Willkommen bei Hobbybrauer.de Willkommen bei Hobbybrauer.de
Startseite Forumsübersicht Impressum  
Hauptmenü

Suche
archiv.hobbybrauer.de mit Google durchsuchen:

Board Index FAQ
Forum

ACHTUNG: Auf dieses Forum kann nur noch lesend zugegriffen werden. Falls Du hier im alten Forum bereits registriert warst, musst Du Dich im neuen Forum mit dem gleichen Usernamen UND der gleichen E-Mailadresse NEU registrieren, damit Dein Ranking (Anzahl Deiner Posts) aus diesem Forum ins neue mit übernommen wird. Zum neuen Forum geht's hier

Seite 1 von 2   «  1  2  »     
Autor: Betreff: Experimentelle Archäologie auf den Spuren des Pilsner Dreimaischverfahrens
Posting Freak
Posting Freak

Bierjunge
Beiträge: 2084
Registriert: 28.10.2009
Status: Offline
red_folder.gif erstellt am: 12.3.2012 um 21:27  
Josef Groll war 1842 bekanntlich der Schöpfer der Pilsener Brauart. Groll trifft aber auch ziemlich genau meine Empfindungen gegenüber Pilsbieren, zumindest den meisten deutschen. Bin ich doch der Meinung, dass es davon eh schon viel zu viele hierzulande gibt, als dass sich so etwas selber zu brauen lohne. Und dass die Pils-Monokultur der deutschen Bierkultur nicht gerade zuträglich gewesen sei. Diese unterschwellige Aversion ging sogar so weit, dass ich es in meinen bisherigen etwa 30 Suden bislang vermieden habe, auch nur ein Gramm Pilsner Malz einzusetzen.

Dass ich jetzt über meinen Schatten gesprungen bin und erstmals ein Pils gebraut habe, schulde ich der Diskussion auf http://hobbybrauer.de/modules.php?name=eBoard&file=viewthread &fid=23&tid=12131&page=4, wo ich mir den Spaß gemacht hatte, das angeblich ursprüngliche pilsener Dreimaischverfahren, zumindest soweit die mir zugänglichen Quellen erlauben, zu rekonstruieren. Seitdem lässt mich die Sache mit den Maischeresten gedanklich nicht mehr los, so dass ich es jetzt einfach ausprobieren musste und Böhmisches Tennenmalz sowie Saazer Hopfen geordert habe. Ziel sollte sein, hinsichtlich Rohstoffen und Verfahren so dicht wie möglich an dem zu bleiben, was sich 1842 in Grolls Kessel abgespielt haben könnte.
Wie sich zeigen sollte, ist das vermeintliche Dreimaischverfahren aufgrund der charakteristischen Maischereste fast so etwas "Siebenmaischverfahren".
:puzz:

Am verständlichsten sollte es noch in Diagrammform werden:




:thumbdown: Negative Erkenntnisse:
  • Die erste Kochmaische mutet, vorsichtig gesagt, etwas seltsam an. Sofern die Quellen und der Rekonstruktionsversuch hier stimmen:
    Die erste Kochmaische enthält bloß ein Viertel der Bottichmaische und wird durch das Wasser in der Pfanne stark verdünnt. Auf dieser mageren Wassersuppe nun fast zwei Stunden lang herumzukochen, bloß um am Ende die Bottichmaische auf 45°C zu bekommen, ist etwas fragwürdig und bei heutigen, gut gelösten Malzen bestimmt nicht mehr zeitgemäß. Allenfalls als Gummirast für Roggenbiere, oder Maltaserast bei Weizen könnte man über so etwas nachdenken.
    Sollte sich ansonsten das Ergebnis bewähren, könnte man beim folgenden mal m.E. auch die ersten zwei Stunden komplett weglassen, gleich bei 45°C einmaischen, und nur die zwei letzten Dekoktionen fahren.

  • Ich weiß nicht, ob es Tennenmalz lag, oder am Verfahren: Die Bottichmaische, die es nach über 3 Stunden(!) gerade einmal in die 40er-Grade geschafft hatte, verströmte zu diesem Zeitpunkt einen zwar nicht unangenehmen, aber mir bislang völlig unbekannten, erdigen Geruch, der mich am ehesten an frisch geschälte Karotten erinnerte. Ich hoffe bloß, dass ich mir mit dem hellen Tennenmalz keine unkontrollierte DMS-Granate angelacht habe, und dass, falls doch, zwei Stunden Würzekochung ausgereicht haben, dies zu beheben. Wie Meister Groll die Würze angebliche vier Stunden(!) lang zu kochen erschien mir dann doch zu abwegig. Zumal ich zu diesem Zeitpunkt bereits 4 Stunden auf der Maische herumgekocht hatte.

