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Board Index > > Maischen > Experimentelle Archäologie auf den Spuren des Pilsner Dreimaischverfahrens |
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Posting Freak Beiträge: 2084 Registriert: 28.10.2009 Status: Offline
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erstellt am: 12.3.2012 um 21:27 |
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Josef Groll war 1842 bekanntlich der Schöpfer der Pilsener Brauart.
Groll trifft aber auch ziemlich genau meine Empfindungen gegenüber
Pilsbieren, zumindest den meisten deutschen. Bin ich doch der Meinung, dass
es davon eh schon viel zu viele hierzulande gibt, als dass sich so etwas
selber zu brauen lohne. Und dass die Pils-Monokultur der deutschen
Bierkultur nicht gerade zuträglich gewesen sei. Diese unterschwellige
Aversion ging sogar so weit, dass ich es in meinen bisherigen etwa 30 Suden
bislang vermieden habe, auch nur ein Gramm Pilsner Malz einzusetzen.
Dass ich jetzt über meinen Schatten gesprungen bin und erstmals ein Pils
gebraut habe, schulde ich der Diskussion auf http://hobbybrauer.de/modules.php?name=eBoard&file=viewthread
&fid=23&tid=12131&page=4, wo ich mir den Spaß gemacht hatte, das
angeblich ursprüngliche pilsener Dreimaischverfahren, zumindest soweit die
mir zugänglichen Quellen erlauben, zu rekonstruieren. Seitdem lässt mich
die Sache mit den Maischeresten gedanklich nicht mehr los, so dass ich es
jetzt einfach ausprobieren musste und Böhmisches Tennenmalz sowie Saazer
Hopfen geordert habe. Ziel sollte sein, hinsichtlich Rohstoffen und
Verfahren so dicht wie möglich an dem zu bleiben, was sich 1842 in Grolls
Kessel abgespielt haben könnte.
Wie sich zeigen sollte, ist das vermeintliche Dreimaischverfahren aufgrund
der charakteristischen Maischereste fast so etwas
"Siebenmaischverfahren".
Am verständlichsten sollte es noch in Diagrammform werden:
Negative Erkenntnisse:
- Die erste Kochmaische mutet, vorsichtig gesagt, etwas
seltsam an. Sofern die Quellen und der Rekonstruktionsversuch hier stimmen:
Die erste Kochmaische enthält bloß ein Viertel der Bottichmaische und wird
durch das Wasser in der Pfanne stark verdünnt. Auf dieser mageren
Wassersuppe nun fast zwei Stunden lang herumzukochen, bloß um am Ende die
Bottichmaische auf 45°C zu bekommen, ist etwas fragwürdig und bei heutigen,
gut gelösten Malzen bestimmt nicht mehr zeitgemäß. Allenfalls als Gummirast
für Roggenbiere, oder Maltaserast bei Weizen könnte man über so etwas
nachdenken.
Sollte sich ansonsten das Ergebnis bewähren, könnte man beim folgenden mal
m.E. auch die ersten zwei Stunden komplett weglassen, gleich bei 45°C
einmaischen, und nur die zwei letzten Dekoktionen fahren.
- Ich weiß nicht, ob es Tennenmalz lag, oder am Verfahren: Die
Bottichmaische, die es nach über 3 Stunden(!) gerade einmal in die
40er-Grade geschafft hatte, verströmte zu diesem Zeitpunkt einen zwar nicht
unangenehmen, aber mir bislang völlig unbekannten, erdigen Geruch, der mich
am ehesten an frisch geschälte Karotten erinnerte. Ich hoffe bloß, dass ich
mir mit dem hellen Tennenmalz keine unkontrollierte DMS-Granate angelacht
habe, und dass, falls doch, zwei Stunden Würzekochung ausgereicht haben,
dies zu beheben. Wie Meister Groll die Würze angebliche vier Stunden(!)
lang zu kochen erschien mir dann doch zu abwegig. Zumal ich zu diesem
Zeitpunkt bereits 4 Stunden auf der Maische herumgekocht hatte.
