Gambrinus zu Borbetomagus
Posting Freak Beiträge: 3085 Registriert: 2.6.2012 Status: OfflineGeschlecht:
|
|
erstellt am: 3.4.2014 um 10:50 |
|
|
Hallo Braufreunde, seit längerem nun schlage ich mich ja mit unserem
Leitungswasser rum. Meine Wasserwerte ähneln dem Münchner Wasser soweit ich
das als Laie beurteilen kann
http://www.ewr-netz.de/fileadmin/Dateien/EWR_Netz_GmbH/Untern
ehmen/Standorte/Wasserwerk/Kundenanalyse_Worms_Stand_2013_04.pdf
Nun mit Umkehrosmose und CaO kann man ja was dagegen unternehmen... Das ist
klar und um Wasseraufbereitung geht es mir auch nicht.
Vielmehr die Frage wirft sich bei mir auf, ist der Typ Münchner hell denn
ein ältere Braustil, denn wie wir wissen, bereitet fast jede Brauerei ihr
Wasser mit Osmoseanlagen auf.
Also ist der Stil vor Wasseraufbereitung entstanden? Wurde die Maische
damals schon mehr oder weniger gezielt angesäuert, und wie wird das Wasser
heute in einer prof. Brauerei für diesen Typ eingestellt?
Der Grund, ich möchte eines brauen, ich habe noch 33gr. Münchner Lagerhefe
(Diamond Lager) hier. Wenn sich hier keine konkrete Aussage ergibt, werde
ich mit CaO arbeiten.
Die dunklen Biere werden mit meinem Wasser und a bissel Milchsäure perfekt.
Als Grundlage wären 100% PiMa Event. 5% Cara., 11,5 STW und 20-25 IBU mit
Tradition und Select. ____________________ Zertifiziertes Mitglied der "Worschtmarktbrauerbubenbieratenbartei" WBBBB
|
|
Moderator Beiträge: 9432 Registriert: 12.11.2008 Status: OfflineGeschlecht:
|
|
erstellt am: 3.4.2014 um 11:09 |
|
|
Ich bin kein Bierhistoriker, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass dies
ein relativ neuer Bierstil ist.
Hell und hopfig geht mit Münchner Wasser eigentlich nicht.
Nicht umsonst wurde in München immer dunkles schwach gehopftes Bier
gebraut.
Hab mal kurz gegoogelt, auf der Hacker Pschorr
Seite steht: Zitat: | 1893 braute die damalige Hacker-Bräu AG das erste HELLE in
München – das MÜCHENER GOLD |
Das ist ziemlich
spät, würd ich mal sagen.
Ganz abgesehen davon würd ich so was nie mit unbehandeltem Wasser brauen,
Geschichte hin oder her.
Stefan
|
|
Antwort 1 |
|
Posting Freak Beiträge: 2084 Registriert: 28.10.2009 Status: Offline
|
|
erstellt am: 3.4.2014 um 11:20 |
|
|
Wie Stefan schon schreibt, ist das Dunkle der klassiche Münchner
Bierstil. Nicht umsonst heißt es auch Münchner Malz.
Noch während fast der ganzen ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war, wenn
man sich in einer Münchner Wirtschaft ein "Bier" bestellte, das automatisch
ein Dunkles. Vereinzelt gab es zwar schon ab ca. 1900 helle Ausnahmen,
s.u., aber als vorherrschender Stil ist das eine sehr junge Erscheinung.
Helles mit unehandeltem Münchner Wasser geht schlichtweg nicht. Ausfällen
mit Ätzkalk und biologische Säuereung ist das Mindeste.
Zitat von Bierjunge, am 16.9.2013 um
14:13 | Zitat von JanBr, am 16.9.2013 um
10:09 | Ursprünglich ist München eine Hochburg
des dunklen Bieres gewesen (daher auch Münchner Malz). Das liegt am
steinharten Münchner Wasser.