  • Der Energieaufwand (ganz abgesehen vom Zeitaufwand) ist natürlich erheblich. Der Brenner lief wie gesagt während des Maischens fast vier Stunden lang durch. Plus zwei Stunden Kochung. Ein weiterer Grund dafür, dass dieses Bier wohl eines meiner teuersten gewesen sein wird, neben dem schweineteuren Tennenmalz, dem vielen Saazer Hopfen und der vielen, bei kalter Gärführung benötigten Hefe. Das für die Wasseraufbereitung eigens angeschaffte Titrierset rechne ich mal lieber nicht ein. So viel Aufwand mit dem Wasser habe ich nämlich auch noch nie getrieben.

  • Und eine gewisse Sauerei ist bei dem siebenmaligen(!) Hin- und Hergeschöpfe natürlich auch nicht restlos vermeidbar.

Ansonsten verlief die Maischarbeit absolut problemlos, so dass ich die Dekoktion mit Maischeresten, je nach Einsatzzweck, durchaus empfehlen kann:

:thumbup: Positive Erkenntnisse:
  • Dekoktion mit Maischeresten erscheint mir wie gemacht für mit Festbrennstoffen direkt beheizte Pfannen. Vielleicht hat einer unserer holzfeuernden Wurstkesselbrauer mal Lust, das nachvollziehen? Denn mit Holz kann man bekanntlich nur schwer einzelne Rasten genau anfahren. Bei diesem Verfahren kann aber die Feuerung getrost während des gesamten Maischens ohne Notwendigkeit einer Regulierung unverändert durchlaufen. Meine zwei 10-minütigen Verzuckerungsrasten könnte man wahrscheinlich bei entsprechend langsamer Aufheizrate auch weglassen. Und im Gegensatz zu normaler Dekoktion wird die Maischepfanne niemals leer, so dass bis zum Ziehen der nächsten Kochmaische nichts einbrennen kann, auch wenn die Feuerung weiterläuft.

  • Im Grunde hat man die gesamte Zeit über einen Bottich mit rastender Maische, und eine Pfanne mit kochender Maische, und schöpft bloß immer Teilmengen hin- und her. Dadurch ist das Verfahren hinsichtlich Störeinflüssen außerordentlich robust. Man muss vorher gar nicht so genau die Abkühlung während der Bottichrasten, die thermische Masse des Bottich und die Verdampfungsverluste der Kochmaischen mit einrechnen. Man hat immer genug kochende Maische in der Hinterhand, um die Rasten dennoch zu treffen:
    Man brüht einfach immer so viel Maische zu, bis die nächste Rast erreicht wird (in meinem Diagramm die eingekringelten Temperaturen), und zieht für die folgende Dekoktion wieder so viel Maische, bis das geplante Pfannenvolumen (im Diagramm mit Sternchen) erreicht ist. Dadurch werden Störeinflüsse automatisch ausgeglichen!

Die weiteren Randbedingungen meines Experiments in Kurzform:
Mit 30 l Nachguss kam ich auf 13° Plato nach Kochen. Gehopft mit Saazer (4% alpha) auf 40 IBU, 70g in der Vorderwürze, 47g nach Würzebruch und 60g im Whirlpool. Angestellt mit bayerischer Lagerhefe (1842 wird sich ja noch kein eigener böhmischer Stamm herausevolutioniert haben).

Und so sieht zunächst einmal die Würze aus:



Natürlich nicht so hell, wie sonst bei Malz mit 4 EBC, was angesichts des stundenlanges Herumgekoches auf den Spelzen auch nicht weiter erstaunlich ist. Ein schönes Goldgelb mit einem Stich ins Grüne. Zeitgenössische Berichte verglichen ja auch die Farbe des Pilsner Bieres mit Olivenöl. Könnte also passen.

So, jetzt muss ich mich in Geduld üben und bin gespannt auf Endvergärgrad, Schaum und natürlich vor allem Geschmack. Sobald es dazu etwas zu berichten gibt, melde ich mich wieder.


