Hallo Selbstbauer,
nachdem ich meine „Viertel-Quadratmeter-Brauerei“ fertiggestellt habe und
schon einige Informationen an verschiedenen Stellen hier im Forum zu finden
sind, habe ich mich entschlossen, eine zusammenfassende Beschreibung der
Gesamtlösung zu erstellen:
Grundgedanke war, mit Hilfe üblicher, vergleichsweise preiswerter
Haushaltwaren, Baumarkt-Artikeln und einer überschaubaren
Werkzeugausstattung eine kleine und leichte Brauanlage herzustellen, die
mit möglichst wenigen Gefäßen auskommt. Sie sollte, bewusst für nicht mehr
als 25 Liter konzipiert – als Umlaufanlage mit Pumpe und Malztopf
ausgeführt werden, ohne Rührwerk auskommen und eine weitgehende
Automatisierung mit Hilfe eines Mikrocomputers erreichen, um gut gelungene
Biere wirklich reproduzieren zu können. Das ist sie nun, auf 2 Kegs
stehend:
Ein Edelstahl-Einkocher bildet die Basis. Entscheidend für die Auswahl war
die Möglichkeit, in den Boden ein Loch bohren zu können, ohne die Heizung
zu tangieren, denn die Umwälzung sollte prinzipiell so aussehen:
Als Pumpe findet eine wellenlose (und damit dichtungslose)
Brauchwasserpumpe Verwendung, die 105°C verträgt. Als Rohrmaterial wird 15
mm Kupferrohr benutzt. Der Dreiwegehahn ist mit einem T-Küken ausgestattet
und ermöglicht so Umlauf, Ablauf, Befüllen, aber auch Ansaugen aus einem
externem Behälter. Auch eine Dosierung des Würzeflusses zur Versorgung des
externen Plattenwärmetauschers funktioniert damit.
Die Verbindungen der Rohrleitungen mit dem Topf des Einkochers sind
vorsätzlich nicht als Schweißverbindung konzipiert. Das Ganze soll
zerlegbar und partiell ersetzbar bleiben. Die wichtigsten Teile bestehen
aus leicht modifizierten Standard-Armaturen:
Das linke Teil war mal ein ½“-Stopfen, der durchgebohrt und nicht ganz
ausgedreht später den Einlaufstutzen für den Malztopf aufnimmt. Der O-Ring
hat sich nicht bewährt, eine selbstgemachte Dichtung aus einem
Fahrradschlauch funktioniert besser. Noch bessere Vorschläge sind
willkommen.
In der fertigen Anlage sieht der „Pumpenraum“ im Sockel der Anlage (aus
MDF) so aus:
Ohne Werkzeug ist der Antrieb vom Pumpengehäuse zu lösen und nach dem
Abziehen des Steckers ganz herauszunehmen. Getrennt sieht das so aus:
Unvermeidliche Würzereste lassen sich also leicht auffangen und richten
keinen Schaden an. Wer ihn noch nicht gesehen hat: so sieht der Rotor aus,
der allein durch Magnetismus getrieben, die Würze fördert.
Von der Pumpe aus geht die Rohrleitung senkrecht nach oben. Der Blick ins
Innere des Topfes ist nicht sehr spektakulär, aber zum Verständnis von
Nutzen.
Unten am Bildrand ist der Einlauf zu sehen, weiter oben rechts der Auslauf.
Er ist bewusst nicht an die tiefste Stelle gesetzt, damit auf den Boden
gesunkene Bestandteile der Würze nicht zwangsläufig erneut umgepumpt
werden. Links im Bild ist eine Edelstahl-Hutmutter zu sehen, in der der
digitale Temperatursensor untergebracht ist.
Der maximale praxisgerechte Inhalt des Topfes beträgt 28 Liter. Lässt man
die Flüssigkeit ab, bleibt 1 Liter im Topf zurück. Kippt man die ganze
Einheit in Richtung Ablauf, bleibt ca. ½ Schnapsglas voll zurück – nach dem
Abnehmen des Pumpenmotors ist auch der letzte Rest weg.
Die wichtigste Komponente ist der Malztopf:
Getreu der anfangs erklärten Zielsetzung ist auch das ein gewöhnlicher 20
Liter-Edelstahl-Kochtopf. In den Boden ist eine weitere der bereits
erklärten Armaturen eingebaut. Ein kurzer Rohrstummel nach unten steckt in
der Zulauf-Hülse des Einkochers, hält den Malztopf auf Abstand zum Boden
(unter dem die Heizung liegt) und zentriert ihn. Eine Verriegelung ist
nicht nötig, man kann ihn einfach herausheben.
Die ursprünglichen Griffe des Topfes waren im Weg und wurden durch Bleche
mit Ösen zum Herausheben ersetzt. 4 Distanzbolzen zentrieren den Topf mit
etwas Spiel am oberen Rand.
Das Finden der richtigen Siebböden für diese Art des Malztopfes erwies sich
als nicht ganz einfach, passend zu kaufen gab es allemal nichts.