Das Oktoberfest findet seit 1810 statt. Helles Lagerbier wird ungefähr um
1840 von Anton Dreher und 1842 von Josef Groll in Pilsen eingführt. Also
ist davon auszugehen das zumindest die ersten 30 Jahre Wiesn dunkles Bier
gab.
Glaubt man den historischen Quellen, wurde erst ca. 40 Jahre später auch in
München helles Bier gebraut, weil man erst ab da den Zusammenhang zwischen
Hopfenbittere und Wasser verstand. Bis dahin gibt es Quellen, die belegen
das am Rande der Wiesn eben Wiener Bier ausgeschenkt wurde (hier gab es
sehr viele Proteste der Münchner Brauer
diesbezüglich). |
Hallo Jan,
Eine extrem interessante Quelle zur Einführung des Hellen Biertyps in
München ist z.B. Münchner Brauindustrie: 1871-1945 ab Seite 91.
Das Wiesnbier als helles Märzenbier Wiener Typ begann sich demnach in den
1880er/90er-Jahren durchzusetzen.
Ansonsten hatte es das helle Bier lange sehr schwer in München: Es wird ja
im Allgemeinen 1895 als die Geburtsstunde des Hellen Biers in München
angesehen, erstmals gebraut durch Spaten.
Ein paar wenige folgten rasch nach (u.a. Thomasbräu, Löwenbräu, Pschorr),
während 8 große Brauereien (Hacker, Münchner Kindl, Bürgerbräu,
Maximiliansbräu, Salvator, Franziskaner, Paulaner, Augustiner) auf Druck
der Wirte (die sich nicht in der Lage sahen, mehr als eine Sorte
auszuschenken) noch 1896 gelobten, den Trend zum hellen Bier nicht
mitmachen zu wollen...
Der Anteil hellen Biers krebste dann noch ein paar Jahrzehnte im
einstelligen Prozentbereich herum, und schoss dann erst nach dem ersten
Weltkrieg in den 20er-Jahren nach oben. |
Moritz ____________________ Glaubte ich an die Reinkarnation, so wollte ich als Hefepilz wiedergeboren
werden.
|
|
Antwort 2 |
|
Senior Member Beiträge: 335 Registriert: 8.10.2011 Status: OfflineGeschlecht:
|
|
erstellt am: 3.4.2014 um 11:21 |
|
|
Hallo,
ich bin mir ziemlich sicher, dass die zur Jahrhundertwende auch schon mit
CaO und Sauermalz arbeiteten.
Ausserdem noch ein kleiner Tip: Nimm nicht das ganz helle Pilsnermalz ,
sondern Helles Malz, siehe
http://www.klostermalz.de/index.php?option=com_content&view=c
ategory&layout=blog&id=14&Itemid=139&lang=de
Das ist zwar nur unwesentlich dunkler als Pilsner, macht aber - was den pH
der Maische angeht - einen bemerkbaren Unterschied.
Mit Pima habe ich schon einige Sude vermurkst - von wegen
Teebeutelgeschmack.
Mit Hellem Malz ist mir das (bis jetzt) noch nie passiert.
Viele Grüße
Martin
|
|
Antwort 3 |
|
Gambrinus zu Borbetomagus
Posting Freak Beiträge: 3085 Registriert: 2.6.2012 Status: OfflineGeschlecht:
|
|
erstellt am: 3.4.2014 um 11:23 |
|
|
Hm... Hast recht Stefan, bisher habe ich mich da auch immer auf den A...
gesetzt. Ich habe mir auch gedacht, dass der Stil erst spät entstanden ist.
Also doch am besten Osmose. Wenn das nicht immer soviel Akt wäre ____________________ Zertifiziertes Mitglied der "Worschtmarktbrauerbubenbieratenbartei" WBBBB
|
|
Antwort 4 |
|
Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
|
|
erstellt am: 3.4.2014 um 11:26 |
|
|
Die BJCP Style Guidelines sagen "Moderate carbonate water".