Moritz

Edit: Titel auf sinnvolles Maß verkürzt


[Editiert am 13.3.2012 um 07:44 von Bierjunge]



____________________
Glaubte ich an die Reinkarnation, so wollte ich als Hefepilz wiedergeboren werden.
Profil anzeigen
Moderator
Posting Freak

Berliner
Beiträge: 4024
Registriert: 7.4.2006
Status: Offline
red_folder.gif erstellt am: 13.3.2012 um 07:44  
Moritz, toller Bericht, vielen Dank dass Du den Aufwand getrieben und so ausführlich berichtet hast.

Ich denke, solche Verfahren sind meist Ergebnis der Bedingungen, die der Brauer beim Maischen hat. Wenn man halt keine Möglichkeit hat, die Hitzezufuhr zu steuern, kommt man auf solche zunächst abwegig erscheinenden Ideen. Letztendlich ist das aber ein perfekt auf die vorhandenen Anlagen abgestimmtes Verfahren.

Ich bin gespannt, ob sich das Verfahren wirklich merklich auf den Geschmack auswirkt. Das wird aber nur schwer festzustellen sein, wenn man keinen Vergleichssud mit den gleichen Rohstoffen und einem "normalen" Dekoktionsverfahren hat.


____________________
Gruß vom Berliner
Profil anzeigen Homepage besuchen Antwort 1
Posting Freak
Posting Freak

Thomator
Beiträge: 829
Registriert: 5.5.2010
Status: Offline
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 13.3.2012 um 07:58  
Schade Moritz, mir hatte der Titel gefallen :) Du könntest ja das fertige Bier dann so nennen, odium occultum. das hat was.

Super Bericht, sehr interessant zu lesen. :thumbup:

Bin sehr gespannt auf deinen Verkostungsbericht in ein paar Wochen. Mal sehen ob sich der ganze Aufwand gelohnt hat. Ich hoffe es für dich.

Beste Grüße
Tom


____________________
Keine Produkte aus Massenbierhaltung!
Profil anzeigen Homepage besuchen Antwort 2
Posting Freak
Posting Freak

tinoquell
Beiträge: 1776
Registriert: 14.7.2004
Status: Offline
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 13.3.2012 um 08:08  
Wow, tolle Sache, ich bewundere Deine Geduld ein, so langwieriges Verfahren auszuprobieren.

Deine Einschätzung zur Holzfeuerung klingt interessant, bisher ist es tatsächlich bei der Dekoktion ein Problem, möglichst exakt die Teilmengen zu ziehen damit die Temperatursprünge "gut" kommen. Das wäre hier wirklich viel einfacher. Nur die Mengen müßte ich wahrscheinlich anpassen, 4l Restkockmaische sind sicher zu wenig für den Wurstkessel.

Herzlichen Dank für Dein Experiment und den tollen Bericht. Bin gespannt, wie das Bier dann schmecken wird!

Grüße
Tino


[Editiert am 13.3.2012 um 08:08 von tinoquell]
Profil anzeigen Homepage besuchen Antwort 3
Posting Freak
Posting Freak

andreas23
Beiträge: 954
Registriert: 1.5.2011
Status: Offline
red_folder.gif erstellt am: 13.3.2012 um 10:59  
Sehr schöner Bericht, danke!

Was ich mich ja bei dem Gedankenexperiment, selbst mal eine Dekoktion zu machen, frage: was ist das geeignete Werkzeug zum Umschöpfen der Maische? Historisch waren das ja diese Eimer am Stiel, die man auch im Brauerlogo da rechts oben auf dieser Seite findet.
Profil anzeigen Antwort 4
Moderator
Posting Freak

Berliner
Beiträge: 4024
Registriert: 7.4.2006
Status: Offline
red_folder.gif erstellt am: 13.3.2012 um 11:22  
Bei mir ist's eine ca. 1m lange 2l-Suppenkelle, was aber bei größeren Mengen schon etwas aufwändig ist.


____________________
Gruß vom Berliner
Profil anzeigen Homepage besuchen Antwort 5
Posting Freak
Posting Freak

Bierjunge
Beiträge: 2084
Registriert: 28.10.2009
Status: Offline
red_folder.gif erstellt am: 13.3.2012 um 11:42  

Zitat von andreas23, am 13.3.2012 um 10:59
Was ich mich ja bei dem Gedankenexperiment, selbst mal eine Dekoktion zu machen, frage: was ist das geeignete Werkzeug zum Umschöpfen der Maische?

