Moin
Hermann Löhr, von Beruf Schlosser und den größten Teil seines Lebens bei
der Bahn in der Instandsetzung tätig, ist der Großvater von Emjay2812
(Markus).
Er hat sein Leben lang geschraubt, baut noch heute Uhren, repariert sie
sogar und kann seine Finger nicht von Sachen lassen, die kaputt sind und
wieder instand gesetzt werden müssen. Und das mit 86 Jahren.
Als ich Markus das letzte Mal auf dem HBST Rhein-Main am 11.Mai traf,
interessierte er sich natürlich für den One-Tap und wir kamen auf das Thema
der Befestigung des Zentralblockes an der Frontplatte des Systemes.
Im Zentralblock befinden sich vier Bohrungen und durch diese Sollten
Schloßschrauben M5 gehen. Aber, dadurch das der One-Tap auf einem dicken
Brett sitzt, beläuft sich die erforderliche Länge der Schrauben auf
70mm.
Bei den örtlichen Baumärkten sind Schloßschrauben M5 x 70 nicht zu
erhalten. In diversen Shops auf in der Bucht fand ich zwar passende
Schrauben, die auch nicht so teuer sind, aber das dann geforderte Porto
beträgt üblicherweise ein Vielfaches des Materialpreises. Und deshalb gab
es keine Schloßschrauben, der One-Tap wurde ziemlich grob mit langen
Spaxschrauben an das Brett gezimmert.
Spontan sagte Markus mir zu, seinen Großvater Hermann Löhr zu bitten, mir
Schrauben anzufertigen.
Eine Woche später lag ein Umschlag im Briefkasten, drin vier
Schloßschrauben M5 x 70mm nebst Muttern und Unterlegscheiben.
Für den alten Bahnschrauber mag es ein Einfaches und eine Freude zugleich
gewesen sein, die Schrauben zu fertigen. In meinen Augen stellen sie etwas
Großartiges dar, von hand gefertigt, passend zu meinem System, geschaffen
von einem Mann der sein Leben lang schraubt und es heute mit 86 Jahren noch
begeistert tut.
Dies muss gewürdigt werden und deshalb will ich ein Bier nach ihm benennen
und ihm davon persönlich bringen.
Nun wurde auf dem HBST Rhein-Main am 11.Mai die Hausaufgabe wie folgt
definiert:
Für den Juli, ein traditionelles fruchtiges Weizenbier mit niedrigem
Alkoholgehalt (max 12°P) und typischer Nelke im Buket.
Für mich die Gelegenheit, Etwas neues wider aller Unkenrufe zu probieren
und ein Weizen mit 90% Weizenmalz (Naheland helles Weizenmalz) in der
Schüttung zu brauen.
Da Weizenmalz keine Spelzen hat und von den 10% Gerstenmalz (Marris Otter
und CaraAmber) keine allzu große Spelzenausbeute zu erwarten war, beschloss
ich, die Schüttung mit 300g Dinkelspelzen ~ 3 Liter Volumen, zu strecken.
Das passt sogar ganz gut, denn Dinkel ist ja eine Urform des Weizen.
Dinkelspelzen bekommt man in der Bucht bei Shops wie
diesem, sie
werden dort als Füllung für Kissen angeboten.
Das Kilo kostet um die 2€ und hat ein Volumen von rund zehn Litern. Die
Spelzen kommen als ganze Fruchtstände (Körbe) aus denen der Keim ausgelöst
wurde und sind sehr hart.
Für den nächsten Sud werde ich die Spelzen durch die Grob eingestellte
Malzmühle jagen um aus den Körben einzelne Blätter zu machen, das dürfte
die Eigenschaften noch verbessern.
Zum Braugang:
Zu Beginn des Maischens die Spelzen in den Maischbottich
dann das Leitungskalte Wasser drauf.
Danach die Schüttung in den Bottich.
Wir sehen, dass die Spelzen zum größten Teil oben auf schwimmen. Ich setzte
dabei auf die in den Angeboten beschriebene hohe Saugkraft der Spelzen,
welche z.B. in einem Kissen verwendet, den Schweiß aufnehmen und somit
einen angenehmeren Schlaf ermöglichen sollen.
Tatsächlich nahmen die Spelzen im Verlauf des Maischens nach und nach
Wasser auf und wurden integraler Teil der Maische. Beim nächsten Mal werde
ich die Spelzen 24h vor dem Brauen wässern.
90% Weizenmalz in der Schüttung, ließ mich mit dem Schlimmsten bezüglich
Verkleisterung und Pudding rechnen, deshalb leitete ich das Maischen mit
einer ausgiebigen Gummirast bei 38°C ein und nach einer anfänglichen
deutlichen Erhöhung der Viskosität der Maische stellte sich dann
erfreulicherweise tatsächlich ein angenehm dünnflüssiger Zustand ein.
Danach folgte das volle Programm, Weizenrast, Maltose- und
Verzuckerungsrast.