____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
|
|
Antwort 5 |
|
Posting Freak Beiträge: 3548 Registriert: 26.2.2012 Status: OfflineGeschlecht:
|
|
erstellt am: 3.4.2014 um 11:46 |
|
|
Nach meinem Verständnis war das Münchner Hell eine Antwort auf das
Pilsener. Helle Biere waren sein der Erfindung des Pilsener gefragt und
haben schnell die Marktführerschaft übernommen. Hell ging zwar mit Münchner
Wasser, hopfig aber nicht - so ist das Münchner Hell entstanden, um wieder
Marktanteile zurückzugewinnen.
Verantwortlich für die kratzige Bittere ist das extrem ungünstige
Chlorid/Sulfat Verhältnis. Mit dem Gambrinuswasser sollten mit 7g CaCl2/hl
und 30ml Milchsäure/hl (berechnet auf eine reine Pima-Schüttung) auch
Hopfenbomben bis 100 IBU möglich sein.
Kein Hexenwerk: http://www.ezwatercalculator.com/
Cheers, Ruthard ____________________ Mein Blog: Brew24.com
|
|
Antwort 6 |
|
Moderator Beiträge: 9432 Registriert: 12.11.2008 Status: OfflineGeschlecht:
|
|
erstellt am: 3.4.2014 um 11:53 |
|
|
Hallo Ruthard,
auch hohe Hydrogencarbonatwerte machen die Bittere kratzig und lösen
Gerbstoffe aus den Spelzen.
Magnesium wird ab einem bestimmten Wert auch sehr unangenehm und kratzt.
Beides ist im Münchner Wasser reichlich vorhanden.
Bei mir übrigens auch und ich kann erst so richtig hopfen, seit ich
Magnesium und Hydrogencarbonat zusammen bekämpfe.
Das i-Tüpfelchen ist dann noch das Aufsalzen mit Chlorid, da geb ich Dir
Recht.
Stefan
|
|
Antwort 7 |
|
Posting Freak Beiträge: 3548 Registriert: 26.2.2012 Status: OfflineGeschlecht:
|
|
erstellt am: 3.4.2014 um 12:07 |
|
|
Ich bin jetzt vom "Gambrinus"-Wasser ausgegangen, da ist das Magnesium mit
11mg/l ja noch recht moderat.
Cheers, Ruthard ____________________ Mein Blog: Brew24.com
|
|
Antwort 8 |
|
Posting Freak Beiträge: 1946 Registriert: 20.11.2012 Status: OfflineGeschlecht:
|
|
erstellt am: 3.4.2014 um 12:10 |
|
|
Was meinst du mit Teebeutelgeschmack?
Gruß,
Andy
|
|
Antwort 9 |
|
Gambrinus zu Borbetomagus
Posting Freak Beiträge: 3085 Registriert: 2.6.2012 Status: OfflineGeschlecht:
|
|
erstellt am: 3.4.2014 um 12:43 |
|
|
Wie Ruthard habe ich früher auch schon aufgesalzen also CaCl und
Milchsäure. Die Ergebnisse waren von der Hopfung auch immer gut, nur die
Gerbstoffe schmeckte man immer wieder raus. Unangenehm strohig. Auch de
Geruch war unangenehm stechend. Früher zu OG Zeiten vor 2 Jahren könnte man
das erst nach länger Lagerung wahrnehmen. Da waren die Ansprüche an sich
selbst auch nicht so hoch...
Wie das so ist wird das Hefenanagment, die Gärführung und die Maischerei
immer besser. Rundum ist dann alles soweit perfekt, allerdings nervt einen
diese eher kleinen Fehler auch dermaßen..
Egal, Osmose und ein wenig CaCl helfen. Nur wäre eben ein authentisches
Münchner mit Leitungswasser auch mal eine Option gewesen. Der letzte
Versuch nur an zu säuern ging ja nach hinten los. ____________________ Zertifiziertes Mitglied der "Worschtmarktbrauerbubenbieratenbartei" WBBBB
|
|
Antwort 10 |
|