Hängt natürlich von der Größe des Sudes ab. Ich selber braue in der 40 l-Klasse, da reicht mir ein 2 l-Messbecher vollkommen.
Plus ein kleinerer, abgerundeter für den letzten Rest im Eck. Aber dieses Problem (dass das Schöpfen zum Ende hin immer mühsamer wird) entfällt ja zum Glück bei dem o.g. geschilderten Verfahren mit den Maischeresten ebenfalls:
Da muss man die Pfanne (außer bei der allerletzten Zubrühung) nie ganz leerschöpfen.

Ein Punkt mehr, dass dies als traditionelles Maischverfahren für direkt befeuerte Pfannen und für manuelles Umschöpfen mittels Schöpfeimer absolut plausibel ist. Danke für das Stichwort!

Moritz


____________________
Glaubte ich an die Reinkarnation, so wollte ich als Hefepilz wiedergeboren werden.
Profil anzeigen Antwort 6
Senior Member
Senior Member

Peter Rieper
Beiträge: 117
Registriert: 30.10.2011
Status: Offline
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 13.3.2012 um 12:02  
Beim Schöpfen der kochenden Dickmaische mit einem Messbecher habe ich mir neulich hübsch die Hand verbrannt (wohl eine Dampfblase, die aufstieg oder so). Eimer am Stiel oder große Suppenkelle ist wohl eher das Mittel der Wahl.

++Peter
Profil anzeigen Antwort 7
Posting Freak
Posting Freak

andreas23
Beiträge: 954
Registriert: 1.5.2011
Status: Offline
red_folder.gif erstellt am: 13.3.2012 um 12:52  
Also bei den Amis bin ich da mal wieder fündig geworden:



http://www.northernbrewer.com/shop/brewing/brewing-equipmen t/stirring-straining/stainless-graduated-dipper.html

Da muß es doch auch bei uns was geben?
Profil anzeigen Antwort 8
Posting Freak
Posting Freak

aegir
Beiträge: 2153
Registriert: 8.2.2011
Status: Offline
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 13.3.2012 um 13:08  
Ich entnehme den Treber mit einem Küchensieb. Das find ich wesentlich einfacher und auch weniger zum Schöpfen. Aber da kommts halt drauf an wie deine Brauerei aussieht und deine Möglichkeiten sind.

Gruß Hotte
Profil anzeigen Antwort 9
Posting Freak
Posting Freak

gulp
Beiträge: 3937
Registriert: 20.7.2009
Status: Offline
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 13.3.2012 um 13:38  
Ich habe den hier: und einen 5 l Eimer.

Gruß
Peter
Profil anzeigen Homepage besuchen Antwort 10
Posting Freak
Posting Freak

Bierjunge
Beiträge: 2084
Registriert: 28.10.2009
Status: Offline
red_folder.gif erstellt am: 25.3.2012 um 20:27  
Es ist an der Zeit, weiter über den Experimentalsud im wohl durchgeknalltesten Maischverfahren seit Langem zu berichten. Vorgestern wurde geschlaucht, die W34/70 hatte bei 8°C binnen 12 Tagen die P 13 Stammwürze bis auf P 3,5 aufgezehrt. Dies bietet bereits die Gelegenheit, Narziss Randbemerkung

Zitat:
Springmaischverfahren
Sie beruhen auf der Anwendung von Maischeresten. Sie können bei sämtlichen Maischverfahren zur Anwendung kommen, sogar bei Infusionsverfahren. Das Ziel ist, die Maische durch Einspringenlassen z.B. in Wasser von 80-100°C oder in Reste von Kochmaischen hinsichtlich der Aktivität von bestimmten Enzymgruppen zu schädigen. (...)
Beim Pilsener Dreimaischverfahren werden Maischereste angewendet, um den bekannten, niedrigen Endvergärungsgrad des Pilsener Bieres zu erreichen.

zu überprüfen.

