Junior Member Beiträge: 11 Registriert: 10.7.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 7.6.2010 um 21:35 |
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Hallo und Grüße aus Polen!
Auf einem der polnischen Bierforen haben wir neulich darüber dieskutiert,
wie es dazu gekommen ist, dass jetzt, wie allgemein angenommen, das
Bockbier untergärig gebraut wird. Bei der Klassifizierung der Biere
erscheint Bock als untergäriges Bier. Eine Ausnahme bildet nur das
Weizenbock.
Wenn es aber stimmt, dass die Geschichte der Bockbiere in das 15./16.
Jahrhundert und das Bier aus Einbeck zurückgreift, musste doch das Bier
obergärig gebraut werden und zwar ein paar Jahrhunderte lang. Irgendwann in
der Vergangenheit, wohl im 19. Jh. musste eine Wandlung der Rezeptur
vorkommen. Weiss jemand etwas Genaueres darüber?
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Senior Member Beiträge: 395 Registriert: 4.3.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 7.6.2010 um 22:37 |
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Hallo,
das Brauen von Bockbier hat nichts mit der Erfindung der Kältemaschine von
LINDE zu tun. Vielmehr war es das Bemühen in christlichen Fastenzeiten eine
Art flüssiges Brot als Ersatz für die dürftige Ernährung in der auferlegten
Bußezeit zu finden. Ein Bier mit einem hohen Anteil von Zucker und folglich
auch Alkohol war das Ergebnis. Ob es nun in Einbeck oder in den bayrischen
Klöstern seinen Ursprung hat, sei dahin gestellt. Dennoch die Brauzeit war
im Winter, die Eisteiche gefroren und die Keller hatten die nötige
Temperatur den untergärigen Prozeß zuzulassen und weit bis in den Frühling
und Sommer das Bockbier zu lagern.
Ich hoffe etwas zur Aufklärung beigetragen zu haben ...
Schöne Grüße nach Polen
Frank
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Antwort 1 |
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Junior Member Beiträge: 11 Registriert: 10.7.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 8.6.2010 um 00:08 |
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Die starken Klosterbiere etwa aus Belgien sind obergärig. In Bayern durfte
das Bier nach der bayerischen Brauordnung aus dem Jahre 1539 nur zwischen
dem Tag des St. Michael (29. September) und dem Tag des St. Georg (23.
April) gebraut werden. Also in den Wintermonaten. Die Frage bleibt, ob das
Einbecker Bier auch untergärig gebraut wurde, oder ob die Bayer diese Art
Gärung angewendet haben. Je nördlicher von Bayern, desto mehr obergäriges
Bier gibt es. Etwa Alt, Kölsch, auch in den Niederlanden wird Bock
obergärig gebraut und das ist auch interessant warum?
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Antwort 2 |
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Posting Freak Beiträge: 1905 Registriert: 7.12.2006 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 8.6.2010 um 05:37 |
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Hallo skitof,
Deine Fragengrundlage ist schon sehr interessant. Wenn wir heute Biere
beurteilen und diskutieren so tun wir das mit all dem Wissen was wir über
Hefen etc. in den letzten 150 oder so Jahren gelernt haben.
Ich unterstelle mal (und da bitte ich um Vergebung wenn ich unseren lieben
Vorfahren auf die Füße trete) das vor 2-300 Jahren kaum oder keiner einen
Unterschied von ober- oder untergäriger Hefe wußte, sondern man vielleicht
festgestellt hat das die Untergärige es kälter liebt und auch höhere
Zuckermengen besser verarbeiten konnte.
Vielleicht so eine Selektion der Stärke? Meine Jungens in Düsseldorf (Alt)
und die lieben Kölsche wollten nur süffige Biere brauen, waren nicht auf
hochprozente aus, dafür gabs ja den juten Gries (Weizen- und Roggenbrandt)
und die Mönche, ei nicht dumm, haben sich dann leckeres Flüssigbrot
gebastelt, das wohl von der Zeitgestaltung sprich Fastenzeit über
Winterbrauen und vergären mit UG-Hefen recht saubere Ergebnisse gebracht
hat.
So stell ich mir das mal so einfach als Bierlaie vor.
Mal sehen was sonst noch dazu kommt.
Prost und gute Gesundheit nach Polen und wir hoffen das Wasser geht schnell
zurück entlang der schönen Weichsel.
Jörg
____________________ Ich braue Hoppesäcker Ur-biere nach dem Hoppesäcker Reinheitsgebot von
AD512 (Dokument ging leider verloren).
