abgebaut (was die
"-ase" ja andeutet) als gebildet.
Ich nutze diese Rast gerne in Kombination mit der Eiweißrast bei höheren
Temperaturen (meist 57°C), vor allem, wenn ich eine dextrinreiche Maische
habe, also bei der Weiterverarbeitung einer Vormaische, etwa beim
Herrmann-Verfahren.
Uwe
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Antwort 6 |
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Posting Freak Beiträge: 675 Registriert: 25.10.2010 Status: Offline
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erstellt am: 27.9.2011 um 13:07 |
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Ich muss zugeben, dass ich die Funktion der beta- und alpha-Amylase und die
Tatsache das, bei Einhaltung bestimmter Rasten (z.B. 63°C und danach 72°C),
am Ende vorrangig Maltose rauskommt, noch nicht richtig verinnerlicht
habe.
Wenn ich eine komplexe Struktur wie ein Stärkemolekul in Maltose
zerkleinern müsste, würde ich zuerst die alpha-Amylase ranlassen, d.h.
viele freie Enden schaffen und DANN die beta-Amylase zum Zuge kommen
lassen. Das Problem ist, dass wir es im Brauprozess ja genau umgekehrt
machen: Enden bis zu den 1,6 Verzeigungen abknabbern (beta-Amylase 63°C),
danach killen wir ganz brutal die beta Amylase, dannach zerlegen wir die
1,6 Verzeigungspunkte mit der alpha-Amylase - und dann??? Jetzt sollten ja
noch viele unverzeigte längerkettige Moleküle da sein an die die
beta-Amylase vor der Arbeit der alpha-Amylase gar nicht rankam.
Wo ist mein Denkfehler?
Beste Grüße
Sandro
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Antwort 7 |
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Posting Freak Beiträge: 2942 Registriert: 29.4.2010 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 27.9.2011 um 13:10 |
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He Sandro, du hast keinen Denkfehler, alles richtig, deshalb mach ich gerne
das Earlsche Verfahren, weil mit der zweiten Schüttung wieder frischen
Enzyme dazu kommen.
Volco
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Antwort 8 |
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Posting Freak Beiträge: 678 Registriert: 23.3.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 27.9.2011 um 13:18 |
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Die alpha, sowie die beta-Amylasen sind nicht in der Lage die 1-6 Bindungen
zu spalten, dass kann aber die Grenzdextrinase, d.h. sie spaltet
Grenzdextrine zu Dextrinen (Maltose, Maltotriose etc)
Diese Dextrine werden von alpha und beta amylase weiter abgebaut
____________________
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Antwort 9 |
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Posting Freak Beiträge: 675 Registriert: 25.10.2010 Status: Offline
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erstellt am: 27.9.2011 um 13:34 |
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Bierhias: hast vollkommen Recht, dass war unglücklich ausgedrückt - ich
meinte natürlich, die alpha-Amylase ist in der lage die Stärke ZWISCHEN
1,6-Verzweigungspunkten zu spalten.
Volco: ja, ich habe mir mal kurz das Earlsche Verfahren durchgelesen. Warum
haben das die Brauer so noch nicht schon früher aufgefriffen? Persönlich
bin ich aus Gründen der Bequemlichkeit allerdings eher der Infusionstyp.
Grüße
Sandro
____________________
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Antwort 10 |
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Moderator Beiträge: 4922 Registriert: 5.4.2005 Status: Offline
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erstellt am: 27.9.2011 um 14:37 |
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Hallo Sandro!
Dieses "umgekehrte" Vorgehen machen die Kornbrenner, da wird erst
"verflüssigt" (α-Amylase Stärke -> Dextrine) und danach etwas
"Ähnliches", wie eine β-Amylase um eine möglichst hoch vergärbare
Maische zu bekommen.
Das will man bei der Bierbereitung aber nicht unbedingt, man möchte ja eine
gewisse Restsüße oder Vollmundigkeit behalten, sonst würde das Bier zu
alkoholisch und leer im Geschmack.
Spezialanwendungen, wie das Herrmann-Verfahren (das auch der Hagen Rudolph
in etwa beschreibt) oder die Kochung beim Earlschen-Verfahren erlauben dann
aber die Zuckerzusammensetzung zu beeinflussen, letztlich macht man aber
dabei auch wieder eine Rast bei der α-Amylase und bekommt so wieder
Dextrine.
Uwe
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Antwort 11 |
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Posting Freak Beiträge: 2084 Registriert: 28.10.2009 Status: Offline
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erstellt am: 27.9.2011 um 14:39 |
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Zur Beruhigung:
Sie haben.
Im Thread Dekoktion glaube ich gezeigt zu haben, dass
das Earlsche Verfahren (ohne dessen Wert mindern zu wollen) im Kern nichts
anderes ist als ein (etwas extremer ausgeprägtes) Einmaisch-, also ein
Dekoktionsverfahren.
