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Board Index > > Bier abseits der gewohnten Pfade > Grätzer Bier- Rekonstruktion |
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Seite 4 von 4 « 1 2 3 4 » |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 10.7.2012 um 12:09 |
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Ehrlichgesagt...keine Ahnung! Ich habe gelesen, dass ein frisch gebrühter
Tee aus 1,5 g Weidenrinde in etwa einer Aspirin-Tablette entspricht (in
welcher Stärke war nicht angegeben). Wenn man jetzt den Läuterbottich mit
150-200 g Weidenrinde polstert und auch noch Weidenrinde zum Kochen
hinzugibt...Na..bitte mal in Tabletten umrechnen.
Außerdem ist Salicylsäure nicht gleich Acetylsalicylsäure (Aspirin). Es
soll deutlich bitterer und magenreizender sein..?
____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 75 |
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Posting Freak Beiträge: 3929 Registriert: 10.9.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 10.7.2012 um 13:35 |
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Darum frage ich ja. Es war doch wohl unklar, ob die Rinde den Läutervorgang
begünstigen sollte oder ob sie spezielle Aromen an den Sud weitergeben
sollte, oder beides?
ASS war doch mit ziemlicher Sicherheit nicht der Grund, denke ich.
Hagen
____________________ Besten Gruß
Hagen
------------------------------
Taumelkäfer Hausbräu - honi soit qui mal y pense!
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Antwort 76 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 10.7.2012 um 13:44 |
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Zitat: | ASS war doch mit
ziemlicher Sicherheit nicht der Grund, denke
ich. |
ich denke doch! Nur eben kein ASS sondern die deutlich bittere
Salicylsäure, die in der Weidenrinde enthalten ist. ____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 77 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 15.7.2012 um 18:16 |
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Hi Leute,
die Zutaten sind bestellt, das Rezept habe ich mir ausgedacht..es kann
losgehen! Als Hopfen habe ich mich für Tettnanger Dolden entschieden und
bei HuM gleich ein Kilo von dem Vorjahressonderangeboten bestellt. Ist
sicher nicht authentisch aber an polnischen Hopfen komme ich gerade nicht
ran. Der Tettnanger gehört zumindest zum Saazer Formenkreis, wie wohl der
polnische Lubelski auch.
Als Hefe werde ich wohl oder übel auf die S-33 zurückgreifen. Mir fällt
einfach keine niedrigvergärende und stark flokkulierende Hefe ein. Bei dem
Pinta-Grätzer aus Polen kam sie schon mal ganz gut. Gegen die starke
Trübung werde ich eventuell Irish Moos einsetzten..dazu aber später
mehr.
Das Rezept stelle ich mir so vor:
Für ca. 22 L
Schüttung: 3,5 kg Weyermann Eichenrauch- Weizenmalz
Stammwürze: 9,2 P
IBU: 40
Einmaischen in 13 L Wasser mit 58°.
10 min Rast bei 57°.
80 min Rast bei 67°
Abmaischen bei 75°
Läutern in der Curvertonne mit Panzerschlauch. Dazu werde ich den Boden um
den Panzerschlauch zusätzlich noch mit Edelstahlschwämmen/topfkratzern und
Hopfendolden auslegen.
Nachguss: 19 L
90 min Hopfenkochen
40 g Tettnanger Dolden 3,8 - 80 min kochen
40 g Tettnanger Dolden 3,8 - 20 min kochen
40 g Tettnanger Dolden 3,8 - 5 min kochen
Irish Moos???? Hab ich noch nie benutzt! Mir spukt immer noch dieses
Horrorbild von Advanced im Kopf rum...
Welche Dosierung und Kochzeit bitte..??
Da es ein alkoholarmes Bier werden soll werde ich diesmal Speise abnehmen.
Anstellen mit der S-33. Angepeilte Gärzeit - 3 Tage.
So weit so gut oder schlecht..?
m.f.g
René ____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 78 |
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Posting Freak Beiträge: 2795 Registriert: 2.9.2003 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 15.7.2012 um 18:21 |
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Ich habe Irish Moss schon verwendet. 5g / 25L für 15 Minuten mitgekocht.
Der Effekt war aber nicht so dolle, seit dem hab ich´s nie wieder
verwendet. Vielleicht wäre Gelatine nach der Gärung auch ne Möglichkeit.
[Editiert am 15.7.2012 um 18:22 von Kurt]
____________________
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Antwort 79 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 15.7.2012 um 18:31 |
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Hi Kurt,
ja, das originale Grätzer wurde in der Nachgärung mit Hausenblase geschönt!
Hausenblase besteht genau wie Gelantine hauptsächlich aus Kollagen. Da gibt
es allerdings verschiedene Typen? Dazu wurde das Bier in Fässern mit der
Hausenblase geschönt. Zur Flaschenabfüllung wurden frische Kräusen
zugesetzt. Das übersteigt jetzt aber meine Möglichkeiten.. ____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 80 |
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Posting Freak Beiträge: 2795 Registriert: 2.9.2003 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 16.7.2012 um 08:22 |
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Deswegen der Vorschlag mit der Gelatine.