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Antwort 3 |
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Junior Member Beiträge: 11 Registriert: 10.7.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 8.6.2010 um 12:23 |
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Zitat von Biermann, am 8.6.2010 um
05:37 |
Ich unterstelle mal (und da bitte ich um Vergebung wenn ich unseren lieben
Vorfahren auf die Füße trete) das vor 2-300 Jahren kaum oder keiner einen
Unterschied von ober- oder untergäriger Hefe wußte, sondern man vielleicht
festgestellt hat das die Untergärige es kälter liebt und auch höhere
Zuckermengen besser verarbeiten konnte.
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Wahrscheinlich hast Du recht.
Die geschichtliche Reihenfolge des Bockbieres wäre so:
1. In Einbeck wird starkes Bier gebraut (obergärig, wie wir heute sagen
würden)
2. In München wird das Bier nachgemacht, aber untergärig
3. Gleichzeitig geschieht die Wandlung des Namens Einbeck zu Bock und die
Festlegung der untergärigen Rezeptur.
4. Heute wird Bock untergärig gebraut, wobei es gelegentlich auch obergärig
gebraut wird.
Und noch eine Frage. Ist Urbock auch untergärig?
(Das Wasser ist in Polen immer noch sehr hoch, aber in Wroclaw geht es zum
Glück schon zurück)
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Antwort 4 |
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Moderator Beiträge: 4024 Registriert: 7.4.2006 Status: Offline
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erstellt am: 8.6.2010 um 12:45 |
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Urbock kenne ich aus Einbeck und vom Schlenkerla in Bamberg - beide
untergärig. Es wird aber sicher auch an vielen anderen Orten unter diesem
Namen gebraut, der meiner Meinung nach nichts über die Brauart sagt,
sondern reiner Marketing-Popanz ist.
____________________ Gruß vom Berliner
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Antwort 5 |
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Administrator Beiträge: 10493 Registriert: 23.10.2005 Status: OnlineGeschlecht:
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erstellt am: 8.6.2010 um 12:51 |
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Tja, liebe Leute, und da ich das alles irgendwie geahnt habe...
habe ich meinen diesjährigen Maibock einfach mal obergärig gebraut. Mit dem
Ergebnis, dass ich keinen UG Bock mehr brauen werde.
Cheers
Michael ____________________ „Lass die anderen mit Fichten- und Tannensprossen würzen, der Hopfen ist
das Beste, was die Natur uns bietet.“
Aus "Das Erbe des Bierzauberers" von Günther Thömmes, Gmeiner Verlag
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Posting Freak Beiträge: 950 Registriert: 19.9.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 8.6.2010 um 13:50 |
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Zitat von tauroplu, am 8.6.2010 um
12:51 | Tja, liebe Leute, und da ich das alles
irgendwie geahnt habe... habe ich meinen diesjährigen Maibock einfach
mal obergärig gebraut. Mit dem Ergebnis, dass ich keinen UG Bock mehr
brauen werde.
Cheers
Michael |
Ist der Sud damals so gut geworden ???? (Neugierig bin
)
Was war besonders an der Rezeptur?
Oder einfach nur die Hefe ausgetauscht?
mfg Doppel ____________________ Am Wasser mag ich jeden Tropfen! Am liebsten mit viel Malz und Hopfen! "Ist
auf meinem Mist gewachsen!"
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Antwort 7 |
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Administrator Beiträge: 10493 Registriert: 23.10.2005 Status: OnlineGeschlecht:
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erstellt am: 8.6.2010 um 13:54 |
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Hi,
damals??? Isser noch, der ist immer noch am Hahn…aber nicht mehr lange.
An der Rezeptur ist eigentlich nicht so viel Besonderes außer, dass er u.a.
mit Cascade gehopft ist. Als Hefe habe ich die Nottingham genommen. Die ist
richtig gut dafür.
Greets
Michael
____________________ „Lass die anderen mit Fichten- und Tannensprossen würzen, der Hopfen ist
das Beste, was die Natur uns bietet.“
Aus "Das Erbe des Bierzauberers" von Günther Thömmes, Gmeiner Verlag
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Posting Freak Beiträge: 950 Registriert: 19.9.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 8.6.2010 um 14:02 |
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Zitat von tauroplu, am 8.6.2010 um
13:54 | Hi,
damals??? Isser noch, der ist immer noch am Hahn…aber nicht mehr lange.
An der Rezeptur ist eigentlich nicht so viel Besonderes außer, dass er u.a.
mit Cascade gehopft ist. Als Hefe habe ich die Nottingham genommen. Die ist
richtig gut dafür.
Greets
Michael |
Also mehr IPA als Bock....
Cascade ist ja nicht gerade der natürliche Bockhopfen
würd´s voll gern probieren
mfg Doppel ____________________ Am Wasser mag ich jeden Tropfen! Am liebsten mit viel Malz und Hopfen! "Ist
auf meinem Mist gewachsen!"