Und auch bei klassischen Dekoktionsverfahren kann man es eben schaffen, die
Amylasen in der von Sandro geforderten "richtigen" Reihenfolge auf den
Großteil der Stärke loszulassen:
Die erste Kochmaische (vorzugsweise Dickmaische) lässt man, bevor man sie
kocht, schön von den alpha-Amylasen verzuckern. Und nach dem Zubrühen gehen
die in der Bottichmaische überlebt habenden beta-Amylasen umso begieriger
auf die nun unverzweigten Ketten los.
Moritz ____________________ Glaubte ich an die Reinkarnation, so wollte ich als Hefepilz wiedergeboren
werden.
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Antwort 12 |
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Senior Member Beiträge: 234 Registriert: 19.3.2010 Status: Offline
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erstellt am: 27.9.2011 um 15:01 |
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Zitat von Bierjunge, am 27.9.2011 um
14:39 |
Die erste Kochmaische (vorzugsweise Dickmaische) lässt man, bevor man sie
kocht, schön von den alpha-Amylasen verzuckern. Und nach dem Zubrühen gehen
die in der Bottichmaische überlebt habenden beta-Amylasen umso begieriger
auf die nun unverzweigten Ketten los.
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Hi Moritz,
ich frage mich schon lange, wo genau die Rasten bei einer Dekoktion optimal
liegen müssten. Habe ich dich richtig verstanden, dass man mit der
Kochmaische idealerweise (nur) eine Rast bei 72 °C macht, dann gleich
kocht, und nach dem Zubrühen in den Bottich (nur) eine Rast bei 62 °C, dann
direkt zum Abmaischen aufheizt und läutert? Dabei durchläuft man ja auch
noch einmal kurz das Wirkoptimum der alpha-Amylase, aber geschenkt.
Bisher habe ich immer sowohl mit der Kochmaische als auch mit der
Bottichmaische ausgiebig beide Rasten (62 und 72 °C) gemacht, das kam mir
ganz schön doppelt gemoppelt vor. Ich bin im Moment noch schwerer von
Begriff als sonst (Erkältung), freue mich aber über Aufklärung.
Herzliche Grüße
Philipp ____________________ Wer flötet hell und plappert munter
Im Netz kopfüber und kopfunter
Den bittren Trunk verschmäht sie nicht
und hämmert bis die Schale bricht?
Die Braumeise
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Antwort 13 |
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Posting Freak Beiträge: 675 Registriert: 25.10.2010 Status: Offline
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erstellt am: 27.9.2011 um 15:15 |
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Uwe und Moritz - vielen Dank!
Die Vielfalt an Möglichkeiten die Stärke in ein gezieltes Verhältnis an
vergärbaren und unvergärbaren Zuckern zu überführen ist schon ziemlich
verwirrend - zumindest für mich. Das Stichwort Kombirast ist dabei noch
nicht einmal gefallen! Gibt es evtl. vergleichende Untersuchungen zu den
einzelnen Verfahren, z.B. hinsichtlich Sudhausausbeute und
Endvergärungsgrad, die dem Laien wertvolle Hinweise über die zu erwartende
tatsächlich Effizienz bzw. Restsüße geben könnten? Die meisten hier im
Forum haben sicher schon von Infusion, Dekoktion, Earl's Verfahren oder vom
Hermann-Verfahren oder... gehört (alles natürlich in zig Varianten) - aber
ich vermisse etwas konkret auswertbares. Ich könnte mir vorstellen, dass
die vielen Diplomanden und Doktoranden an irgendeiner der Brauunis so ein
Thema schon mal aufgegriffen haben.
Viele Grüße
Sandro
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Antwort 14 |
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Posting Freak Beiträge: 2084 Registriert: 28.10.2009 Status: Offline
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erstellt am: 27.9.2011 um 15:25 |
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Zitat von Braumeise, am 27.9.2011 um
15:01 | Habe ich dich richtig verstanden, dass
man mit der Kochmaische idealerweise (nur) eine Rast bei 72 °C macht, dann
gleich kocht, und nach dem Zubrühen in den Bottich (nur) eine Rast bei 62
°C, dann direkt zum Abmaischen aufheizt und läutert? Dabei durchläuft man
ja auch noch einmal kurz das Wirkoptimum der alpha-Amylase, aber
geschenkt. |
Ganz genau!
Ob Du ab der 62°er-Rast dann per Infusion weiterfährst, oder per weiterer
Dekoktionen als Zwei- oder gar Dreimaischverfahren, ist dann persönliche
Geschmackssache.
Gute Besserung!
Moritz ____________________ Glaubte ich an die Reinkarnation, so wollte ich als Hefepilz wiedergeboren
werden.
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Antwort 15 |
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