Hallo,
entschuldigt, dass ich noch einen Weihnachtsbier - Fred eröffne, aber ich
weiss nicht so recht wohin ich das hier alles platzieren soll.
Also der Reihe nach.
Vor einer Woche entschloss ich mich relativ spontan, doch endlich den
Weihnachtssud anzusetzen. Da ich inzwischen mit meinem Wurstkessel einige
Erfahrungen sammeln konnte, sollte es ein Einmaisch - Verfahren (62/72) mit
50l Ausschlag werden.
Im Malzlager gestöbert und Müma aus 2009 gefunden, das ist schön dunkel und
muss sowieso dringend weg. Dann ein Drittel Weizenmalz, es soll ja mit
einer Weizenhefe vergoren werden, da wird die sich freuen.
Ach und da ist noch etwas CaraPils und, komm her, auf 9 kg Malz auch noch
150g Sauermalz - es wird zwar ein dunkles Bier, aber das Zeug muss ja auch
mal alle werden. Noch schnell Gewürze, Haferflocken und Zuckercoleur
besorgt und schon ging es los.
Alles prima, Kochmaische hat wunderbar geklappt, Temperatursprung wie
berechnet, fein. Maische mal gekostet - oh, was is denn dass?!
TOTAL sauer. Ups, war das Sauermalz wohl zuviel? Naja, wir haben auch recht
lange bei 55 Grad eingemaischt und herumgerastet, vielleich sind da die
Lactos noch aufgelebt? Jedenfalls - das ging meiner Meinung nach gar nicht,
also - Gegensteuern! Aber wie?
Wie neutralisiert man Säure? Da gibt's doch z.B. Speisenatron gegen das
Sodbrennen, das sieht ziemlich natürlich aus.... Also 50g
Natriumhydrogencarbonat in die 72° heisse, bereits jodneutrale Maische.
Leute, das hat vielleicht geschäumt...eine übelste Reaktion in der Maische!
Da meldete sich erstmalig mein schlechtes Gewissen. Ob das jetzt wirklich
so gut war? Jetzt erst das pH Meter geholt - 5,8 - oi, etwas zuviel zu
dieser Zeit; zum Glück kann ich gleich läutern. Passend hierzu gab es
letzte Woche auch
einen Thread über Salz. Auch bei mir wirkt
sich die Aktion dann wohl zusätzlich
'geschmacksverstärkend' aus.
Naja, Läutern, etwas schwerfällig, dann Kochen, geht im Wurstkessel
wirklich gut. Hopfen, Zimt, Piment, Vanille, Orangenschale, Nelken,
Sternanis mit dazu und weiter gehts. Hmm, riecht manchmal bissel brenzlig
.. Geht aber schnell wieder weg.
Ausschlagen, den abgekühlten Sud dann ins Gärfass. Hmm, normalerweise hat
man da schon immer schönen Schaum, wenn man es zwecks Belüftung großzügig
plätschern läßt. Aber dieser Chemie- Sud liegt im Faß wie erschossen. Mal
sehen. Hm irgendeinen undefinierbaren Stich hat diese Würze. Ob sich das
noch gibt?
Kosten der Schnellgärprobe. Kill the cat - was ist denn das? Untrinkbar.
Pelzig mit üblem Geschmack nach .. Schuhsohle? Verbrannte Plastetüte?
???
Mit Kumpels das Jungbier verkostet - egal wie lang man das lagert, dieses
Bier wird man sich niemals schöntrinken können. Der erste Sud meiner
Laufbahn komplett für die Tonne. Irgendwann musste das ja auch mal
passieren. 50l + ein ganzer Nachmittag ade.
Eine Woche später gleich ein neuer Versuch, viel Zeit ist ja nicht mehr bis
zum Fest. Klassisch im Einkocher wie im Vorjahr, 100% MüMa, kein Sauermalz,
nur etwas CaraPils. Schöne, bewährte Infusion. Ich koste: und WIEDER dieser
saure Geschmack. Nicht so extrem, aber deutlich wahrnehmbar. pH - Meter
zeigt 5,05. Ok, heute keine Chemie, aber ich wüßte schon gern was hier los
ist. 50min Verzuckerung ... immer noch nicht jodneutral. Nach 1,5h
Verzuckerung immer noch schwarze Schlieren in der Jodprobe. Hmm, keine Zeit
mehr, Augen durch und abläutern.
Gewürze wie gewohnt, Honig beim Abkühlen der Würze mit dazu, na wenigstens
ein angenehmer Weihnachtsduft.
Der Schaum, auch später der Hochkräusen verdienen immer noch nicht diesen
Namen. Trotz Haferflocken und kurzer Eiweißrast. Nun ja, wenn nichts
Weiteres mehr dazwischen kommt, wird bald abgefüllt, im Faß sehe ich das
Bier dann erstmal nicht. Und vielleicht geschieht ja dann noch ein
Weihnachts(bier)wunder. Ich habe jedenfalls keinen Bock auf einen 3. Sud
mehr. Schade.
Fehleranalyse:
1. Bei Sauermalz sollte man schon mal einen Braurechner bemühen. Wenn man
dann noch Wasser mit 6°dH hat, braucht man das eigentlich überhaupt nicht.
Es macht nicht nur die Menge in der Schüttung, Sauermalz ist auch 'aktiv',
da vermehrt sich offensichtlich etwas in der Maische.
2. Keine Chemie ins Bier, das sorgt immer wieder für Zweifel, auch wenn das
wahrscheinlich nicht die Problemursache war.
3. Keine Gewürze - insbesondere Zimt - über Holzfeuer. Das haben wir als
die Ursache für den Schuhsohlengeschmack ausgemacht: Während helles Bier an
dem feuerheißen Topfrand schön karamellisiert, verbrennen die Gewürze dort.
Und 'gerösteter' Zimt ist echt was zum Abgewöhnen!
4.
MüMa sorgt von Natur aus für einen sehr niedrigen pH
- Wert, das schmeckt schon mal sauer (siehe Dokument von Sandro).
5. 2 Jahre altes Malz sollte man nie zu 100% als Enzymlieferant nutzen. Das
ist schon dreiviertel tot. Vielleicht hat das zusätzlich noch -obwohl
wirklich trocken gelagert - zur Maischesäure beigetragen.
Ich hoffe, dass nächstes Jahr alles besser wird, aber aus den ganzen
aufgeführten Gründen werde ich mich 2011 nicht am Weihnachtswichteln
beteiligen. Das kann man niemandem anbieten.
Danke für's Lesen und Gute Nacht!
Tino
[Editiert am 1.11.2011 um 23:14 von tinoquell]
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