____________________
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Antwort 81 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 18.7.2012 um 09:46 |
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Hi Leute,
das Grätzer Brauwasser soll recht hart gewesen sein? Hat das jemand schon
mal recherchiert? Also ich habe extrem hartes Wasser zur Verfügung ~40° dH,
RA ca. 10° dH. Oder aber Kaufwassser mit 3,9° dH, RA ca. 0° dH...?
Vielleicht sogar mischen?
____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 82 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 18.7.2012 um 12:08 |
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Aus beervana.blogspot.com...
Ach Leute...ich kann mich mal wieder nur schwer entscheiden
Ein Vollbier verlockt mich ja schon sehr...
Wer kann mir sagen was da drauf steht? ____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 83 |
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Posting Freak Beiträge: 2084 Registriert: 28.10.2009 Status: Offline
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erstellt am: 18.7.2012 um 12:23 |
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"Vorsichtig öffnen und einschenken, ohne zu schütteln, so dass die Hefe in
der Flasche bleibt."
So einen Hinweis würde ich mir auf bay. Weißbier auch mal wünschen, statt
dieses mittlerweile kultvierten Banausenklamauks mit dem Aufgeschwenke
*seufz*.
Moritz
[Editiert am 18.7.2012 um 12:24 von Bierjunge]
____________________ Glaubte ich an die Reinkarnation, so wollte ich als Hefepilz wiedergeboren
werden.
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Antwort 84 |
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Posting Freak Beiträge: 3937 Registriert: 20.7.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 18.7.2012 um 12:43 |
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Ohne jetzt Erdinger Fan zu sein, wie man ein aber Weißbier einschenkt wissen sie.
Gruß
Peter, Weißbierbanause seit etwa 35 Jahren.
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Antwort 85 |
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Senior Member Beiträge: 267 Registriert: 2.9.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 26.7.2012 um 05:23 |
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Guten Morgen, zusammen.
Parallel zum Umzug habe ich immer mal daran gearbeitet, einen Bericht aus
dem Polnischen zu übersetzen, der im Wesentlichen den Stand unserer
"Forschungsarbeit" wiedergibt. Die Kommission zur Wiederbelebung des
Grätzer Bieres ist von der Polnischen Hausbrauervereinigung ins Leben
gerufen und hat versucht, mithilfe ehemaliger Mitarbeiter der Brauerei und
von Originalquellen möglichst viele Informationen darüber zusammen zu
tragen, wie das Grätzer Bier tatsächlich gebraut wurde.
Unten angehängt meine Übersetzung. Ich hoffe, es hilft den
experimentierfreudigen Brauern unter Euch weiter, ein Original Grätzer
nachzubrauen. Der Bericht wie auch die Übersetzung ändern aber nichts
daran, dass - den Überlieferungen der Zeitzeugen zufolge - jeder einzelne
Sud des Grätzer Bieres anders schmeckte. Konsistenz gab es seinerzeit
nicht.
Mit bestem Gruß,
Volker
Übersetzung:
Projekt „Grodziskie Redivivus“
(Arbeitsbericht der Kommission zur Wiederbelebung des Grätzer Bieres des
Vereins der polnischen Hausbrauer; Dr. Andrzej Sadownik)
Die mehr oder weniger gut dokumentierte Geschichte des Brauwesens auf dem
Stadtgebiet von Grodzisk Wielkopolski / Grätz reicht etwa 700 Jahre zurück.
In Anbetracht dieses langen Zeitraums und unter Berücksichtigung der
Tatsache, dass Grätz immer ein Zentrum des Brauwesens gewesen ist, darf man
annehmen, dass hier unterschiedliche Biere gebraut wurden. Zunächst
sicherlich auf häuslich-handwerkliche Art, und beginnend in der Mitte des
16. Jahrhunderts dann auch industriell. Die erste industrielle Brauerei
braute mit Sicherheit das seinerzeit in diesem Teil Europas populäre
obergärige Weizenbier. Nach Warschauer [1] änderte sich im 17. Jahrhundert
im Zuge weniger Jahrzehnte die Schüttung des Bieres signifikant: Zu Beginn
des Jahrhunderts braute man das Grätzer Bier ausschließlich aus Weizen; im
Jahr 1660 betrug das Verhältnis Gerste zu Weizen etwa zwei zu fünf, später
braute man sogar ausschließlich mit Gerste. Ab dem Jahr 1686 kehrte man zur
ursprünglichen Weizen-Rezeptur zurück und verwendete auf einen Teil
Gerstenmalz sechs Teile Weizenmalz.