- Der Energieaufwand (ganz abgesehen vom Zeitaufwand) ist natürlich
erheblich. Der Brenner lief wie gesagt während des Maischens fast vier
Stunden lang durch. Plus zwei Stunden Kochung. Ein weiterer Grund dafür,
dass dieses Bier wohl eines meiner teuersten gewesen sein wird, neben dem
schweineteuren Tennenmalz, dem vielen Saazer Hopfen und der vielen, bei
kalter Gärführung benötigten Hefe. Das für die Wasseraufbereitung eigens
angeschaffte Titrierset rechne ich mal lieber nicht ein. So viel Aufwand
mit dem Wasser habe ich nämlich auch noch nie getrieben.
- Und eine gewisse Sauerei ist bei dem siebenmaligen(!) Hin- und
Hergeschöpfe natürlich auch nicht restlos vermeidbar.
Ansonsten verlief die Maischarbeit absolut problemlos, so dass ich die
Dekoktion mit Maischeresten, je nach Einsatzzweck, durchaus
empfehlen kann:
Positive
Erkenntnisse:
- Dekoktion mit Maischeresten erscheint mir wie
gemacht für mit Festbrennstoffen direkt beheizte Pfannen. Vielleicht
hat einer unserer holzfeuernden Wurstkesselbrauer mal Lust, das
nachvollziehen? Denn mit Holz kann man bekanntlich nur schwer einzelne
Rasten genau anfahren. Bei diesem Verfahren kann aber die Feuerung getrost
während des gesamten Maischens ohne Notwendigkeit einer Regulierung
unverändert durchlaufen. Meine zwei 10-minütigen Verzuckerungsrasten könnte
man wahrscheinlich bei entsprechend langsamer Aufheizrate auch weglassen.
Und im Gegensatz zu normaler Dekoktion wird die Maischepfanne niemals leer,
so dass bis zum Ziehen der nächsten Kochmaische nichts einbrennen kann,
auch wenn die Feuerung weiterläuft.
- Im Grunde hat man die gesamte Zeit über einen Bottich mit rastender
Maische, und eine Pfanne mit kochender Maische, und schöpft bloß immer
Teilmengen hin- und her. Dadurch ist das Verfahren hinsichtlich
Störeinflüssen außerordentlich robust. Man muss vorher gar nicht so
genau die Abkühlung während der Bottichrasten, die thermische Masse des
Bottich und die Verdampfungsverluste der Kochmaischen mit einrechnen. Man
hat immer genug kochende Maische in der Hinterhand, um die Rasten dennoch
zu treffen:
Man brüht einfach immer so viel Maische zu, bis die nächste Rast erreicht
wird (in meinem Diagramm die eingekringelten Temperaturen), und zieht für
die folgende Dekoktion wieder so viel Maische, bis das geplante
Pfannenvolumen (im Diagramm mit Sternchen) erreicht ist. Dadurch werden
Störeinflüsse automatisch ausgeglichen!
Die weiteren Randbedingungen meines Experiments in Kurzform:
Mit 30 l Nachguss kam ich auf 13° Plato nach Kochen. Gehopft mit Saazer (4%
alpha) auf 40 IBU, 70g in der Vorderwürze, 47g nach Würzebruch und 60g im
Whirlpool. Angestellt mit bayerischer Lagerhefe (1842 wird sich ja noch
kein eigener böhmischer Stamm herausevolutioniert haben).
Und so sieht zunächst einmal die Würze aus:
Natürlich nicht so hell, wie sonst bei Malz mit 4 EBC, was angesichts des
stundenlanges Herumgekoches auf den Spelzen auch nicht weiter erstaunlich
ist. Ein schönes Goldgelb mit einem Stich ins Grüne. Zeitgenössische
Berichte verglichen ja auch die Farbe des Pilsner Bieres mit Olivenöl.