Letztendlich habe ich mich für 1,5 mm starke Lochbleche entschieden, mit 8
mm–Löchern bei 12 mm Abstand versehen. Sie sind im Format 50 cm x 100 cm zu
beziehen, also für 3 Böden ausreichend.
Das Ausschneiden des Edelstahls mit der Stichsäge war schwierig, einen
perfekten Kreis mit genauem Durchmesser hinzubekommen, praktisch unmöglich.
Mit Hilfe einer extra zusammengebauten „Spezialmaschine“ hat es dann doch
geklappt:
Der untere Siebboden steht auf 3 Bolzen, damit die zufließende Würze von
unten ungehindert über die gesamte Fläche eintreten kann.
Unter dem Siebboden ist im Zentrum ein Rest des Lochblechs verschraubt, das
wie eine Prallplatte wirkt und einer zentralen Kanalbildung in der
Schüttung entgegenwirken soll. Auf den stabilen Boden wird ein
lebensmittelechtes und temperaturfestes Kunststoffsieb mit 1,5 mm
Maschenweite aufgelegt, auf das das Malz geschüttet wird:
Der obere Siebboden liegt auf den Schraubenköpfen auf, die die
Distanzbolzen halten:
Nun kommt das 2. Feinsieb drauf:
Dessen Aufschwimmen verhindert das 3. Lochblech, das so präzise geschliffen
ist, daß die Löcher mit denen des Bodens 2 genau übereinstimmen.
Eine Zugstange ist nicht nötig, das Niederhalten sichert ein
Edelstahl-Profil, das über den Topfrand geschoben wird und den Siebboden so
fixiert. Die Würze läuft hier über und durch den Rundspalt zwischen den
Töpfen wieder nach unten. Damit ist der Kreislauf geschlossen.
Das „Abläutern“ erfolgt so, dass der Malztopf angehoben und auf dem
Einkocher stehend gesichert wird. Jetzt erfolgt der Nachguss. Wenn keine
Würze mehr aus dem unteren Stutzen austritt, wird der Malztopf endgültig
entfernt.
Vor Beginn des Kochens wird jedoch der „Würze-Jet“ eingesteckt:
Der Pumpenbetrieb hat sich nämlich sowohl für das Aufheizen als auch
während der Kochphase als durchaus positiv herausgestellt. Er wirkt sich
eindeutig homogenisierend aus.
Gleichzeitig stellt er nach dem Kochen mit Hilfe des „Jet“ den Antrieb für
den Whirlpool dar. In dieser Form behindert das Rohrleitungssystem die sich
drehende Würze nur minimal und dient darüber hinaus noch als Stopfen, damit
der abgelagerte Heißtrub in der Beruhigungsphase nach dem Whirlen nicht in
die zentrale Rohrleitung gerät.
Der Deckel des Einkochers ist nicht nur während der Maischerasten
aufgelegt, sondern wird es zu Beginn der Aufheizphase „Kochen“ erneut. Dann
allerdings um eine „Krone“ erweitert:
Zentrisch im Deckel ist ein Abzweigstück eingebaut, das die entstehenden
Schwaden (Brüden) beim Kochen links seitlich abknickend in ein 40er
Abwasserrohr umleitet. Dieses Rohr führt beim Einsatz der Brauanlage
innerhalb des Hauses leicht steigend aus einem Fenster und verhindert die
Kondensation innerhalb des Raumes.
Oberhalb ist der Zuteiler für die vorher abgewogenen Hopfenpellets
angeordnet. Er kann maximal 4 verschiedene Portionen mit einem Volumen von
jeweils 37 ml automatisch zugeben. Bestimmte Strategien zu Begrenzung des
Schäumens bei der Hopfenzugabe sind konzipiert, aber noch nicht auf ihre
Wirksamkeit getestet worden.
Die Rohrverbindungen lassen sich beliebig drehen und ohne Werkzeug
voneinander trennen.
Der Ablauf der Würze erfolgt per Schwerkraft durch das Dreiwegeventil, das
gleichzeitig die Einstellung des Durchflusses erlaubt. Damit wird der
externe Gegenstrom-Wärmetauscher mit 30 Platten gespeist, dessen Auslauf
dann in CC-Kegs mündet. Erste Experimente haben ergeben, dass die
Kühlwassermenge nur in der Größenordnung der Würzemenge liegt. Die
Würzetemperatur hinter dem Kühler stellt sich dabei nur wenig höher als die
Wassertemperatur ein – umgekehrt erreicht das auslaufende Kühlwasser fast
die Temperatur der einlaufenden Würze.
Derzeit arbeite ich noch daran, diese 4 Temperaturen mit Hilfe weiterer
Sensoren zur besseren Einstellung der Parameter gleichzeitig numerisch auf
dem Display der Brauanlage darzustellen.
Damit ist das Thema Computer erreicht. Einerseits nur Mittel zum Zweck der
Brauerei, anderseits aber wesentliches Element im Gesamtkonzept. Nur damit
sind bestimmte Ziele erreichbar, die in den käuflichen Lösungen bisher
nicht zu finden sind. Die Vielfalt der Aufgaben wird am besten so
dargestellt:
Der Einsatz des Brauers ist also nicht entbehrlich, aber wird auf die
Aufgaben beschränkt, die man nur mit unangemessen hohem Aufwand
automatisieren könnte. Dazwischen liegen lange Zeiträume, wo die Brauanlage
wirklich unbeaufsichtigt arbeitet – und das mit einer Präzision, die es
bisher nicht gab.