Gegen Ende der langen Geschichte des Grätzer Brauereiwesens braute die
letzte verbliebene Grätzer Brauerei in den 1990er Jahren verschiedene
Biere. Neben dem leichten, reinen Weizenbier Grodziskie mit 7,7% Stammwürze
produzierte man Grodzisz (Grätzer Spezial) mit 12% und ein dunkles
Bernardyńskie mit 14%, welches mit Zugabe von Gerste gebraut wurde
[2]. Die Markteinführung der beiden letztgenannten Biere war der Versuch,
die schlechten wirtschaftlichen Bedingungen der Brauerei zu verbessern. Von
allen genannten Bieren war das berühmteste und am ehesten der
Aufmerksamkeit werte das zu 100% aus über Eichenrauch gedarrtem Weizenmalz
gebraute Grätzer Bier mit 7,7% Stammwürze und einem Alkoholgehalt, der 3,1%
vol. nicht überschritt. Es war eben dieses Bier, das gegen Ende des 19. und
in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Grodzisk Wielkopolski / Grätz
berühmt gemacht hat; und es war auch eben dieses Bier, dass in der
Geschichte des Grätzer Brauwesens in der größten Menge gebraut worden ist,
nämlich Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts insgesamt 100.000 hl
jährlich [2]. Genau dieses und nur dieses Grätzer Bier wollen wir zurück
ins Leben rufen und anschließend trinken.
Rohstoffe
Wasser. Den Eigenschaften des Grätzer Wassers wird ein großer Anteil am
Erfolg des städtischen Bieres zugeschrieben. Auch die letzte nach dem
Zweiten Weltkrieg noch aktive Grätzer Brauerei hatte immer noch ihren
eigenen Brunnen, aus dem das genutzte Wasser geschöpft wurde. Bis aus einer
Tiefe von 72 m wurde gefördert [3], man kann die Zusammensetzung des Wasser
also wohl mit dem vergleichen, was heute als Grätzer Wasser verkauft wird:
Arctic Plus und Aqua Prima, beide mit ähnlichem Mineralprofil. In der Tat
kann man das Grätzer Wasser als ausgezeichnet für die Bedürfnisse in einer
Brauerei bewerten. Jedoch findet man im Mineralprofil nichts Spezielles.
Näherungsweise setzt es sich (auf Basis eines Vergleichs mit dem heute aus
der Tiefe geschöpften Wasser in Grodzisk Wielkopolski) zusammen aus Ca2+ 70
ppm; Mg2+ 10 ppm, Na+ 7 ppm; HCO3- 230 ppm; SO42- 30 ppm; Cl- 15 ppm.
Szmelich [8] gibt allerdings an, dass das im Jahr 1969 in der Posener
Straße (ulica Pożnańska) das Wasser aus einer Tiefe von lediglich
13 m gefördert wurde und etwa 55 ppm Cl- enthielt. Weitere Daten: pH = 7,0,
allgemeine Härte 29° DH, die Nicht-Karbonat-Härte 9° DH, Basizität 7,2
mval/l.
Malz. Ausschließlich Weizenmalz, das nach dem Zweiten Weltkrieg
ausschließlich auf der Grodzisker Tennenmälzerei in der Przykop-Straße
hergestellt wurde. Eine Besonderheit war, dass das Malz beim Trocknen und
Darren auf beiden Darrböden der Mälzerei zusätzlich mit speziellen
Räucheröfen, in denen Eichenholz verschwelt wurde, geräuchert wurde. In der
Nachkriegszeit wurden besondere Rohstoffe verwendet: Die schwach gelösten,
hoch eiweißhaltigen Weizensorten wurden durch Rotweizen ersetzt, der höhere
Ausbeuten ermöglichte und einen niedrigeren Eiweißgehalt aufwies. Daraus
kann man schließen, dass die Weizensorte nicht entscheidend für den Erfolg
des Projektes ist. Wichtiger erscheint die Frage nach der Intensität des
Räucherns des Malzes. Es fehlen Informationen über den vom Räuchern
stammenden Phenolgehalt des Grätzer Malzes (oder sie wurden zumindest
bisher nicht gefunden), allerdings gibt es seit einiger Zeit eine
diesbezügliche Industrienorm mit der Bezeichnung ZN-65/A-1/T-2. Typische
Analysewerte nach Szmelich [8] sind: Feuchtigkeit 6,7%, Extraktgehalt im
Mehl 83,5%, Schrot 77,7%, Verzuckerungszeit 10 bis 15 min, Eiweißgehalt
insgesamt 13,3%, lösliche Eiweiße 5,2%, Kolbachzahl 39, Farbe 5,2 bis 5,2
EBC.