Könnte also passen.
So, jetzt muss ich mich in Geduld üben und bin gespannt auf Endvergärgrad,
Schaum und natürlich vor allem Geschmack. Sobald es dazu etwas zu berichten
gibt, melde ich mich wieder.
Moritz
Edit: Titel auf sinnvolles Maß verkürzt
[Editiert am 13.3.2012 um 07:44 von Bierjunge]
____________________ Glaubte ich an die Reinkarnation, so wollte ich als Hefepilz wiedergeboren
werden.
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Moderator Beiträge: 4024 Registriert: 7.4.2006 Status: Offline
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erstellt am: 13.3.2012 um 07:44 |
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Moritz, toller Bericht, vielen Dank dass Du den Aufwand getrieben und so
ausführlich berichtet hast.
Ich denke, solche Verfahren sind meist Ergebnis der Bedingungen, die der
Brauer beim Maischen hat. Wenn man halt keine Möglichkeit hat, die
Hitzezufuhr zu steuern, kommt man auf solche zunächst abwegig erscheinenden
Ideen. Letztendlich ist das aber ein perfekt auf die vorhandenen Anlagen
abgestimmtes Verfahren.
Ich bin gespannt, ob sich das Verfahren wirklich merklich auf den Geschmack
auswirkt. Das wird aber nur schwer festzustellen sein, wenn man keinen
Vergleichssud mit den gleichen Rohstoffen und einem "normalen"
Dekoktionsverfahren hat.
____________________ Gruß vom Berliner
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Antwort 1 |
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Posting Freak Beiträge: 829 Registriert: 5.5.2010 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 13.3.2012 um 07:58 |
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Schade Moritz, mir hatte der Titel gefallen
Du könntest ja das fertige Bier dann so nennen, odium occultum. das hat
was.
Super Bericht, sehr interessant zu lesen.
Bin sehr gespannt auf deinen Verkostungsbericht in ein paar Wochen. Mal
sehen ob sich der ganze Aufwand gelohnt hat. Ich hoffe es für dich.
Beste Grüße
Tom ____________________ Keine Produkte aus Massenbierhaltung!
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Antwort 2 |
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Posting Freak Beiträge: 1776 Registriert: 14.7.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 13.3.2012 um 08:08 |
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Wow, tolle Sache, ich bewundere Deine Geduld ein, so langwieriges Verfahren
auszuprobieren.
Deine Einschätzung zur Holzfeuerung klingt interessant, bisher ist es
tatsächlich bei der Dekoktion ein Problem, möglichst exakt die Teilmengen
zu ziehen damit die Temperatursprünge "gut" kommen. Das wäre hier wirklich
viel einfacher. Nur die Mengen müßte ich wahrscheinlich anpassen, 4l
Restkockmaische sind sicher zu wenig für den Wurstkessel.
Herzlichen Dank für Dein Experiment und den tollen Bericht. Bin gespannt,
wie das Bier dann schmecken wird!
Grüße
Tino
[Editiert am 13.3.2012 um 08:08 von tinoquell]
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Antwort 3 |
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Posting Freak Beiträge: 954 Registriert: 1.5.2011 Status: Offline
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erstellt am: 13.3.2012 um 10:59 |
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Sehr schöner Bericht, danke!
Was ich mich ja bei dem Gedankenexperiment, selbst mal eine Dekoktion zu
machen, frage: was ist das geeignete Werkzeug zum Umschöpfen der Maische?
Historisch waren das ja diese Eimer am Stiel, die man auch im Brauerlogo da
rechts oben auf dieser Seite findet.
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Antwort 4 |
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Moderator Beiträge: 4024 Registriert: 7.4.2006 Status: Offline
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erstellt am: 13.3.2012 um 11:22 |
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Bei mir ist's eine ca. 1m lange 2l-Suppenkelle, was aber bei größeren
Mengen schon etwas aufwändig ist.