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Antwort 9 |
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Administrator Beiträge: 10493 Registriert: 23.10.2005 Status: OnlineGeschlecht:
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erstellt am: 8.6.2010 um 14:07 |
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Stimmt, Cascade ist nicht der typische Bockhopfen, aber was kümmert’s
mich?
Ich finde, der Cascade mit seinen grünen Zitrusaromen passt hervorragend zu
einem Maibock. Meine Empfehlung: unbedingt mal testen.
Ich muss aber ergänzen, dass ich Tettnanger als VWH hatte und den Cascade
als Aroma. Also kein IPA Bock...
Ciao
Michael
[Editiert am 8.6.2010 um 14:08 von tauroplu]
____________________ „Lass die anderen mit Fichten- und Tannensprossen würzen, der Hopfen ist
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Aus "Das Erbe des Bierzauberers" von Günther Thömmes, Gmeiner Verlag
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Posting Freak Beiträge: 950 Registriert: 19.9.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 8.6.2010 um 14:15 |
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(Grins)
Weißt was mir gerade auffällt?!?
Hier fehlt ein sabbernder sich die Lippen schleckender
"Leckerschmecksmiley"
Aber mit der Cascade muß ich auch mal was planen
mfg Doppel ____________________ Am Wasser mag ich jeden Tropfen! Am liebsten mit viel Malz und Hopfen! "Ist
auf meinem Mist gewachsen!"
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Antwort 11 |
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Member Beiträge: 94 Registriert: 9.4.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 8.6.2010 um 14:26 |
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Hallo!
Wen ich das richtig weiß gibt es keine gesetzliche Regelung auf Bock
unter.- oder obergärig gebraut wird. Im allgemeinen benutzt man den Namen
Bock dann wenn das Bierr eine Stammwürtze zwischen 16-18 °P hat und
Doppelbock über 18 °P.
Gruß
Klaas
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Antwort 12 |
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Senior Member Beiträge: 395 Registriert: 4.3.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 9.6.2010 um 14:11 |
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Die Antwort aus dem Brauhaus ...
... im 16. Jahrhundert gab es noch keine kultivierten Hefen, die die
Gärung bewirkten. Es war damals eine "spontane" Gärung, die durch Keime in
der Luft, vor allem Hefen, verursacht wurden. Man konnte damals also nicht
untergärige oder obergärige Hefe unterscheiden, es muss ein Gemisch gewesen
sein. Erst im 19. Jahrhundert durch die Arbeiten von Hansen und Pasteur
konnten unterschiedliche Heferassen nachgewiesen und Kultiviert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Einbecker Brauhaus
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Antwort 13 |
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Moderator Beiträge: 2659 Registriert: 24.8.2007 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 9.6.2010 um 14:31 |
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Das mit dem Gemisch, Frank, ist sehr allgemein formuliert. Ich denke, daß
die obergärigen Hefen, die von allen Hefeexperten als die stärkeren
beschrieben werden, hier das Sagen hatten und nur selten ein untergäriger,
zufällig beimpfter Sud "durchkam".
Wahrscheinlich ist das bislang og. Bockbier der Mode des 19. Jahrhunderts
zum Opfer gefallen, als alle Welt nur das (angeblich) edlere ug. Bier haben
wollte, siehe Anton Dreher thread.
Michael hat mit seinem og. Bock ja schon alles gesagt : So schnell nicht
mehr untergärig.
Grüße
Hans
____________________ "Oh Bier, manchmal reichst du mir!"
Alfred Katzka
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Antwort 14 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 9.6.2010 um 14:56 |
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Hi Leute,
wenn man sich die alten Brauer-Schinken hier mal durchliest,
http://www.hobbybrauer.de/modules.php?name=eBoard&file=viewth
read&tid=7752#pid81210
komme ich zu folgender Ansicht. Das brauen auf "Ober" oder "Unter"- Zeuch
war den Altvorderen wohl bekannt. Sie benutzten sogar ähnliche
Hefeaufbereitungsverfahren wie heute (Hefewaschen und trocknen).
Ich vermute sogar, dass überwiegend untergärig gebraut wurde. Wenn in den
Gärkellern tiefe Temperaturen herrschten, konnte sich S. Carlsbergensis gut
selektieren.
Die sogenannte "wilde" natürliche Gärung war möglicherweise sogar die erste
reine Untergärung. In den Gärbottichen lebten alle möglichen Hefen.
Wenn der Sud noch warm in den kühlen Keller gelassen wurde, dauerte erst
mal eine Ewigkeit bevor sich die Hefen in dem Bottich genügen vermehrt
hatten.
Da war der Sud natürlich schon stark abgekühlt und welche Sorte arbeitet da
am besten??
m.f.g
René ____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 15 |
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