Hopfen. Es wurde Hopfen benutzt, der im unmittelbaren Umfeld angebaut
wurde, und zwar der Ende des 19. Jahrhunderts sehr geschätzte Aromahopfen
Nowotomyski mit einem Alphasäuregehalt von etwa 5%. Diese Hopfensorte ist
vermutlich auch heute noch verfügbar. Falls nicht, sollten
Aromahopfensorten wie tschechischer Saazer, polnischer Lubelski oder
deutscher Hallertauer Mittelfrüh oder Tettnanger verwendet werden. Alte
Quellen [5] sprechen von 3 kg Hopfendolden auf 100 kg Weizenmalz; Szmelich
[6] hingegen gibt an, dass Anfang der sechziger Jahre das Verhältnis 2,4 kg
auf 100 kg Malz betrug.
Hefe. Obergärig. In Grätz verwendete man absichtlich eine Mischung aus zwei
verschiedenen Stämmen, die sich in ihren Eigenschaften unterschieden [7].
Die Auswahl dieser Stämme beruhte vor allem auf ihren technologischen und
nicht auf ihren sensorischen Eigenschaften. Einer der Stämme setzte sich
gut und rasch ab, während der zweite den Charakter einer Staubhefe hatte.
Wenn beide hinzugegeben wurden, vergor die Würze innerhalb von 60 Stunden
rasch auf etwa 50% des ursprünglichen Extraktgehaltes. Dann setzte sich die
erste Hefe ab und stellte ihre Arbeit ein; die Gärung verlangsamte sich.
Dieser Moment war das Zeichen dafür, nun die Hefe von der Oberfläche des
Jungbieres abzuschöpfen, das Bier abzuziehen, mit Hausenblase zu klären und
auf Flaschen zu ziehen. Aus unklaren Gründen importierte die Brauerei nach
dem Zweiten Weltkrieg Hefe aus Berlin aus der Groterjan Brauerei, die
Berliner Weiße herstellte. Unklar aus dem Grunde, weil die Brauerei (die
Brauereien?) in Grätz auch während des Krieges weiter betrieben worden
waren und es daher also keinen Grund für einen Verlust der eigenen Hefe
gegeben hatte. Die Hefe von Groterjan (üblicherweise leicht mit
Milchsäurebakterien infiziert) passte sich nicht allzu gut an die
Verhältnisse in der Grätzer Brauerei an, und zu Beginn der sechziger Jahre
entschied man sich, die besten Stämme der Arbeitshefe zu selektieren, sie
zu kultivieren und keine weitere Hefe mehr zu importieren. Die beiden
Hefestämme (der ausflockende und die Staubhefe) wurden getrennt propagiert.
Das Mengenverhältnis betrug bei ihrer Verwendung 1:2 zugunsten der
Staubhefe. Es scheint aus heutiger Sicht unwesentlich, eine solche
Aufteilung der Hefesorten zu verwenden, aber mit Sicherheit hat es
technologischen Nutzen gebracht. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die
Grätzer Hefestämme noch in den Sammlungen der Institute an der Politechnika
in Łódź (zu Beginn der siebziger Jahre arbeitete dort Prof.
Jadwiga Jakubowska), am Institut für Biotechnologie der
landwirtschaftlich-lebensmitteltechnischen Industrie (des früheren
Instituts für Gärungstechnologie) in Warschau, in der Naturkundeuniversität
in Breslau und in der Brauerei Lech in Posen zu finden sind. In den
siebziger Jahren wurde mit dem Ziel der Modernisierung des Brauprozesses
(Druckvergärung in geschlossenen Gärbehältern) mit anderen obergärigen
Hefestämmen experimentiert. Man verwendete unter anderem Kölsch-Hefe
(Gaffel). Als am geeignetsten wurde der Hefestamm „Stamm 86“ aus der
IPF-Sammlung (?) bewertet [8].
Technologie [4]
Maischen. 1500 kg Rauchweizenmalz (100%). Infusionsmethode: 20 hl
Dickmaische 30‘ bei 38°. Zugabe von 11 hl heißen Wassers (75°), so dass die
Maische nach 10‘ etwa 52° hat. 30‘ bis 60‘ Minuten Rast – abhängig davon,
wie gut das Malz gelöst ist. Zugabe von 24 hl heißen Wassers (98°) im Laufe
von 20‘, so dass die Maische 70° erreicht (30‘). Zugabe von 12 hl heißen
Wassers (98°), was die Temperatur auf 75° erhöht. Danach Läutern.
Läutern. Im Läuterbottich formt sich innerhalb von 30‘ eine Filterschicht
(früher wurde auf dem Läuterboden eine Schicht aus Hopfendolden vorgelegt,
um das Läutern zu unterstützen). Die Würze wird bis zur Klärung
rezirkuliert und danach in den Kessel geleitet. 60 hl Vorderwürze (es wirkt
unglaubwürdig, dass es so viel war). Wasser zum Schwänzen in der Summe 70
hl (75°). Das Glattwasser hat einen Extraktgehalt von 0,8 bis 1,2%.