____________________ Gruß vom Berliner
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Antwort 5 |
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Posting Freak Beiträge: 2084 Registriert: 28.10.2009 Status: Offline
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erstellt am: 13.3.2012 um 11:42 |
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Hängt natürlich von der Größe des Sudes
ab. Ich selber braue in der 40 l-Klasse, da reicht mir ein 2 l-Messbecher
vollkommen.
Plus ein kleinerer, abgerundeter für den letzten Rest im Eck. Aber dieses
Problem (dass das Schöpfen zum Ende hin immer mühsamer wird) entfällt ja
zum Glück bei dem o.g. geschilderten Verfahren mit den Maischeresten
ebenfalls:
Da muss man die Pfanne (außer bei der allerletzten Zubrühung) nie ganz
leerschöpfen.
Ein Punkt mehr, dass dies als traditionelles Maischverfahren für direkt
befeuerte Pfannen und für manuelles Umschöpfen mittels Schöpfeimer absolut
plausibel ist. Danke für das Stichwort!
Moritz ____________________ Glaubte ich an die Reinkarnation, so wollte ich als Hefepilz wiedergeboren
werden.
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Antwort 6 |
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Senior Member Beiträge: 117 Registriert: 30.10.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 13.3.2012 um 12:02 |
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Beim Schöpfen der kochenden Dickmaische mit einem Messbecher habe ich mir
neulich hübsch die Hand verbrannt (wohl eine Dampfblase, die aufstieg oder
so). Eimer am Stiel oder große Suppenkelle ist wohl eher das Mittel der
Wahl.
++Peter
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Antwort 7 |
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Posting Freak Beiträge: 954 Registriert: 1.5.2011 Status: Offline
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erstellt am: 13.3.2012 um 12:52 |
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Antwort 8 |
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Posting Freak Beiträge: 2153 Registriert: 8.2.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 13.3.2012 um 13:08 |
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Ich entnehme den Treber mit einem Küchensieb. Das find ich wesentlich
einfacher und auch weniger zum Schöpfen. Aber da kommts halt drauf an wie
deine Brauerei aussieht und deine Möglichkeiten sind.
Gruß Hotte
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Antwort 9 |
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Posting Freak Beiträge: 3937 Registriert: 20.7.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 13.3.2012 um 13:38 |
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Ich habe den hier: und einen 5 l Eimer.
Gruß
Peter
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Antwort 10 |
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Posting Freak Beiträge: 2084 Registriert: 28.10.2009 Status: Offline
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erstellt am: 25.3.2012 um 20:27 |
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Es ist an der Zeit, weiter über den Experimentalsud im wohl
durchgeknalltesten Maischverfahren seit Langem zu berichten. Vorgestern
wurde geschlaucht, die W34/70 hatte bei 8°C binnen 12 Tagen die P 13
Stammwürze bis auf P 3,5 aufgezehrt. Dies bietet bereits die Gelegenheit,
Narziss Randbemerkung
Zitat: | Springmaischverfahren
Sie beruhen auf der Anwendung von Maischeresten. Sie können bei sämtlichen
Maischverfahren zur Anwendung kommen, sogar bei Infusionsverfahren. Das
Ziel ist, die Maische durch Einspringenlassen z.B. in Wasser von 80-100°C
oder in Reste von Kochmaischen hinsichtlich der Aktivität von bestimmten
Enzymgruppen zu schädigen. (...)
Beim Pilsener Dreimaischverfahren werden Maischereste angewendet, um den
bekannten, niedrigen Endvergärungsgrad des Pilsener Bieres zu
erreichen. |
zu überprüfen.