Daher habe ich die Protokolle aller der Sude, die ich bisher mit der selben Hefe durchgeführt habe, zum Vergleich herausgesucht. Ich finde ja solche tabellarischen Zusammenstellungen äußerst erbaulich. Ihr sicher auch. Eine höchst unterhaltsame Beschäftigung:



















Schüttung
Anteil Cara
Verfahren
Hefe
Gärtemp
Gärdauer
Stammwürze
Restextrakt
scheinb. EVG
Wiener
15%
Springmaisch
W34/70
11°C
9 d
P 10,0
P 3,5
65,0%
Münchner
0%
Zweimaisch
W34/70
12°C
7 d
P 13,5
P 4,5
66,7%
Münchner
13%
Zweimaisch
W34/70
11°C
9 d
P 14,5
P 4,5
69,0%
Wiener
0%
Zweimaisch
W34/70
12°C
11 d
P 13,0
P 4,0
69,2%
Wiener
0%
Zweimaisch
W34/70
12°C
9 d
P 14,5
P 4,1
71,7%
Wiener
0%
Zweimaisch
W34/70
12°C
10 d
P 18,5
P 5,2
71,9%
Wiener
0%
Hochkurz
W34/70
12°C
12 d
P 14,5
P 4,0
72,7%
Pilsener
0%
Dreim. mit Resten
W34/70
8°C
12 d
P 13,0
P 3,5
73,0%


Und was sehen wir?
Genau das Gegenteil des Erwarteten ist eingetreten. Trotz der Maischereste handelt es sich um mein W34/70 mit der höchsten Vergärung bisher. Sogar noch über dem Hochkurz-Verfahren. Man sollte nicht zu früh sich auf Erwartungen festlegen. Wunder des Brauens. Wo doch auch Ronald Pattinson in Decoction! schreibt in Übersetzung von Hennies Brauerhandbuch 1937:

Zitat:
Sometimes a "Maischrest" is employed. When the mash is pumped back into the tun a remainder is left in the kettle. When the next mash is pumped into the kettle into the boiling-hot Maischrest, as a result of the higher temperature, more unfermentable dextrines are formed than fermentable sugars.

Umso spaßiger, als dass ich nicht nur mit Maischeresten gebraut hatte, sondern erstmals auch im Dreimaischverfahren. Über das wiederum Pattinson, diesmal in Übersetzung von Dickscheit Leitfaden für Brauer und Mälzer 1953 schreibt:

Zitat:
The classic decoction method is triple decoction. It is used for Munich beers, but rarely for very pale beers because it darkens the wort. However it is used at pilsner Urquell. Beers brewed by triple decoction usually have a lower degree of attenuation than those using a double decoction because of the early destruction of the diastase.

Also verhielt sich mein Sud in beiderlei Belangen höchst untypisch. Was aber an meiner kleinen, unterhaltsamen Tabelle noch auffällt: Viel höher als der Einfluss des Maischverfahrens auf den Endvergärungsgrad scheint offenbar der Einfluss des Basismalzes zu sein. Denn es fällt auf, dass zumindest bei meinen Erzeugnissen der EVG umso höher ausfiel, je helles das Basismalz war. Je dunkler das Malz, desto niedriger der EVG. Wenn man einmal von Extrem-Ausnahmen wie dem Springmaischverfahren absieht. Wenn man drüber nachdenkt, erscheint es zwar kaum abwegig, dass bei dunkler gedarrtem Malz mehr unvergärbares Zeug wie Karamelle, Melanoidine und was-weiß-ich entsteht, aber dass dies den Einfluss der Maischführung zu übersteigen scheint, war zumindest für mich überraschend.

Aber seis drum, jetzt gilt es noch vier oder fünf Wochen zu warten, dann kann man sagen, ob das Bier geschmacklich etwas geworden ist. Der gewohnheitsmäßig degustierte Spindelzylinder voll Jungbier ließ zumindest keine groben Fehlgeschmäcke erkennen. Ich werde mich wieder melden.

Moritz


____________________
Glaubte ich an die Reinkarnation, so wollte ich als Hefepilz wiedergeboren werden.
Profil anzeigen Antwort 11
Moderator
Posting Freak

Erlenmeyer
Beiträge: 2659
Registriert: 24.8.2007
Status: Offline
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 26.3.2012 um 12:40  
Mal wieder ein Klasse-Bericht, diplomverdächtig.

Hallo Moritz,

auch wenn sich die Sude nicht unbedingt an die Lehrbücher gehalten haben, dann muss ich feststellen, brauen ist doch immmer wieder aufs neue spannend.