Kochen. Der Kessel wurde ab dem Moment beheizt, in dem im Läuterbottich das
erste Wasser zum Schwänzen aufgebracht wurde. Gehopft wurde in zwei Gaben:
80% nach 15‘ kochen, und 20% 30‘ vor dem Ausschlagen. Ziel waren 20 bis 22
IBU im fertigen Bier [3]. Die Gesamtkochzeit betrug vom Beginn des
Befüllens des Kessels an zwei bis zweieinhalb Stunden. Der finale
Extraktgehalt der Würze betrug 7,6 bis 7,7%. Ausgeschlagen wurde durch
einen Hopfenfilter in den Absetzkessel. (Bis in die fünfziger Jahre wurden
ein stählernes Kühlschiff und ein Rieselkühler verwendet [3]. Der Schwand
im Sudhaus betrug 9% [8].
Gärung. Die Würze wird auf eine Temperatur von 14° bis 16° gekühlt und in
den Gärbehälter gepumpt (bis zu den fünfziger Jahren Holzbottiche, danach
offene, mit Aluminium ausgekleidete Bottiche [3]). Die Hefe wurde in einer
Menge von 250 ml Hefeschlamm pro Hektoliter hinzugegeben. Der Schaum, der
sich am ersten Tag bildete, wurde abgeschöpft und verworfen. Am dritten Tag
wurde die Hefe von der Oberfläche geerntet. Die Hauptgärung endete im Laufe
des dritten Tages, der Extraktgehalt sollte dann von 7,7% auf etwa 3,8%
gefallen sein.
Klärung. Nach Ernten der Hefe wurde das Bier mit steriler Luft (!) in einen
Klärungstank umgepumpt und mit Hausenblase versetzt. Zu diesem Zeitpunkt
waren noch etwa 1,5% Extraktgehalt zu vergären. Möglicherweise wurde in
dieser Phase auch noch eine geringe Menge von frischem Bier hinzugegeben
(aufkräusen).
Lagerung (in Flaschen). Das Bier aus den Klärungstanks wurde in Flaschen
gefüllt. In diesen lagerte es etwa drei bis fünf Wochen bei einer
Temperatur von 14° bis 18° im Dunkeln. Es traten häufig Probleme mit der
CO2-Sättigung auf (zu hoch oder zu niedrig); Verluste aufgrund übermäßiger
Spundung und geplatzter Flaschen betrugen 4 bis 5%, die Gesamtverluste 17
bis 18% [8].
Parameter des fertigen Biers. Restextrakt 2,8%, Alkoholgehalt 2,5% (Gew.) /
3,1% (Vol.), Farbe 9 bis 9,6 EBC, Säure 1,3 ml 1M NaOH/100 ml, CO2-Gehalt
0,7% (Gew.). Gärnebenprodukte im fertigen Bier [8]: Acetaldehyd 0,9 ppm,
Ethyloktan 8,7 ppm, n-Propanol 13,9 ppm, Isobutanol 24,5 ppm, Amylalkohol
(?) 50,4 ppm, Summe an Alkoholen 88,8 ppm.
Aus allen beschriebenen Fakten erscheinen die folgenden für das Brauen
eines originalgetreuen Grätzer Bieres am wichtigsten:
- Wasser mit einem ähnlichen Mineralstoffgehalt wie das Grätzer
Original,
- Rauchweizenmalz auf Eiche geräuchert,
- polnischer, tschechischer oder deutscher Aromahopfen (mit einer Bitter
von 20 bis 22 IBU im Bier),
- Maischen und Kochen gemäß dem Originalverfahren,
- obergärige Hefe (nach Möglichkeit der gegen Ende verwendete
Hefestamm),
- Klärung des Bieres mit Kollagen (Hausenblase oder Gelatine),
- Endvergärung in der Flasche (oder Aufkräusen und Flaschengärung).
Quellen:
[1] – A. Warschauer: „Geschichte des Grätzer Bieres“ Zeitschrift der
Historischen Gesellschaft für die Provinz Polen 8:333 (1893)
[2] – T. Kaczmarek: „Księga Piw i Browarów Polskich” (1994)
266-274,
[3] – Z. Zając: mündliche Information
[4] – Instrukcje technologiczne browaru (Technische Anweisungen der
Brauerei) w Grodzisku Wlkp. (lata 1970-te i 1980-te)
[5] – F. Schönfeld: „Obergärige Biere und Ihre Herstellung” (1938) Berlin
Verlag P. Parey
[6] – W. Szmelich „Zagadnienie drożdży do produkcji piwa
grodziskiego” Przemysł Fermentacyjny 11 (1963) 262-268
[7] - J. Jakubowska: „Some Biochemical Features of Flocculent and
non-Flocculent Yeast Used In the Top Brewery in Grodzisk Wlkp” Acta
Microbiologica Polonica ser.B 1972 4 (21) 111-118 [8] W. Szmelich: „Próby
unowocześnienia technologii produkcji piwa Grodziskiego”
(Doktorarbeit) Politechnika Łódzka (1974)
[8] – W. Szmelich: „Próby unowocześnienia technologii produkcji piwa
Grodziskiego” (Doktorarbeit) Politechnika Łódzka (1974)
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Antwort 86 |
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Posting Freak Beiträge: 2084 Registriert: 28.10.2009 Status: Offline
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erstellt am: 26.7.2012 um 07:58 |
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Volker, das ist ein hochinteressanter Beitrag!