Daher habe ich die Protokolle aller der Sude, die ich bisher mit der selben
Hefe durchgeführt habe, zum Vergleich herausgesucht. Ich finde ja solche
tabellarischen Zusammenstellungen äußerst erbaulich. Ihr sicher auch. Eine
höchst unterhaltsame Beschäftigung:
Schüttung
| Anteil Cara
| Verfahren
| Hefe
| Gärtemp
| Gärdauer
| Stammwürze
| Restextrakt
| scheinb. EVG |
Wiener
| 15%
| Springmaisch
| W34/70
| 11°C
| 9 d
| P 10,0
| P 3,5
| 65,0% |
Münchner
| 0%
| Zweimaisch
| W34/70
| 12°C
| 7 d
| P 13,5
| P 4,5
| 66,7% |
Münchner
| 13%
| Zweimaisch
| W34/70
| 11°C
| 9 d
| P 14,5
| P 4,5
| 69,0% |
Wiener
| 0%
| Zweimaisch
| W34/70
| 12°C
| 11 d
| P 13,0
| P 4,0
| 69,2% |
Wiener
| 0%
| Zweimaisch
| W34/70
| 12°C
| 9 d
| P 14,5
| P 4,1
| 71,7% |
Wiener
| 0%
| Zweimaisch
| W34/70
| 12°C
| 10 d
| P 18,5
| P 5,2
| 71,9% |
Wiener
| 0%
| Hochkurz
| W34/70
| 12°C
| 12 d
| P 14,5
| P 4,0
| 72,7% |
Pilsener
| 0%
| Dreim. mit Resten
| W34/70
| 8°C
| 12 d
| P 13,0
| P 3,5
| 73,0% |
Und was sehen wir?
Genau das Gegenteil des Erwarteten ist eingetreten. Trotz der Maischereste
handelt es sich um mein W34/70 mit der höchsten Vergärung bisher.
Sogar noch über dem Hochkurz-Verfahren. Man sollte nicht zu früh sich auf
Erwartungen festlegen. Wunder des Brauens. Wo doch auch Ronald Pattinson in
Decoction!
schreibt in Übersetzung von Hennies Brauerhandbuch 1937:
Zitat: | Sometimes a "Maischrest"
is employed. When the mash is pumped back into the tun a remainder is left
in the kettle. When the next mash is pumped into the kettle into the
boiling-hot Maischrest, as a result of the higher temperature, more
unfermentable dextrines are formed than fermentable
sugars. |
Umso spaßiger, als dass ich nicht nur
mit Maischeresten gebraut hatte, sondern erstmals auch im
Dreimaischverfahren. Über das wiederum Pattinson, diesmal in Übersetzung
von Dickscheit Leitfaden für Brauer und Mälzer 1953 schreibt:
Zitat: | The classic decoction
method is triple decoction. It is used for Munich beers, but rarely for
very pale beers because it darkens the wort. However it is used at pilsner
Urquell. Beers brewed by triple decoction usually have a lower degree of
attenuation than those using a double decoction because of the early
destruction of the diastase. |
Also verhielt sich
mein Sud in beiderlei Belangen höchst untypisch. Was aber an meiner
kleinen, unterhaltsamen Tabelle noch auffällt: Viel höher als der
Einfluss des Maischverfahrens auf den Endvergärungsgrad scheint
offenbar der Einfluss des Basismalzes zu sein. Denn es fällt auf,
dass zumindest bei meinen Erzeugnissen der EVG umso höher ausfiel, je
helles das Basismalz war. Je dunkler das Malz, desto niedriger der EVG.
Wenn man einmal von Extrem-Ausnahmen wie dem Springmaischverfahren absieht. Wenn man drüber
nachdenkt, erscheint es zwar kaum abwegig, dass bei dunkler gedarrtem Malz
mehr unvergärbares Zeug wie Karamelle, Melanoidine und was-weiß-ich
entsteht, aber dass dies den Einfluss der Maischführung zu übersteigen
scheint, war zumindest für mich überraschend.
Aber seis drum, jetzt gilt es noch vier oder fünf Wochen zu warten, dann
kann man sagen, ob das Bier geschmacklich etwas geworden ist. Der
gewohnheitsmäßig degustierte Spindelzylinder voll Jungbier ließ zumindest
keine groben Fehlgeschmäcke erkennen. Ich werde mich wieder melden.