Mich hätten noch die Sudhausausbeuten in Prozent in deiner Tabelle interessiert. Kannst du das noch einfügen ?

Grüße

Hans


____________________
"Oh Bier, manchmal reichst du mir!"
Alfred Katzka
Profil anzeigen Antwort 12
Posting Freak
Posting Freak

andreas23
Beiträge: 954
Registriert: 1.5.2011
Status: Offline
red_folder.gif erstellt am: 26.3.2012 um 14:47  

Zitat von Bierjunge, am 25.3.2012 um 20:27
Was aber an meiner kleinen, unterhaltsamen Tabelle noch auffällt: Viel höher als der Einfluss des Maischverfahrens auf den Endvergärungsgrad scheint offenbar der Einfluss des Basismalzes zu sein. Denn es fällt auf, dass zumindest bei meinen Erzeugnissen der EVG umso höher ausfiel, je helles das Basismalz war. Je dunkler das Malz, desto niedriger der EVG.


Das ist übrigens eine Entdeckung, die ungefähr mit der Erfindung der Bierspindel zusammenfällt. Und damals hat man dann angefangen, dunkle Biere aus einem hellen Basismalz und Farbmalzen herzustellen, statt aus dunklen Malzen.

Die Biertrinker damals haben sich wohl beschwert, daß das neumodische Bier nicht mehr schmeckt.
Profil anzeigen Antwort 13
Posting Freak
Posting Freak

Bierjunge
Beiträge: 2084
Registriert: 28.10.2009
Status: Offline
red_folder.gif erstellt am: 26.3.2012 um 15:44  

Zitat von Erlenmeyer, am 26.3.2012 um 12:40
Mich hätten noch die Sudhausausbeuten in Prozent in deiner Tabelle interessiert. Kannst du das noch einfügen?

Ich bezweifle, dass das etwas brächte.
Die Ausbeute ist (zumindest bei mir) von viel zu viel anderweitigen Faktoren abhängig, wie beispielsweise der Schrotung, Sorgfalt beim Läutern und Aufhacken, HG:NG-Verhältnis, Glattwasser-Extrakt bei Läuterende usw. Daher ist keinerlei Systematik erkennbar, dafür hätte ich Vergleichssude unter ansonsten völlig gleichen Bedingungen machen müssen.
Hier wollte ich mir ja nur das Verhältnis zwischen vergär- und unvergärbaren Zuckern anschauen, das (weitgehend unabhängig vom Läutern) beim Maischen entsteht. Und dabei ja schon den Fehler gemacht, dass man eben nichts sieht, weil ein anderer Einfluss (die Malzsorte) offenbar ungleich stärker ist. Aber ich hatte bislang eben noch nie, s.o., mit Pilsener Malz gearbeitet.

Moritz


____________________
Glaubte ich an die Reinkarnation, so wollte ich als Hefepilz wiedergeboren werden.
Profil anzeigen Antwort 14
Posting Freak
Posting Freak

Bierjunge
Beiträge: 2084
Registriert: 28.10.2009
Status: Offline
red_folder.gif erstellt am: 4.4.2012 um 07:44  
Heute früh erschien mir ein Popup-Fenster mit einer Nachricht, in der mich jemand nach meinen Quellen fragte. Nachdem ich jetzt eine längere Antwort getippt hatte, musste ich feststellen, dass die Nachricht nicht in meinem Eingangsfach für private Nachrichten auffindbar ist, und ich daher auch nicht weiß, wer gefragt hatte. Habe ich eine Halluzination gehabt?
Derjenige möge sich bitte daher nochmal melden. Es ist kein böser Wille, dass ich noch nicht antworten konnte!
Im Übrigen hatte ich alle mir zugänglichen Quellen bereits hier und hier genannt.

Moritz


____________________
Glaubte ich an die Reinkarnation, so wollte ich als Hefepilz wiedergeboren werden.
Profil anzeigen Antwort 15
Posting Freak
Posting Freak

Thomator
Beiträge: 829
Registriert: 5.5.2010
Status: Offline
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 4.4.2012 um 08:20  
Ja, dass kenn ich (mit den Nachrichten). Wenn du die Nachricht im Popup Fenster liest, dann ist ganz unten standardmäßig das Häckchen bei "Nachricht löschen" gesetzt. Wenn du die Nachricht gelesen hast und vor dem Schließen den Haken nicht weggeklickt hast, dann ist die Nachricht weg. Sehr ärgerlich, ist mir auch schon öfter passiert.