Gnaz herzlichen Dank für die Mühe!
Zitat von Brunnenbraeu, am 26.7.2012 um
05:23 | Maischen. 1500 kg Rauchweizenmalz
(100%). Infusionsmethode: 20 hl Dickmaische 30‘ bei 38°. Zugabe von 11 hl
heißen Wassers (75°), so dass die Maische nach 10‘ etwa 52° hat. 30‘ bis
60‘ Minuten Rast – abhängig davon, wie gut das Malz gelöst ist. Zugabe von
24 hl heißen Wassers (98°) im Laufe von 20‘, so dass die Maische 70°
erreicht (30‘). Zugabe von 12 hl heißen Wassers (98°), was die Temperatur
auf 75° erhöht. Danach Läutern. |
Das ist doch mal ein tolles Beispiel für eine aufsteigende Bottichinfusion!
Insofern muss ich auch meine letzte Woche hier getätigte Aussage widerrufen, bei
Bottichinfusion könne man nicht tief genug für ein Weißbier einsteigen: Man
muss halt einfach dick genug anteigen, dann geht das schon!
Ich hab das zur Verifikation mal mit meinem Zubrüh-Rechner auf 38 l-Thermoport-Maßstäbe
umgferechnet, indem ich alles durch 200 geteilt habe:
Mit 7,5 kg Malz auf 28,5 l Hauptguss kommt man am Ende bei knapp 1:4
heraus. Das Anteigen 1:0,7 ist natürlich schon ein Brett (und
wahrscheinlich auch ebenso hart wie selbiges).
Interessant an der Maischführung ist auch, dass es keinerlei Rasten "in den
60ern" gibt: Fast schon ein Springmaischverfahren, was wiederum sehr gut
mit dem extrem niedrigen Vergärungsgrad und Alkoholgehalt korrespondiert.
Moritz ____________________ Glaubte ich an die Reinkarnation, so wollte ich als Hefepilz wiedergeboren
werden.
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Antwort 87 |
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Posting Freak Beiträge: 3929 Registriert: 10.9.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 26.7.2012 um 08:32 |
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Vielen Dank, Volker!
Da hier jetzt auch einiges zu den Hintergründen des Grätzer steht:
100% Eichenrauch-Weizenmalz Bernhard Spezial nach Grätzer Art
http://hobbybrauer.de/modules.php?name=eBoard&file=viewthre
ad&tid=14450#pid166554
sollte eine Verknüpfung hergestellt werden.
Volker, vielleicht sollte hier auch das Rezept des Grätzer, was wir in
Schmöckwitz verkostet haben rein?
Besten Gruß
Hagen ____________________ Besten Gruß
Hagen
------------------------------
Taumelkäfer Hausbräu - honi soit qui mal y pense!
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Antwort 88 |
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Senior Member Beiträge: 267 Registriert: 2.9.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 26.7.2012 um 19:35 |
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Hm, Ziemek macht derzeit noch ein Geheimnis um das Rezept. Ich bleib' am
Ball - ich denke mal, ich muss ihn erst wieder persönlich treffen, anstatt
nur per eMail das Rezept zu fordern.
Ich versuche mal, in den nächsten Tagen noch mehr Informationen zum Grätzer
aus dem Polnischen zu übersetzen. Braucht aber seine Zeit. Ich fahre - wie
immer - auf zu vielen Gleisen gleichzeitig...
Volker
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Antwort 89 |
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Moderator Beiträge: 9088 Registriert: 14.8.2008 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 26.7.2012 um 20:11 |
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Mist, da war war mein Versuch eines Grätzer 100% Weizen- Vollbieres wohl
suboptimal (12 P geplant, ~14 Brix sind es geworden). Hab extra
superweiches Edeka-Wasser gekauft, wo mir hier doch der Kalkstein aus dem
Wasserhahn tropft...
Bei dem Hopfen hab ich wirklich kräftig in die Tüte gegriffen..Ich
schätze 50 IBU dürften es werden. Morgen wird das Jungbier verkostet und
abgefüllt. ____________________ "Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Antwort 90 |
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Posting Freak Beiträge: 2084 Registriert: 28.10.2009 Status: Offline
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erstellt am: 31.7.2012 um 13:03 |
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Hallo,
helft mir doch mal bitte:
Der von Volker übersetzte polnische Artikel ist ja ein absolutes Juwel und
lässt kaum Fragen offen.