Moritz ____________________ Glaubte ich an die Reinkarnation, so wollte ich als Hefepilz wiedergeboren
werden.
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Antwort 11 |
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Moderator Beiträge: 2659 Registriert: 24.8.2007 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 26.3.2012 um 12:40 |
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Mal wieder ein Klasse-Bericht, diplomverdächtig.
Hallo Moritz,
auch wenn sich die Sude nicht unbedingt an die Lehrbücher gehalten haben,
dann muss ich feststellen, brauen ist doch immmer wieder aufs neue
spannend.
Mich hätten noch die Sudhausausbeuten in Prozent in deiner Tabelle
interessiert. Kannst du das noch einfügen ?
Grüße
Hans
____________________ "Oh Bier, manchmal reichst du mir!"
Alfred Katzka
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Antwort 12 |
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Posting Freak Beiträge: 954 Registriert: 1.5.2011 Status: Offline
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erstellt am: 26.3.2012 um 14:47 |
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Zitat von Bierjunge, am 25.3.2012 um
20:27 | Was aber an meiner kleinen,
unterhaltsamen Tabelle noch auffällt: Viel höher als der Einfluss des
Maischverfahrens auf den Endvergärungsgrad scheint offenbar der
Einfluss des Basismalzes zu sein. Denn es fällt auf, dass zumindest
bei meinen Erzeugnissen der EVG umso höher ausfiel, je helles das Basismalz
war. Je dunkler das Malz, desto niedriger der EVG.
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Das ist übrigens eine Entdeckung, die ungefähr mit der Erfindung der
Bierspindel zusammenfällt. Und damals hat man dann angefangen, dunkle Biere
aus einem hellen Basismalz und Farbmalzen herzustellen, statt aus dunklen
Malzen.
Die Biertrinker damals haben sich wohl beschwert, daß das neumodische Bier
nicht mehr schmeckt.
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Antwort 13 |
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Posting Freak Beiträge: 2084 Registriert: 28.10.2009 Status: Offline
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erstellt am: 26.3.2012 um 15:44 |
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Ich bezweifle, dass das etwas brächte.
Die Ausbeute ist (zumindest bei mir) von viel zu viel anderweitigen
Faktoren abhängig, wie beispielsweise der Schrotung, Sorgfalt beim Läutern
und Aufhacken, HG:NG-Verhältnis, Glattwasser-Extrakt bei Läuterende usw.
Daher ist keinerlei Systematik erkennbar, dafür hätte ich Vergleichssude
unter ansonsten völlig gleichen Bedingungen machen müssen.
Hier wollte ich mir ja nur das Verhältnis zwischen vergär- und
unvergärbaren Zuckern anschauen, das (weitgehend unabhängig vom Läutern)
beim Maischen entsteht. Und dabei ja schon den Fehler gemacht, dass man
eben nichts sieht, weil ein anderer Einfluss (die Malzsorte) offenbar
ungleich stärker ist. Aber ich hatte bislang eben noch nie, s.o., mit
Pilsener Malz gearbeitet.
Moritz ____________________ Glaubte ich an die Reinkarnation, so wollte ich als Hefepilz wiedergeboren
werden.
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Antwort 14 |
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Posting Freak Beiträge: 2084 Registriert: 28.10.2009 Status: Offline
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erstellt am: 4.4.2012 um 07:44 |
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Heute früh erschien mir ein Popup-Fenster mit einer Nachricht, in der mich
jemand nach meinen Quellen fragte. Nachdem ich jetzt eine längere Antwort
getippt hatte, musste ich feststellen, dass die Nachricht nicht in meinem
Eingangsfach für private Nachrichten auffindbar ist, und ich daher auch
nicht weiß, wer gefragt hatte. Habe ich eine Halluzination gehabt?