Im Läuterbottich lagen dann noch rund 25% der Dinkelspelzen als dichter
Teppich auf dem Treber
Der Rest war im Treber verteilt und das ließ mich hoffen.
Angesichts meiner bisherigen Ergebnisse rechnete ich damit, rund 12 bis 14
Liter Vorlauf ziehen zu müssen, ehe es klar läuft. Aber ich wurde eines
Besseren belehrt.
Nach nur 6 Litern hatte ich klare Vorderwürze.
Und so blieb es bis zum letzten Tropen nach 20 Litern Nachguss.
Die befürchtete Läuterkatastrophe blieb aus. Nach 95min war es getan,
Pfanne voll mit 34 Litern und noch weitere 3 Liter im Becher.
Während der ganzen Zeit lief die Würze langsam, aber konstant. Es gab kein
Stocken, ich musste den Treber nicht aufhacken. Angesichts der zahlreichen
Aussagen, dass es schier unmöglich sei, eine Schüttung mit derart hohen
Weizenanteil ordentlich zu läutern, war ich sehr angenehm überrascht. Die
Dinkelspelzen waren eine gute Idee
Wallendes Kochen und erheblicher Würzebruch
Ein ordentlicher Trubkegel
Ein richtig geführter Whirlpool ist Gold wert, denn der Filter wird kaum
belastet.
Die Würze lief sehr klar in den Filter.
Die Farbe des Trubkegels war gleichmässig hell, Beleg dafür, dass es sich
um reinen Eiweß handelt und sich kaum Mehl darin befindet. Ich hatte bei
anderen Suden schon deutlich grauen Trub im Kegel. Also ziemlich viel Mehl.
Die Farbe der Würze sagt mir ausgesprochen gut zu. Das CaraAmber zaubert
eine tolle Farbe. Optisch wird dieses Bier sicher eine Schönheit
Natürlich wurde um jeden Tropfen gekämpft und das Ankippen des Kessels
gegen Ende des Läuterns
stellte kein Problem dar, da der Filter bis zu diesem Zeitpunkt nahezu
unbelastet war
Mit dem beim Ankippen kommenden Schmodder wurde er Problemlos fertig.
Insgesamt war der Brautag deutlich friedlicher und entspannter als zunächst
erwartet. Bei 90% Weizen in der Schüttung hatte ich mit zahlreichen
Problemen beim Maischen, Läutern und Hopfenseihen gerechnet. Aber all diese
Probleme traten dank der Dinkelspelzen und der ausgiebigen Gummirast nicht
ein. Im Gegenteil, der Sud ging glatter als manch Anderer von der Hand.
Am Ende habe ich 31 Liter mit 11,4°P im Kessel. Hätte ich noch weiter auf
30l eingekocht, wäre ich wohl bei 12°P gelandet. Aber ich sage mir: Ziel
erreicht, ein leichtes Weizenbier soll es ja sein.
Angestellt habe ich mit der Brewferm Blanche. Ursprünglich hatte ich die
Danstar Munich Wheat geplant, aber die ließ sich leider nicht mehr
reaktivieren. Während andere Hefen einige Monate im Kühlschrank locker weg
stecken, scheint die DSMW etwas empfindlicher zu sein.
Bleibt jetzt noch die letzte Frage zu beantworten...
Schmeckt das ?
Nun, so wie die Würze vor dem Anstellen schmeckte, bin ich guter Dinge und
zuversichtlich, dass eine derart hohe Weizenschüttung ein lecker Bier geben
wird
Hermann Löhr, Der alte
Bahnschrauber
Stammdaten:- Stammwürze: 12°P
- Ausschlagmenge: 30l
- Bittere: 20 IBU
- Farbe: 15 EBC
Schüttung und Wasser:- Hauptguss:
20.32l
- Nachguss: 19.55l
- 5.23kg (90 %) - WeiMa Hell Naheland (4 EBC)
- 0.29kg (5 %) - Cara Amber Weyermann (70 EBC)
- 0.29kg (5 %) - Castle Marris Otter (80 EBC)
Maischplan:- 30°C - Einmaischen
- 38°C - 60 Minuten (Gummirast)
- 45°C - 30 Minuten (Weizenrast)
- 63°C - 45 Minuten (Maltoserast)
- 72°C - 45 Minuten (Verzuckerung)
- 78°C - 0 Minuten (Abmaischen)
- 78°C - 20 Minuten (Läuterruhe)
Hopfung:- 90 Minuten - Tradition 45 (20 %
α-Säure): 8.1 g (60%)
- 10 Minuten - Citra (13.5 % α-Säure): 5.4 g (40%)
- Dauer Hopfenkochen: 90 Minuten
- Nachisomerisierungszeit: 20 Minuten
Hefe:- Brewferm Blanche (geplante Danstar Munich
Wheat war nicht mehr zu reaktivieren)
Weitere Zutaten:- 300g Dinkelspelzen (10g/l)
- Zeitpunkt der Zugabe: Maischen
- 15g Korriander (0.5g/l) grob geschrotet
- Zeitpunkt der Zugabe: Hopfenkochen / Zur
Aromagabe
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