Der „Computerraum“ im Sockel sieht so aus:
Zentrales Element ist die Control Unit, rechts unten. Sie macht ihre Arbeit
autark, also ohne den Einsatz eines PC. Für diese Brauanlage ist sie
eigentlich überdimensioniert - es geht auch mit kleineren Ausführungen -
aber ich hatte sie schon und kann damit umgehen. Komfortable
Multi-Threading-Fähigkeiten machen sie für mehrere parallel ablaufende
Programme mit bestimmten zeitlichen Anforderungen besonders geeignet.
Die Control-Unit ist auf einem Application Bord untergebracht, das 2
Ergänzungen trägt:
1. Ein Bridge-Modul, das den internen I2C-Bus der Unit auf das Bussystem
der Dallas 1-Wire-Sensoren umsetzt. Bis zu 8 davon können mit nur 3 Adern
parallel geschaltet und trotzdem unabhängig voneinander einzeln abgefragt
werden. Die Auflösung beträgt 0,0625 Grad und ist die Basis für eine
hochgenaue Optimierung, Regelung und Siedepunkterkennung. Im Regelbetrieb
wird damit eine Abweichung von wenigen Zehntel Grad vom Sollwert
erreicht.
2. Eine Zusatzplatine, die neben der Rangierung der Verbindungskabel einen
Treiberbaustein für Relais und LEDs trägt. 2 Relais sind für
Unvorhergesehenes bereits eingebaut; eine Funkklingel für den
„Braumeister-Ruf“ wird derzeit damit ergänzt.
Der Steckverbinder oben stellt die serielle Schnittstelle für
Programm-Updates und ggf. für die Übertragung der Protokolldaten des
gesamten Prozesses zu einen PC dar.
Ein Netzteil versorgt die Control Unit mit 12 V, das andere den
Servoantrieb für den Hopfenzuteiler mit 5 V.
Bedient wird die Brauanlage so:
Die Folientastatur dient zur Eingabe der Rezeptparameter, das Display mit 2
x 16 Zeichen für Statusinformation und Prozessdaten. Links davon sind die
(verriegelbaren) Steckverbinder zu sehen, die die Verbindung zu den
Temperatursensoren, dem Roboter (Hopfenzuteiler) und noch nicht
installierten Sensoren für die Überkoch- bzw. die Schaumerkennung
herstellen. Ein Temperatursensor ist übrigens fest verdrahtet am Boden des
Einkochers eingebaut, hat sich für Regelzwecke aber nicht bewährt. Der
derzeitige „Hauptsensor“ für die Temperatur sitzt in 5 cm Höhe in der
Seitenwand – ganz vorn in der innenliegenden Hutmutter platziert und folgt
der Würzetemperatur sehr schnell.
Links von den Steckverbindern befindet sich die Not-/Handbetriebsebene.
Unten rechts werden Heizung und Pumpe in der Weise bedient, dass man sie
definitiv ausschalten, einschalten oder dem Computer die Entscheidung
überlassen kann. Die LEDs zeigen, was gerade passiert.
Rechts oben kann auf manuelle oder automatische Hopfenzugabe bzw. auf
Simulationsbetrieb schalten. Die LEDs werden situationsabhängig vom
Computer angesteuert.
Der Netzschalter links mit der grünen Lampe spricht für sich. Die rote
Lampe daneben macht darauf aufmerksam, dass der originale
Übertemperaturschalter am Boden des Einkochers angesprochen hat und nicht
mehr geheizt wird.
Von unten sieht die (vorher völlig ausgeräumte) Elektroabteilung jetzt so
aus:
Rechts befindet die „Niederspannungs-Ecke“, links der „Hochspannungs-Teil“.
Neben den bereits erklärten Bauelementen kann man links im „Untergrund“ die
beiden kontaktlosen Halbleiterrelais für Heizung und Pumpe erkennen. Sie
sind auf einem Kühlkörper montiert, verkraften jeweils 16 A und sind
insbesondere für die Heizung die notwendige Basis für eine hohe
Schaltfrequenz zur praktisch stufenlosen Leistungsregelung.
Das war’s erst mal. Abschließend bleibt mir nur noch die dringende
Empfehlung, daß sich an derart grundlegende Modifikationen eines Einkochers
– insbesondere der Elektrik – nur derjenige heranwagen sollte, der
sachkundig ist oder entsprechende Fachleute hinzuzieht.
Verbesserungsvorschläge und weitere Anregungen sind willkommen, vielleicht
lässt sich der Eine oder Andere sogar zu einem Nachbau hinreißen. Für mich
ist das nicht der Endstand der Entwicklung, sondern der Prototyp einer
Experimental-Anlage, auf deren Ergebnisse (= Biere) ich sehr gespannt bin.
Das Brauen damit wird jetzt in den Vordergrund rücken.
mfg Gerd