Aber irgendwie komme ich bei genauerem Hinschauen mit ein paar
Zahlenangeben nicht ganz klar:
Zitat von Brunnenbraeu, am 26.7.2012 um
05:23 | Von allen genannten Bieren war das
berühmteste und am ehesten der Aufmerksamkeit werte das zu 100% aus über
Eichenrauch gedarrtem Weizenmalz gebraute Grätzer Bier mit 7,7% Stammwürze
und einem Alkoholgehalt, der 3,1% vol. nicht
überschritt. |
7,7° Plato und 3,1 % vol Alc.
entsprächen einem untra-bombastischen Endvergärungsgrad von 78%. Nicht
gerade das, was man angesichts des Maischverfahrens, das Temperaturen in
den 60er-Graden komplett umschifft, erwarten würde.
René spricht im ersten Posting indes von 7° Plato runter auf 3 bis 3,5°
Plato, was wiederum ein EVG von 50-57% und nur ca. 2% vol Alc. entspräche.
Das glaube ich schon eher. Nun gut, 2% vol Alc. überschreiten auch
3,1 % nicht, aber irgendwo muss die Zahl doch herkommen, wenn man
sie schon mit nachkommastelle angibt. Was denn nun???
Und das mit dem Wasser kapier ich auch nicht:
Zitat: | Näherungsweise setzt es
sich (...) zusammen aus Ca2+ 70 ppm; Mg2+ 10 ppm, Na+ 7 ppm; HCO3- 230 ppm;
SO42- 30 ppm; Cl- 15 ppm. (...) Weitere Daten: pH = 7,0, allgemeine Härte
29° DH, die Nicht-Karbonat-Härte 9° DH |
Wenn man
(zwar nicht ganz korrekt, aber landläufig üblich) ppm und mg/l gleichsetzt,
komme ich auf eine Gesamthärte von ca. 12° dH, wo doch nur Ca2+ und Mg2+
mitzählen. Oder?
Was aber mit der angegebenen allg. Härte (=Gesamthärte?) von 29° dH
überhaupt nicht zusammenpasst. Hilfe, wo ist der Wurm drin? Kann mir bitte
schnell ein Wasserchemiker unter die Arme greifen?
Danke, Moritz ____________________ Glaubte ich an die Reinkarnation, so wollte ich als Hefepilz wiedergeboren
werden.
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Antwort 91 |
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Posting Freak Beiträge: 2084 Registriert: 28.10.2009 Status: Offline
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erstellt am: 31.7.2012 um 13:29 |
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Teilweise Entwarnung:
Zumindest die Wasserfrage konnte ich inzwischen selbst beantworten, nachdem
ich im Web eine englische Version des Artikels gefunden habe.
Dort stehen gänzlich andere, aber in sich konsistente Wasserwerte:
Damit komme ich auf Gesamthärte 25° dH, Karbonathärte 19° dH und
Restalkalität 13° dH. So passt es!
Sieht also ganz nach einem Umrechnungs- oder Übertragungsfehler in der
deutschen Version aus. Womit ich Volkers Leistung keineswegs schmälern
will.
Mporitz ____________________ Glaubte ich an die Reinkarnation, so wollte ich als Hefepilz wiedergeboren
werden.
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Antwort 92 |
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Posting Freak Beiträge: 1307 Registriert: 1.12.2010 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 31.7.2012 um 13:42 |
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Ich kann mir vorstellen, das die lange Aufheizzeit und die lange Läuterzeit
auch dazu beitragen noch lösliche und vergärbare Zucker zu erzeugen. Daher
kann ich mir das schon vorstellen. Auch die Temperaturverteilung wird in
der Grösse eine Rolle spielen und mitnichten gleichmässig sein, schon gar
nicht bei der punktuellen Zugabe.
Grüsse
chris
____________________
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Antwort 93 |
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Senior Member Beiträge: 267 Registriert: 2.9.2009 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 31.7.2012 um 19:04 |
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Zitat von Bierjunge, am 31.7.2012 um
13:29 | Teilweise Entwarnung:
Zumindest die Wasserfrage konnte ich inzwischen selbst beantworten, nachdem
ich im Web eine englische Version des Artikels gefunden habe.
Dort stehen gänzlich andere, aber in sich konsistente Wasserwerte:
Damit komme ich auf Gesamthärte 25° dH, Karbonathärte 19° dH und
Restalkalität 13° dH. So passt es!
Sieht also ganz nach einem Umrechnungs- oder Übertragungsfehler in der
deutschen Version aus. Womit ich Volkers Leistung keineswegs schmälern
will.