Beste Grüße
Tom


____________________
Keine Produkte aus Massenbierhaltung!
Profil anzeigen Homepage besuchen Antwort 16
Posting Freak
Posting Freak

hoepfli
Beiträge: 2942
Registriert: 29.4.2010
Status: Offline
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 21.5.2012 um 20:25  
Hallo Moritz,

was ist aus deinem Bier geworden?
Das Verfahren interessiert mich stark, ich würde auch bei einem Pilsner die erste Dekoktion weglassen.

Volco
Profil anzeigen E-mail senden Antwort 17
Moderator
Posting Freak

Boludo
Beiträge: 9432
Registriert: 12.11.2008
Status: Offline
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 21.5.2012 um 20:27  
Ich hab ne Flasche und bin extrem gespannt :P

Stefan
Profil anzeigen Antwort 18
Posting Freak
Posting Freak

Thomator
Beiträge: 829
Registriert: 5.5.2010
Status: Offline
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 21.5.2012 um 21:20  
ha Stefan, ich hab auch 'ne Flasche und bin genauso gespannt :P :P

Tom


____________________
Keine Produkte aus Massenbierhaltung!
Profil anzeigen Homepage besuchen Antwort 19
Posting Freak
Posting Freak

hoepfli
Beiträge: 2942
Registriert: 29.4.2010
Status: Offline
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 21.5.2012 um 21:22  
:question: vom "Siebenmaischverfahren" - Bier :question:
Profil anzeigen E-mail senden Antwort 20
Moderator
Posting Freak

Erlenmeyer
Beiträge: 2659
Registriert: 24.8.2007
Status: Offline
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 21.5.2012 um 21:33  
Huuuuuhuuuuuu !!!

Ihr könnt doch nicht die Ampullen ausbrüten, da kommen keine Jungen raus! Und sechs Wochen Kaltreifung sind ja wohl auch genug. Also macht das Ding auf und schreibt was drüber.

Grüße

Hans


____________________
"Oh Bier, manchmal reichst du mir!"
Alfred Katzka
Profil anzeigen Antwort 21
Posting Freak
Posting Freak

Bierjunge
Beiträge: 2084
Registriert: 28.10.2009
Status: Offline
red_folder.gif erstellt am: 22.5.2012 um 04:57  

Zitat von hoepfli, am 21.5.2012 um 20:25

was ist aus deinem Bier geworden?

Es ist schon so geworden, wie beabsichtigt. Ich bin's zufrieden. Und mittlerweile, nach längerer Lagerung, sogar ein wenig stolz darauf. Wieder einmal zeigt sich, dass Lagerbier nach Lagerung schreit: Noch nach 6 Wochen hing die Bittere gewaltig nach, so dass ich schon fürchtete, mich mit dem Wasser verhauen zu haben. Denn die hiesigen Edekas führen z.B. kein Purania-Wasser, so dass ich das Wasser nach dem "Boludo-Verfahren" behandelt hatte (Split-Treatment mit CaO zum Ausfällen der Härte, und die RA mit Milchsäure endgültig ins Negative schieben). Jetzt nach 8-10 Wochen ist die Bittere aber wesentlich runder eingebunden, wie ich finde. Mädchenbier ist es freilich immer noch keins, das wird es aber auch durch längeres Bebrüten nicht mehr: Also Tom und Stefan, traut Euch!

Ich hatte das Glück und die Gelegenheit, das Bier bei einem Seminar von Dr. Fritz Briem verkosten zu lassen. Aus der Erinnerung zitiert:
"Pils? Nein, Pils ist das keines. Wenn Sie aber gleich gesagt hätten, dass es ein böhmisches Pilsener sein soll, dann ist es 100-prozentig getroffen. Und handwerklich tadellos. Wobei es alles hat, was ein Pils nicht haben darf: Malzcharakter ohne Ende, und einen Hauch von Diacetyl und DMS. Was hier aber nicht als Fehler zu werten ist, sondern ihm Charakter gibt."