Derjenige möge sich bitte daher nochmal melden. Es ist kein böser Wille,
dass ich noch nicht antworten konnte!
Im Übrigen hatte ich alle mir zugänglichen Quellen bereits hier und hier genannt.
Moritz ____________________ Glaubte ich an die Reinkarnation, so wollte ich als Hefepilz wiedergeboren
werden.
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Antwort 15 |
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Posting Freak Beiträge: 829 Registriert: 5.5.2010 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 4.4.2012 um 08:20 |
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Ja, dass kenn ich (mit den Nachrichten). Wenn du die Nachricht im Popup
Fenster liest, dann ist ganz unten standardmäßig das Häckchen bei
"Nachricht löschen" gesetzt. Wenn du die Nachricht gelesen hast und vor dem
Schließen den Haken nicht weggeklickt hast, dann ist die Nachricht weg.
Sehr ärgerlich, ist mir auch schon öfter passiert.
Beste Grüße
Tom
____________________ Keine Produkte aus Massenbierhaltung!
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Antwort 16 |
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Posting Freak Beiträge: 2942 Registriert: 29.4.2010 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 21.5.2012 um 20:25 |
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Hallo Moritz,
was ist aus deinem Bier geworden?
Das Verfahren interessiert mich stark, ich würde auch bei einem Pilsner die
erste Dekoktion weglassen.
Volco
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Antwort 17 |
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Moderator Beiträge: 9432 Registriert: 12.11.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 21.5.2012 um 20:27 |
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Ich hab ne Flasche und bin extrem gespannt
Stefan
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Antwort 18 |
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Posting Freak Beiträge: 829 Registriert: 5.5.2010 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 21.5.2012 um 21:20 |
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ha Stefan, ich hab auch 'ne Flasche und bin genauso gespannt
Tom ____________________ Keine Produkte aus Massenbierhaltung!
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Antwort 19 |
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Posting Freak Beiträge: 2942 Registriert: 29.4.2010 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 21.5.2012 um 21:22 |
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vom "Siebenmaischverfahren" - Bier
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Antwort 20 |
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Moderator Beiträge: 2659 Registriert: 24.8.2007 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 21.5.2012 um 21:33 |
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Huuuuuhuuuuuu !!!
Ihr könnt doch nicht die Ampullen ausbrüten, da kommen keine Jungen raus!
Und sechs Wochen Kaltreifung sind ja wohl auch genug. Also macht das Ding
auf und schreibt was drüber.
Grüße
Hans
____________________ "Oh Bier, manchmal reichst du mir!"
Alfred Katzka
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Antwort 21 |
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Posting Freak Beiträge: 2084 Registriert: 28.10.2009 Status: Offline
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erstellt am: 22.5.2012 um 04:57 |
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Es ist schon
so geworden, wie beabsichtigt. Ich bin's zufrieden. Und mittlerweile, nach
längerer Lagerung, sogar ein wenig stolz darauf. Wieder einmal zeigt sich,
dass Lagerbier nach Lagerung schreit: Noch nach 6 Wochen hing
die Bittere gewaltig nach, so dass ich schon fürchtete, mich mit dem Wasser
verhauen zu haben. Denn die hiesigen Edekas führen z.B. kein
Purania-Wasser, so dass ich das Wasser nach dem "Boludo-Verfahren"
behandelt hatte (Split-Treatment mit CaO zum Ausfällen der Härte, und die
RA mit Milchsäure endgültig ins Negative schieben). Jetzt nach 8-10 Wochen
ist die Bittere aber wesentlich runder eingebunden, wie ich finde.
Mädchenbier ist es freilich immer noch keins, das wird es aber auch durch
längeres Bebrüten nicht mehr: Also Tom und Stefan, traut Euch!