Mporitz |
Stimmt. Die Werte in der englischen Version sind korrekt. Die polnische
Ausgangsversion ist genauso falsch wie meine Übersetzung. Ich gebe
allerdings zu, dass ich mich nur auf's Übersetzen konzentriert habe, und
nicht auf die inhaltliche Stimmigkeit des Originals. Insbesondere in den
Bereichen der Wasserchemie.
Was die Ausbeute betrifft, liegt der Grund für die nicht zusammenpassenden
Zahlenwerte von Stammwürze und Alkoholgehalt gegebenenfalls auch in der
Verwendung unterschiedlicher Quellen, die im Bericht zusammengeführt, aber
nicht auf Konsistenz überprüft worden sind.
Aus den Schilderungen des Berichts insgesamt dürfte ebenfalls deutlich
geworden sein, dass die Schwankungen in den Parametern über die Jahre
hinweg signifikant groß waren, und Zeitzeugen haben mir auch glaubwürdig
berichtet, dass eigentlich jeder Sud anders schmeckte. Insofern stellt sich
zu Recht die Frage, ob ein wissenschaftlich präzises Herangehen an eine
Originalrezeptur, die es so niemals gegeben hat, überhaupt Sinn hat...
Ich für meinen Teil sehe das eher locker, aber das liegt vielleicht auch
daran, dass ich das Grätzer Bier als eigenen, regionalen Bierstil zwar sehr
respektiere, aber geschmacklich gar nicht so recht mag...
Volker
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Antwort 94 |
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Moderator Beiträge: 4024 Registriert: 7.4.2006 Status: Offline
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erstellt am: 1.8.2012 um 07:50 |
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Das Problem hat man ja bei fast allen historischen Bierstilen, die heute
nicht mehr existieren: es gibt oft nicht das Rezept, das das Bier
originalgetreu wieder herstellen würde.
Das fängt bei den Zutaten an. Getreide und Malz hatte damals ganz sicher
andere Eigenschaften als heute. Historische Hopfensorten sind kaum
aufzutreiben, haben inzwischen ihre Eigenschaften verändert oder ergeben
auf den heutigen Böden mit den heutigen Düngemitteln andere Qualitäten. Der
Hefestamm existiert nicht mehr oder hat seit damals diverse Mutationen
durchgemacht.
Manchmal machen allein die Mengenangaben Probleme, weil Gewichts- und
Volumeneinheiten zu Zeiten der Quellen nicht genau und örtlich
unterschiedlich definiert waren: Fässer, Scheffel, Unzen, Pfund & Co.
hatten in jedem Landstrich eine andrere Bedeutung. Zudem ist die
Zuverlässigkeit der Überlieferungen oft fraglich.
Es gab auch immer das Problem schwankender Qualität, weil man entweder noch
garnicht wusste, was im einzelnen die Qualität bestimmt hat oder die Werte
nicht oder nicht genau genug messen konnte.
Zudem wurde der Stil oft in verschiedenen Braustätten unterschiedlich
gebraut (bei der Berliner Weißen gab es z.B. zu Hochzeiten über 200
Braustätten gleichzeitig).
Und letztendlich gibt es oft niemanden mehr, der beurteilen könnte, ob denn
das nachgebraute Bier auch dem Vorbild nahe kommt - die Kenner sind einfach
ausgestorben.
Die Wiederbelebung eines historischen Stils kann daher immer nur eine
Interpretation sein, die sich im Idealfall auf möglichst viele überlieferte
Informationen stützt, um dem Vorbild nahe zu kommen. Meiner Meinung nach
sollte man sich dabei mehr darauf konzentrieren, die wichtigen
Eigenschaften der Bieres zu treffen, als sich buchstabengetreu an
historische Rezepte zu halten.
____________________ Gruß vom Berliner
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Antwort 95 |
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Posting Freak Beiträge: 3929 Registriert: 10.9.2004 Status: OfflineGeschlecht:
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erstellt am: 1.8.2012 um 09:28 |
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Völlig richtig, Jörg!
Und letztlich sollte entscheidend sein, dass es auch schmeckt.
Das dürfte zum Beipiel auch interessant an Andreas Projekt sein. Was würde
es unter Wirtschaftlichkeitsaspekten nützen, wenn die BW zwar historisch
annähernd authentisch wäre, aber womöglich dem Konsumenten nicht mehr
schmecken würde?
Beste Grüße
Hagen
____________________ Besten Gruß
Hagen
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Taumelkäfer Hausbräu - honi soit qui mal y pense!
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Antwort 96 |
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Posting Freak Beiträge: 2084 Registriert: 28.10.2009 Status: Offline
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erstellt am: 18.5.2013 um 20:00 |
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Nach langer
Suche habe ich, bei einem Besuch der Joska-Glashütte im Bayrischen Wald,
endlich die passenden Gläser gefunden:
Moritz, endlich komplett ____________________ Glaubte ich an die Reinkarnation, so wollte ich als Hefepilz wiedergeboren
werden.
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Antwort 97 |
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