Wobei ich das Diacetyl selber nicht herausgeschmeckt hätte, und auch brav eine einwöchige Diacetylrast gemacht hatte. Aber der Stil kann halt nichts verstecken. Und irgendwie gehört es zu einem Urquell-Clone ja fast dazu. Und DMS? Die Würze hatte schließlich 2 h lang wallend gekocht. Das Tennenmalz muss also schon extrem gewesen sein. Die Maische hatte ja auch wie Karottensalat gerochen.

Fazit alles in allem: Es ist also schon was geworden, wobei ich lustig finde, dass es nolens-volens genau die charaktergebenden Fehlerchen entwickelt hat, die auch das Original auszeichnen. Das aufwändige Maischverfahren ist natürlich durch nichts gerechtfertigt (außer, so etwas macht einem Spaß). Ein "normales" Zweimaischverfahren hätte es sicher genauso getan. Dekoktionscharakter an sich halte ich schon für wichtig. Und auch nicht z.B. durch Caramalz ersetzbar.

Moritz


____________________
Glaubte ich an die Reinkarnation, so wollte ich als Hefepilz wiedergeboren werden.
Profil anzeigen Antwort 22
Posting Freak
Posting Freak

aegir
Beiträge: 2153
Registriert: 8.2.2011
Status: Offline
Geschlecht: männlich
red_folder.gif erstellt am: 22.5.2012 um 08:16  
Hi Moritz,
ich bin auch sehr gespannt auf dein Dreimaisch-Pilsner. Ich geb dir recht, eine ausgedehnte Lagerung gehört zu einem „Lagerbier“ und Dekoktion kann man nicht mit Cara- oder sonstigen Malzen ersetzen. Nur dein Maischverfahren werde ich mir sicherlich nicht antun. Interessant wars aber auf jeden Fall, deine Erfahrungen hier mitzuverfolgen. Schön auch, wenn man die Möglichkeit hat, das professionell bewerten zu lassen.
Gibts solche Seminare in Wolznach regelmäßig? Das würde mich auch mal reizen.

Gruß Hotte
Profil anzeigen Antwort 23
Posting Freak
Posting Freak

Bierjunge
Beiträge: 2084
Registriert: 28.10.2009
Status: Offline
red_folder.gif erstellt am: 22.5.2012 um 08:49  

Zitat von aegir, am 22.5.2012 um 08:16
Gibts solche Seminare in Wolznach regelmäßig? Das würde mich auch mal reizen.

In dieser Form war das einmalig (oder hoffen wie lieber: erstmalig).
Verkostungs-veranstaltungen zu untersch. Bierthemen gibt es dort schon von Zeit zu Zeit (schau einfach mal bei http://www.hopfenmuseum.de/ unter Aktuelles) sowie Anfängerkurse; die Idee, mal etwas für bereits "fortgeschrittene" Hobbybrauer zu machen, entstand durch persönliche Kontakte zwischen dem Münchner Hobbybrauerstammtisch und dem Museumsdirektor Dr. Pinzl. Insofern war es fast so etwas wie ein erweiterter Ausflug des Stammtischs; ich bin da auch nur kur vor knapp hineingerutscht. War aber absolut genial! Ich habe noch nie so viele Biere (ca. 30...) an einem Tag verkostet, alle mit Diskussion und professioneller Bewertung und Beratung durch Dr. Briem. Und einem unglaublichen hohen Niveau:
Dr. Briem wartete ganz verzweifelt darauf, mal ein paar typische Fehler besprechen zu können, und es kamen einfache keine. "Hat denn niemand ein schlechtes Bier dabei?" :mad:
Moritz


____________________
Glaubte ich an die Reinkarnation, so wollte ich als Hefepilz wiedergeboren werden.
Profil anzeigen Antwort 24
  Seite 1 von 2   «  1  2  »     

 
  
 

Alle Logos und Warenzeichen auf dieser Seite sind Eigentum der jeweiligen Besitzer und Lizenzhalter.
Im übrigen gilt Haftungsausschluss. Weitere Details findest Du im Impressum.
Die Artikel sind geistiges Eigentum des/der jeweiligen Autoren,
alles andere © 1998 - 2022 by Hobbybrauer.de
Die Inhalte dieser Seite sind als RSS/RDF-Quelle verfügbar.
Die Website oder Teile daraus dürfen nicht ohne ausdrückliche Zustimmung von Michael Plum weiterverwendet werden.
© 2014 Michael Plum