Ich hatte das Glück und die Gelegenheit, das Bier bei einem Seminar von Dr. Fritz Briem verkosten zu lassen. Aus der
Erinnerung zitiert:
"Pils? Nein, Pils ist das keines. Wenn Sie aber gleich gesagt hätten,
dass es ein böhmisches Pilsener sein soll, dann ist es 100-prozentig
getroffen. Und handwerklich tadellos. Wobei es alles hat, was ein Pils
nicht haben darf: Malzcharakter ohne Ende, und einen Hauch von Diacetyl und
DMS. Was hier aber nicht als Fehler zu werten ist, sondern ihm Charakter
gibt."
Wobei ich das Diacetyl selber nicht herausgeschmeckt hätte, und auch brav
eine einwöchige Diacetylrast gemacht hatte. Aber der Stil kann halt nichts
verstecken. Und irgendwie gehört es zu einem Urquell-Clone ja fast dazu.
Und DMS? Die Würze hatte schließlich 2 h lang wallend gekocht. Das
Tennenmalz muss also schon extrem gewesen sein. Die Maische hatte ja auch
wie Karottensalat gerochen.
Fazit alles in allem: Es ist also schon was geworden, wobei ich lustig
finde, dass es nolens-volens genau die charaktergebenden Fehlerchen
entwickelt hat, die auch das Original auszeichnen. Das aufwändige
Maischverfahren ist natürlich durch nichts gerechtfertigt (außer, so etwas
macht einem Spaß). Ein "normales" Zweimaischverfahren hätte es sicher
genauso getan. Dekoktionscharakter an sich halte ich schon für wichtig. Und
auch nicht z.B. durch Caramalz ersetzbar.
Moritz ____________________ Glaubte ich an die Reinkarnation, so wollte ich als Hefepilz wiedergeboren
werden.
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Antwort 22 |
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Posting Freak Beiträge: 2153 Registriert: 8.2.2011 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 22.5.2012 um 08:16 |
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Hi Moritz,
ich bin auch sehr gespannt auf dein Dreimaisch-Pilsner. Ich geb dir recht,
eine ausgedehnte Lagerung gehört zu einem „Lagerbier“ und Dekoktion kann
man nicht mit Cara- oder sonstigen Malzen ersetzen. Nur dein
Maischverfahren werde ich mir sicherlich nicht antun. Interessant wars aber
auf jeden Fall, deine Erfahrungen hier mitzuverfolgen. Schön auch, wenn man
die Möglichkeit hat, das professionell bewerten zu lassen.
Gibts solche Seminare in Wolznach regelmäßig? Das würde mich auch mal
reizen.
Gruß Hotte
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Antwort 23 |
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Posting Freak Beiträge: 2084 Registriert: 28.10.2009 Status: Offline
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erstellt am: 22.5.2012 um 08:49 |
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In
dieser Form war das einmalig (oder hoffen wie lieber: erstmalig).
Verkostungs-veranstaltungen zu untersch. Bierthemen gibt es dort schon von
Zeit zu Zeit (schau einfach mal bei http://www.hopfenmuseum.de/ unter Aktuelles) sowie
Anfängerkurse; die Idee, mal etwas für bereits "fortgeschrittene"
Hobbybrauer zu machen, entstand durch persönliche Kontakte zwischen dem
Münchner Hobbybrauerstammtisch und dem Museumsdirektor Dr. Pinzl. Insofern
war es fast so etwas wie ein erweiterter Ausflug des Stammtischs; ich bin
da auch nur kur vor knapp hineingerutscht. War aber absolut genial! Ich
habe noch nie so viele Biere (ca. 30...) an einem Tag verkostet, alle mit
Diskussion und professioneller Bewertung und Beratung durch Dr. Briem. Und
einem unglaublichen hohen Niveau:
Dr. Briem wartete ganz verzweifelt darauf, mal ein paar typische Fehler
besprechen zu können, und es kamen einfache keine. "Hat denn niemand ein
schlechtes Bier dabei?"
Moritz ____________________ Glaubte ich an die Reinkarnation, so wollte ich als Hefepilz wiedergeboren
werden.
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Antwort 24 |
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